Leitsatz (amtlich)
Eine Bestimmung in einem Vertrag über die Verwaltung erheblicher Vermögenswerte, die dem Beauftragten ein Handeln nach eigenem Ermessen und ohne vorherige Einholung von Weisungen oder Zustimmungen des Auftraggebers erlaubt, kann nicht als Freistellung von der Pflicht zur Erteilung der erforderlichen Nachrichten ausgelegt werden.
Die Unterrichtung nach § 53 Abs. 2 BörsG kann nur von einem gesetzlicher Bank- oder Börsenaufsicht unterstehenden Kaufmann wirksam geleistet werden. Eine Unterrichtung durch einen nicht qualifizierten Dritten genügt auch dann nicht, wenn dieser sich dabei des schriftlichen Materials eines der Bank- oder Börsenaufsicht unterstehenden Kaufmanns bedient.
Aufträge im Zusammenhang mit Börsentermingeschäften, bei denen der Beauftragte lediglich in offener Stellvertretung für den Auftraggeber handeln soll, sowie die entsprechenden Vollmachten fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 60 BörsG.
Normenkette
BGB §§ 666, 675; BörsG § 53 Abs. 2, § 60
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 10.12.1992) |
LG Münster |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Dezember 1992 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 31. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, ein Landwirt, nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit einem Wertpapier-Depotverwaltungsvertrag in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Februar 1990 schlossen die Parteien einen Vertrag über „Wertpapier-Depotverwaltung”. Darin beauftragte und bevollmächtigte der Kläger den Beklagten, für ihn bei der D. Bank in W. ein Konto und Depot zu eröffnen und zu verwalten. Der Kläger verpflichtete sich, eine „Einlage” von 130.000 DM zu erbringen und an den Beklagten eine Bearbeitungsgebühr von 5 % der Einlage nebst Mehrwertsteuer zu entrichten sowie ihm im Falle eines eine Rendite von 12 % pro Jahr übersteigenden Gewinns eine Erfolgsprovision von 25 % nebst Mehrwertsteuer zu zahlen. Hinsichtlich der Anlage der anvertrauten Vermögenswerte war in Ziffer 4 Satz 1 des Vertrags vorgesehen, daß sie „in Aktien, Optionsscheinen, Aktienoptionen, Bezugsrechte, Renten, Festgeld, Platin- oder Goldoptionen” erfolgen sollte. Ziffer 4 Satz 2 bestimmte, daß der Beklagte „nach freiem Ermessen und ohne vorherige Einholung von Weisungen oder Zustimmung des Depotinhabers” handeln sollte.
Vor dem Abschluß des Vertrages hatte der Kläger eine ihm vom Beklagten vorgelegte Informationsschrift der D. Bank über „Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften” unterschrieben. Ein Jahr danach unterschrieb er noch einmal eine gleiche Informationsschrift.
Der Kläger stellte die vereinbarten 130.000 DM zur Verfügung. Davon zog der Beklagte eine Bearbeitungsgebühr von 7.410 DM ab und legte den verbleibenden Betrag noch im Februar 1990 bei der D. Bank in W. für den Kläger auf dessen dort errichtetem Depot in „Dresdner Bank AG Dax Bull Warrants von 1989” an. Diese Papiere verkaufte der Beklagte am 12. Juli 1990 mit einem Gesamtverlust von 26.117 DM.
