Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessener Vergütungsanspruch Arbeitnehmererfinder. Lizenzanalogie. Zumutbarer Auskunftsanspruch für nicht unmittelbare Verfahrenserzeugnisse, für abgewandelte Ausführungen und zurückliegende unbeschränkte Inanspruchnahme der Diensterfindung
Leitsatz (amtlich)
a) Der dem Arbeitnehmererfinder im Hinblick auf seinen Anspruch auf angemessene Vergütung nach § 9 ArbEG zustehende Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung kann auf Angaben gerichtet sein, welche die Benutzung von Gegenständen betreffen, die selbst nicht wortsinngemäß oder als abgewandelte Ausführung von der Diensterfindung Gebrauch machen oder - bei einer Verfahrenserfindung - nicht unmittelbares Verfahrenserzeugnis sind (hier im Falle eines unbeschränkt in Anspruch genommenen Verfahrens bejaht für Produkte, die nach der tatsächlich praktizierten Herstellung durch den Arbeitgeber ohne Anwendung des Verfahrens nicht existent wären).
b) Der dem Arbeitnehmererfinder im Hinblick auf seinen Anspruch auf angemessene Vergütung nach § 9 ArbEG zustehende Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung kann auch Angaben über die Benutzung einschließen, die der Arbeitgeber bereits vor unbeschränkter Inanspruchnahme der Diensterfindung vorgenommen hat.
Normenkette
ArbEG § 9; BGB § 242
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Entscheidung vom 16.08.2000) |
LG Düsseldorf |
Tenor
Die Revision gegen das am 16.8.2001 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des OLG Düsseldorf wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgänger betreiben/betrieben eine Hütte, in der ein Rückgewinnungsverfahren angewandt wird, bei dem aus Erzkonzentraten und sekundären Vorstoffen insbesondere Zink und Blei (im Folgenden: Produkte) erzeugt werden. Hierbei fielen verunreinigte Abwässer an, die verschiedene gelöste Metalle, u. a. Thallium, enthielten und für welche die Hütte im Jahre 1992 eine Abwasserabgabe von 1,9 Mio. DM entrichten musste. Die öffentlich-rechtliche Einleitungsgenehmigung sollte zum 31.12.1992 auslaufen. Auf Grund behördlicher Auflagen wurde die Senkung der Thallium-Werte im Abwasser erforderlich. In einem Vertrag v. 25.6.1991 verpflichtete sich die Hütte gegenüber dem Hafen R. , die Schadstoffeinleitung unter das Niveau des Stands der Technik abzusenken.
Der Kläger ist Chemotechniker und war von 1969 bis zum 30.9.1992 bei Rechtsvorgängern der Beklagten beschäftigt. In den Jahren 1990 und 1991 entwickelte er mit zwei Mitarbeitern ein Verfahren zur kontinuierlichen Behandlung gelöste Metalle enthaltenden Abwassers sowie ein Verfahren zur Behandlung Thallium enthaltenden Abwassers. Das erste Verfahren benutzen der Rechtsvorgänger bzw. die Beklagte seit dem 1.1.1993, das zweite Verfahren bereits seit dem 1.8.1991, nachdem zuvor für beide Verfahren eine Genehmigung nach § 58 Abs. 2 des Landeswassergesetzes beantragt worden war.
Der Kläger gibt an, beide Verfahren im Jahre 1991 über seinen Vorgesetzten dem Rechtsvorgänger der Beklagten zur Kenntnis gebracht zu haben. Am 9.6.1993 meldeten die Miterfinder und der Kläger die Verfahren schriftlich als Diensterfindungen. Die Beklagte nahm beide Erfindungen mit Schreiben v. 20.9.1993 unbeschränkt in Anspruch und meldete sie zum Patent an. Für das erste Verfahren wurde der Beklagten das am 13.5.1998 bekannt gemachte europäische Patent 0 7 und für das zweite Verfahren das am 20.5.1998 bekannt gemachte europäische Patent 0 7 erteilt. Die Erfindervergütung bis 1995 und für das Jahr 1995 setzte die Beklagte jeweils auf 0 DM fest, weil die Investitionskosten die durch die patentierten Verfahren möglichen Ersparnisse überstiegen. Der Kläger widersprach der Festsetzung.
