Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die Begründung einer Kündigung wegen Eigenbedarfs.
Normenkette
BGB § 573 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 08.08.2013; Aktenzeichen 10 S 244/13) |
AG Essen (Urteil vom 26.04.2013; Aktenzeichen 19 C 459/12) |
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 10. Zivilkammer des LG Essen vom 8.8.2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Beklagten sind seit dem Jahr 1999 Mieter einer 158 m2 großen Wohnung der Kläger in E. . Mit Schreiben vom 23.10.2012 erklärten die Kläger die Kündigung des Mietverhältnisses mit der Begründung, ihre Tochter, die bisher eine 80 m2 große Wohnung in der benachbarten Doppelhaushälfte bewohne, benötige die größere Wohnung der Beklagten, um dort mit ihrem Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand zu begründen. Zuvor hatten die Parteien bis 20.9.2012 erfolglos über einen Verkauf der Wohnung an die Beklagten verhandelt.
Rz. 2
Das AG hat der Räumungsklage stattgegeben, das LG hat sie unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Rz. 3
Die Revision hat Erfolg.
I.
Rz. 4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 5
Den Klägern stehe der geltend gemachte Räumungsanspruch nicht zu, weil die von ihnen ausgesprochene Eigenbedarfskündigung schon aus formellen Gründen unwirksam sei. Denn die Kläger hätten es versäumt, im Kündigungsschreiben den Lebensgefährten ihrer Tochter, mit dem diese die Wohnung beziehen wolle, namentlich zu benennen. Dies sei aber erforderlich gewesen, weil der den Beklagten bisher unbekannte Lebensgefährte der Tochter für sie anderenfalls nicht identifizierbar gewesen sei.
II.
Rz. 6
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Räumungsklage nicht abgewiesen werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hatten die Kläger den von ihnen geltend gemachten Eigenbedarf im Kündigungsschreiben vom 23.10.2012 ausreichend begründet.
Rz. 7
Gemäß § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB setzt die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung voraus, dass die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses in dem Kündigungsschreiben angegeben sind. Der Zweck dieser Vorschrift besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (vgl. BT-Drucks. 6/1549, 6 f. zu § 564a Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.). Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann; bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist daher grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend (so schon BayObLG, WuM 1981, 200, 202 f.; BGH vom 27.6.2007 - VIII ZR 271/06, NZM 2007, 679 Rz. 23, sowie v. 17.3.2010 - VIII ZR 70/09, NZM 2010, 400 Rz. 8).
Rz. 8
Nach diesen Maßstäben war es - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht erforderlich, den Lebensgefährten in dem Kündigungsschreiben namentlich zu benennen. Das Begründungserfordernis soll gewährleisten, dass der Kündigungsgrund derart konkretisiert ist, dass er von anderen Kündigungsgründen unterschieden werden kann. Diese Konkretisierung ermöglicht es dem Mieter, der die Kündigung nicht hinnehmen will, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, denn eine Auswechselung des Kündigungsgrundes ist dem Vermieter verwehrt.
Rz. 9
Im Falle der Eigenbedarfskündigung genügt es, die Eigenbedarfsperson - hier die Tochter - identifizierbar zu benennen und das Interesse darzulegen, das diese an der Erlangung der Wohnung hat. Insoweit reicht die Angabe, dass die Tochter in die größere Wohnung der Beklagten ziehen wolle, um dort mit ihrem Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand zu begründen. Weiterer Angaben bedurfte es - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - hingegen nicht. Soweit die Revisionserwiderung Umstände anführt, die ihrer Auffassung nach gegen die Ernsthaftigkeit des Eigennutzungswunsches der Kläger sprechen, vermengt sie in unzulässiger Weise die Begründung der Kündigung (§ 573 Abs. 3 BGB) mit dem Nachweis des angegebenen Kündigungsgrundes.
III.
Rz. 10
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben und ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der von den Klägern behauptete Eigenbedarf tatsächlich besteht. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 6930787 |
NJW 2014, 2102 |
EBE/BGH 2014 |
NZM 2014, 466 |
ZIP 2014, 41 |
ZMR 2014, 969 |
JZ 2014, 450 |
JuS 2014, 12 |
MDR 2014, 766 |
WuM 2014, 423 |
MietRB 2014, 226 |
NJW-Spezial 2014, 449 |
RdW 2014, 604 |
IWR 2014, 60 |
LL 2014, 695 |
MK 2014, 113 |