Leitsatz (amtlich)
Die Anmeldung eines bei Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtlichen Rechts erfordert eine Willenskundgebung des Gläubigers dahin, daß sein Recht bei der Feststellung des geringsten Gebotes und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses berücksichtigt werde. Kenntnis des Versteigerungsrichters und der übrigen Beteiligten von dem Vorhandensein des Rechts macht die Anmeldung nicht entbehrlich, auch nicht aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben.
Normenkette
ZVG § 37 Nr. 4, § 45; BGB § 242
Tenor
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Weiden/Oberpfalz vom 20. Oktober 1954 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Auf Antrag der Firma H… & Co. ordnete das Amtsgericht Weiden/Opf. am 13. September 1950 die Zwangsversteigerung des in Rothenstadt belegenen Grundbesitzes des Glasarbeiters Hermann L… an. Der Versteigerungsvermerk wurde am 19. September 1950 in das Grundbuch eingetragen. Durch Beschluß vom 13. April 1951 ließ das Amtsgericht den Beitritt der Firma Josef Z… zu dem Zwangsversteigerungsverfahren zu; dieser Beschluß wurde dem Schuldner am 16. April 1951 zugestellt. In der Folgezeit traten noch drei weitere Gläubiger (darunter auch der Zweitkläger) dem Verfahren bei. Bei den Ansprüchen sämtlicher betreibender Gläubiger handelte es sich um persönliche Forderungen. Am 20. August 1951 hob das Gericht das Zwangsversteigerungsverfahren, soweit es von der Firma Andreas H… & Co betrieben wurde, auf, weil die Gläubigerin im Februar 1951 die einstweilige Einstellung bewilligt und in den folgenden sechs Monaten keinen Antrag auf Fortsetzung gestellt hatte.
Nach Eintrag des Zwangsversteigerungsvermerks vom 19. September 1950 wurde der Grundbesitz des Schuldners L… noch weiterhin belastet; eingetragen wurden am 30. September 1950 und 3. Januar 1951 zwei Höchstbetragshypotheken für den Erstkläger (Grundbuch Abt III Nr. 4 und 5), am 11. Januar 1951 eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Sicherungshypothek für den Zweitkläger (Nr. 6), am 10. Mai 1951 eine Zwangshypothek für den Zweitkläger (Nr. 7), am 11. Mai 1951 je eine Grundschuld für die Erstbeklagte und für die Zweitbeklagte (Nr. 8 und 9) und am 28 September 1951 eine Grundschuld für den Drittbeklagten (Nr. 10).
Der Zweitkläger reichte den vollstreckbaren Titel (Vollstreckungsbefehl), auf Grund dessen er die erwähnte Zwangshypothek vom 10. Mai 1951 hatte eintragen lassen, am 30. Juli 1951 bei dem Amtsgericht Weiden ein und bat um Zulassung seines Beitritts zum Zwangsversteigerungsverfahren. Er nahm den Antrag einige Tage später, teilweise zurück und berichtigte ihn dahin, daß der Beitritt nicht wegen des in dem Titel verbrieften Hauptanspruchs nebst Zinsen sondern lediglich wegen der Kosten erfolgen solle. Mit dieser Maßgabe ließ das Amtsgericht den Beitritt des Zweitklägers zu. Wegen desselben Kostenbetrages sowie wegen eines Teiles des Hauptanspruchs beantragte der Zweitkläger später auch die Zwangsverwaltung des dem Schuldner L… gehörenden Grundbesitzes; das Zwangsverwaltungsverfahren wurde angeordnet, aber kurze Zeit später, nachdem der Zweitkläger seinen Antrag zurückgenommen hatte, wieder aufgehoben.
In dem Zwangsversteigerungsverfahren wurde Versteigerungstermin auf den 11 März 1954 bestimmt. Die Terminbestimmung die öffentlich bekannt gemacht wurde, enthielt die Aufforderung, solche Rechte, die zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermin vor Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspreche, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigt und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Anspruch des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden. Die Beklagten meldeten ihre durch die vorhin erwähnten Grundschulden dinglich gesicherten Forderungen vor dem Versteigerungstermin schriftlich bei dem Amtsgericht an. Die Kläger unterließen eine solche Anmeldung.