Der Kläger beansprucht mit der vorliegenden Klage die angemessene Arbeitnehmererfindervergütung. Durch Teilurteil hat das LG zunächst über die begehrte Auskunft entschieden und unter Zurückweisung eines weiter reichenden Begehrens im Übrigen dem hauptsächlichen Auskunftsverlangen des Klägers entsprechend die Beklagte verurteilt, dem Kläger darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welcher Art und in welchem Umfang sie oder ihr konzernverbundene Unternehmen seit dem 1.1.1993 (hinsichtlich des ersten patentierten Verfahrens) bzw. seit dem 1.8.1991 (hinsichtlich des zweiten patentierten Verfahrens) Produkte hergestellt, angeboten, in den Verkehr gebracht und daraus entgeltliche Vorteile gezogen haben, bei deren Produktion die anfallenden Abwässer durch das Verfahren nach Anspruch 1 des europäischen Patents 0 7 bzw. nach Anspruch 1 des europäischen Patents 0 7 behandelt worden sind, und zwar unter Angabe der Herstellungsmengen und -zeiten, der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, und der Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer sowie der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns.
Die Berufung der Beklagten gegen diese Verurteilung, die das LG mit einem Wirtschaftsprüfervorbehalt versehen hat, ist erfolglos geblieben. Die Beklagte verfolgt nunmehr mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat - dem LG folgend - gemeint, der Kläger könne zu Art und Umfang der Herstellung und sonstigen Benutzung der Produkte, bei deren Herstellung die anfallenden Abwässer mittels eines der beiden durch europäische Patente geschützten Verfahren behandelt worden sind, zum Zwecke der Auskunft im Hinblick auf den dem Grunde nach bestehenden Anspruch auf angemessene Arbeitnehmererfindervergütung Angaben verlangen, weil die betreffenden Umstände zur Berechnung des Erfindungswerts auf der Grundlage der Lizenzanalogie von Bedeutung seien. Es liege durchaus nahe, dass bei einer freien Erfindung Vertragsparteien als Bezugsgröße den Umsatz mit den Produkten gewählt hätten, bei deren Herstellung erfindungsgemäß gereinigte Abwässer angefallen seien. Durch diesen Anfall hätten die geschützten Verfahren eine Produktbezogenheit, obwohl sie die Produkte nicht hervorbrächten, sie sich auf die Eigenschaften der hergestellten Produkte nicht auswirkten und ihr Erfolg hauptsächlich darin bestehe, die bei der Herstellung der Produkte anfallenden Abwässer in stärkerem Maße als bisher von Schadenstoffen zu reinigen, so dass insbesondere die Abwasserabgabenlast der Hütte deutlich vermindert werde.
Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
2. Zu Unrecht wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, die Arbeitnehmererfindervergütung des Klägers könne unter Heranziehung der sog. Lizenzanalogie berechnet werden, und dass es nicht lediglich eine Berechnung nach dem erfassbaren betrieblichen Nutzen für möglich gehalten hat, die nach Meinung der Beklagten im Streitfall geboten ist.
