Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit eines Grundurteils. Entscheidungsreife. Prozesswirtschaftlichkeit
Leitsatz (redaktionell)
Die Zulässigkeit einer Vorabentscheidung gem. § 304 Abs. 1 ZPO über den Anspruchsgrund ist nur dann gegeben, wenn zum einen alle den Anspruchsgrund betreffenden Fragen entscheidungsreif sind und zum anderen der Bestand des Anspruchs zumindest überwiegend wahrscheinlich ist, so dass im Nachverfahren nur noch die Anspruchshöhe festzustellen ist. Hieran vermögen auch prozesswirtschaftliche Erwägungen nichts zu ändern.
Normenkette
ZPO § 304 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 18.12.2001) |
LG München I (Urteil vom 24.07.2000) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Dezember 2001 und das Urteil des Landgerichts München I vom 24. Juli 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der beiden Rechtsmittelverfahren, an das Landgericht München I zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin beansprucht von der Beklagten die anteilige Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit der Unterhaltung und Instandsetzung des sog. E. -I. in M. und dessen Übergabe an die Stadt M..
Mit notariellem Vertrag vom 29. März 1989 kaufte die Klägerin von der damaligen Deutschen Bundesbahn die Grundstücke des „E. -I.” in M. zum Preis von 390 Mio. DM. Der Kauf umfaßte neben verschiedenen bebauten Grundstücken, die mit Erbbaurechten und dinglichen Vorkaufsrechten zugunsten der Erbbauberechtigten belastet waren, sämtliche Flächen eines privaten Erschließungssystems. Außerdem übertrug die Deutsche Bundesbahn der Klägerin ihre gegenüber der Landeshauptstadt M. übernommene Verpflichtung, das private Erschließungssystem zu erhalten und zu unterhalten. Die Klägerin verpflichtete sich, die erforderlichen infrastrukturellen Maßnahmen „federführend” für alle Käufer auf deren Rechnung durchzuführen. Dafür sollten die Käufer eine angemessene Vergütung zahlen. Als Federführende durfte die Klägerin „alles … noch Offene” nach billigem Ermessen bestimmen. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben als Federführende erhielt die Klägerin von der Deutschen Bundesbahn einen einmaligen Zuschuß in Höhe von 29 Mio. DM. Nach Abschnitt B § 4 der Urkunde darf die Klägerin die Käufer erst dann in Anspruch nehmen, wenn der Zuschuß von 29 Mio. DM zuzüglich aufgelaufener Zinsen von 4 % p.a. verbraucht ist.
Die Beklagte, die Erbbauberechtigte verschiedener Grundstücke war, übte in der Folgezeit ihr Vorkaufsrecht aus und wurde Eigentümerin dieser Grundstücke.
Die Klägerin behauptet, der von der Deutschen Bundesbahn gewährte Zuschuß zuzüglich der vertraglichen Zinsgutschriften sei in Erfüllung der Federführungsaufgaben bereits bis zum April 1994 vollständig verbraucht worden. Über diesen Betrag hinaus sei sie weiter mit insgesamt 23.066.579 DM zugunsten der Grundstückseigentümer in Vorlage getreten. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung des auf sie entfallenden anteiligen Betrages von 348.383,63 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe einen erheblichen Teil des Zuschusses von 29 Mio. DM vertragswidrig verwendet.
Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben, „soweit Federführungskosten entstanden sind, die den Zuschuß aus dem Vertrag vom 29. März 1989 übersteigen.” Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich die Revision. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, es habe hier gemäß § 304 Abs. 1 ZPO gesondert über den Anspruchsgrund ein Zwischenurteil ergehen dürfen. Nach Darlegung der Klägerin sei der Verbrauch der 29 Mio. DM hinreichend wahrscheinlich, so daß darüber endgültig im Betragsverfahren entschieden werden könne. Die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen habe die Klägerin schlüssig vorgetragen; die Beklagte sei deshalb dem Grunde nach zur Übernahme der anteiligen Investitions- und Federführungskosten für die Erhaltung und Herstellung der Infrastruktur im E. -I. verpflichtet.