In dem Versteigerungstermin vom 11. März 1954 waren beide Kläger anwesend; außerdem erschien für sie Rechtsanwalt W…. Das Gericht gab die erfolgten Anmeldungen bekannt und setzte nach Anhörung der Beteiligten das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen fest. In dem geringsten Gebot wurden als bestehend bleibend nur diejenigen Hypotheken berücksichtigt, die vor dem 19. September 1950 in das Grundbuch eingetragen worden waren; die oben angeführten dinglichen Rechte der Parteien befanden sich also nicht darunter. Auf die bevorstehende Ausschließung weiterer Anmeldungen wurde hingewiesen. Bei der nunmehr stattfindenden Versteigerung blieb der Drittbeklagte Meistbietender. Ihm wurde der Grundbesitz zugeschlagen.
Der nach Rechtskräftigwerden des Zuschlagsbeschlusses vom Amtsgericht aufgestellte Teilungsplan sah vor, daß die drei Beklagten auf Grund ihrer angemeldeten Ansprüche, die durch Grundschulden dinglich gesichert waren, insgesamt 8.195,93 DM erhalten sollten, nämlich die Erstbeklagte 2.153,46 DM, die Zweitbeklagte 2.264,95 DM und der Drittbeklagte 3.777,52 DM; die beiden Kläger sollten mit ihren dinglich gesicherten Forderungen, da sie sie nicht rechtzeitig angemeldet hätten, ausfallen, und zwar der Erstkläger mit 4.048,78 DM und der Zweitkläger mit 5176.97 DM. Im Versteigerungstermin vom 29. Juli 1954 erhob der Erstkläger Widerspruch gegen die Zuteilung von 2.153,46 DM an die Erstbeklagte und 2.264,95 DM an die Zweitbeklagte; der Zweitkläger erhob Widerspruch in dem gleichen Umfange und außerdem gegen die Zuteilung von 3.777,52 DM an den Drittbeklagten; beide vertraten die Auffassung, daß die den Beklagten zugeteilten Summen in Wirklichkeit ihnen (den Klägern) zuständen. Der Widerspruch wurde von den Beklagten nicht als begründet anerkannt. Das Gericht ordnete daraufhin die Hinterlegung der den Beklagten zugeteilten Beträge an.
In dem gegenwärtigen Rechtsstreit haben die Kläger beantragt, ihren Widerspruch gegen den Teilungsplan für begründet zu erklären mit der Maßgabe, daß von den Beklagten zugeteilten Beträgen von zusammen 8.195,93 DM dem Erstkläger ein Betrag von 4.048,78 DM und dem Zweitkläger ein Betrag von 4.147,15 DM zugewiesen werde. Sie haben geltend gemacht, die Forderung der Firma H… & Co. sie im Februar 1951 durch Zahlung des Schuldners L… getilgt worden, so daß der Zwangsversteigerungsvermerk schon zu dieser Zeit im Grundbuch hätte gelöscht werden müssen. Jedenfalls komme es, da das von der Firma H… & Co. betriebene Zwangsversteigerungsverfahren später aufgehoben worden sei, auf den Versteigerungsvermerk vom 19. September 1950, nicht mehr an, maßgebend sei vielmehr für die Beschlagnahmewirkung lediglich der Zeitpunkt, in welchem die Firma Z… dem Verfahren als betreibende Gläubigerin beigetreten sei. Damals seien jedoch die Rechte der Kläger bereits im Grundbuch eingetragen gewesen. Einer Anmeldung habe es daher für sie nicht bedurft. Im übrigen sei für die Anmeldung keine Form vorgeschrieben, sondern es genüge, daß das Vorhandensein der betreffenden Rechte der Kläger schon bei der grundbuchlichen Eintragung ihrer eigenen Rechte erfahren. Ebenso sei der Firma Z… und den übrigen betreibenden Gläubigern der Inhalt des Grundbuchs bekannt gewesen. Dem Vollstreckungsgericht habe bereits im Juli 1951 der vollstreckbare Titel des Zweitklägers, als dieser die Zulassung seines Beitritts beantragte, vorgelegen, und der Zweitkläger habe damals nur auf