a) Hat der Arbeitgeber die Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch genommen, steht dem Arbeitnehmererfinder einen Anspruch auf angemessene Vergütung zu (§ 9 Abs. 1 ArbEG). Ein Kriterium für die Bemessung dessen, was angemessen ist, ist die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung (§ 9 Abs. 2 ArbEG) oder der Erfindungswert (vgl. BGH, Urt. v. 16.4.2002 - X ZR 127/99, BGHReport 2002, 788 = GRUR 2002, 801 [802] - abgestuftes Getriebe; v. 13.11.1997 - X ZR 132/95, BGHZ 137, 162 [166] - Copolyester II). Dieser Wert ist einer unmittelbaren Berechnung nicht zugänglich; er kann nur mittels eines oder ggf. auch mehrerer Hilfskriteriums/-kriterien ermittelt werden. I.d.R. ist insoweit die Methode der Lizenzanalogie geeignet; regelmäßig ist deshalb sie bei der Ermittlung der angemessenen Vergütung des Arbeitnehmererfinders heranzuziehen (BGH, Urt. v. 16.4.2002 - X ZR 127/99, MDR 2000, 1028 = BGHReport 2002, 788 = GRUR 2002, 801 [802, 803] - abgestuftes Getriebe). Dies führt dazu, dass der aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitete, in ständiger Rechtsprechung anerkannte und als solcher auch von der Revision nicht in Zweifel gezogene Auskunftsanspruch des Arbeitnehmererfinders grundsätzlich die dem Arbeitgeber zumutbaren Angaben einschließt, deren der Arbeitnehmererfinder bedarf, um zu ermitteln, welche Gegenleistung einem gedachten Lizenzgeber zustehen würde, wenn vernünftige Parteien Art und Umfang der Nutzung der Erfindung durch den Arbeitgeber zum Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung gemacht hätten. Einem Arbeitnehmererfinder, der in entschuldbarer Weise über den Erfindungswert im Unklaren ist, muss angesichts der besonderen Eignung der Lizenzanalogie diese Methode der Ermittlung als nächstliegend erscheinen, wenn es darum geht, die bestehende Unklarheit auf sachgerechte Weise zu beseitigen. Ein Verlangen nach Vergütung auf dieser Grundlage ist deshalb regelmäßig so lange durch Treu und Glauben gedeckt, wie dem Arbeitnehmererfinder nicht Tatsachen bekannt sind oder hätten sein müssen, die ergeben, dass in seinem Fall die Lizenzanalogie ungeeignet und ein anderes Hilfskriterium zur Ermittlung des Erfindungswerts heranzuziehen ist.
b) Solche Tatsachen sind im Streitfall nicht festgestellt. Dass dem ein Verstoß gegen § 286 ZPO zugrunde liege, macht die Revision nicht geltend. Die Meinung, im Streitfall sei die Vergütung nach dem erfassbaren betrieblichen Nutzen zu bestimmen, hat die Revision allein mit der Feststellung des Berufungsgerichts, die Menge des patentgemäß gereinigten Wassers sei als Bezugsgröße ungeeignet, sowie mit der These begründet, als Bezugsgröße für die Bestimmung des Erfindungswerts nach der Lizenzanalogie dürfe ein Produkt nicht gewählt werden, das völlig außerhalb des Schutzbereichs des erfindungsgemäßen und zugunsten des Arbeitgebers geschützten Verfahrens liege. Die hiermit angesprochenen Gesichtspunkte betreffen unmittelbar lediglich die gegenüber der hier erörterten Frage nachrangige Feststellung, an welche tatsächlichen Umstände vernünftige Parteien im Falle eines Lizenzvertrags die Höhe der Gegenleistung geknüpft hätten. Auch mittelbar stehen diese Gesichtspunkte der Wahl der Lizenzanalogie nicht entgegen, wie die nachfolgenden Ausführungen ergeben.
3. Die dem angefochtenen Urteil ferner zugrunde liegende Annahme des Berufungsgerichts, vernünftige Vertragsparteien hätten eine Lizenz zur Nutzung der beiden patentgemäßen Verfahren unter Berücksichtigung der Menge der Produkte bemessen, bei deren Herstellung die Abwässer angefallen sind, zu deren Reinigung die patentgemäßen Verfahren eingesetzt wurden, bekämpft die Revision ebenfalls ohne Erfolg.