Die verbleibenden Gelder des Klägers legte der Beklagte in der Zeit vom 16. bis 31. Juli 1990 in verschiedenen Optionsscheinen an. Auch sie brachten hohe Verluste. Ein Jahr später, am 31. Juli 1991, enthielten das Depot des Klägers bei der D. Bank nur noch Wertpapiere im Wert von 23.380 DM und sein Konto ein Guthaben von 795,55 DM. Daraufhin kündigte der Kläger den Wertpapier-Depotverwaltungsvertrag.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von 100.824,45 DM nebst Zinsen. Er behauptet, der Beklagte habe ihn über die Risiken der beabsichtigten Geschäfte nicht aufgeklärt und stattdessen erhebliche Gewinne als sicher hingestellt sowie ihn auch über die im Juli 1990 eingetretenen großen Verluste nicht informiert; im Falle rechtzeitiger Unterrichtung über die Verluste hätte er Anweisung gegeben, das verbliebene Kapital in sicheren Wertpapieren anzulegen. Er macht geltend, der Beklagte sei ihm wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Benachrichtigungspflichten sowie auch wegen der gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Vermögensverwaltung verstoßenden Anlage des gesamter Kapitals in höchst spekulativen Papieren zum Schadensersatz verpflichtet.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 67.260,80 DM nebst Zinsen stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Dagegen haben der Beklagte Berufung und der Kläger Anschlußberufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Beklagte schulde lern Kläger keinen Schadensersatz. Zur Begründung führt es im wesentlichen aus:
Eine vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung könne dem Beklagten nicht zur Last gelegt werden. Die vom Kläger unterschriebene Informationsbroschüre der D. Bank habe den Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG entsprochen und die Börsentermingeschäftsfähigkeit des Klägers begründet. Darüber hinausgehende Informationen seien nicht erforderlich gewesen, weil der Kläger nicht besonders unerfahren und bei den beabsichtigten Geschäften kein Aufschlag auf den Optionspreis im Spiel gewesen sei. Eine Entwertung der schriftlichen Risikohinweise durch mündliche Zusatzerklärungen des Beklagten über sichere Gewinnerwartungen habe der Kläger nicht nachgewiesen.
Der Beklagte habe auch nicht gegen eine Benachrichtigungspfllicht verstoßen. Eine solche Pflicht habe nicht bestanden, weil § 666 BGB durch Ziffer 4 des Wertpapier-Depotverwaltungsvertrages abbedungen gewesen sei, wonach der Beklagte nach freiem Ermessen und ohne vorherige Weisungen oder Zustimmung des Depotinhabers zu handeln gehabt habe. Davon abgesehen sei es auf Grund der Bekundungen der Zeugin Wo. auch als erwiesen anzusehen, daß der Kläger über den ersten großen Verlust und den Erwerb japanischer Optionsscheine informiert worden sei.
Schließlich könne der Beklagte auch nicht wegen Schlechterfüllung des Depotverwaltungsvertrages in Anspruch genommen werden. Es möge zwar zutreffen, daß professionelle Anlageberater rieten, nie mehr als 15 % des Vermögens in risikohafte Optionsgeschäfte anzulegen. Im vorliegenden Fall sei es jedoch als bewiesen anzusehen, daß der Beklagte nach dem Vertragsinhalt ausschließlich Optionsscheine habe kaufen und verwalten sollen.
II.
Diese Beurteilung halt rechtlicher Prüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
1. Eine Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch den Beklagten hat das Berufungsgericht allerdings im Ergebnis mit Recht verneint. Dabei kommt es an dieser Stelle nicht darauf an, ob die Verwendung der von der D. Bank stammenden Aufklärungsschrift durch den Beklagten den Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG genügt (vgl. dazu unten unter III. 2. b). Der Inhalt dieser vom Kläger unterzeichneten Schrift enthält entgegen der Ansicht der Revision in ausreichender Form die erforderliche Grundaufklärung üben Funktionsweise und Risiken der verschiedenen Arten von Börsentermingeschäften. Zusätzliche eingehende Warnhinweise und Erläuterungen, wie sie nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Fall von Aufschlägen auf die börsenmäßigen Optionsprämien gefordert werden (vgl. Senatsurteil vom 16. November 1993 – XI ZR 214/92 = WM 1994, 149 m.w.Nachw., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen), sind hier nicht erforderlich. Derartige Aufschläge waren im vorliegenden Fall nicht ausbedungen. Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger sei für die von ihm behaupteten, die Risiken verharmlosenden mündlichen Erklärungen des Beklagten beweisfällig geblieben, wird von der Revision nicht angegriffen.