Anraten des Versteigerungsrichters davon Abstand genommen auch mit seiner Hauptforderung dem Verfahren beizutreten; der Titel sei dann bei den Akten verblieben und habe später auch zur Einleitung des Zwangsverwaltungsverfahrens gedient. Die Rechte der Kläger seien ferner ausdrücklich im Versteigerungsprotokoll erwähnt worden. Hätte das Gericht trotzdem eine förmliche Anmeldung für erforderlich gehalten, so wäre es seine Pflicht gewesen, die im Termin anwesenden Kläger auf seinen Rechtsstandpunkt hinzuweisen. Den ganzen Umständen, nach stellte das Verhalten der Beklagten, wenn sie sich auf die unterbliebene Anmeldung beriefen, eine unzulässige Rechtsausübung dar.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Kläger haben mit Einwilligung der Beklagten unter Übergehung der Berufungsinstanz unmittelbar Revision eingelegt und verfolgen mit diesem Rechtsmittel ihren Klageantrag weiter. Die Beklagten bitten um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
1. Das Landgericht hat sich in seiner Urteilsbegründung nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die auf § 115 ZVG, § 878 ZPO gestützte Klage verfahrensrechtlich zulässig sei. Bedenken könnten in dieser Hinsicht deshalb bestehen, weil die Monatsfrist des § 878 Abs. 1 Satz 1 ZPO von den Klägern nicht eingehalten worden ist. Diese haben die Klage, mit der sie ihren Widerspruch gegen den Teilungsplan vom 29. Juli 1954 geltend machen, weder innerhalb eines Monats erhoben – die Klageschrift vom 26. August 1954 konnte, da in ihr die Anschriften der Beklagten zum Teil nicht vollständig angegeben waren, erst am 8. September 1954 zugestellt werden (§ 253 Abs. 1 ZPO) –, noch ist vor allem die am 27. August 1954 erfolgte Einreichung der Klageschrift dem Vollstreckungsgericht rechtzeitig nachgewiesen worden: die Monatsfrist begann mit dem Verteilungstermin zu laufen und erreichte, da der 29. August 1954 ein Sonntag war, am folgenden Tage ihr Ende (§ 222 Abs. 1 und 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1 und 188 Abs. 2 BGB); das Schreiben, mit dem der Bevollmächtigte der Kläger dem Amtsgericht zum Zwecke des Nachweises die mit „Einlaufsnachweis” des Landgerichts versehende Klageabschrift übersandte, datiert jedoch vom 31. August 1954 und ist auch, entgegen der Darstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils (S 5 unten), erst an diesem Tage bei dem Landgericht eingegangen.
Die Versäumung der Frist hat indessen nicht die Unzulässigkeit der vorliegenden Widerspruchsklage zur Folge. Zwar wäre das Vollstreckungsgericht, nachdem ihm bis zum 30. August 1954 die Klageerhebung nicht nachgewiesen worden war, berechtigt gewesen, nunmehr den Teilungsplan zur Ausführung zu bringen und die Auszahlung des hinterlegten Streitbetrages an die Beklagten anzuordnen. Das hat es aber, soweit ersichtlich nicht getan. Da sonach ein Teil der Verteilungsmasse noch nicht verteilt und eine Änderung des Teilungsplans, insbesondere durch Zuweisung des streitigen Teil der Masse an die widersprechenden Gläubiger, nach wie vor möglich ist, erweist sich das Verteilungsverfahren als noch nicht beendigt. Unter diesen Umständen kann es aber den Klägern auch nicht verwehrt werden, trotz Nichteinhalten der Nachweisfrist ihren Widerspruch im Wege der Klage weiter zu verfolgen (RGZ 99, 202 [204 ff]: Urteil des erkennenden Senats vom 29, Januar 1954, V ZR 54/53, insoweit in BB 1954, 391 und Betrieb 1954, 412 nicht mit abgedruckt).
