Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßführung durch Gebrechlichkeitspfleger/Prozeßkostenvorschußpflicht
Leitsatz (amtlich)
a) Ein Gebrechlichkeitspfleger, der vor seiner Bestellung, einen Prozeß in Vertretung seines späteren geschäftsunfähigen Pfleglings geführt hatte, kann seine eigene Prozeßführung wirksam genehmigen.
b) Ein Schiedsvertrag kann aus wichtigem Grunde gekündigt werden, wenn er undurchführbar geworden ist, insbesondere, weil die Parteien die erforderlichen Kostenvorschüsse nicht mehr aufbringen können.
c) Zur Frage der Prozeßkostenvorschußpflicht zwischen Ehegatten und Verwandten.
Normenkette
BGB §§ 185, 242, 1360a, 1610, 1910; ZPO § 1025
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main |
LG Limburg a.d. Lahn |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Frankfurt am Main vom 27. November 1962 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der jetzt 68 Jahre alte Kläger ist ein Onkel des Beklagten. Er war früher neben diesem persönlich haftender und geschäftsführender Gesellschafter der Firma L. … KG in … (im folgenden: Gesellschaft). Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte über alle Meinungsverschiedenheiten aus dem Vertragsverhältnis ein Schiedsgericht entscheiden.
Auf Antrag des Beklagten (Schiedsklägers) schloß das Schiedsgericht durch Teilschiedsspruch vom 29. November 1957 den Kläger aus der Gesellschaft aus. In der Folge befaßte es sich mit dem vorn Kläger durch Widerklage in Höhe von 515.982,93 DM geltend gemachten Auseinandersetzungsguthaben sowie mit einer vom Beklagten erhobenen Schadensersatzgegenforderung von 450.000 DM. Durch Teilschiedsspruch vom 24. September 1958 verurteilte es den Beklagten, an den Kläger – in Anrechnung auf dessen Auseinandersetzungsguthaben – monatlich 700 DM zu zahlen. Das tat der Beklagte doch nur rund 1 Jahr lang und lehnt es seitdem ab, weil der Kläger ihn wiederholt beleidigt habe.
Zu weiterer abschließender Entscheidung gelangte das Schiedsgericht nicht. Mehrere Schiedsrichter schieden durch Tod oder Amtsniederlegung aus. Das neu besetzte Schiedsgericht forderte am 10. Februar 1961 vom Kläger einen Kostenvorschuß von 17.710,20 DM, während bis dahin der Beklagte die Vorschüsse gezahlt hatte. Zur Begründung führte es an, daß der Kläger den Wechsel der Schiedsrichter veranlaßt habe. Es machte seine weitere Tätigkeit davon abhängig, daß der Kläger den Vorschuß bis zum 28 Februar 1961 zahle.
Darauf kündigte der Kläger durch Schreiben an den Beklagten vom 1. März 1961 den Schiedsvertrag und trat von ihm zurück. Er begründete das damit, daß er arm und zur Vorschußzahlung nicht in der Lage sei, daß der Beklagte aber wiederholt erklärt habe, er leiste keinen Vorschuß mehr.
Der Kläger hat nunmehr vor dem ordentlichen Gericht geklagt mit den Anträgen, den Beklagten zu verurteilen:
- an ihn 515.982,93 DM nebst Zinsen zu zahlen,
- zur Befriedigung seines Abfindungsguthabens jährlich durch Vorlage der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung der Gesellschaft Rechnung zu legen und den sich daraus für ihn ergebenden Gewinnanteil zu zahlen,
- ihn von sämtlichen Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber der Commerzbank, Filiale Netzlar, zu befreien.
Der Beklagte hat die Einreden der Rechtshängigkeit und des Schiedsvertrages erhoben und hat Klageabweisung beantragt.
Das Landgericht hat die Einreden durch Zwischenurteil verworfen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten dagegen zurückgewiesen.
