Verfahrensgang

LG Bonn (Entscheidung vom 28.09.1982)

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 28. September 1982 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

 

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich seine Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

Der Erörterung bedürfen nur die Feststellungen zu einer exhibitionistischen Handlung des Angeklagten als der durch die (versuchte) Tötung zu verdeckenden Straftat und die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil.

1.

Nach den Feststellungen entkleidete sich der Angeklagte anläßlich eines Besuches bei seiner Arbeitskollegin K. in der Toilette ihrer Wohnung und zeigte sich der Zeugin nackt. Nachdem diese laut um Hilfe rufend auf den Balkon geflohen war, folgte ihr der Angeklagte, würgte sie und stopfte ihr schließlich einen Aufnehmer in den Mund. "Der Angeklagte, der wußte, daß er sich durch das nackte Zeigen gegenüber der Zeugin K. einer exhibitionistischen Handlung schuldig gemacht hatte, handelte dabei in der Absicht, sein Opfer als Zeugin auszuschalten und für immer mundtot zu machen, also zu töten, um so unentdeckt entkommen zu können." (UA S. 9 und 10).

Soweit dem Angeklagten ein Vergehen gemäß § 183 StGB zur Last lag, wurde das Verfahren im Urteil gemäß § 154 StPO eingestellt (Urteilstenor und UA S. 16). Im übrigen wertete das Landgericht die Tat des Angeklagten als versuchten Mord zur Verdeckung einer Straftat, nämlich der exhibitionistischen Handlung gegenüber Frau K. (UA S. 16 und 17). Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Den Straftatbestand des § 183 StGB erfüllt allerdings nur der Täter, der sich durch seine Handlungsweise geschlechtlich befriedigen oder erregen oder der eine geschlechtliche Erregung steigern will (vgl. BT-Drucks. VI/3521, S. 53; Dreher/Tröndle, 41. Aufl., Rdn. 5, Lackner, 14. Aufl. Anm. 2, jeweils zu § 183 StGB; Maurach/Schröder, Strafrecht Besonderer Teil, Teilband 1, 6. Aufl., § 22 II 2, S. 191). Daß dies beim Angeklagten der Fall war, als er sich der Zeugin K. nackt zeigte, hat die Strafkammer nicht ausdrücklich festgestellt. Es wird hier nur als eines von mehreren Motiven ("auch") angeführt, daß der Angeklagte vielleicht hoffte, "die Zeugin K. werde positiv auf seine Annäherung reagieren und möglicherweise sich später anknüpfenden gemeinsamen sexuellen Handlungen nicht unaufgeschlossen gegenüberstehen" (UA S. 9).

Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsfeststellungen ist jedoch zu entnehmen, daß der Angeklagte mit seiner Handlungsweise geschlechtliche Befriedigung erstrebte. Denn die Strafkammer hat weiter festgestellt, daß er in der Vergangenheit etwa 40 bis 50 mal Frauen entblößt gegenübertrat und sich dadurch befriedigt fühlte (UA S. 5). Wenn sie angesichts dieser vorangegangenen Taten bei der Schilderung des Vorgehens gegenüber der Zeugin K. nur auf ein mögliches zusätzliches Motiv hinweist und die Willensrichtung des Angeklagten im übrigen unerörtert läßt, gibt die Strafkammer ersichtlich nur für sie Selbstverständliches nicht wieder, nämlich, daß der Angeklagte wie in allen früheren Fällen auch hier geschlechtliche Befriedigung suchte.

Durch die vorläufige Einstellung des Verfahrens gegen den Angeklagten wegen der exhibitionistischen Handlung gemäß § 154 StPO war das Landgericht nicht gehindert, das Tötungsdelikt als versuchten Mord zur Verdeckung dieser Straftat zu werten. Die Einstellung erfolgte erst nach Abschluß der Beweisaufnahme und nach den Schlußvorträgen im Urteil; den mit der Anklage erhobenen Vorwurf des Verdeckungsmordes hatte die Staatsanwaltschaft auch im Schlußvortrag aufrechterhalten.

2.

Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Der Revision ist allerdings zuzugeben, daß es rechtsfehlerhaft wäre, wenn der Tatrichter sich bei der Beweiswürdigung nicht mit naheliegenden, seiner Überzeugung entgegenstehenden Deutungsmöglichkeiten auseinandergesetzt hätte (ständige Rechtsprechung, z.B. BGH, Urteile vom 3. August 1982 - 1 StR 371/82 - und vom 20. Oktober 1982 - 2 StR 515/82). Diesen Vorwurf erhebt der Beschwerdeführer jedoch zu Unrecht. Denn es lagen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, der Angeklagte könne dazu neigen, sich zu Unrecht selbst zu bezichtigen, so daß die Strafkammer nicht veranlaßt war, ein derartiges Verhalten bei der Würdigung seines Geständnisses in ihre Erwägungen einzubeziehen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3018827

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