Der Widerspruch ist vom Landgericht für nicht begründet erachtet und die Klage demgemäß abgewiesen worden. Diese Entscheidung bekämpfen die Kläger mit ihrer Sprungrevision – deren verfahrensrechtliche Voraussetzungen nach § 566a Abs. 1 bis 3 ZPO erfüllt sind – als rechtsirrig.
2. Das angefochtene Urteil hat zunächst ausgeführt: Rechte, die im Zeitpunkt der Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtlich seien, bedürfen, um bei Feststellung des geringsten Gebotes und Verteilung des Versteigerungserlöses berücksichtigt zu werden, der Anmeldung. Auf den genannten Zeitpunkt sei auch dann abzuheben, wenn das Verfahren auf Grund eines späteren Beitritts durchgeführt werde. Die Auffassung der Kläger, daß es nicht auf die Eintragung des Versteigerungsvermerks, sondern auf den Beitritt der betreibenden Gläubigerin Z… ankomme und daß somit ihre Rechte im Sinne der §§ 37 Nr. 4 und 45 ZVG „aus dem Grundbuch ersichtlich” gewesen seien, treffe nicht zu.
Gegen diesen Teil der Urteilsbegründung werden von der Revision keine Einwendungen erhoben; die Kläger wollen ihre im ersten Rechtszug vertretene gegenteilige Auffassungen anscheinend jetzt nicht mehr aufrechterhalten. Auf jeden Fall verdient der Standpunkt des Landgerichts Zustimmung. Daß für die Frage, von welchem Zeitpunkt ab die im Grundbuch eingetragenen Rechte anmeldungsbedürftig sind, allein die Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks entscheidend ist, entspricht der durchaus herrschenden Lehre. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der ursprüngliche Gläubiger aus irgendeinem Grunde ausgeschieden ist und das Verfahren nur noch von einem anderen Gläubiger weiterbetrieben wird, dessen Beitritt erst nach Eintragung der betreffenden Rechte zugelassen worden ist (vgl. – sämtlich zu § 45 ZVG – Jaeckel-Güthe 7. Aufl. 1 [I 1 a]; Reinhard-Müller 3./4. Aufl. III 1 a; Steiner-Riedel 7. Aufl. 2 und 3; Korintenberg-Wenz 6. Aufl. 1). Die Richtigkeit dieser Ansicht ergibt sich schon daraus, daß die gerichtliche Anordnung, durch welche der Beitritt eines weiteren Gläubigers zum anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren zugelassen wird, nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 ZVG nicht in das Grundbuch eingetragen werden darf; es würde also, wollte man für die Notwendigkeit einer Anmeldung nicht auf die Eintragung des Versteigerungsvermerks abstellen, überhaupt an einer eindeutigen, für jedermann erkennbaren Verlautbarung des maßgeblichen Zeitpunkts fehlen.
3. Das Landgericht vertritt in seinen weiteren Ausführungen den Standpunkt, die Kläger könnten sich auch nicht darauf berufen, daß es im vorliegenden Fall deshalb keiner förmlichen Anmeldung bedurft habe, weil ihre Rechte sowohl dem Gericht als auch den Beklagten und den anderen Gläubigern bekannt gewesen seien. Vielmehr werde durch eine solche Kenntnis die Notwendigkeit der Anmeldung nicht beseitigt. Letztere hatte einmal den Zweck, allen Beteiligten eine annähernd genaue Berechnung des zur Deckung der eigenen Ansprüche notwendigen Betrages zu ermöglichen. Außerdem solle aber dadurch auch dem Schuldner Gelegenheit gegeben werden, zu diesen Ansprüchen Stellung zu nehmen, was vor allem bei Sicherungshypotheken, deren Höhe jeweils von derjenigen der gesicherten Forderung abhänge, erforderlich sei; wollte man, sofern die Beteiligten und das Gericht aus dem Grundbuch von nachträglich eingetragenen Rechten Kenntnis erlangt hätten, dem Schuldner durch Verneinung des Anmeldungserfordernisses die Möglichkeit nehmen, solchen Rechten zu widersprechen und ihre Glaubhaftmachung verlangen, so würde sich das wiederum nachteilig für die Gläubiger auswirken, denn die Berechnung des zur Deckung ihrer eigenen Ansprüche erforderlichen Betrages richte sich ja nach der Höhe der ihnen zeitlich nach dem Zwangsversteigerungsvermerk eingetragenen Recht befreie also den betreffenden Berechtigten nicht von seiner Anmeldepflicht.