a) Soweit das Rechtsmittel infrage stellt, dass das Berufungsgericht mit seiner von der Revision als vage bezeichneten Formulierung "liege durchaus nahe" überhaupt eine Feststellung über den Inhalt eines Lizenzvertrags getroffen hat, wie ihn vernünftige Parteien vereinbart hätten, wird übersehen, dass das OLG eingangs seiner Ausführungen zur Sache zustimmend das landgerichtliche Urteil erwähnt hat. Dort ist ausgeführt, bei dem metallurgischen Herstellungsprozess werde das vornehmlich als Kühlwasser eingesetzte Frischwasser mit Schwermetallen kontaminiert. Vor der Einleitung müssten diese Schwermetalle bis auf bestimmte, öffentlich-rechtlich vorgeschriebene Richtwerte entfernt werden. Hierzu setze die Beklagte die beiden erfindungsgemäßen Verfahren ein. Diese stünden daher in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Produktionsprozess, auch wenn sie nicht in den von der Beklagten hergestellten und verkauften Produkten verkörpert seien. Die Abwasserreinigung sei Voraussetzung der Produktion, weil die hierbei notwendigerweise entstehenden kontaminierten Abwässer entsorgt werden müssten und die erforderliche wasserrechtliche Einleitungsgenehmigung nur erteilt werde, wenn bestimmte Richtwerte nicht überschritten würden. Da eine Produktion ohne Klärung der hierbei entstehenden Abwässer rechtlich unmöglich wäre, seien die Vorteile, welche die Beklagte aus der Verwertung der Verfahren ziehe, mit den Verkaufsumsätzen der produzierten Metalle verknüpft. Im Gesamtzusammenhang der Entscheidung des Berufungsgerichts bedeutet daher die von der Revision als vage bezeichnete Aussage des Berufungsgerichts, dass aus diesen Gründen die Wahl des Umsatzes mit den Produkten nahe liegend sei und dass unter den Gegebenheiten des Streitfalls mithin gerade die Benutzungshandlungen, über die der Kläger Auskunft begehrt, für vernünftige Lizenzvertragsparteien bedeutsame Umstände im Hinblick auf die Angemessenheit der Gegenleistung gewesen wären.
Diese tatrichterliche Feststellung beruht auf einer angesichts des Streitstoffs möglichen Würdigung. Ein insoweit beachtlicher Rechtsfehler wird von der Revision nicht aufgezeigt.
b) Der Würdigung des Berufungsgerichts steht nicht entgegen, dass die Beklagte - wie die Revision geltend macht - in den Tatsacheninstanzen vorgetragen hatte, der Frischwasserverbrauch und die Menge des patentgemäß gereinigten Abwassers seien unabhängig von der Menge der Produkte, über die Rechnung gelegt werden solle. Auch wenn man berücksichtigt, dass Produkte dieser Art auch bei Anwendung eines anderen zugelassenen Reinigungsverfahrens hätten hergestellt werden und Umsatzträger bei der Beklagten hätten sein können, ändert das nämlich nichts daran, dass die Produkte, auf die sich die Auskunft bzw. Rechnungslegung beziehen soll, ohne Benutzung der patentgemäßen Verfahren nicht existent wären und deshalb als eine Folge dieser Benutzung angesehen werden können, die der Beklagten wirtschaftlichen Nutzen gebracht hatte bzw. zu bringen geeignet ist. Nach der tatsächlich praktizierten Handhabung im Betrieb der Beklagten drückt sich also in den Produkten ein Vorteil aus, den die Diensterfindungen des Klägers der Beklagten verschafft haben. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise bietet deshalb der Umfang dieser Produktion eine taugliche Grundlage zur Festlegung einer sachgerechten Lizenz. Die Umstände des Streitfalls erlauben damit die Feststellung, vernünftige Vertragsparteien hätten die zur Realisierung des von der Beklagten erlangten Vorteils dienende Benutzung der Produkte als einen Maßstab für die dem Kläger zustehende Gegenleistung genommen.