II.
Dies hält der Revision nicht stand.
1. Das Berufungsurteil hat deshalb keinen Bestand, weil das vom Landgericht erlassene Grundurteil unzulässig ist.
a) Eine Vorabentscheidung über den Grund des Anspruchs gemäß § 304 Abs. 1 ZPO ist nur dann zulässig, wenn einerseits sämtliche den Grund des Anspruchs betreffenden Fragen zur Entscheidung reif sind (vgl. BGH, Urt. v. 23. September 1992, IV ZR 199/91, NJW-RR 1993, 91) und andererseits nach dem Sach- und Streitstand zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür gegeben ist, daß der Anspruch in irgendeiner rechnerischen Höhe besteht (vgl. Senat, BGHZ 79, 45, 46; Urt. v. 20. Juli 2001, V ZR 170/00, NJW 2002, 302, 304; auch BGHZ 97, 97, 109; 111, 125, 133; 126, 217, 219), für das Nachverfahren also nichts als die Feststellung der Höhe des Anspruchs übrig bleibt (vgl. BGH, Urt. v. 13. Mai 1980, VI ZR 276/78, LM ZPO § 304 Nr. 43). Danach war der Erlaß eines Grundurteils auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen unzulässig.
b) Allerdings weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, daß § 304 ZPO prozeßwirtschaftlichen Erwägungen entspringt und daher dogmatische Erwägungen bei Auslegung dieser Vorschrift in den Hintergrund treten können (BGHZ 108, 256, 259). Bedeutung gewinnt die prozeßwirtschaftliche Ausrichtung der Norm namentlich bei der Abgrenzung der Fragen, die bei Erlaß des Grundurteils geklärt sein müssen, gegenüber den Fragen, deren Klärung dem Betragsverfahren überlassen werden kann (vgl. Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 304 Rdn. 16). Gründe der Prozeßwirtschaftlichkeit können es jedoch nicht rechtfertigen, die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Unterscheidung zwischen Grund- und Betragsverfahren zugunsten einer davon losgelösten punktuellen Entscheidung über beliebige einzelne Tatbestandsvoraussetzungen einer Anspruchsnorm aufzugeben. Festzuhalten ist daher insbesondere daran, daß ein Grundurteil erst dann ergehen darf, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß der eingeklagte Anspruch wenigstens in irgendeiner Höhe besteht.
c) An den Voraussetzungen für den Erlaß eines Grundurteils fehlt es. Das Berufungsgericht geht zwar zu Recht davon aus, daß ein Anspruch der Klägerin nur dann besteht, wenn der von der Verkäuferin geleistete Zuschuß nebst den aufgelaufenen Zinsen und Verkaufserlösen für Infrastrukturmaßnahmen aufgebraucht ist (so bereits Senat, Urt. v. 14. Juli 1995, V ZR 31/94, NJW 1995, 3183, 3185). Es beachtet jedoch nicht, daß hiernach die vertragsgemäße Verwendung des Vorschusses Anspruchsvoraussetzung ist, mithin zum Grund des geltend gemachten Anspruchs zählt. Die Beklagten sind vor einer Inanspruchnahme durch die Klägerin solange geschützt, als diese den Zuschuß nicht vollständig vertragsgemäß verbraucht hat und hierüber einen entsprechenden Nachweis führt. Erst wenn der vertragsgemäße Verbrauch bewiesen ist, bleibt Raum für einen gegebenenfalls dem Betragsverfahren vorbehaltenen Streit über die Begründetheit und Höhe zusätzlicher Aufwendungen. Das Berufungsgericht hätte demnach vor Erlaß eines Grundurteils zunächst feststellen müssen, daß der Zuschuß von 29 Mio. DM zuzüglich aufgelaufener Zinsen und Verkaufserlösen tatsächlich und berechtigterweise aufgezehrt ist; eine nur „hinreichende Wahrscheinlichkeit” des Verbrauchs genügt insoweit nicht.