2. Einen Verstoß des Beklagten gegen eine Benachrichtigungspflicht im Zusammenhang mit den im Juli 1990 eingetretenen Verlusten hat das Berufungsgericht dagegen zu Unrecht verneint.
a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war der Beklagte verpflichtet, den Kläger über die im Juli 1990 eingetretenen Verluste, die einen erheblichen Teil des eingesetzten Kapitals ausmachten, zu unterrichten. Das ergibt sich, wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkannt hat, aus § 666 in Verbindung mit § 675 BGB. Das Berufungsgericht geht jedoch zu Unrecht davon aus, daß die Benachrichtigungspflicht durch Ziffer 4 des Depotverwaltungsvertrags wirksam ausgeschlossen worden sei.
Einen ausdrücklichen Ausschluß der Benachrichtigungspflicht enthält Ziffer 4 des Vertrags nicht. Ziffer 4 Satz 2 besagt lediglich, daß der Beklagte „nach freiem Ermessen und ohne vorherige Einholung von Weisungen oder Zustimmung des Depotinhabers” handelt. Die Auslegung des Berufungsgerichts, aus dieser Bestimmung folge ein Ausschluß der Benachrichtigungspflicht, ist rechtsfehlerhaft. Sie übersieht Ziffer 10 des Depotverwaltungsvertrags und verkennt die rechtlichen Grenzen, die einem Ausschluß von Benachrichtigungspflichten gesetzt sind.
Nach Ziffer 10 Satz 1 und 2 des Depotverwaltungsvertrags galt dieser unbefristet, wobei jedoch eine Kündigung jederzeit fristlos und ohne Angabe von Gründen möglich war. Diese weitgehende Kündigungsmöglichkeit war das notwendige Korrektiv zu der dem Beklagten in Ziffer 4 Satz 2 eingeräumten unabhängigen Stellung. Sie versetzte den Kläger in die Lage, bei negativen Entwicklungen sofort einzugreifen und dem Beklagten entweder durch Vertragskündigung die Verwaltung der anvertrauten Vermögenswerte ganz zu entziehen oder mit ihm neue Vereinbarungen im Sinne bestimmter Vorgaben für die weitere Vermögensverwaltung zu treffen. Diese Kündigungsmöglichkeit konnte ihre Schutzwirkung jedoch nur entfalten, wenn der Beklagte seiner gesetzlichen Pflicht zur Benachrichtigung des Klägers nachkam. Das schließt eine Vertragsauslegung dahin aus, die Parteien hätten die Benachrichtigungspflicht des Beklagten abbedingen wollen. Außerdem enthält die vom Berufungsgericht für richtig gehaltene Auslegung des vorformulierten Depotverwaltungsvertrags eine so weitgehende Gefährdung der Vermögensinteressen der jeweiligen Auftraggeber, daß sie als unangemessene, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbarende Benachteiligung an § 9 AGBG scheitern müßte.
b) Das Berufungsgericht hat es auch zu Unrecht als bewiesen angesehen, daß der Kläger über den im Juli 1990 eingetretenen Verlust und den darauf folgenden Erwerb der japanischen Optionsscheine rechtzeitig informiert wurde, in diesem Zusammenhang rügt die Revision mit Recht, daß das Berufungsgericht das erstinstanzliche Geständnis des Beklagten nicht beachtet hat.
Aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht vom 4. Februar 1992 ergibt sich, daß der Beklagte bei seiner persönlichen Anhörung durch das Gericht erklärt hat, er habe den Kläger über den Verkauf der alten und den Ankauf der neuen Papiere nicht informiert; er habe den Kläger zwar häufiger abends in der Stadt getroffen und ihn dann auch informiert; vor dem Verkauf und der Neuanlage im Juli sei dies jedoch nicht geschehen. Mit diesen Erklärungen bestätigte der Beklagte die Behauptung des Klägers, er sei über die eingetretenen Verluste nicht unterrichtet worden, jedenfalls insoweit, als es um eine Unterrichtung vor der Neuanlage der verbliebenen Mittel geht. Darin liegt ein gerichtliches Geständnis im Sinne des § 288 ZPO. Der Beklagte hat dieses Geständnis nicht wirksam (§ 290 ZPO) widerrufen und nicht bewiesen, daß es durch einen Irrtum veranlaßt war. Das Geständnis blieb daher ungeachtet des Inhalts der Bekundungen der Zeugin Wo. zu seiner inhaltlichen Richtigkeit bindend (vgl. § 290 ZPO) und nach § 532 ZPO auch für die Berufungsinstanz wirksam. Das Berufungsgericht mußte daher nach § 288 ZPO von der Richtigkeit der Behauptung des Klägers ausgehen, er sei vor der Wiederanlage der verbliebenen Mittel im Juli 1990 nicht über die bereits eingetretenen Verluste unterrichtet worden.