Das gilt umso mehr, als diese Feststellung im Einklang mit dem Grundsatz steht, dass der Arbeitnehmererfinder an allen wirtschaftlichen (geldwerten) Vorteilen beteiligt werden soll, die seinem Arbeitgeber auf Grund der Diensterfindung (kausal) zufließen (vgl. Regierungsbegr. z. ArbEG, BT-Drucks. II/1648, 26 = BlPMZ 1957, 232), und auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass vernünftigen Vertragsparteien ein anderer Maßstab überhaupt als vorzugswürdig hätte erscheinen können. Der technische und wirtschaftliche Nutzen beider Erfindungen besteht, wie das Berufungsgericht insoweit unbeanstandet durch die Revision festgestellt hat, nicht in der Menge des gereinigten Abwassers. Das unmittelbar hergestellte Verfahrenserzeugnis bietet deshalb nicht die Gewähr für die sachgerechte Erfassung des Erfindungswerts. Da die patentierten Verfahren selbst nicht im Wege entgeltlicher Geschäfte verwertet wurden und werden, trifft dies auch für den Umsatz mit dem Gegenstand der Schutzrechte selbst zu. Dafür, dass die deshalb von dem Kläger ins Auge gefasste Anknüpfungstatsache im Vergleich zu einer von der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung herausgestellten Beteiligung an der Ersparnis bei der Abwasserabgabe zu einer überhöhten Vergütung führen wird oder gar muss, ist schließlich nichts ersichtlich.
c) Zu Unrecht hält die Revision dem Berufungsgericht ferner entgegen, im Zweifel würden Lizenzgebühren nur für solche Benutzungshandlungen vereinbart, die Patentverletzungen darstellten, wenn sie nicht gestattet wären. An welche tatsächlichen Umstände vernünftige Parteien die Gegenleistung geknüpft hätten, ist eine für jeden Einzelfall zu klärende Tatfrage (vgl. BGH, Urt. v. 14.03.2000 - X ZR 115/98, MDR 2000, 1448 = CR 2000, 816 = GRUR 2000, 685 - formunwirksamer Lizenzvertrag). Im Falle der Benutzung des Patents durch einen hierzu nicht befugten außenstehenden Dritten ist ihre Beantwortung zwar wegen dieser Benutzungshandlungen nötig. Selbst für diesen Fall leitet die von der Revision insoweit angeführte Kommentarstelle (Benkard, PatG/GebrMG, 9. Aufl., § 15 Rz. 73) hieraus jedoch nicht ab, dass vorgegeben sei, wie die Berechnung des Schadensersatzes vorgenommen werden müsse. Der Zweck, eine angemessene Entschädigung bzw. - im Verhältnis des Arbeitgebers zu dem Arbeitnehmererfinder - eine angemessene Vergütung zu ermöglichen, verlangt auch nur, das zu berücksichtigen, was üblicherweise in vergleichbaren Fällen einer vertraglichen Vereinbarung zugrunde gelegt wird. Hierbei handelt es sich um einen Grundsatz, der nicht nur für die Höhe eines etwaigen prozentualen Lizenzsatzes, sondern auch im Übrigen ein sachgerechtes Ergebnis erwarten lässt und der deshalb auch bei der Wahl grundlegender Anknüpfungstatsachen Geltung beansprucht. Falls vergleichbare Fälle nicht feststellbar sind, kann eine Üblichkeit jedoch nicht entscheidend sein. Es ist anhand der besonderen Umstände des jeweiligen Streitfalls festzustellen, was vernünftige Parteien unter angemessener Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vereinbart haben würden, wenn sie den gegebenen Benutzungssachverhalt zum Gegenstand einer vertraglichen Übereinkunft gemacht hätten (BGH, Urt. v. 16.4.2002 - X ZR 127/99, BGHReport 2002, 788 = GRUR 2002, 801 [803] - abgestuftes Getriebe).
Das Berufungsgericht ist nach dem Gesamtzusammenhang seiner Entscheidungsgründe von einem solchen Fall ohne vergleichbare Vorbilder ausgegangen. Die Revision zeigt demgegenüber nicht auf, dass vergleichbare Fälle hätten ermittelt werden können, in denen die Lizenz in anderer Weise bestimmt wurde. Es verfängt deshalb auch nicht, wenn die Revision es als absolut außergewöhnlich bezeichnet, als Bezugsgröße den Umsatz mit einem Produkt zu wählen, welches in keiner Verfahrensstufe mit dem lizenzierten Verfahren erzeugt werde und auf welche sich der Patentschutz des lizenzierten Verfahrens überhaupt nicht - auch nicht teilweise und indirekt - erstrecke, und dabei ergänzend angegeben hat, dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten sei weder aus seiner Berufstätigkeit als Rechtsanwalt noch in der Lizenzvertragsabteilung eines großen Industrieunternehmens noch aus Literatur und Judikatur ein vergleichbarer Lizenzvertrag bekannt.
