Leitsatz (amtlich)
Der Schuldbeitritt eines Verbrauchers zu einem Finanzierungsleasingvertrag bedarf entsprechend § 4 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG der Schrift form (Bestätigung von BGH, Urteile vom 12. November 1996 – XI ZR 202/95 = WM 1997, 158 und vom 25. Februar 1997 – XI ZR 49/96 = ZIP 1997, 642).
Eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die nach dem Gesetz der Schriftform bedarf, wird nicht wirksam, wenn sie dem Erklärungsempfänger lediglich per Telefax zugeht.
Normenkette
VerbrKrG §§ 1, 4; BGB §§ 126, 130
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 01.12.1995) |
LG Paderborn (Urteil vom 17.03.1995) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Beklagten zu 2) und 4) werden das Urteil des 33. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 1. Dezember 1995 aufgehoben und das Schlußurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 17. März 1995 geändert. Die gegen die Beklagten zu 2) und 4) gerichtete Klage wird abgewiesen.
Die in erster Instanz bis zum 9. November 1994 angefallenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin einerseits, die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner andererseits je zur Hälfte. Die Beklagten zu 1) und 3) tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, ein Leasingunternehmen, schloß am 5./10. Februar 1992 mit der Firma P. GmbH in Pa. (künftig: Leasingnehmerin) zwei Leasingverträge über Produktionsmaschinen mit einer Laufzeit von jeweils 64 Monaten ab. Die Höhe der monatlichen Leasingraten betrug im einen Fall (künftig: Vertrag A) zunächst 7.980,64 DM (7.000,56 DM zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer, später reduziert auf 6.968,85 DM einschließlich Mehrwertsteuer), im anderen Fall (künftig: Vertrag B) 12.546,24 DM (11.005,47 DM zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer). Gesellschafter und Geschäftsführer der Leasingnehmerin waren die Beklagten zu 1) und 3). Die Beklagte zu 2) ist die Ehefrau des Beklagten zu 1), die Beklagte zu 4) die Ehefrau des Beklagten zu 3). Die Klägerin machte die Auslieferung der beiden Maschinen von der Übernahme der gesamtschuldnerischen Mithaftung der Beklagten für die Verbindlichkeiten der Leasingnehmerin abhängig. Zu diesem Zweck übermittelte sie den Beklagten per Telefax Fernkopien der beiden von ihr und der Leasingnehmerin unterzeichneten Formularverträge, die am unteren Rand des Formulars – unterhalb der den Leasingvertrag betreffenden Unterschriftszeilen – folgende vorgedruckte Erklärung enthalten:
„Hiermit übernehme(n) ich (wir) neben dem Leasingnehmer die gesamtschuldnerische Haftung aus diesem Vertrag unter Anerkennung der vorstehenden und umseitigen Allgemeinen Leasing-Bedingungen gegenüber der H. GmbH, G. (= Klägerin).”
Die Beklagten unterzeichneten diese Erklärung an der dafür vorgesehenen Stelle auf beiden Vertragskopien und übermittelten diese der Klägerin wiederum per Telefax. Die Schriftstücke mit den Originalunterschriften verblieben bei den Beklagten.
Die beiden Maschinen wurden an die Leasingnehmerin ausgeliefert und von ihr in Betrieb genommen. Im Frühjahr 1994 geriet die Leasingnehmerin in Vermögensverfall. Nachdem die Leasingraten für März und April 1994 nicht mehr bezahlt worden waren und über das Vermögen der Leasingnehmerin am 26. April 1994 das Konkursverfahren eröffnet worden war, kündigte die Klägerin beide Leasingverträge mit Schreiben vom 5. Mai 1994 fristlos. Die ihr restlich zustehenden Ansprüche hat sie – abgezinst und vermindert um den Erlös aus der Verwertung der Leasingobjekte – zunächst mit 543.226,40 DM brutto, später mit 461.104,11 DM netto beziffert. In zweiter Instanz ist sie auf den ursprünglich errechneten Betrag zurückgekommen. Mit der Klage nimmt sie die Beklagten aufgrund der von diesen abgegebenen Mithaftungserklärung als Gesamtschuldner auf Zahlung eines Teilbetrages von 205.000 DM nebst Zinsen in Anspruch.