Mit der Revision um deren Zurückweisung der Kläger bittet, verfolgt der Beklagte seinen Antrag weiter, die Klage als unzulässig abzuweisen. Er beruft sich jetzt auch auf Prozeßunfähigkeit des Klägers; dieser sei in Geisteskrankheit verfallen.
Am 7. Januar 1964 hat das Amtsgericht … den Rechtsanwalt H. … zum Gebrechlichkeitspfleger des Klägers bestellt mit dem Wirkungskreis, ihn im vorliegenden Rechtsstreit zu vertreten, in dessen erster Instanz er ihn bereits als Prozeßbevollmächtigter vertreten hatte. Der Pfleger hat die gesamte Prozeßführung des Klägers genehmigt und führt ihn für diesen weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Die angebliche, auf Geisteskrankheit beruhende Geschäfts- und Prozeßunfähigkeit des Klägers steht dem Erlaß einer Sachentscheidung nicht entgegen, da der Kläger im Prozeß jetzt durch seinen Pfleger vertreten wird (vgl. §§ 51, 53 ZPO; §§ 1915, 1793 BGB).
Auch kann der Beklagte das frühere Verfahren nach dessen Genehmigung durch den Pfleger nicht mehr wegen einer etwaigen Geschäfts- und Prozeßunfähigkeit des Klägers angreifen. Die Genehmigung konnte auch noch in der Revisionsinstanz wirksam erteilt werden (RGZ 126, 261, 263).
1.) Die Revision meint, für einen Geschäftsunfähigen dürfe kein Gebrechlichkeitspfleger bestellt werden. Das geht fehl.
a) Nachdem der Pfleger bestellt ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob er bestellt werden durfte. Seine Bestellung ist rechtswirksam, und damit ist er im Rahmen des ihm übertragenen Wirkungskreises zur Vertretung des Klägers befugt. (BGHZ 33, 195, 201)
b) Im übrigen bestehen aber auch keine Bedenken dagegen, einem Geschäftsunfähigen einen Gebrechlichkeitspfleger zu bestellen (vgl. BGHZ 15, 262, 266; 35, 1). Das wird häufig zweckmäßig sein und eine Entmündigung ersparen, die zudem voraussetzt, daß der Geisteskranke oder Geistesschwache seine Angelegenheiten überhaupt nicht zu besorgen vermag (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Die Pflegschaft dagegen kann und muß sich nach § 1910 Abs. 2 BGB bei einem geistig Gebrechlichen auf einzelne oder einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten beschränken. Das hat das Amtsgericht im vorliegenden Fall auch beachtet.
2.) Die Revision ist der Auffassung, der Pfleger habe seine eigene frühere Prozeßführung erster Instanz nicht genehmigen können. Sie sieht darin einen Verstoß gegen § 181 BGB.
Das trifft nicht zu.
a) § 181 BGB ist schon deswegen nicht verletzt, weil die Genehmigung der Prozeßführung, ebenso wie die Prozeßvollmacht, kein bürgerliches Rechtsgeschäft, sondern eine Prozeßhandlung darstellt (vgl. BGH ZZP 71, 471, 473; Stein-Jonas ZPO 18. Aufl. § 56 I, § 89 V; Wieczorek ZPO § 56 B III 61; a.A. Rosenberg ZPO 9. Aufl. § 50 II 1).
b) Es bestehen aber auch keine Bedenken dagegen, daß derjenige, der als Vertreter ohne Vertretungsmacht in fremdem Namen ein Rechtsgeschäft mit einem Dritten abgeschossen hat, dieses dem Dritten gegenüber genehmigt, nachdem er gesetzlicher Vertreter des Vertretenen geworden ist. Darin liegt kein nach § 181 BGB unzulässiges Abschließen mit sich selbst; ebensowenig kann vorliegend von einer nachträglichen Erteilung der Prozeßvollmacht durch den Pfleger an sich selbst die Rede sein.
II.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klageerhebung vor einem Schiedsgericht begründe keine Rechtshängigkeit im Sinne von § 263 Abs. 2 Nr. 1, § 274 Abs. 2 Nr. 4 ZPO.
