Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Berücksichtigung des „Patentversagungsrisikos” bei der Bemessung der vorläufigen Vergütung für unbeschränkt in Anspruch genommene Diensterfindungen (im Anschluß an BGHZ 37, 281 = GRUR 1963, 135 – „Cromegal”).

 

Normenkette

ArbEG § 9

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 19.12.1967)

LG Düsseldorf

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Dezember 1967 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger war von 1953 bis Anfang 1961 bei der Beklagten tätig, und zwar seit Juli 1957 als Betriebsleiter ihres D. Zweigbetriebes, in dem Selen-Gleichrichter hergestellt werden. Im Einvernehmen mit der Beklagten war der Kläger wahrend dieser Zeit auch an der technischen Weiterentwicklung der Gleichrichter beteiligt. Die Beklagte hat im In- und Ausland auf mehrere derartige Neuerungen Patente angemeldet, die mit folgendem Ergebnis behandelt wurden:

  1. B 45 253 vom 9. Juli 1957 betreffend „Verfahren zur Verbindung eines Stromführungsleiters mit der metallischen Deckelektrode eines Trockengleichrichters”; Erfinderbenennung vom 22. Januar 1958: der Kläger; Bekanntmachung am 26. März 1959; Patent versagt (2 Einsprüche) durch Beschluß des Deutschen Patentamts vom 15. September 1960; Beschwerde der Anmelderin vom Bundespatentgericht zurückgewiesen durch Beschluß vom 13. Januar 1966 mangels Erfindungshöhe.
  2. B 45 864 vom 30. August 1957 betreffend „druckfreier Kontaktstreifen für Selen-Gleichrichter”; bekanntgemacht am 13. August 1959; Patent erteilt (2 Einsprüche) durch Beschluß des Deutschen Patentamts vom 11. Januar 1961; Patent versagt vom Bundespatentgericht durch Beschluß vom 3. November 1962.
  3. B 45 582 vom 5. August 1957 betreffend „Gleichrichterplatte mit festem Kantenschutz”; Anmeldung zurückgewiesen am 23. Oktober 1958.
  4. B 45 812 vom 26. August 1957 betreffend „Verfahren zur Herstellung von Selen-Gleichrichtern”; Anmeldung nach einem negativen Prüfungsbescheid vom 18. April 1958 zurückgewiesen durch formalen Beschluß des Patentamts vom 5. November 1958 (infolge Ablauf der Äußerungsfrist).
  5. B 50 506 vom 26. September 1958 betreffend „Verfahren zur Herstellung von Selenflachgleichrichtern”; bekanntgemacht am 27. April 1961; Patent versagt (2 Einsprüche) vom Patentamt durch Beschluß vom 9. Februar 1962.

Entsprechende Auslandspatente zu 1 und 5 (u.a. in England, Frankreich, Spanien, Italien) sind in den Jahren 1961/63 wegen Nichtzahlung von Jahresgebühren erloschen; Anmeldungen in weiteren Ländern sind im gleichen Zeitraum fallengelassen worden.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 18. November 1957 an den Kläger die ihren Anmeldungen zu 1–4 zugrunde liegenden „Erfindungen” „vorsorglich” unbeschränkt in Anspruch genommen mit der Bemerkung, daß sie „mehr technische Verbesserungsvorschläge als eigentliche schutzfähige Erfindungen darstellen”. Mit Schreiben vom 11. Mai 1959 hat sie „um der vorgeschriebenen Form zu genügen” gegenüber dem Kläger auch die der Patentanmeldung zu 5 und der entsprechenden Gebrauchsmusterhilfsanmeldung zugrunde liegende Erfindung unbeschränkt in Anspruch genommen.

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten auf Grund der unbeschränkten Inanspruchnahme und der von ihm behaupteten Benutzung der „Erfindungen” zu 1, 2, 4 und 5 durch die Beklagte – Ansprüche aus der Erfindung zu 3 hat er fallengelassen – Anspruch auf angemessene Arbeitnehmererfindervergütung geltend. Er hat in erster Instanz für eine Verwertung der genannten „Erfindungen” durch die Beklagte den Zeitraum vom 1. Januar 1958 bis zum 31. März 1964 hinsichtlich der „Erfindungen” zu 1, 2 und 4 und die Zeit ab 1. Oktober 1958 bis zum 9. Februar 1962 für die „Erfindung” zu 5 als maßgebend bezeichnet. Ferner hat der Kläger Anspruch auf Ersatz des Schadens geltend gemacht, der ihm dadurch entstanden sei, daß die Beklagte die Erteilung von Schutzrechten für die in Anspruch genommenen „Erfindungen” mangelhaft betrieben, ihn nicht genügend unterrichtet und ausländische Anmeldungen und Patente eigenmächtig zurückgezogen habe.