Die Bezeichnung der Zuwendung als „Zuschuß” führt zu keiner anderen Betrachtungsweise. Dies besagt lediglich, daß die Vertragsparteien 1989 davon ausgingen, es würden über die 29 Mio. DM hinaus Kosten entstehen. Es befreit die Klägerin weder von einem konkreten Nachweis der im Rahmen ihrer Federführung angefallenen Kosten, noch erlaubt es ihr eine beliebige Verwendung des Geldes.
Auch der Umstand, daß der Klägerin von der Deutschen Bundesbahn vorab (A § 15 der Vertragsurkunde) das Recht eingeräumt worden ist, alles noch Offene nach billigem Ermessen zu bestimmen, ändert daran nichts. Denn der Inhalt einer entsprechenden Ermessensentscheidung der Klägerin wäre einer gerichtlichen Nachprüfung unterworfen; im Falle ihrer Unbilligkeit könnte die Maßnahme als unverbindlich angesehen werden (vgl. Senat, Urt. v. 14. Juli 1995, aaO, 3185). Die nicht willkürliche bzw. vertragsfremde, sondern (im Sinne des Kaufvertrags vom 29. März 1989) vertragsgemäße Verwendung des Zuschusses ist demnach eine – zur Überprüfung der Ermessensausübung festzustellende – grundsätzliche Bedingung für eine Inanspruchnahme der Beklagten.
d) Die vom Berufungsgericht geprüfte „hinreichende Wahrscheinlichkeit” des Verbrauchs erlangt danach nur insoweit Bedeutung, als es um vertragsgemäße Aufwendungen und Entgelte der Klägerin geht, die den Zuschuß der Verkäuferin einschließlich der mit ihm erzielten Erlöse überschreiten. Hiervon abgesehen, ist das Urteil des Berufungsgerichts aber auch im Hinblick auf den herangezogenen Prüfungsmaßstab nicht frei von Rechtsfehlern. Das Berufungsgericht begründet die von ihm bejahte Wahrscheinlichkeit lediglich mit der „Darlegung der Klägerin”. Dies kann für die Annahme der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nicht genügen; denn ansonsten müßte jeder Klägervortrag, soweit er überhaupt nach § 138 Abs. 1, 2 ZPO prozessual beachtlich ist, für den Erlaß eines Grundurteils ausreichen. Tatsächlich fehlt es aber dann an einer hohen Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des Klageanspruchs, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, daß sich bei näherer Prüfung der Klageforderung ein Anspruch in irgendeiner Höhe nicht feststellen läßt (BGH, Urt. v. 1. Juni 1976, VI ZR 162/74, VersR 1976, 987, 988). Dies kann nicht geprüft werden, ohne daß auch der Vortrag der Beklagten, die eingehend und nachdrücklich bestritten hat, daß die Klägerin den Zuschuß in voller Höhe zweckentsprechend für Infrastrukturmaßnahmen verbrauchte, Berücksichtigung findet. Das Berufungsgericht wird daher – sollte es die Anspruchsvoraussetzungen feststellen – nicht allein auf Grund des Klägervortrags über die ausreichende Wahrscheinlichkeit vertragsgemäßer Aufwendungen und Entgelte in einem den Zuschuß übersteigenden Umfang entscheiden können.