Die Revision zieht die Anwendbarkeit dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall in Zweifel. Wenn auch – so führt sie aus – das Zwangsversteigerungsgesetz zum größten Teil zwingendes Recht enthalte, so schließe das gleichwohl nicht aus, daß in bestimmten Fällen eine starre Anwendung seiner Vorschriften zu unterbleiben habe, weil sie mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes, der höher als der Wortlaut stehe, nicht in Einklang zu bringen wäre. Mit der Anmeldung werde bezweckt, dem Gericht und den Beteiligten das Vorhandensein nachträglich eingetragener Rechte zur Kenntnis zu bringen, damit die nachstehenden Gläubiger in der Lage seien, ihre eigenen Rechte durch höheres Mitbieten zu wahren. Die Rechte der Kläger seien aber den Beklagten im Versteigerungstermin genau bekannt gewesen, denn sie seien vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten sogar schriftlich im Protokoll niedergelegt worden. Es frage sich daher, ob nicht diese Kenntnis des Gerichts und der Beklagten doch als hinreichend angesehen werden könne.
Die Bedenken der Revision sind nicht begründet. Zwar ist für die Anmeldung gemäß §§ 37 Nr. 4, 45 ZVG eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Das Gesetz enthält keine Angaben darüber, in welcher Weise sie zu erfolgen hat. Im einschlägigen Schrifttum besteht Einigkeit darüber, daß der Anmeldende seine Erklärung sowohl schriftlich als auch mündlich abgeben darf. Das kann vor dem Versteigerungstermin durch ein an das Vollstreckungsgericht gerichtetes Schreiben oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle geschehen; die Anmeldung kann aber ebenso gut im Versteigerungstermin mündlich angebracht werden und ist dann zu Protokoll zu nehmen; auch eine fernmündliche Anmeldung wird für zulässig erachtet (vgl. dazu im einzelnen Jaeckl-Güthe 13 [II 2a]; Steiner-Riedel 4 und Wilhelmi-Vogel 4. Aufl. 3, sämtlich zu § 45 ZVG). Unerläßlich ist aber in jedem Fall, daß wirklich etwas erklärt wird. „Anmeldung” ist ihrem Wesen nach Verlautbarung, d.h. die Bekundung eines auf ein bestimmtes Ziel gerichteten Willens, zu dessen Bekundung durch einen Dritten es deswegen auch einer Vollmacht desselben bedarf (Reinhard-Müller, § 45 ZVG, III 3). Der Gläubiger, dessen Recht bei Eintragung des Versteigerungsvermerks nicht aus dem Grundbuch ersichtlich war, muß seinen Willen, daß dieses Recht bei der Feststellung des geringsten Gebotes und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses trotzdem berücksichtigt werde, irgendwie erkennbar zum Ausdruck bringen; das hat in einer Art und Weise zu geschehen, die das Vollstreckungsgericht und die übrigen am Verfahren Beteiligten nicht darüber im Zweifel läßt, daß das nachträglich im Grundbuch eingetragene recht auch wirklich geltend gemacht werde. Verhält sich der Gläubiger untätig, dann liegt keine Anmeldung vor. Ein solches Untätigbleiben genügt insbesondere auch dann nicht, wen die Eintragung allen Beteiligten bekannt ist. Auch erschöpft sich, worauf das Landgericht zutreffend hinweist, der Zweck der Anmeldung nicht darin, die außerhalb des geringsten Gebotes stehenden Gläubiger über die Höhe der ihnen vorgehenden Ansprüche zu unterrichten, sondern es soll damit zugleich dem Schuldner die Möglichkeit eröffnet werden, zu den angemeldeten Rechten Stellung zu nehmen. Aus diesen Gründen muß der Anmeldende sowohl Rechtsgrund und Rang seines Anspruches als auch, wenn er Befriedigung aus dem Bargebot verlangt, einen bestimmten Betrag angeben und seine Angaben im Falle eines Widerspruchs glaubhaft machen (Jaeckel-Güthe a.a.O.; Steiner-Riedel a.a.O.).