Das läßt keinen Rechtsfehler erkennen (vgl. BGH NJW 1958, 950 m. Nachw.), wird auch von der Revision nicht angegriffen.
III.
Das Berufungsgericht führt aus: Der Kläger habe wegen eigener Mittellosigkeit gekündigt. Es sei für ihn unzumutbar gewesen, in der schiedsvertraglichen Bindung zu verbleiben, da er außerstande gewesen sei, die erforderlichen Mittel zur Durchführung des Schiedsverfahrens aufzubringen, und da der Beklagte es abgelehnt habe, seinerseits noch weitere Kostenvorschüsse zu zahlen. Niemandem dürfe die Durchführung seiner Ansprüche auf dem Rechtswege unmöglich gemacht werden. Eine andere Möglichkeit aber, seine vermeintlichen Ansprüche durchzusetzen, als die Anrufung des ordentlichen Gerichts, wo, ihm das Armenrecht bewilligt werden könne, sei dem Kläger nicht verblieben.
Diese Ausführungen sind frei von Rechtsirrtum.
1.) Ein Schiedsvertrag soll nach seinem Inhalt, Sinn und Zweck bei bestimmten Rechtsstreitigkeiten den Rechtsschutz vom staatlichen Gericht auf ein privates Schiedsgericht verlagern. Er soll aber nicht einer Partei jeglichen Rechtsschutz abschneiden. Erweist sich daher ein Schiedsvertrag – gleichviel aus welchem Grunde – als praktisch undurchführbar, so hat jede Partei das Recht, ihn aus wichtigem Grunde zu kündigen (ebenso: KG ZZP 55, 328; Habscheid KTS 1955, 33, 38; Goldmann ZZP 51, 442; 55, 329; Grimm-Rochlitz, das Schiedsgericht in der Praxis 1959 S. 38, II 64; vgl. ferner BGHZ 23, 198; Stein-Jonas ZPO 18. Aufl. § 1025 V c; VII 2 b; Wieczorek ZPO § 1025 B I c 2; Rosenberg ZPO 9. Aufl. § 166 II 3 b und 4 S. 853; Baumbach-Schwab, Schiedsgerichtsbarkeit 2. Aufl. S. 84; Thomas, das privatrechtliche Schiedsgerichtsverfahren S. 33 – 34; Lichtenstein NJW 1957, 570).
a) Das Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde ergibt sich in solchem Falle aus §§ 242 BGB. Dauerschuldverhältnisse, insbesondere, wenn sie ein persönliches Zusammenwirken der Vertragsteile erfordern, aber auch solche anderer Art, sind aus wichtigem Grunde kündbar, wenn die Durchführung des Vertrages erheblich gefährdet und daher dem Kündigenden nicht mehr zuzumuten ist (BGH LM Nr. 2 zu § 242 (Ba) BGB; Nr. 8, 10 zu § 242 (Bc) BGB; RGRK BGB 11. Aufl. § 242 Anm. 50; Staudinger BGB 11. Aufl. § 242, Anm. B 542, A 724).
Der Schiedsvertrag ist ein Dauerschuldverhältnis; aus ihm erwächst für beide Schiedsparteien eine dauernde Verfahrensförderpflicht, in deren Ausübung sie auch gegebenenfalls persönlich zusammenzuwirken haben (BGHZ 23, 198, 200 f mit weiteren Nachweisen).
b) Da schon deswegen ein Recht zur Kündigung eines Schiedsvertrages aus wichtigem Grunde zu bejahen ist, kann es auf sich beruhen, ob durch einen Schiedsvertrag etwa ein Gesellschaftsverhältnis (Verfahrensgesellschaft) begründet wird, mit dem gemeinsamen Zweck der Schiedsparteien, ihren Streit im schiedsgerichtlichen Verfahren entscheiden zu lassen, und ob deswegen die Kündigungsvorschrift des § 723 BGB unmittelbar anwendbar ist (so Habscheid a.a.O.).
c) Die Revision hält die Kündigung des Schiedsvertrages durch den Kläger hier nach § 242 BGB deshalb nicht für gerechtfertigt, weil dieser den Schiedsrichterwechsel und damit den Stillstand des Schiedsverfahrens letztlich selbst verschuldet habe.
