Tatbestand
(a) ›... Ein Urteil, das eine Unterhaltsrente über freiwillig bezahlte Beträge hinaus zuspricht, ergeht auf eine entsprechende Teilklage des Unterhaltsberechtigten. Dieser gibt durch seinen Klageantrag zu erkennen, daß er lediglich die Titulierung eines Teiles seines Unterhaltsanspruchs begehrt, nämlich des sog. Spitzenbetrages, während er hinsichtlich des sog. Grund- oder Sockelbetrages voraussetzt, daß dieser nicht nur derzeit, sondern auch künftig freiwillig bezahlt wird, so daß es einer gerichtlichen Entscheidung darüber nicht bedarf. ...
Allgemein reicht nach § 322 Abs. 1 ZPO die Rechtskraft eines Urteils nur so weit, wie es über den erhöhten Anspruch entschieden hat. Bei der Geltendmachung von Teilansprüchen ergreift die Rechtskraft nur diesen Teil, so daß das Urteil, das einen Teilanspruch zuspricht oder aberkennt, nicht darüber Rechtskraft bewirkt, ob dem Kl. mehr als der geltend gemachte Teil oder noch andere Ansprüche aus dem Sachverhalt zustehen, selbst wenn sich das Urteil darüber ausläßt (vgl. BGHZ 34, 337, 339; 36, 365, 367; BGH, NJW 1979, 720 [hier: IV (415) 126 c] m. w. N.). ... Gegenüber § 322 Abs. 1 ZPO versagen logische Erwägungen, wie etwa, daß die Zuerkennung des Restbetrages einer Forderung die Bejahung der Gesamtforderung voraussetzt. Die Rechtskraft reicht in diesen Fällen nicht so weit wie die Folgerichtigkeit der Entscheidungsgründe; diese nehmen an der Rechtskraft nicht teil (so ausdrücklich RGZ 120, 317, 319).
Daraus folgt für Unterhaltsurteile der hier in Rede stehenden Art, daß sie den Unterhaltsanspruch nur in Höhe des titulierten Teiles rechtskräftig feststellen. Zwar setzt die Verurteilung zur Zahlung des Spitzenbetrages materiellrechtlich voraus, daß der Kl. außer diesem auch den freiwillig bezahlten Betrag beanspruchen kann. Bis zur Höhe dieses Betrages ist der Unterhaltsanspruch aber nicht Streitgegenstand des Verfahrens (so schon Senatsurteil FamRZ 1982, 479, 480), sondern nur ein für die zu treffende Entscheidung vorgreifliches Rechtsverhältnis, das als bloßes Urteilselement an der Rechtskraft nicht teilnimmt (vgl. dazu auch BGHZ-GSZ- 13, 265, 278; BGHZ 42, 340, 350; 83, 391, 394 f. [hier: IV (418) 200 f]). Danach geht das OLG zu Unrecht davon aus, daß die in den Vorprozessen ausgeurteilten Unterhaltsbeträge rechtskräftig ›als Spitzenbeträge‹ feststünden. Die Bindung für nachfolgende Prozesse ist nicht anders zu beurteilen, als wenn es sich um entsprechende Grund- oder Sockelbeträge gehandelt hätte. ...
(b) In seinem Urteil [in NJW 1985 Heft 23 S. 1343] hat der Senat dargelegt, daß der Unterhaltsschuldner, der in Fällen der vorliegenden Art aufgrund veränderter Verhältnisse nicht nur die freiwilligen Zahlungen einstellen, sondern auch eine Herabsetzung des titulierten Unterhaltsanspruchs erreichen will, die Abänderungsklage nach § 323 ZPO erheben muß, da er anders die Rechtskraft des Urteils nicht durchbrechen kann.
(c) Im vorl. Fall geht es indessen um die prozessualen Möglichkeiten des Unterhaltsgläubigers. Sein Unterhaltsanspruch ist nur im Umfang des titulierten Teils rechtskräftig zuerkannt; Rechtskraftwirkungen darüber hinaus bestehen nicht. Zwar hat der BGH entschieden, daß die Abänderungsklage nicht auf die Fälle beschränkt ist, in denen eine Rechtskraftwirkung beseitigt werden muß (BGHZ 34, 110, 116). In der gleichen Entscheidung ist aber auch ausgeführt, daß die Nachforderungsklage zu erheben ist, wenn der Kl. im ersten Verfahren nur eine Teilklage erhoben hat (aaO., S. 118 f.). Dem hat sich der Senat bereits in seinem Urteil [in] FamRZ 1984, 772, 773 angeschlossen. In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Unterhaltsgläubiger zunächst Titel der hier in Rede stehenden Art erwirkt, in einem dritten Vorprozeß aber die Titulierung des Gesamtanspruchs erbeten. Nachdem dies geschehen war, war er, wie der Senat ausgesprochen hat, wegen weiterer Erhöhungen seines Unterhalts auf die Abänderungsklage verwiesen, die nur auf Gründe gestützt werden konnte, die nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung im dritten Vorprozeß entstanden waren.
Für die Frage, ob in diesen Fällen die Abänderungs- oder die Leistungsklage zulässig ist, kommt es danach entscheidend darauf an, ob der Unterhaltsgläubiger sich zuvor auf eine oder mehrere Teilklagen beschränkt oder ob er bereits seinen gesamten Unterhaltsanspruch eingeklagt und das Gericht darüber entschieden hat. Im ersten Fall ist für Mehrforderungen die Leistungsklage gegeben und nur diese, im zweiten die Abänderungsklage mit ihren besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Wenn Ä wie hier Ä ausschließlich Urteile vorliegen, die eine Unterhaltsrente über freiwillig bezahlte Beträge hinaus zusprechen, handelt es sich eindeutig nur um solche über Teilklagen, die keine Entscheidung über den Unterhaltsanspruch insgesamt getroffen haben. Die Titulierungslücke, die im Umfang des freiwillig bezahlten Betrags besteht, ist nur durch eine Leistungsklage zu schließen. Für eine Anpassung nach § 323 ZPO ist dann kein Raum, .. auch nicht, wenn der Unterhaltsgläubiger mehr Unterhalt will als die Summe des nicht titulierten Sockelbetrags und des Spitzenbetrags. ...‹
Fundstellen
Haufe-Index 2992771 |
BGHZ 93, 330 |
BGHZ, 330 |
NJW 1985, 1340 |
DRsp IV(415)169a-c |
FamRZ 1985, 371 |
MDR 1985, 560 |