Das Landgericht hat nach Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Schutzfähigkeit der „Erfindung” zu 4 dem Kläger durch Teilurteil eine Vergütung für die Benutzung der in Anspruch genommenen „Erfindungen” vor einer Schutzrechtserteilung in Höhe von 95.117,52 DM zuerkannt und dabei für die „Erfindungen” zu 1, 2 und 4 den Zeitraum vom 1. Januar 1958 bis zum 5. November 1958 (Versagungsbeschluß hinsichtlich der Anmeldung zu 4) und für die „Erfindung” zu 5 den vom Kläger angegebenen Zeitraum zugrunde gelegt. Außerdem hat es bei den „Erfindungen” zu 1, 2 und 4 gleiche Miterfinderanteile des Klägers und des Angestellten D. angenommen.

Mit ihrer Berufung hat die Beklagte im wesentlichen geltend gemacht, die in Anspruch genommenen Gegenstände der Anmeldungen zu 1, 2, 4 und 5 seien allenfalls technische Verbesserungsvorschläge gewesen. Soweit sie vor dem 1. Oktober 1957 gemacht und verwertet worden seien, komme deshalb das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nicht in Betracht. Die Merkmale der Anmeldung zu 4 seien auch nicht benutzt worden. Der Vorschlag zu 5 sei im Ergebnis unbrauchbar gewesen und habe der Beklagten keine monopolähnliche Vorzugsstellung verschafft. Die Gesamtgewinne der Beklagten hätten in der fraglichen Zeit höchstens 10 % erreicht. Sie hat die Abweisung der Klage beantragt.

Der Kläger hat insbesondere noch geltend gemacht, daß seine „Erfindung” zu 4 in der Patentanmeldung nicht zutreffend dargestellt, aber doch als solche von der Beklagten benutzt worden sei. Er hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen, soweit ihr das Landgericht stattgegeben hat.

Mit der Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils; die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Oberlandesgericht hat die Prüfung des mit der Klage geltend gemachten Prozeßbegehrs nicht auf die im ersten Rechtszuge verhandelten und entschiedenen Streitpunkte und rechtlichen Gesichtspunkte beschränkt. Es hat den dem Kläger vom Landgericht zugesprochenen Betrag unter dem Gesichtspunkt eines Anspruchs aus § 9 ArbEG auf Grund der unbeschränkten Inanspruchnahme, als Anspruch auf eine vorläufige Benutzungsvergütung im Sinne des Cromegal-Urteils des Bundesgerichtshofs vom 28. Juni 1962 (BGHZ 37, 281; GRUR 1963, 135), als Anspruch auf Schadensersatz wegen angeblich nachlässigen Betreibens der Patenterteilungsverfahren und schließlich als Anspruch auf Vergütung für eine Sonderleistung geprüft.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts kommt – im Gegensatz zum Landgericht, das dem Kläger 95.117,52 DM als vorläufige Vergütung für die Benutzung der in Anspruch genommenen „Erfindungen” zuerkannt hatte – zu dem Ergebnis, daß dem Kläger nur für die „Erfindung” zu 5 eine vorläufige Vergütung von 445,20 DM zustehe, die mit einem Mietrückstand, den der Kläger der Beklagten geschuldet habe, verrechnet sei. Für etwaige nach arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilende Ansprüche auf eine Sondervergütung für eine außergewöhnliche Arbeitsleistung sei die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nicht gegeben.

II.

