Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Juli 1993 aufgehoben
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte und die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, schlossen sich durch Vertrag vom 14. Mai 1979 zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (im folgenden: GbR) zusammen, deren Zweck auf die Errichtung und Veräußerung von Wohnungen im „Bauherren-Modell” gerichtet war. Am 3. Dezember 1980 wurde von dem Konto der GbR für den Beklagten ein Betrag von 200.000,– DM und am 30. Dezember 1980 ein weiterer Betrag von 220.000,– DM an eine „A.straße GbR” in B. überwiesen. Gesellschafter dieser GbR waren der Beklagte und der Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH der Klägerin, R. W..
Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Rückzahlung dieser Beträge nebst 9% Zinsen seit 1. Januar 1981 an die GbR. Sie behauptet, bei den Überweisungen habe es sich um unberechtigte Entnahmen des Beklagten gehandelt. Der Beklagte behauptet, W. selbst habe diese Überweisungen angeregt, der für die GbR bestellte Geschäftsführer We. habe sie veranlaßt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin wurde der Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit seiner Revision verfolgt er die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Das Berufungsurteil beruht auf einer unrichtigen Verteilung der Beweislast.
a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es sei davon auszugehen, daß es sich bei den Überweisungen von insgesamt 420.000,– DM um unberechtigte Entnahmen des Beklagten handele. Dieser habe den ihm obliegenden Beweis nicht geführt, daß die Entnahmen auf einer Vereinbarung mit der Klägerin beruhen. Die Klägerin könne im Wege der actio pro socio Zahlung an die GbR verlangen, auch wenn diese seit längerer Zeit nicht mehr werbend tätig sei.
b) Den Ausführungen des Berufungsgerichts kann nicht entnommen werden, woraus es ableitet, daß den Beklagten die Beweislast für das Einverständnis der Klägerin mit den im Streit befindlichen Überweisungen trifft. Nach den allgemeinen Beweislastregeln ist es zunächst Sache der Klägerin, die rechtlichen Grundlagen darzulegen und nachzuweisen, aus denen sich der von ihr geltend gemachte Anspruch der Gesamthand auf Rückzahlung von 420.000,– DM ergibt. In der Rechtsprechung des Senats ist lediglich anerkannt, daß ein Gesellschafter, der selbständig Entnahmen aus der Gesellschaftskasse getätigt hat, seine Berechtigung hierzu – die sich bei der BGB-Gesellschaft nur aus einer Vereinbarung der Gesellschafter ergeben kann (vgl. Ulmer in Münch. Komm. BGB 2. Aufl. § 721 Rdn. 10) – darzutun und gegebenenfalls zu beweisen hat, weil er sich sonst durch eine solche Eigenmächtigkeit in eine günstigere Beweislage setzen könnte (Urt. v. 11. Januar 1960 – II ZR 69/59, LM § 128 HGB Nr. 7, betreffend eine oHG).
Diese Beweislastregelung setzt jedoch voraus, daß überhaupt eine „Entnahme” durch den Beklagten selbst stattgefunden, d.h. daß er selbständig zu seinen Gunsten über Gesellschaftsmittel verfügt hat.
Ein solches Vorgehen ist im vorliegenden Fall nicht festgestellt. Das Berufungsgericht hat nicht mitgeteilt, daß und warum es die Behauptung des Beklagten für widerlegt erachtet, die streitigen Überweisungen seien durch den Zeugen We., den es als Geschäftsführer der GbR bezeichnet, veranlaßt worden, die Anweisung hierzu sei vom Zeugen Wey. als Beauftragten W.s gekommen. Hierzu hätte um so mehr Anlaß bestanden, als die Zeugen Wey. und We. dies den im Berufungsurteil in Bezug genommenen Vernehmungsniederschriften zufolge bestätigt haben. Für die revisionsgerichtliche Prüfung muß jedenfalls in Ermangelung gegenteiliger Feststellungen von der Darstellung des Beklagten ausgegangen werden. Dann aber fehlt es an einer Eigenmächtigkeit seinerseits, die ihm die Beweislast für die Berechtigung der Entnahmen zuschieben könnte. Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben.
2. Eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits ist dem Senat nicht möglich. Da die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts von seiner unzutreffenden Beurteilung der Beweislast beeinflußt sein können, muß die Gelegenheit zu weiteren tatrichterlichen Feststellungen eröffnet werden. Für den Fall, daß das Berufungsgericht hierbei zu dem Ergebnis gelangt, daß dem Beklagten eine eigenmächtige Verfügung über Gesellschaftsgelder nachgewiesen und der Beweis seiner Berechtigung hierzu von ihm nicht geführt werden kann, weist der Senat vorsorglich darauf hin, daß auch die Ausführungen des angefochtenen Urteils zur Klageberechtigung der Klägerin und zum Zinsanspruch nicht bedenkenfrei sind.
a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die GbR seit längerer Zeit nicht mehr werbend tätig ist, aber gemeint, gleichwohl könne noch nicht von ihrer Auflösung ausgegangen werden, denn sie führe noch Prozesse mit Bauunternehmen, Käufern und Rechtsanwälten. Letzteres stünde indessen einer Auflösung der GbR wegen Zweckerreichung (§ 726 BGB) nicht entgegen; Prozesse der geschilderten Art können durchaus Abwicklungsmaßnahmen im Liquidationsstadium nach §§ 730 ff. BGB darstellen. Befindet sich die GbR aber bereits in der Liquidation, können Schadensersatzansprüche im Wege der actio pro socio nicht mehr geltend gemacht werden, wenn deren Einziehung für die Zwecke der Liquidation nicht erforderlich ist und dem ersatzpflichtigen Gesellschafter selbst unter Berücksichtigung der ihn treffenden Verbindlichkeiten noch ein Auseinandersetzungsguthaben verbleibt (Sen. Urt. v. 30. November 1959 – II ZR 145/58, NJW 1960, 433; Sen. Urt. v. 3. Februar 1977 – II ZR 201/75, WM 1977, 617). Hierzu müßten gegebenenfalls Feststellungen getroffen werden; unter Umständen kommt ein Feststellungsausspruch in Betracht (vgl. Sen. Urt. v. 6. Februar 1984 – II ZR 88/83, NJW 1984, 1455; Sen. Urt. v. 9. März 1992 – II ZR 195/90, NJW 1992, 2757, 2758).
b) Den eingeklagten Anspruch auf 9% Zinsen hat das Berufungsgericht aus einer analogen Anwendung von § 111 HGB abgeleitet. Die GbR sei durch die Erweiterung der Geschäftstätigkeit auf weitere Wohnbauprojekte durch Vereinbarung vom 26. November 1979 derart einer oHG angenähert worden, daß die entsprechende Anwendung geboten erscheine.
Abgesehen davon, daß § 111 Abs. 1 HGB nur einen Zinsanspruch in Höhe von 5% rechtfertigen würde (§ 352 Abs. 2 HGB), begegnet die vom Berufungsgericht gezogene Analogie erheblichen Bedenken. § 111 HGB folgt der kaufmännischen Anschauung, daß Geldschulden vom Tag der Fälligkeit an zu verzinsen sind (Heymann/Emmerich, HGB, § 111 Rdn. 1, vgl. § 353 HGB); seine analoge Anwendung auf Nichtkaufleute ist schon von daher schwer zu rechtfertigen. Vor allem aber ist ein Bedürfnis für eine solche Rechtsfortbildung bisher nicht hervorgetreten; auch der Senat vermag ein solches nicht zu erkennen. Für die Verzinsung eines etwaigen Anspruchs gegen den Beklagten wird daher auf die allgemeinen Vorschriften zurückzugreifen sein.
Fundstellen
Haufe-Index 609356 |
NJW 1994, 2692 |