d) Es stellt schließlich auch keinen Rechtsfehler bei der tatrichterlichen Würdigung dar, dass das Berufungsgericht die Besonderheiten des zu beurteilenden Sachverhalts nicht zum Anlass genommen hat, von Amts wegen einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Der BGH hat mehrfach zu erkennen gegeben, dass ein ständig mit Patentstreitsachen befasstes und auch mit Arbeitnehmererfindersachen vertrautes Gericht sich gutachterlicher Hilfe nicht notwendiger Weise bedienen muss (BGH, Urt. v. 30.5.1995 - X ZR 54/93, MDR 1996, 601 = GRUR 1995, 578 [579] - Steuereinrichtung II, m. w. N.). Auch Streitfälle, für die vergleichbare Sachverhalte nicht feststellbar sind, erfordern nicht generell eine Sachkunde, die einem erfahrenen Gericht nicht zugetraut werden könnte.
4. Der von den Tatsacheninstanzen ausgesprochenen Verpflichtung der Beklagten zu Auskunft und Rechnungslegung über die Benutzung der Produkte kann schließlich auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die Zuerkennung einer Lizenzgebühr auf der Grundlage der Benutzung der Produkte sei einer Vereinbarung zwischen Lizenzvertragsparteien nicht zugänglich, weil sie kartellrechtswidrig wäre. Die Regeln gegen Wettbewerbsbeschränkungen werden zwar auch dann für bedeutsam angesehen, wenn im Wege der Lizenzanalogie der Schadensersatzanspruch gegenüber einem Schutzrechtsverletzer ermittelt werden muss (Busse, PatG, 5. Aufl., § 139 Rz. 152 m.N.). An einer Bemessung, die mit Beschränkungen verbunden ist, die mit dem maßgeblichen Inhalt des Schutzrechts unvereinbar sind, fehlt es jedoch, wenn hierbei an tatsächlich praktizierte Handlungen angeknüpft wird, die in dieser Form ohne die Benutzung der Erfindung nicht möglich gewesen wären. Das vom Inhalt des Schutzrechts umfasste Untersagungsrecht hätte dann nämlich auch erlaubt, diese Handlungen zu unterbinden. Ein vergleichbarer Fall ist hier zu beurteilen, da nach den getroffenen Feststellungen die Produkte, hinsichtlich derer Auskunft erteilt und Rechnung gelegt werden soll, ohne Benutzung der patentgemäßen Verfahren nicht existent wären.
5. Das Berufungsgericht hat die Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht der Beklagten auch auf die Handlungen erstreckt, welche in der Zeit seit Beginn der Nutzung der patentgemäßen Reinigungsverfahren bis zur unbeschränkten Inanspruchnahme der Diensterfindungen begangen worden sind. Zur Begründung hat das Berufungsgericht lediglich darauf abgestellt, die angemessene Erfindervergütung könne nicht berechnet werden, wenn dem Kläger nicht auch die Kostenfaktoren zur Kenntnis gebracht würden, die ganz überwiegend im Zusammenhang mit der Benutzungsaufnahme angefallene Investitionskosten darstellten. Das könnte möglicherweise die Notwendigkeit von Angaben zu dem zur Herstellung der Produkte erforderlichen Aufwand deutlich machen, bildet aber keine tragfähige Grundlage für eine Auskunftspflicht in dem vom LG ausgesprochenen Umfange. Die Benutzungshandlungen vor der unbeschränkten Inanspruchnahme der Erfindungen einschließende Verurteilung der Beklagten erweist sich aber aus einem anderen Grund als richtig.