3. Ebenfalls zu Unrecht hat das Berufungsgericht Ansprüche des Klägers wegen Schlechterfüllung des Depotverwaltungsvertrags im Zusammenhang mit der Anlage des gesamten Kapitals in Optionsscheinen verneint.
a) Auszugehen ist von dem auch vom Berufungsgericht nicht in Abrede gestellten Grundsatz, daß eine professionelle Vermögensverwaltung vernünftigerweise nicht ausschließlich auf hochriskante Optionsgeschäfte setzt, sondern auf eine angemessene Mischung mit konservativeren Anlageformen wie Aktien und festverzinslichen Wertpapieren Wert legt. Ziffer 4 Satz 1 des Depotverwaltungsvertrags war geeignet, bei dem Kläger den Eindruck zu erwecken, auch der Beklagte werde sich an diesen bewährten Grundsatz halten.
Mit dem Berufungsgericht ist zwar davon auszugehen, daß die genannte Vertragsbestimmung in erster Linie die Frage regelte, welche Geschäfte durch die Verwaltungsvollmacht gedeckt waren, und den Beklagten nicht verpflichtete, jede genannte Anlageform anteilmäßig zu berücksichtigen. Gleichwohl ließ die Bestimmung die Annahme fernliegend erscheinen, der Beklagte strebe von vorneherein eine völlig einseitige Anlage aller oder nahezu aller ihm anvertrauten Mittel in Optionsscheinen an.
b) Die Parteien waren zwar ungeachtet der genannten Umstände frei, eine abweichende Vereinbarung dahin zu treffen, daß der Beklagte bei der Verwaltung der Gelder des Klägers ausschließlich oder überwiegend Optionsgeschäfte tätigen sollte. Die Annahme des Berufungsgerichts, eine solche Vereinbarung sei als bewiesen anzusehen, wird jedoch von der Revision mit Recht angegriffen.
aa) Die nicht naher ausgeführte Behauptung des Berufungsgerichts, die Zeugin Wo. habe eine derartige Abrede bestätigt, findet in dem Berichterstattervermerk über die Zeugenvernehmung keine Stütze. Danach hat die Zeugin zwar bekundet, der Beklagte handele fast ausschließlich mit Optionen. Sie hat aber nicht ausgesagt, daß er dies dem Kläger mitgeteilt und mit ihm vereinbart habe, auch seine Einlage ausschließlich in Optionen anzulegen. Sie hat im Gegenteil erklärt, bei dem vorvertraglichen Gespräch sei über verschiedene Anlagemöglichkeiten gesprochen worden.
bb) Auch die vom Berufungsgericht herangezogenen „Gesamtumstände” erlauben keinen Schluß auf eine Vereinbarung der Parteien, die Mittel des Klägers ausschließlich oder nahezu ausschließlich in Optionen anzulegen.
Das Berufungsgericht meint, die Vereinbarung eines Einmalhonorars von 7.410 DM ergebe nur dann einen Sinn, wenn der Beklagte für den Kläger Warentermingeschäfte habe abschließen und dabei seine Marktkenntnisse einsetzen sollen. Das Liegt schon deshalb neben der Sache, weil es im vorliegenden Fall nicht um Warentermingeschäfte, sondern ganz überwiegend um Aktienoptionen und Aktienindex-Optionen ging. Darüber hinaus ist das Berufungsgericht eine Antwort auf die Frage schuldig geblieben, warum bei einer auf unbestimmte Zeit übernommenen Verwaltung eines Kapitals von immerhin 130.000 DM nicht auch andere Anlageformen ein Einmalhonorar von 7.410 DM rechtfertigen können.