Die Kenntnis des Vollstreckungsgerichts und der übrigen Beteiligten von einem nach Eintragung des Versteigerungsvermerks im Grundbuch verlautbarten Rechts vermag daher, entgegen der Ansicht der Revision, die gesetzlich vorgeschriebene Anmeldung nicht zu ersetzen. Etwas Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Reichsgerichts vom 12. November 1930 (JW 1931, 2121 Nr. 26), auf das sich die Kläger in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 12. Oktober 1954 bezogen haben; in dem dortigen Fall handelte es sich, anders als in dem hier zur Entscheidung stehenden, um die Forderungsanmeldung eines betreibenden Gläubigers, und die Parteien stritten lediglich darüber, ob dieser Gläubiger in seinem Versteigerungsantrag hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht habe, daß er außer dem Kapital seiner Grundschuld auch die rückständigen Zinsen betreiben wollte; wenn das Reichsgericht diese Frage bejaht hat, so können daraus für den vorliegenden Fall keine Schlüsse gezogen werden, daß die Kläger zu einer Anmeldung ihrer Rechte nicht verpflichtet gewesen seinen.
4. Das angefochtene Urteil setzt sich ferner mit der Meinung des Zweitklägers auseinander, daß es für ihn deshalb keiner des Zweitklägers auseinander, daß es für ihn deshalb keiner förmlichen Anmeldung bedurft habe, weil der Vollstreckungstitel, auf den sich sein Recht gründe, bei den Versteigerungsakten gelegen habe und auf Grund dieses Titels nicht nur Zwangsverwaltungsverfahren betrieben, sondern auch sein Antrag auf Zulassung des Beitritts zum Zwangsversteigerungsverfahren gestellt worden sei. Das Landgericht bezeichnet diese Meinung als irrig und führt dazu aus, den Erfordernissen einer Anmeldung gemäß §§ 9, 37 und 45 ZVG werde nur dann genügt, wenn der Gläubiger irgendwie zum Ausdruck bringe, daß er die Berücksichtigung eines von ihm dargelegten Rechts im Zwangsversteigerungsverfahren wünsche. Dieser Wunsch sei aber weder in dem Antrag des Zweitklägers auf Anordnung der noch darin zum Ausdruck gekommen, daß er den Titel bei den Zwangsversteigerungsakten belassen habe. Den Antrag, seinen Beitritt zum Versteigerungsverfahren zuzulassen, habe, der Zweitkläger wieder zurückgenommen. Im übrigen habe das Vollstreckungsgericht dadurch, daß es die Forderungen der Kläger bei Feststellung des geringsten Gebotes unberücksichtigt gelassen habe, seinen Rechtsstandpunkt deutlich genug ausgedrückt. Die durch einen Anwalt vertretenen Kläger hätten daraus erkennen müssen, daß ihre Forderungen, wenn sie berücksichtigt werden sollten, anzumelden waren. Ob darüber hinaus das Gericht noch zu einer besonderen Aufklärung verpflichtet gewesen wäre, könne dahingestellt bleiben, – da jedenfalls nicht angemeldet worden sei.
Diese Ausführungen, gegen die von der Revision keine ins einzelne gehenden Einwendungen erhoben werden, lassen einen Rechtsverstoß nicht erkennen.