e) Der Erlaß des Grundurteils ist unter den gegebenen Umständen auch nicht etwa deshalb unschädlich, weil durch den Vorbehalt, daß die Klageforderung dem Grunde nach nur insoweit berechtigt ist, als „Federführungskosten entstanden sind, die den Zuschuß aus dem Vertrag vom 29. März 1989 übersteigen”, die Interessen der Beklagten im Betragsverfahren hinreichend gewahrt sind. Mit dem Hinweis, das Grundurteil entscheide nicht „rechtskräftig” über die Frage des Aufbrauchens des Zuschusses, will das Berufungsgericht offensichtlich verdeutlichen, daß dem Grundurteil insoweit keine Bindungswirkung zukommen soll. Zwar ist es zutreffend, daß die Bindung des Gerichts nach § 318 ZPO nicht weiter reichen kann, als im Grundurteil tatsächlich eine Entscheidung getroffen worden ist (vgl. BGHZ 35, 248, 252; BGH, Urt. v. 26. September 1996, VII ZR 142/95, NJW-RR 1997, 188, 189). Die eingeschränkte Bindungswirkung zeigt vorliegend aber gerade, daß mit dem Grundurteil nicht – wie vom Gesetz verlangt – eine Aufteilung des Prozeßstoffs nach Grund und Betrag erreicht wird, weil mit der ungeklärten Frage des Aufbrauchens des Vorschusses auch über die Frage entschieden wird, ob überhaupt ein Anspruch der Klägerin besteht, die Klage also dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Mit dem Grundurteil in der vorliegenden Form ist mithin verfahrenswidrig allenfalls über einzelne Elemente der Begründetheit entschieden worden (vgl. BGHZ 72, 34, 36; 108, 256, 259); letztlich wird mit dem „Grundurteil” nur nochmals das ausgesprochen, was der Senat bereits in seinem Urteil vom 14. Juli 1995 (aaO) erkannt hat.
2. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, insbesondere ist der Rechtsstreit – entgegen der Ansicht der Revision – nicht im Sinne einer Klageabweisung zur Endentscheidung reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.).
a) Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 14. Juli 1995 (aaO) geklärt, daß Vorkäufer, wie hier die Beklagte, über § 505 Abs. 2 BGB a.F. an die zwischen der Deutschen Bundesbahn und der Klägerin vereinbarte „Federführungsregelung” gebunden sind. Hierbei handelt es sich weder um einen Vertrag zu Lasten Dritter, noch stellt die Regelung einen – für den eintretenden Vorkaufsberechtigten unverbindlichen – Fremdkörper innerhalb des Kaufvertrages dar.
b) Soweit die Revision einen Anspruch auf Rechnungslegung analog § 666 BGB einwendet, kann dahinstehen, ob ein solcher tatsächlich gegeben und noch immer nicht erfüllt ist. Die Beklagte sieht selbst in der Rechnungslegung – zutreffend – keine Fälligkeitsvoraussetzung, sondern macht lediglich ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB geltend. Das kann jedoch nicht zur Klageabweisung führen (§ 274 BGB) und steht im übrigen auch dem Erlaß eines Grundurteils nicht entgegen (vgl. RGZ 123, 6, 7).
c) Entgegen der Ansicht der Revision reicht das Klägervorbringen auch zur Darlegung der Klageforderung aus. Die von der Klägerin vorgelegte Abrechnung, aus der sie den eingeklagten Anspruch herleitet, weist die Zeitpunkte aus, zu denen behauptete Ausgaben in Abzug gebracht werden sollen. Ob diese Termine in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zutreffend sind, ist keine Frage hinreichenden Vorbringens, sondern eine noch zu klärende Frage der Begründetheit.
d) Ob die Klägerin hinsichtlich der „Federführungsgebühren” das ihr eingeräumte Leistungsbestimmungsrecht wirksam und der Billigkeit entsprechend ausgeübt hat, bedarf derzeit noch keiner Entscheidung. Eine Klageabweisung kann nämlich selbst der vollständige Wegfall dieser Position nicht rechtfertigen. Die Klägerin hat insoweit (netto) 12.765.000 DM für sich in Anspruch genommen. Wird berücksichtigt, daß sie nach angeblichem Verbrauch des Zuschusses noch 23.066.579 DM aufgewandt haben will, so bliebe selbst bei Ablehnung jeden Entgelts noch ein den Zuschuß übersteigender Betrag übrig.