Die Revision greift das Berufungsurteil im ganzen wegen Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des ArbErfG, sowie von Verfahrensbestimmungen (§§ 282, 286, 288, 313, 551 Ziff. 7 ZPO) an. Bedenklich sei insbesondere die im Rahmen der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen des § 9 ArbErfG getroffene Feststellung des Berufungsgerichts, daß der Kläger den Nachweis für das Vorliegen schutzfähiger Erfindungen nicht erbracht habe. Selbst wenn im allgemeinen der Diensterfinder die Beweislast tragen sollte, so müsse hier anderes gelten, weil die Anmeldeverfahren in den Händen der Beklagten gelegen hätten, die teilweise den Kläger nicht benachrichtigt und die Verfahren mit ausgesprochener Lässigkeit betrieben habe. Unter diesen Umständen sei es nicht Sache des Klägers gewesen, darzulegen (BU S. 19 ff), daß es sich doch um schutzfähige Erfindungen gehandelt habe. Bedenken bestünden auch gegen die Ablehnung einer Erfindervergütung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (BU S. 25 ff). Vor allem habe aber das Berufungsgericht die tragenden Gedanken der Cromegal-Entscheidung des Bundesgerichtshofs bei der Ablehnung einer vorläufigen Vergütung für die „Erfindungen” zu 1, 2 und 4 verkannt. Die Entscheidung spreche von vernünftiger Gesetzesauslegung unter gerechter Interessenabwägung und gebe damit einen gesetzlich fundierten vorläufigen Vergütungsanspruch, der nicht bloß auf Billigkeit beruhe. Wenn es auch theoretisch denkbar sei, daß ein solcher Anspruch in geeigneten Fällen der Höhe nach auf Null reduziert werde, so hätte das Berufungsgericht einen solchen Anspruch jedoch zunächst bejahen müssen, um sich dann Gedanken über seine Höhe zu machen; es sei jedoch fehlerhaft, von vornherein zu erklären, es sei billig, den Anspruch zu versagen (BU S. 28, 29). Die Begründung sei in diesem Punkte in so hohem Grade mangelhaft, daß die Rüge aus § 551 Ziff. 7 ZPO gerechtfertigt erscheine. Das Berufungsgericht habe weder die Entstehungsgeschichte (Stellung und Lösung der Aufgabe), noch die außerordentlichen Erfolge der Beklagten bei der Benutzung der „Erfindungen” zu 1, 2 und 4 ausreichend berücksichtigt. Daß die Beklagte dadurch zum viertgrößten Hersteller von Gleichrichtern aufgerückt sei und geradezu sensationelle Erfolge erzielt habe, sei nicht ernstlich bestritten worden. Das Berufungsgericht hätte hiervon ausgehen müssen (§§ 286, 288 ZPO). Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die vom Kläger behaupteten Erfolge der Beklagten keine andere Beurteilung rechtfertigten, sei so mangelhaft, daß auch insoweit keine Begründung vorliege (§§ 313, 551 Ziff. 7 ZPO). Aus den erzielten Erfolgen ergebe sich, daß die Beklagte im Inland zeitweise eine tatsächliche und im Ausland zeitweise sogar eine rechtliche Monopolstellung gehabt habe. Unter diesen Umständen sei es denkfehlerhaft, lediglich auf das Risiko der Patentversagung abzustellen; dieses sei ganz normal und üblich und könne nur bei ganz besonderen Umständen zu einer völligen Versagung des vorläufigen Benutzungsentgelts führen (§ 286 ZPO; ArbEG §§ 9, 10 in Verbindung mit BGHZ 37, 281).

III.

Den Angriffen der Revision kann das Berufungsurteil im Ergebnis nicht standhalten.

1. Soweit sich das Berufungsgericht mit anderen Ansprüchen als mit dem Anspruch auf eine vorläufige Vergütung befaßt hat, sind ihm entgegen den insoweit nur ganz allgemein gehaltenen Angriffen der Revision Rechtsfehler allerdings nicht unterlaufen. Im einzelnen ist dazu folgendes festzustellen:

a) Einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf eine endgültige Vergütung aus § 9 ArbEG, die eine schutzfähige Erfindung nach § 2 ArbEG voraussetzt, hat das Berufungsurteil ohne Rechtsfehler verneint. Bei ihren Angriffen gegen die „Beweislastverteilung” verkennt die Revision den entscheidenden Umstand, daß die abschließende Beurteilung durch das Berufungsgericht nicht mit einem non liquet endet, sondern mit der Feststellung, daß unter den von der Beklagten unbeschränkt in Anspruch genommenen Diensterfindungen sich keine patent- oder gebrauchsmusterfähigen Erfindungen befunden hätten. Diese Beurteilung leitet das Oberlandesgericht zwar aus dem endgültigen Ergebnis der patentamtlichen Erteilungsverfahren ab; es hat aber dieses Ergebnis einschließlich der begründeten Prüfungsbescheide des Patentamts wie des Sachverständigengutachtens zur Anmeldung 4 nur als Material und Ausgangspunkt für seine eigene Wertung benutzt und daraus selbständig die patentrechtliche Folgerung gezogen, daß in keinem Falle aus den Gegenständen der Anmeldungen zu 1, 2 und 4 eine patent- oder gebrauchsmusterfähige Erfindung zu entnehmen sei. Diese tatsächliche Feststellung, die von der Revision mit Verfahrensrügen nicht angegriffen worden ist, läßt keinen Rechtsirrtum erkennen. Ein Rechtsfehler ist schließlich nicht darin zu erblicken, daß das Berufungsurteil davon ausgeht, daß die Beklagte gemäß ihren Schreiben vom 18. November 1957 und vom 11. Mai 1959 nur die Gegenstände der von ihr eingereichten Patentanmeldungen gemäß § 6 ArbEG in Anspruch genommen habe und daß es dem Kläger unbenommen bleibe, durch eine nachgeholte ordnungsgemäße Erfindungsmeldung eine eventuelle Inanspruchnahme nach § 6 ArbEG herbeizuführen. Verfahrensrügen sind insoweit nicht erhoben worden.