Soweit das Berufungsgericht auf das angebliche Einverständnis des Klägers mit dem Kauf der Dax Bull Warrants abhebt, knüpft es offenbar an die von ihm festgestellte Tatsache an daß der Kläger über diesen ersten Wertpapierkauf Kaufanzeigen der D. Bank erhalten und dem Beklagten gegenüber zunächst keine Einwände gegen das Geschäft geltend gemacht hatte. Dabei übersieht das Berufungsgericht jedoch die nächstliegende Erklärung für das Verhalten des Klägers. Diese liegt darin, daß er als Laie den Begriff „Dresdner Bank AG Dax Bull Warrants von 1989” nicht zutreffend einordnen kannte und der professionellen Erfahrung des Beklagten vertraute. Einen Rückschluß darauf, daß von Anfang an eine Anlage nur in Optionen verabredet war, läßt das Verhalten des Klägers daher nicht zu.
Ähnliches gilt für die vom Berufungsgericht herangezogene angebliche weitere Spekulation des Klägers nach der Kündigung des Depotverwaltungsvertrags. Dabei bezieht das Berufungsgericht sich anscheinend auf seine Feststellung, der Kläger habe im August 1991 den Depotverwaltungsvertrag mit dem Beklagten gekündigt, das ihm verbliebene Wertpapierdepot in Wert von 23.380 DM aber nach Beratung durch die D. Senk nicht sofort, sondern erst 1992 aufgelöst und dabei weitere Verluste erlitten. Der Umstand, daß der Kläger hinsichtlich des geeigneten Zeitpunkts für die Auflösung der restlichen vom Beklagten für ihn eingegangenen Positionen auf die Sachkunde der D. Bank vertraut hat, laßt jedoch keinen Schluß darauf zu, daß er von Anfang an mit dem Beklagten eine Anlage viel umfangreicherer Mittel ausschließlich in hochriskanten Optionsgeschäften vereinbart habe.
III.
Das Berufungsurteil stellt sich auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
An einem Schaden und damit an Ersatzansprüchen des Klägers könnte es fehlen, wenn und soweit die Abbuchungen von seinem Konto, die die D. Bank in Vollzug der vom Beklagten für ihn abgeschlossenen Geschäfte vorgenommen hat, unwirksam sein sollten. Das könnte der Fall sein, wenn und soweit die genannten Geschäfte Börsentermingeschäfte im Sinne der §§ 50 ff. BörsG waren und der Kläger ungeachtet der Unterzeichnung von Aufklärungsschriften der D. Bank nicht börsentermingeschäftsfähig gewesen sein sollte. In diesem Fall wären die Geschäfte nämlich – sofern nicht aus besonderer, bisher nicht erkennbaren Gründen eine der Ausnahmevorschriften der §§ 55 bis 57 BörsG eingreift – nach §§ 52 ff. BörsG unverbindlich.
1. Über die Art der vom Beklagten im Namen des Klägers mit der D. Bank abgeschlossenen Geschäfte enthält das Berufungsurteil keine ausreichenden Feststellungen.
Das Berufungsurteil spricht zwar bei der Wiedergabe des streitigen Parteivortrags und in den Entscheidungsgründen an zahlreichen Stellen von Warentermingeschäften. Das beruht jedoch offensichtlich auf einem Irrtum oder Mißverständnis. In den Schriftsätzen der Parteien ist von Warentermingeschäften nicht die Rede. Die vom Kläger vorgelegten Kopien von Wertpapierabrechnungen der D. Bank weisen keine Warenterningeschäfte aus, sondern überwiegend Käufe und Verkäufe von Aktienoptionsscheinen und Aktienindex-Optionsscheinen sowie in geringerem Umfang auch von Aktien und einer Optionsanleihe mit Optionsscheinen.