Das mag sein, macht aber die Kündigung des Klägers hier nicht unzulässig. Denn auch dort, wo der Kündigende die Undurchführbarkeit des Schiedsverfahrens selbst verursacht oder gar verschuldet hat, darf ihm der Rechtsschutz nicht völlig abgeschnitten werden. Für das Vorliegen der besonderen Voraussetzungen der §§ 226, 826 BGB liegen keine Anhaltspunkte vor.
2.) Es spielt keine Rolle, ob die Undurchführbarkeit des Schiedsverfahrens schon vor seiner Einleitung oder erst in seinem Verlauf eintritt. Wenn sich – wie hier – erst nach vierjähriger Dauer des Schiedsverfahrens dessen Undurchführbarkeit ergibt, so ist auch das kein Grund, dem Kläger jeglichen Rechtsschutz vorzuenthalten.
3.) Unerheblich ist, welche Partei im Schiedsverfahren vorschußpflichtig war.
4.) Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Beklagte sich geweigert hat, den im Februar 1961 vom Schiedsgericht angeforderten Vorschuß seinerseits zu zahlen, sich dazu vielmehr außerstande erklärt hat. Es hat die Überzeugung gewonnen, daß die in der letzten mündlichen Verhandlung vom Beklagten abgegebene anderslautende Erklärung nicht ernst zu nehmen sei.
Diese Feststellungen binden das Revisionsgericht. Sie werden auch von der Revision nicht angegriffen.
5.) Die Revision ist der Auffassung, der Kläger hätte seine vermögende Ehefrau um Kostenvorschuß angehen müssen, sie sei ihm vorschußpflichtig.
Das trifft nicht zu, wie schon das Oberlandesgericht darlegt hat.
Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit das der Billigkeit entspricht (§ 1360 a Abs. 4 Satz 1 BGB).
a) Diese Vorschrift enthält eine abschließende Regelung der Prozeßkostenvorschußpflicht unter Ehegatten (offen gelassen in BGHZ 31, 384; wie hier OLG Braunschweig NJW 1958, 1728; OLG Düsseldorf NJW 1960, 2189; vgl. auch Pastor, Prozeßkostenvorschuß und Prozeßkostentragung (Diss.) 1962, S. 41 Fußn. 167). Nachdem der Gesetzgeber eine so allgemein gehaltene Vorschrift eingeführt hat, muß angenommen werden, daß er die Pflicht zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses unter Ehegatten auf die dort genannten Fälle beschränken wollte. Es ist jetzt kein Raum mehr dafür, unabhängig von § 1360 a Abs. 4 BGB eine weitergehende Pflicht zur Leistung von Prozeßkostenvorschüssen aus allgemeinen Gesichtspunkten, etwa der Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft, herzuleiten.
b) Der Bundesgerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung BGHZ 31, 384 zu der Frage Stellung genommen, was eine „persönliche Angelegenheit” m Sinne der genannten Vorschrift ist (vgl. zu dem Urteil auch Johannsen LM Nr. 1 zu § 1360 a BGB).
Dort handelt es sich darum, daß die Frau gegen den Mann auf Aufstellung einer Auseinandersetzungsbilanz über das während der Ehe gemeinsam erworbene Vermögen der Eheleute klagen wollte und von dem Mann dafür Prozeßkostenvorschuß forderte.