b) Das Berufungsgericht hat auch einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen mangelhaften Betreibens der Patentanmeldungen oder eigenmächtiger Aufgabe von ausländischen Schutzrechten ohne erkennbaren Rechtsirrtum verneint. Gegen die im wesentlichen auf tatsächliche Feststellungen gestützten Ausführungen des Berufungsgerichts hat die Revision besondere Angriffe nicht erhoben. Ihre allgemeinen Bedenken gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts hat die Revision nicht näher erläutert.

2. Mit Recht wendet sich andererseits die Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, daß dem Kläger hinsichtlich der „Erfindungen” zu 1, 2 und 4 eine vorläufige Benutzungsvergütung im Sinne der Cromegal-Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht zustehe.

a) Diese Entscheidung (vgl. dazu auch die Anm. von Löscher bei Lindenmaier/Möhring Nr. 3 zu § 12 ArbEG sowie BGH GRUR 1963, 315, 317) geht von dem Leitgedanken aus, daß es bei der Auswertung einer unbeschränkt in Anspruch genommenen Diensterfindung untragbar sei, den Diensterfinder mit dem Empfang einer Vergütung bis zum Abschluß des Erteilungsverfahrens zu vertrösten, um ihn dann im Falle einer Versagung des Patents sogar völlig leer ausgehen zu lassen. Ein solches Ergebnis lasse sich weder mit vernünftiger Gesetzesauslegung noch mit gerechter Interessenabwägung vereinbaren (GRUR 1963, 138 li. Sp. oben). Auch kein freier Erfinder würde sich beim Verkauf seiner Erfindung oder bei Lizenzvergabe auf Zahlungsbedingungen einlassen, durch die er das Risiko der endgültigen Schutzrechtserlangung ganz allein zu tragen hätte. Sachgerecht erscheine es daher, so folgert die Cromegal-Entscheidung, daß bei der strittigen Fallgestaltung einer unbeschränkten Inanspruchnahme einer Erfindung der Erfinder vom Beginn der Verwertungshandlungen ab eine Vergütung von gleicher Höhe und Zeitdauer empfange, als wäre seine Diensterfindung nur beschränkt in Anspruch genommen. Ein solches Benutzungsentgelt sei nach Höhe und Fälligwerden ganz vom Verlauf und Ausgang des Erteilungsverfahrens unabhängig und könne auch bei einer späteren Patentversagung nicht zurückverlangt werden. Für die Höhe des Entgelts biete sich eine die beiderseitigen Interessen berücksichtigende Mittellösung dahingehend an, daß eine vorläufige Vergütung nach Maßgabe der laufenden Benutzung unter Anlehnung an die von einem nichtausschließlichen Lizenznehmer geschuldeten Gebühren zu berechnen sei. Die Höhe dieses vorläufigen Entgelts unterscheide sich damit unter Umständen erheblich von einer auch die Ausschließlichkeitsstellung des Patentinhabers als werterhöhenden Bemessungsfaktor mit berücksichtigenden endgültigen Vergütung, vor allem, wenn das Risiko der Patentversagung groß sei (GRUR 1963, 138 li. Sp. unten).