Hinsichtlich der „Dresdner Bank AG Dax Bull Warrants von 1989”, die Gegenstand des ersten großen Wertpapierkaufs durch den Beklagten waren, ist erkennbar, daß es sich um Aktienindex-Optionen handelte, deren Bezugsgröße der Deutsche Aktkenindex (DAX) war. Insoweit kommt es auf die Börsentermingeschäftsfähigkeit des Klägers an.
Umgekehrt steht fest, daß es sich bei den vereinzelten vom Beklagten veranlagten Käufen und Verkaufen von Aktien nicht um Börsentermingeschäfte handelte. Auf diese Geschäfte kommt es aber auch nicht an, weil der Kläger insoweit keine Vorwürfe gegen den Beklagten erhebt.
Bei mehreren Optionsscheinen, die in der Zeit ab Juli 1990 gekauft wurden, vermag der Senat aus den Wertpapierabrechnungen nicht zu erkennen, ob es sich um abgetrennte Aktienoptionsscheine aus Wandelschuldverschreibungen (Optionsanleihen) handelt. Soweit dies der Fall sein sollte, wären die betreffenden Geschäfte keine Börsentermingeschäfte im Sinne der §§ 50 ff. BörsG (Senatsurteil BGHZ 114, 177) und daher ohne Rücksicht auf die Frage der Börsentermingeschäftsfähigkeit des Klägers verbindlich. Bei anderen Optionsscheinen könnte es dagegen auf die Börsentermingeschäftsfähigkeit des Klägers ankommen. Für Verträge über die Weiterveräußerung unverbriefter Aktienoptionen hat der erkennende Senat bereits entschieden, daß es sich um Börsentermingeschäfte handelt (BGHZ 117, 135).
2. Soweit es demnach auf die Börsentermingeschäftsfähigkeit des Klägers ankommt, steht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht fest, daß sie vorhanden war.
a) In diesem Zusammenhang ist ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem Kläger und der D. Bank abzustellen. Im Verhältnis zwischen den Parteien war keine Börsentermingeschäftsfähigkeit des Klägers erforderlich. Der Wertpapier-Depotverwaltungsvertrag der Parteien war nämlich, obwohl er unter anderem auch auf die Durchführung von Börsentermingeschäften gerichtet war, kein Auftrag zum Abschluß von Börsentermingeschäften im Sinne des § 60 BörsG. Diese Vorschrift soll verhindern, daß die Vorschriften der §§ 52 ff. BörsG durch die Zwischenschaltung weiterer Personen umgangen werden (Nußbaum, Kommentar zum Börsengesetz, § 60 Anm. I). Eine solche Gefahr droht aber nur, wenn ein nicht Börsentermingeschäftsfähiger einen Dritten in einer Weise beauftragt, daß der Dritte ganz oder teilweise zwischen ihn und den eigentlichen Geschäftspartner tritt und aus der Abwicklung des Termingeschäfts eigene Ansprüche gegen den nicht Börsentermingeschäftsfähigen ableiten kann. Ist dies nicht der Fall, so ist der nicht Börsentermingeschäfts fähige bereits dadurch hinreichend geschützt, daß Ansprüche des eigentlichen Geschäftspartners dem Termineinwand unterliegen. Unter § 60 BörsG fallen daher Aufträge, im eigenen Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers Börsentermingeschäfte abzuschließen (Nußbaum a.a.O. Anm. II; Schwark, Börsengesetz, § 60 Rdn. 2), sowie andere Aufträge, die auf Abschluß eines Börsentermingeschäfts mit einem Dritten gerichtet sind und bei denen dem Beauftragten aus der Abwicklung des Geschäfts eigene Ansprüche gegen den Auftraggeber zustehen sollen (vgl. BGHZ 94, 262, 266 f.). Dagegen fallen Aufträge, bei denen der Beauftragte – wie im vorliegenden Fall – lediglich in offener Stellvertretung für den Auftraggeber handeln soll, sowie die entsprechenden Vollmachten nicht in den Anwendungsbereich des § 60 Börse (a.M. Kleinschmidt. Das Informationsmodell bei Börsentermingeschäften, jur. Diss. Berlin 1991, S. 140 ff.; Nach AG 1992, 384, 396 f.).
