Entscheidungsstichwort (Thema)
Dingliche Surrogation bei Erwerb eines Nachlassgegenstandes
Normenkette
BGB § 2041
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 29. Oktober 1998 im Umfang der Annahme der Revision und im Kostenpunkt aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 17. September 1997 teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, die Berichtigung der Eigentumseintragung im Grundbuch von Z. Bl. 10 dahingehend zu bewilligen und zu beantragen, daß als Eigentümer eingetragen werden E. G., Gr. K., I., und H. B., R., D., in ungeteilter Erbengemeinschaft zu je 1/2.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihnen ein Grundstück kraft Surrogation nach § 2041 BGB in ungeteilter Erbengemeinschaft je zur Hälfte gehört oder ob die Beklagte, wie sie meint, Alleineigentümerin ist.
Die Brüder P. und F. W. Ge. beerbten ihren am 12. März 1902 gestorbenen Vater. Zum Nachlaß gehörte unter anderem ein Bauernhof in D.. Einen Teil dieses Grundbesitzes veräußerten die Brüder. Sie entschlossen sich, mit dem Erlös einen Erbhof in Z./M. zu kaufen. Da sie sich nicht sicher waren, ob der Hof nach damaligem Anerbenrecht durch eine Erbengemeinschaft erworben werden konnte, trat F. W. Ge. allein als Käufer auf und wurde am 7. Oktober 1924 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Die Brüder behandelten diesen Hof jedoch so, als sei er Bestandteil des Nachlasses und gehöre ihnen in ungeteilter Erbengemeinschaft je zur Hälfte. In ihren Testamenten haben sie festgehalten, der Hof sei erworben worden, um Kapital aus dem Verkauf von Erbengemeinschaftsgrundstücken wieder in Grundbesitz anzulegen, trotz Eintragung von F. W. Ge. als Alleineigentümer gehöre der Hof ihnen in ungeteilter Erbengemeinschaft je zur Hälfte und sei geschäftlich und steuerlich stets so anerkannt worden. Nach dem Tod von P. Ge. im Jahre 1944, der von seiner Ehefrau L. beerbt wurde, ist dies weiter so gehandhabt und in den Testamenten von F. W. Ge., der 1953 starb, bestätigt worden. Dessen Erbin ist die Beklagte. Sie hat am 6. September 1954 mit L. Ge. einen notariellen Auseinandersetzungsvertrag geschlossen. Darin haben sie den Grundbesitz in D. untereinander aufgeteilt. Zu den Eigentumsverhältnissen an dem in M. gelegenen, auf den Namen von F. W. Ge. eingetragenen Hof ist darin bestimmt, die in dessen Testament vom 16. August 1951 festgelegte Besitzteilung je zur ideellen Hälfte werde als verbindlich anerkannt. Nach dem Tod der 1978 gestorbenen L. Ge., deren Erbe der Kläger ist, behandelten die Parteien das Grundstück so wie bisher. Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 3. September 1992 und die Beklagte mit Schreiben vom 3. November 1992 beim Grundbuchamt S. übereinstimmend, als Eigentümer die aus ihnen je zur Hälfte bestehende Erbengemeinschaft einzutragen. Der Antrag wurde durch Beschluß vom 29. September 1994 zurückgewiesen, weil die Beklagte als Erbin des im Grundbuch eingetragenen F. W. Ge. Alleineigentümerin sei. Diesem Standpunkt hat sich die Beklagte durch Anwaltsschreiben vom 21. Februar 1995 an den Kläger angeschlossen und die bisher hälftig geteilten Pachtzahlungen für sich allein vereinnahmt. Inzwischen ist sie als Eigentümerin eingetragen.
Der Kläger verlangt, im Wege der Grundbuchberichtigung als Eigentümer die Parteien je zur Hälfte in ungeteilter Erbengemeinschaft einzutragen sowie Herausgabe der anteiligen Pachterlöse von circa 15.000 DM. Damit ist er in den Vorinstanzen nicht durchgedrungen. Seine Revision, mit der er beide Ansprüche weiterverfolgt, hat der Senat hinsichtlich des aus prozessualen Gründen abgewiesenen Zahlungsanspruchs nicht angenommen.
Entscheidungsgründe
Der Kläger hat einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB, weil Eigentümer des Grundstücks in Z. die Parteien in ungeteilter Erbengemeinschaft je zur Hälfte sind. Die Verjährungseinrede greift nicht durch (§ 898 BGB).
I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Beklagte sei Alleineigentümerin. Das Grundstück sei nicht im Wege der dinglichen Surrogation nach § 2041 BGB in den Nachlaß von W. Ge. gefallen. Dies treffe nur für den Erlös aus dem Verkauf der Grundstücke in D. zu, nicht aber für den Erwerb des Grundstücks in Z.. Insoweit hätten die Brüder P. und F. W. Ge. eine Teilauseinandersetzung vorgenommen. Denn sie seien sich bei der Anlage des Verkaufserlöses einig gewesen, daß nur F. W. Ge. das Grundstück als Alleineigentümer erwerben und als solcher im Grundbuch eingetragen werden sollte. Jedenfalls in einem solchen Fall der Doppelsurrogation sei das Beziehungskriterium des § 2041 BGB nicht mehr allein ausschlaggebend. P. Ge. habe an der Gewinnerzielung durch Verpachtung nur schuldrechtlich, nicht dinglich teilhaben sollen. Jedenfalls aber habe sich die Erbengemeinschaft in Person der Beklagten und von L. Ge. mit dem notariellen Vertrag vom 6. September 1954 auch über den Hof in Z. auseinandergesetzt.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Die Brüder Ge. haben keine Teilauseinandersetzung vorgenommen. Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung wesentlichen Prozeßstoff außer acht gelassen.