Der Senat sieht trotz der in der Literatur erhobenen kritischen Stimmen (vgl. u.a. Friedrich GRUR 1963, 139 ff; Rebitzki GRUR 1963, 555 ff; Fischer GRUR 1963, 107 ff) keinen Anlaß, von diesen Rechtsgrundsätzen abzugehen, die sich ersichtlich in der Praxis der Betriebe inzwischen durchgesetzt haben und denen sich auch die Schiedsstelle für Arbeitnehmererfindungen angeschlossen hat (Schade GRUR 1970, 585).

b) Die Revision rügt mit Recht, daß das Berufungsgericht einen Anspruch auf vorläufige Vergütung für die „Erfindungen” zu 1, 2 und 4 bereits dem Grunde nach abgelehnt hat, weil es „mit Rücksicht auf das Verhalten beider Parteien im Hinblick auf das Patentversagungsrisiko” billig sei, dem Kläger ein solches Entgelt zu versagen (BU S. 28). Dabei hat das Berufungsgericht in der Cromegal-Entscheidung dargelegte Rechtsgrundsätze des Arbeitnehmererfinderrechts verkannt.

Das Berufungsgericht hat zu Unrecht das Patentversagungsrisiko bereits bei der Beurteilung des Grundes des Anspruchs berücksichtigt. Wie die Revision mit Recht hervorhebt, ist ein Patentversagungsrisiko stets in mehr oder minder großem Maße vorhanden und deshalb auch in der Cromegal-Entscheidung nur bei der Höhe der Vergütung beiläufig erwähnt. Im Grundsatz ist dazu folgendes zu bemerken:

Nimmt der Arbeitgeber eine Erfindung unbeschränkt in Anspruch und meldet er sie dementsprechend und pflichtgemäß zum Patent (oder Gebrauchsmuster) an, so bleibt die Frage der Schutzfähigkeit in aller Regel bis zum endgültigen Ergebnis des Erteilungsverfahrens in der Schwebe. Nimmt der Arbeitgeber in diesem Zeitraum die „Erfindung” in Benutzung, so steht dem Arbeitnehmer unbeschadet der unsicheren Patentlage ein Anspruch auf vorläufige Vergütung dem Grunde nach zu. Dieser Anspruch soll auch grundsätzlich vom Lauf des Erteilungsverfahrens unabhängig sein, d.h. von dem jeweiligen Auf und Ab der Hoffnungen und Befürchtungen gegenüber Prüfungsbescheiden, Bekanntmachungen, Einsprüchen, Beschwerden usw.

Unter diesen Voraussetzungen für eine praktikable Regelung der vorläufigen Vergütung, wie sie in der Cromegal-Entscheidung dargelegt sind, ist – so wendet die Revision mit Recht ein – für eine nur auf Billigkeitserwägungen gegründete Entscheidung kein Raum. Das Oberlandesgericht hätte sonach gemäß den genannten Voraussetzungen und den tatsächlichen Feststellungen – wobei eine tatsächliche Benutzung der angemeldeten Gegenstände zu 1, 2 und 4 hier unterstellt wird – einen Anspruch auf vorläufige Vergütung dem Grunde nach anerkennen müssen.

Auch ein sogenannter Nullfall – der nur die Hohe betreffen kann – ist aus dem Sachverhalt nicht erkennbar; er kann jedenfalls nicht aus dem Verhalten der Parteien und auch nicht aus dem üblichen Patentversagungsrisiko, das nicht etwa rückschauend wegen der endgültigen Versagung als ganz besonders schwerwiegend angesehen werden kann, geschlossen werden. Wie weit bei der Berechnung der Höhe der Vergütung ein Versagungsrisiko zusätzlich zu berücksichtigen ist, bleibt der tatrichterlichen Würdigung der Berufungsinstanz vorbehalten, wobei jedoch wiederum zu beachten ist, daß eine lediglich rückschauende Betrachtung mit den Grundsätzen der Cromegal-Entscheidung nicht in Einklang stehen würde.

Gegen die die Zuerkennung einer vorläufigen Vergütung für die Benutzung des Gegenstandes der Anmeldung zu 5 (BU S. 30 ff unter V) betreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes hat die Revision substantiierte Angriffe nicht erhoben. Ein Rechtsfehler ist auch insoweit nicht ersichtlich.

IV.

Da somit die Ablehnung einer vorläufigen Benutzungsvergütung für die „Erfindungen” 1, 2 und 4 nichtfrei von Rechtsfehlern ist und von der Begründung des Berufungsurteils nicht getragen wird, war dieses aufzuheben und die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

Spreng, Trüstedt, Claßen, Schönberg, Ochmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 1237758

Nachschlagewerk BGH

MDR 1971, 754

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