5. Das Landgericht weist endlich auch den Eiwand der Kläger, daß ihre Forderungen bei der Verteilung trotz unterlassener Anmeldung vor den Rechten der Beklagten berücksichtigt werden müßten, als unbegründet zurück. Wie sich aus den §§ 117, Abs. 1, 110 ZVG ergebe, hätten die Rechte der Kläger, da sie nicht rechtzeitig angemeldet worden seien, ihren ursprünglichen Vorrang vor denjenigen der Beklagten eingebüßt und ständen nunmehr diesen nach. Ein Bereicherungsanspruch bestehe nicht. Die Beklagten handelten auch nicht arglistig, sondern nähmen nur in Anspruch, was das Gesetz ihnen zubillige. Der Verteilungsplan des Amtsgerichts sei daher richtig.
Die Revision rügt, daß das Landgericht zu dem Sachvortrag der Kläger unter Nr. 4 und 5 ihres Schriftsatzes vom 12. Oktober 1954 keine Stellung genommen habe. Auf Grund des dort dargelegten und unter Beweis gestellten Sachverhalts könne den Klägern ein etwaiger Mangel ihrer Anmeldung nach Treu und Glauben nicht entgegengehalten werden. Vielmehr würde sich bei Berücksichtigung dieses Sachvortrags das Verhalten der Beklagten als ein besonders krasser Fall des „venire contra factum proprium” darstellen.
Die Rüge ist nicht begründet. Soweit – offensichtlich mit Bezug auf sie – in den einleitenden Worten der Revisionsbegründung von einer Verletzung des § 286 ZPO die Rede ist, wird zunächst übersehen, daß eine Sprungrevision, wie sie hier vorliegt, nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 566 a Abs. 3 ZPO nicht auf Mängel des Verfahrens gestützt werden kann. Aber auch wenn man davon ausgeht, daß es sich bei der Rüge in Wirklichkeit nicht um einen verfahrensrechtlichen, sondern um einen sachlich-rechtlichen Revisionsangriff handeln mag – anscheinend soll beanstandet werden, daß der erste Richter das tatsächliche Vorbringen der Kläger rechtlich falsch gewürdigt und es zu Unrecht als unerheblich für die Entscheidung angesehen habe –, so kann die Revision keinen Erfolg haben.
In dem erwähnten Schriftsatz der Kläger war unter Beweisantritt behautet worden (Ziffer 4), die Beklagten hätten die hypothekarisch gesicherten Ansprüche der Kläger nicht nur gekannt, sondern auch bei der Abgabe ihrer Gebote berücksichtigt; der Drittbeklagte habe nämlich im Versteigerungstermin die Rechte der beiden anderen Beklagten abgelöst und auch mit den Klägern ergebnislos wegen Ablösung ihrer Ansprüche verhandelt, wobei er, soweit er nicht schon vorher Kenntnis gehabt haben sollte, über Grund und Höhe dieser Ansprüche genauestens unterrichtet worden sei. Ferner hatten die Kläger behauptet und Beweis dafür angetreten (Nr. 5 des Schriftsatzes vom 12. Oktober 1954 in Verbindung mit Nr. 3 der Klageschrift vom 26. August 1954), daß der Zweitkläger im Sommer 1951 nur deshalb den Antrag, seinen Beitritt zum Zwangsversteigerungsverfahren wegen der Hypothekenrechte und im Rang derselben zuzulassen, zurückgenommen habe, weil ihm dies von dem damaligen Versteigerungsrichter ausdrücklich nahegelegt worden sei; der Richter habe auf dem Standpunkt gestanden, der Zweitkläger sei durch die auf Grund desselben Titels eingetragene Zwangshypothek im vollen Umfang gesichert und könne nicht aus dem Titel auch noch dem Zwangsversteigerungsverfahren beitreten. Zu diesem Sachvortrag hat das Landgericht, entgegen der Ansicht der Revision, Stellung genommen und ausgeführt: Wenn die Beklagten durch die Verhandlungen; die der Drittbeklagte mit den Klägern wegen Ablösung