a) Vor unbeschränkter Inanspruchnahme einer Diensterfindung kann der Arbeitnehmererfinder allerdings eine Vergütung nach § 9 ArbEG für Benutzungshandlungen des Arbeitgebers nicht beanspruchen. Gemäß § 9 Abs. 1 ArbEG kann Arbeitnehmererfindervergütung erst verlangt werden, sobald der Arbeitgeber die Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch genommen hat. Als Folge der unbeschränkten Inanspruchnahme ordnet das Gesetz jedoch nicht etwa nur einen Vergütungsanspruch wegen seitdem erfolgender Nutzung des Schutzrechts (so aber Bartenbach/Volz, ArbEG, 4. Aufl., § 9 Rz. 11, insbesondere unter Hinweis auf ständ. Praxis der Schiedsstelle), also nicht nur wegen bestimmter Benutzungshandlungen an. Geschuldet ist vielmehr ohne jede Einschränkung die angemessene Vergütung. In Anbetracht des bereits erwähnten Grundsatzes, dass der Arbeitnehmererfinder an allen wirtschaftlichen (geldwerten) Vorteilen zu beteiligen ist, die seinem Dienstherrn auf Grund der Diensterfindung (kausal) tatsächlich zufließen, ist damit der angemessene Anteil hieran gemeint. Dies berücksichtigt auch, dass durch unbeschränkte Inanspruchnahme nicht zum Ausdruck kommt, möglicher Nutzen der Diensterfindung solle in irgendeiner Hinsicht nicht beansprucht werden. Das kann zur Folge haben, dass nach der unbeschränkten Inanspruchnahme der Erfindung auch die Tatsache, dass es bereits vorher zu Benutzungshandlungen gekommen ist, berücksichtigt werden muss, nämlich dann, wenn anderenfalls nicht gewährleistet wäre, dass der Arbeitnehmererfinder den ihm gebührenden angemessenen Anteil erhält. So könnte es beispielsweise nicht als angemessen i. S. d. § 9 Abs. 1 ArbEG angesehen werden, wenn der Arbeitgeber, dem es gelingt, in der Frist von vier Monaten, die ihm unter Umständen gem. § 6 Abs. 2 ArbEG zur Inanspruchnahme einer gemeldeten Diensterfindung bleibt, die wesentlichen Vorteile der Diensterfindung zu realisieren, eine Vergütung lediglich wegen einiger noch verbleibender Verwertungshandlungen nach der Inanspruchnahme leisten müsste. Sobald der Arbeitgeber eine Diensterfindung eines Arbeitnehmererfinders unbeschränkt in Anspruch genommen hat, hat er aber auch dann alle wirtschaftlichen Vorteile, welche die Diensterfindung für ihn herzugeben vermag, für sich beansprucht, wenn der Arbeitnehmer die Pflicht zu unverzüglicher Meldung (§ 5 ArbEG) nicht gehörig erfüllt hat. Es kann deshalb auch sachgerecht sein, im Rahmen der Ermittlung der angemessenen Beteiligung des Arbeitnehmererfinders an den dem Arbeitgeber zugeflossenen wirtschaftlichen Vorteilen zu berücksichtigen, dass allein dem Arbeitgeber vor der förmlichen Meldung vorgenommene Benutzungshandlungen möglich waren, weil er auf andere Weise von der Diensterfindung des Arbeitnehmers erfahren hat, und er sich diese bereits damals nutzbar gemacht hat. Dieses Verständnis von § 9 Abs. 1 ArbEG ist auch im Hinblick darauf nur konsequent, dass die Schutzrechtserteilung und - sofern die erlangte Vorzugsstellung unberührt bleibt - die Rückwirkung eines Widerrufs, einer Nichtigerklärung oder einer Löschung des Schutzrechts nach allgemeiner Meinung ebenfalls keine Zäsurwirkung hinsichtlich der geschuldeten Vergütung haben.
b) Da die Beklagte bzw. ihr Rechtsvorgänger von Anbeginn der Benutzung der später patentierten Verfahren auf Grund der Diensterfindung des Klägers tatsächlich eine Vorzugsstellung innehatten, kommt mithin auch im Streitfall in Betracht, dass die vor der unbeschränkten Inanspruchnahme begangenen Handlungen der Angemessenheit der geschuldeten Arbeitnehmervergütung mitbestimmen. Dies macht eine Auskunft bzw. Rechnungslegung auch insoweit nötig.