b) Der Kläger ist für die mit der D. Bank abgeschlossenen Termingeschäfte nicht nach § 53 Abs. 2 BörsG börsentermingeschäftsfähig geworden, weil ihm die Unterrichtungsschriften nicht von der D. Bank, sondern vom Beklagten unterbreitet wurden und er sie nach Unterzeichnung auch dem Beklagten zurückgegeben hat. Darin liegt ungeachtet der Tatsache, daß die Broschüren von der D. Bank stammten, keine dem § 53 Abs. 2 BörsG genügende Unterrichtung durch diese.
Die genannte Vorschrift erklärt Börsentermingeschäfte, bei denen nur einer der beiden Vertragsteile Kaufmann im Sinne des § 53 Abs. 1 BörsG ist, unter der Voraussetzung für verbindlich, daß der Kaufmann einer gesetzlichen Bank- oder Börsenaufsicht untersteht und den anderen Teil in der im einzelnen geregelten Weise informiert. Diese Vorschrift, die ihre geltende Fassung erst in den Ausschußberatungen der Börsengesetznovelle von 1989 gefunden hat, soll sicherstellen, daß das Informationsmodell nur im Rahmen einer qualifizierten Beratung zur Anwendung kommt (Ausschußbericht in BT-Drucks. 11/4721, S. 11, 21). Daraus folgt, daß die Unterrichtung nach § 53 Abs. 2 BörsG nur von einem gesetzlicher Bank- und Börsenaufsicht unterstehenden Kaufmann und nicht von einem Dritten, der diese Qualifikation nicht aufweist, wirksam geleistet werden kann (Schäfer ZIP 1989, 1103, 1104; Kümpel WM 1989, 1485, 1487; Horn ZIP 1990, 2, 8 f.). Eine Unterrichtung durch einen nicht qualifizierten Dritten genügt auch dann nicht den gesetzlichen Anforderungen, wenn dieser sich dabei des schriftlichen Materials eines der Bank- und Börsenaufsicht unterstehenden Kaufmanns bedient. Die umstrittene Frage, ob die Unterrichtung nach § 53 Abs. 12 Börse Immer vom jeweiligen Vertragspartner vorgenommen werden muß (Horn a.a.O. S. 8; Häuser ZBB 1992, 249, 265 f.; Nach a.a.O.; Assmann in Festschrift Heinsius, S. 2, 27) oder ob diesem auch eine von einem anderen, ebenfalls der Bank.- und Börsenaufsicht unterstehenden Kaufmann durchgeführte Unterrichtung des Kunden zugute kommt (Schäfer a.a.O. S. 1104 f.; unentschieden Kümpel a.a.O. S. 1490), braucht hier nicht entschieden zu werden. Der Beklagte, von dem nicht bekannt ist, ob er Kaufmann ist, untersteht jedenfalls keiner gesetzlichen Bank- oder Börsenaufsicht.
c) der Kläger könnte auch ohne nach § 53 Abs. 2 BörsG wirksame Informationen börsentermingeschäftsfähig gewesen sein, wenn er Kaufmann im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 BörsG gewesen sein sollte. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Aus dem Berufungsurteil geht nur hervor, daß der Kläger Landwirt ist. Die Frage, ob er nach § 3 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 HGB zu der hier maßgebenden Zeit im Handelsregister eingetragen war, ist bisher ungeklärt.
IV.
Das angefochtene Urteil mußte daher aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Der Senat hat dabei von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Unterschriften
Schimansky, Dr. Halstenberg, Dr. Schramm, Dr. Siol, Dr. Bungeroth
Fundstellen
Haufe-Index 1392103 |
BB 1994, 1101 |
NJW 1994, 1861 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1994, 693 |
ZBB 1994, 268 |