Der Bundesgerichtshof hat für jenen Fall eine „persönliche Angelegenheit” bejaht. Er hat dazu ausgeführt: Die Unterscheidung zwischen vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen sei nicht maßgebend. Auch auf vermögenswerte Leistungen gerichtete Ansprüche könnten zu den persönlichen Angelegenheiten eines Ehegatten gehören, insbesondere dann, wenn sie ihre Wurzel in der Lebensgemeinschaft der Ehegatten hätten, die auch die wirtschaftliche Existenz der Ehepartner umgreife. Im gemeinsamen Einsatz der Ehegatten für die Sicherung dieser Existenz könne die persönliche Verbundenheit der Eheleute zu einem wesentlichen Teil ihren Inhalt und ihre Gestaltung finden. Ein derartiger Einsatz gehöre zu dem persönlichen Lebensbereich jedes Ehegatten. Sein Recht an dem wirtschaftlichen Ergebnis der gemeinsamen Tätigkeit in der Ehe beteiligt zu werden, zähle daher zu seinen persönlichen Angelegenheiten.
c) Der jetzige Fall liegt demgegenüber wesentlich anders.
aa) Hier handelt es sich nicht um einen Rechtsstreit zwischen den Ehegatten, sondern um einen Prozeß zwischen einem Ehegatten und einem Dritten. Das kann von Bedeutung für die Frage sein, ob der Gegenstand des Rechtsstreits zu den „persönlichen Angelegenheiten” zu zählen ist. Die eheliche Lebensgemeinschaft scheidet bei einem Prozeß mit einem Dritten als Wurzel des Anspruchs aus.
bb) In der genannten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die Auffassung mißbilligt, daß eine persönliche Angelegenheit immer schon dann vorliege, wenn wegen der Wichtigkeit und Bedeutung. des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs die wirtschaftliche und soziale Stellung des berechtigten Ehegatten in entscheidendem Maße beeinflußt werde, da bei einer so weiten Auslegung der Begriff „persönliche Angelegenheit” jede Begrenzung und Bestimmbarkeit verliere.
Dem ist zuzustimmen. Dann aber kann – was der Bundesgerichtshof damals noch offen gelassen hat – auch nicht gebilligt werden, daß etwa jeder „lebenswichtige” oder „die Existenzgrundlage berührende” Prozeß eine „persönliche Angelegenheit” sei, eine Auffassung, die im Schrifttum teilweise vertreten wird (vgl. z.B. Pastor a.a.O. S. 59 Fußn. 241). Denn für jemanden, der nicht in der Lage ist, die Kosten eines. Rechtsstreits zu tragen, und nur für diesen kommt ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß gegen seinen Ehegatten in Betracht, sind vermögensrechtliche Prozesse von einiger Bedeutung in den meisten Fällen auch „lebenswichtig” und rühren an die „Existenzgrundlage”. Wollte man also auf diese Merkmale abstellen, so würde eine verständige Begrenzung nicht mehr möglich sein.
cc) Bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten ist daher eine persönliche Angelegenheit nur dann zu bejahen, wenn der Rechtsstreit eine genügend enge Verbindung zur Person des betreffenden Ehegatten hat. Das ist in der Rechtsprechung angenommen worden z.B. bei einem Prozeß um die Erlangung einer Invalidenrente (BSG NJW 1960, 502), bei einer Unterhaltsklage (OLG Braunschweig NJW 1958, 1728), bei einer Klage auf Ersatz von Unfallschaden, insbesondere Schmerzensgeld (LG Hagen NJW 1959, 48; Bosch Fam.R.Z. 1958, 85). Eine allgemeingültige begriffliche Formel dafür, wann eine genügend enge Verbindung zwischen dem Rechtsstreit und der Person des Ehegatten besteht, wird sich schwerlich finden lassen. Die richtige Einordnung wird nur für jeweils bestimmte engere Fallgruppen vorgenommen werden können.
dd) Im vorliegenden Fall hat das Schiedsverfahren keine so enge Verbindung zur Person des Klägers, daß eine persönliche Angelegenheit bejaht werden könnte. Der Kläger fordert sein gesellschaftliches Auseinandersetzungsguthaben, also das von ihm in der Gesellschaft eingesetzte Kapital, einschließlich des etwa daraus erzielten und bisher nicht entnommenen Gewinns. Demgegenüber tritt der Umstand zurück, daß er früher in der Leitung der Gesellschaft tätig gewesen ist.