e) Auch die Berücksichtigung der Avalprovision zugunsten der Gesellschafter der Klägerin scheitert nicht schon aus Rechtsgründen. Wie der Senat bereits entschieden hat, hatte die Deutsche Bundesbahn als Verkäuferin auch bei einer Bestellung der Klägerin zur Federführenden ein legitimes Interesse daran, jeden Erwerber einzelner Grundstücke in der Entscheidung über die Art und Weise der Erfüllung der im Hinblick auf das private Erschließungssystem übertragenen Pflichten zu binden (Urt. v. 14. Juli 1995, aaO, 3185). Damit korrespondiert ein berechtigtes Sicherungsinteresse der Verkäuferin und damit auch eine Beteiligung der Vorkäufer an den Kosten der insoweit zu stellenden Bürgschaft. Vor diesem Hintergrund ist die Kostentragungsregelung in Abschnitt A § 23 der Vertragsurkunde weder ein Fremdkörper noch in einem engen Sinne zu verstehen; sie betrifft alle Aufwendungen, die die Klägerin tätigen muß, um die verlangte Sicherheit zu beschaffen. Soweit die Bürgin daher, wie die Klägerin behauptet, ihr Engagement von einer Rücksicherung durch Rückbürgschaften oder Freihalteerklärungen der Gesellschafter abhängig machte, wären auch die hierdurch entstandenen Kosten zu erstatten.
f) Ebensowenig kann die Berücksichtigung der Kosten für die Überführung des Infrastruktursystems in die Zuständigkeit der Landeshauptstadt München schon jetzt ausgeschlossen werden. Ob die insoweit angesetzten Kosten entstanden sind, ist ggf. durch Beweisaufnahme zu klären. Nichts anderes gilt für die Angriffe der Beklagten gegen die Billigkeit der von der Klägerin getroffenen Leistungsbestimmung. Hier wird insbesondere zu klären sein, ob die angesetzten Kosten erforderlich waren oder etwa – wie die Beklagte einwendet – wegen eines guten Zustandes und voller Funktionsfähigkeit des Erschließungssystems überhöht.
g) Die Klageforderung ist auch nicht teilweise verjährt. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Verjährungsvorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. nicht einschlägig. Es galt vielmehr die regelmäßige Verjährungsfrist aus § 195 BGB a.F.; denn die Verpflichtung, die Infrastrukturmaßnahmen in der bezeichneten Weise gegen eine Vergütung durch die Klägerin erledigen zu lassen, ist Teil der der Beklagten für den Fall des Erwerbs einzelner Grundstücke auferlegten Gegenleistung (vgl. Senat, Urt. v. 14. Juli 1995, aaO, 3185). Ansprüche auf die von einem Käufer geschuldete Gegenleistung verjährten bei Grundstückskaufverträgen aber nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht in dreißig Jahren (vgl. Soergel/Niedenführ, BGB, 13. Aufl. § 195 Rdnr. 5). Die Klageerhebung führte demnach zu einer Unterbrechung der Verjährung nach § 209 Abs. 1 BGB a.F.; an deren Stelle ist seit dem 1. Januar 2002 die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB getreten (vgl. Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB).
3. Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben. Die Sache ist aber – auf die Rüge der Revision (vgl. Senat, Urt. v. 22. März 1991, V ZR 16/90, NJW 1991, 2082, 2083) – nicht an das Berufungsgericht, sondern an das Landgericht zurückzuverweisen. Denn schon das erstinstanzliche Verfahren litt an einem wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne von § 539 ZPO a.F. Das Berufungsgericht hätte bereits nach dieser Vorschrift das Urteil des Landgerichts aufheben und die Sache an dieses zurückverweisen müssen (vgl. auch BGH, Urt. v. 12. Januar 1994, XII ZR 167/92, NJW-RR 1994, 379, 381 m.w.N.).
Unterschriften
Wenzel, Krüger, Klein, Gaier, Schmidt-Räntsch
Fundstellen
Haufe-Index 891998 |
BGHR 2003, 349 |
Mitt. 2003, 232 |