c) Der Zuerkennung eines Anspruchs mit diesem Inhalt steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass der hier geltend gemachte Anspruch auf Auskunft bzw. Rechnungslegung seine Grundlage in § 242 BGB hat und deshalb nur Angaben umfassen kann, die zu machen der Beklagten auch zugemutet werden kann. Soweit Angaben zu Benutzungshandlungen verlangt werden, die vor unbeschränkter Inanspruchnahme der Diensterfindung begangen wurden, verdient allerdings der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit besondere Beachtung. Da der Arbeitgeber, sobald er die Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch genommen hat, mit der Notwendigkeit rechnen muss, Auskunft zu erteilen bzw. Rechnung zu legen, kann er sich hinsichtlich der nach diesem Zeitpunkt begangenen Benutzung darauf einrichten, Angaben zu Umständen, deren Kenntnis die sachgerechte Ermittlung der angemessenen Vergütung erlauben, auch noch nach Jahren machen zu können. Dies ist im Hinblick auf Handlungen, die er vor der unbeschränkten Inanspruchnahme begangen hat, insbesondere aber hinsichtlich maßgeblichen Geschehens vor der Erfindungsmeldung durch den Arbeitnehmererfinder nicht in gleicher Weise gegeben. Bevor der Arbeitnehmer die Meldung nach § 5 ArbEG gemacht hat, ist offen, ob das eine Auskunfts- bzw. Rechnungslegungspflicht einschließende Rechtsverhältnis überhaupt in Betracht kommt; vor unbeschränkter Inanspruchnahme der gemeldeten Diensterfindung ist die Vergütungspflicht nach § 9 ArbEG - wie ausgeführt - noch dadurch bedingt, dass der Arbeitgeber sich zu dieser Maßnahme auch tatsächlich entschließt. Jedenfalls, was die Nutzung vor der Erfindungsmeldung betrifft, wird deshalb in Erwägung zu ziehen sein, dass der Arbeitgeber bei zumutbarem Aufwand nicht mehr zu ins Einzelne gehenden Angaben in der Lage ist, wenn er erst lange danach auf Auskunft bzw. Rechnungslegung in Anspruch genommen wird.
Im Streitfall führt diese Überlegung freilich nicht zu einer Einschränkung der ausgesprochenen Verurteilung. Denn die Auskunftsklage ist bereits 1995 erhoben worden, so dass in Anbetracht der gewöhnlichen Aufbewahrungsfristen für Geschäftsunterlagen davon ausgegangen werden kann, dass die damals vorhandenen Unterlagen die hier interessierenden Vorgänge aus 1991 und den folgenden Jahren wiedergeben und anhand dieser Unterlagen die erforderlichen Angaben gemacht werden können. Das angefochtene Urteil weist nichts aus, was hiergegen spricht. Auch die Revision ist nicht darauf gestützt, dass Angaben verlangt werden, die aus den zuletzt erörterten Umständen unzumutbar seien, etwa weil die Beklagte oder ihre Rechtsvorgänger die Notwendigkeit der nun verlangten Angaben zunächst nicht erkannt hätten und die betreffenden Umstände im Nachhinein unschwer nur aus Unterlagen zu ersehen gewesen wären, die in Folge dieser Unkenntnis von einer Vernichtung nicht ausgenommen worden seien.
6. Gegen die weiteren zur Rechtfertigung der ausgesprochenen Verurteilung getroffenen Feststellungen sind Rügen nicht erhoben. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Das angefochtene Urteil hat damit Bestand. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 954334 |
BGHZ 2004, 9 |
BB 2004, 112 |
DB 2004, 185 |
NJW 2004, 292 |
BGHR 2003, 1017 |
NJW-RR 2003, 1710 |
EWiR 2003, 951 |
GRUR 2003, 789 |
ZAP 2003, 994 |
LMK 2003, 193 |
Mitt. 2003, 466 |