Das schiedsgerichtliche Verfahren hängt also weniger mit dem früheren Einsatz der Person des Klägers, als mit dem Einsatz seines Kapitals zusammen. Das unterscheidet den vorliegenden Fall grundlegend von dem Rechtsstreit, in dem es um eine Sozialrente oder um Ersatz eines Unfallschadens geht, wobei der Ausgleich für den Ausfall der Arbeitskraft oder für sonstige persönliche Beeinträchtigungen des Betroffenen im Vordergrunde steht.
ee) Demnach bestand für den Kläger keine Möglichkeit, das Schiedsverfahren mit Hilfe eines Prozeßkostenvorschussesseiner Frau in Gang zu halten. Daß die Frau etwa ohne Rechtspflicht bereit gewesen wäre, die erforderlichen Kosten vorzuschießen, war nicht vorgetragen. Dafür fehlt auch jeder Anhaltspunkt.
6.) Zu Unrecht meint die Revision, die vermögenden erwachsenen Töchter des Klägers hätten den Kostenvorschuß leisten müssen. Auch das hat das Berufungsgericht mit Recht verneint.
Ob und in welchem Umfang eine Vorschußpflicht unterhaltspflichtiger Verwandter für Prozeßkosten besteht, weil ein solcher Vorschuß zum „Lebensbedarf” gehört (§ 1610 BGB), braucht hier nicht allgemein entschieden zu werden. Jedenfalls dort, wo außer unterhaltspflichtigen Verwandten auch noch der Ehegatte vorhanden ist, darf die Pflicht zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses bei den Verwandten rechtlich nicht weiter gespannt werden als bei dem Ehegatten. Denn andernfalls würde der in § 1608 BGB zum Ausdruck gelangte Rechtsgrundsatz verletzt, wonach Verwandte zu Unterhaltsleistungen nicht herangezogen werden sollen, solange der Ehegatte leistungsfähig ist. Das muß auch für die Kostenvorschußpflicht gelten. Dem würde es aber nicht entsprechen, wenn der Ehegatte die Vorschußpflicht – unabhängig von seiner eigenen wirtschaftlichen Lage – auf einen unterhaltspflichtigen Verwandten abwälzen könnte mit der Begründung, dessen Vorschußpflicht reiche rechtlich weiter als seine eigene.
In solchen Fällen kann daher, soweit überhaupt eine Vorschußpflicht von Verwandten zu bejahen ist, das nur in den Grenzen des dann entsprechend anzuwendenden § 1360 a Abs. 4 BGB geschehen.
7.) Es spricht nicht dafür, daß der Kläger bei einer Bank oder Sparkasse einen Kredit in Höhe des Kostenvorschusses hätte erlangen können.
Im übrigen ist die Erwägung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, von dem Kläger, der bei Abschluß des Schiedsvertrages noch nicht vermögenslos war, könnten keine große Anstrengungen zur Beschaffung der erforderlichen Mittel verlangt werden, wie von einer Partei, die sich trotz bestehender finanzieller Schwierigkeiten auf eine Schiedsklausel eingelassen habe.
8.) Das Berufungsgericht stellt fest, es sei für den Kläger aussichtslos gewesen, die Schiedsrichter umzustimmen und zu einer Stundung zu bewegen oder das Schiedsgericht mit wieder neuen, zu vorschußloser Tätigkeit bereiten Schiedsrichtern zu besetzen.
Unter diesen Umständen ist es unschädlich, daß der Kläger einen solchen – nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ohnehin aussichtslosen – Versuch gar nicht erst unternommen hat.
9.) Nach alledem ist die Einrede des Schiedsvertrages (§ 274 Abs. 2 Nr. 3 ZPO) mit Recht verworfen worden und ist daher die Revision des Beklagten mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 609650 |
BGHZ, 104 |
NJW 1964, 1129 |
MDR 1964, 410 |