Für eine Teilauseinandersetzung spricht nur, daß F. W. Ge. allein als Erwerber aufgetreten und im Grundbuch eingetragen worden ist. Diese Indizwirkung ist nach den übrigen Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch widerlegt. Der Hof in Z. ist deshalb nur von einem der Brüder erworben worden, weil sie sich nicht sicher waren, ob er als Erbhof wegen des damals geltenden Anerbenrechts durch eine Erbengemeinschaft erworben werden konnte. Der Hof ist erworben worden, um Kapital aus dem Verkauf von Erbengemeinschaftsgrundstücken wieder in Grundbesitz anzulegen. In den Testamenten beider Brüder ist ausdrücklich niedergelegt, daß sie den Hof in Z. als ihnen in ungeteilter Erbengemeinschaft gehörend angesehen haben, obwohl nur F. W. Ge. als Eigentümer eingetragen war. Sie haben die in den Testamenten verwendeten Begriffe „Hofesbesitz” und „Grundbesitz” ersichtlich im Sinne von Eigentum verstanden. Der Hof ist wirtschaftlich und steuerlich auch stets so behandelt worden. Nach dem Tod seines Bruders hat F. W. Ge. die Zuordnung des Hofs zur ungeteilten Erbengemeinschaft nunmehr mit L. Ge. bekräftigt. Angesichts des aus den Testamenten hervorgehenden Einvernehmens zwischen den Brüdern wäre im Falle einer Teilauseinandersetzung auch eine Ausgleichsregelung zugunsten von P. Ge. zu erwarten gewesen. Dafür oder für eine sonstige Abfindung von P. Ge. ist kein Anhaltspunkt ersichtlich.
Aus allen diesen Umständen ist zu schließen, daß die Brüder Ge. keine Teilauseinandersetzung gewollt haben.
2. Der Hof in Z. ist im Wege der dinglichen Surrogation nach § 2041 BGB in den ungeteilten Nachlaß ihres Vaters gefallen.
a) Nach dieser Vorschrift gehört unter anderem zum Nachlaß, was durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf den Nachlaß bezieht. Ein solcher Bezug zum Nachlaß besteht bei einem Erwerbsgeschäft jedenfalls dann, wenn zu der objektiven Beziehung, die bei Erwerb mit Mitteln des Nachlasses ohne weiteres gegeben ist, der Wille hinzu kommt, für den Nachlaß erwerben zu wollen (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 1986 - IX ZR 126/85 - NJW 1987, 434 unter II 3 und vom 6. Mai 1968 - III ZR 63/66 - NJW 1968, 1824; Brox, Erbrecht 17. Aufl. Rdn. 581; MünchKomm/Dütz, 3. Aufl. § 2041 Rdn. 13, 22-24; Soergel/Wolf, 12. Aufl. § 2041 Rdn. 7-9).
So liegt es hier. Das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, daß der Erlös aus dem Verkauf der Nachlaßgrundstücke in D. nach § 2041 BGB in den Nachlaß gefallen ist. Es hat festgestellt, daß der Erlös für den Erwerb des Hofes in Z. verwendet worden ist. Diese Feststellung wird von der Revisionserwiderung vergeblich angegriffen (§ 565a ZPO). Wie unter II. 1. bereits ausgeführt wurde, hatten die Brüder Ge. auch den Willen, das Grundstück materiell als Ersatz für die veräußerten Nachlaßgrundstücke für die Erbengemeinschaft zu erwerben.
b) Das Surrogationsprinzip erfährt auch in Fällen der Doppel- oder Kettensurrogation keine Einschränkung. Dahinter steht der Gedanke, den Wert des Sondervermögens zu erhalten, während die konkrete Erscheinungsform nicht ausschlaggebend ist. Daher muß jeder Umsatz einzelner Bestandteile des Vermögens und der darin liegende Abfluß realer Werte, wenn der Wert des Ganzen erhalten bleiben soll, durch die rechtliche Neuzuordnung eben derjenigen konkreten Ersatzgegenstände zum Nachlaß ausgeglichen werden, in die die abgeflossenen Werte eingegangen sind (BGHZ 109, 214, 217; vgl. ferner BGH, Urteile vom 24. Oktober 1990 - IV ZR 296/89 - NJW 1991, 842 unter 1 und vom 30. Oktober 1986, aaO; Dütz, aaO § 2041 Rdn. 5).
3. Hinsichtlich des Hofes in Z. hat auch keine Auseinandersetzung durch den notariellen Vertrag vom 6. September 1954 zwischen der Beklagten und L. Ge. stattgefunden. Das Berufungsgericht hat die gegen eine solche Annahme sprechenden Umstände nicht in seine Würdigung einbezogen. Während der Grundbesitz in D. untereinander aufgeteilt und zu Alleineigentum übertragen wurde, wurde in § 6 des Vertrages wegen der Eigentumsverhältnisse an dem Hof in M. der bisherige Zustand als verbindlich anerkannt. Gegen eine Auseinandersetzung spricht ferner, daß die Beklagte selbst im November 1992 beim Grundbuchamt beantragt hatte, im Wege der Grundbuchberichtigung die aus den Parteien je zur Hälfte bestehende Erbengemeinschaft als Eigentümer einzutragen.
Unterschriften
Dr. Schmitz, Römer, Terno, Seiffert, Ambrosius
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 29.09.1999 durch Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 541274 |
WM 1999, 2412 |
ZEV 2000, 62 |