ihrer Rechte geführt habe, genaue Kenntnis von dem Umfange dieser Rechte erlangt hätten, so würden die Kläger dadurch nicht ihrer Anmeldungspflicht enthoben worden (S. 8 des Urteils); ob der Zweitkläger, bevor er seinen Beitrittsantrag wieder zurücknahm, von dem Versteigerungsrichter richtig belehrt worden sei oder nur eine gegebene Belehrung falsch verstanden habe, spiele in dem gegenwärtigen Rechtsstreit keine Rolle und sei übrigens auch im Hinblick auf den klaren Wortlaut des § 866 Abs. 2 ZPO ohne Bedeutung (S. 9 a.a.O.). Gegen diese Ausführungen bestehen in rechtlicher Hinsicht keine Bedenken, und zwar umso weniger, als die Kläger im Zwangsversteigerungsverfahren anwaltlich vertreten waren. Im übrigen bezog sich der – alsbald wieder zurückgenommene – Beitrittsantrag des Zweitklägers vom 28. Juli 1951 – nur auf die erst nach dem Beitritt der Firma Z… eingetragene Hypothek Abt. III Nr. 7, während die Rechte aus der frühere eingetragenen Vormerkung Nr. 6, gegen deren Nichtberücksichtigung der Widerspruch sich jetzt ebenfalls richtet, damals nicht geltend gemacht wurden.
Der Revision kann auch darin nicht beigetreten werden, daß in der Weigerung der Beklagten, mit ihren Rechten bei der Verteilung des Versteigerungserlöses hinter die verspätet angemeldeten Ansprüche der Kläger zurückzutreten, eine unzulässige, Rechtsausübung liege (§ 242 BGB); die Beklagten setzen sich dadurch insbesondere nicht in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise in Widerspruch mit ihrem eigenen früheren Verhalten. Mögen sie bereits vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten von dem Vorhandensein, dem grundbuchmäßigen Rang und dem Umfang der genannten Rechte Kenntnis gehabt haben, so war doch dieser Umstand dafür, daß die Kläger die rechtzeitige Anmeldung unterlassen haben, nicht irgendwie ursächlich. Die bloße Kenntnis allein begründete für die Beklagten, auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben, keineswegs die spätere Verpflichtung, auf die Verbesserung ihrer Rechtslage, die durch die Säumnis der Kläger eingetreten war, zu deren Gunsten wieder zu verzichten. Gerade angesichts der förmlichen und zwingenden Natur des Zwangsversteigerungsrechts – über die sich die Revision selbst nicht im Unklaren ist – kann den Beklagten kein Vorwurf daraus gemacht werden, wenn sie an der einmal erlangten Rechtsstellung festhalten und von ihr Gebrauch machen. Der Rangverlust ist in derartigen Fällen ein endgültiger und gewährt dem dadurch benachteiligten Gläubiger, keinen Bereicherungsanspruch gegen den Begünstigten. Das ist allgemein anerkannt (RGZ 59, 266 [276f]; 67, 380 [383]; 74, 201 [205]; 76, 379 = JW 1911, 781 = DJZ 1911, 1091; RGZ 122, 61 [63]; RG HRR 1928, 2270; Königsberg OLG 3, 335, Posen OLG 9, 140; Jaeckel-Güthe § 110 ZVG Anm. 4 [II am Ende]; Steiner-Riedel § 110 ZVG Anm. 3; Wilhelmi-Vogel § 110 ZVG Anm. 4). Dann kann es aber auch nicht angängig sein, eine „nachträgliche Korrektur im Prozeßwege” (RGZ 67, 383) dadurch herbeizuführen, daß man die infolge unterlassener Anmeldung eingetretene Rangänderung über § 242 BGB doch wieder rückgängig macht. Zum mindesten müßten dafür ganz besondere Umstände vorliegen, die das Verhalten des Begünstigten als sittenwidrig erscheinen lassen; solche Umstände sind aber hier nicht ersichtlich.
6. Die Revision war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 609414 |
JR 1956, 416 |
JZ 1957, 125 |
ZZP 1956, 382 |