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 3) durch Teilversäumnisurteil vom 9. November 1994, gegen das kein Einspruch eingelegt worden ist, stattgegeben. Mit Schlußurteil vom 17. März 1995 hat es auch die Beklagten zu 2) und 4) antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten zu 2) und 4) ist erfolglos geblieben. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten zu 2) und 4) ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die von der Klägerin erhobene Teilklage sei nicht mangels Bestimmtheit des Klagebegehrens unzulässig, denn dieses sei „zwanglos dahin auszulegen”, daß der eingeklagte Teilbetrag im Verhältnis der beiden aus den Leasingverträgen jeweils noch offenstehenden Forderungen aufzuteilen sei. Danach entfielen von dem eingeklagten Teilbetrag 35,71 % (73.205,50 DM) auf den Vertrag A und 64,29 % (131.794,50 DM) auf den Vertrag B.
Für diesen Teilbetrag hätten auch die Beklagten zu 2) und 4) aufgrund der übernommenen Mithaftung einzustehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Mithaftungserklärung nicht als (formbedürftige) Bürgschaft, sondern als Schuldbeitritt auszulegen. Da der Schuldbeitritt nicht der Schriftform unterliege, könne offenbleiben, ob die Übermittlung von Telefaxkopien unterschriebener Schriftstücke dem Schriftformerfordernis genüge. Die von den Beklagten zu 2) und 4) übernommene Mitverpflichtung sei auch nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Die wirtschaftliche Überforderung der Beklagten zu 2) und 4) allein reiche dafür nicht aus. An weiteren Umständen, die eine Sittenwidrigkeit begründen könnten, fehle es. Die Anfechtung der Schuldbeitrittsverträge sei verspätet erklärt worden und daher unwirksam. Da die Gefahr von Vermögensverschiebungen zwischen den beklagten Eheleuten für die Zukunft nicht ausgeschlossen sei, sei die Mithaftung der Beklagten zu 2) und 4) auch nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage entfallen.
II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Allerdings ist die Klage nunmehr zulässig. Die Klägerin hat auf entsprechenden Hinweis des Senats im einzelnen angegeben, wie sich der eingeklagte Teilbetrag auf die ihm zugrundeliegenden, in ihrer Summe höheren Einzelforderungen aufteilt. Die insoweit gebotene Aufteilung (z.B. Senatsurteil vom 27. November 1996 – VIII ZR 311/95 = NJW-RR 1997, 441 unter II 1 a m.w.Nachw.) kann noch in der Revisionsinstanz nachgeholt werden (BGHZ 11, 192, 195 f).
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Schuldbeitritt der Beklagten aber gemäß §§ 125 Satz 1 BGB, 6 Abs. 1 VerbrKrG formnichtig.
a) Auf den Schuldbeitritt der Beklagten findet das Verbraucherkreditgesetz entsprechende Anwendung (Senatsurteile vom 5. Juni 1996 – VIII ZR 151/95 = BGHZ 133, 71 = WM 1996, 1258 unter II 1 a und vom 10. Juli 1996 – VIII ZR 213/95 = BGHZ 133, 220 = WM 1996, 1781 unter II 2; BGH, Urteil vom 12. November 1996 – XI ZR 202/95 = WM 1997, 158 unter II 2 a). Die Beklagten sind Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 VerbrKrG (dazu Senatsurteil vom 5. Juni 1996 a.a.O. unter II 1 c). Die Finanzierungsleasingverträge, zu denen der Schuldbeitritt erklärt worden ist, sind Kreditverträge im Sinne des § 1 Abs. 2 VerbrKrG (Senatsurteile vom 5. Juni 1996 a.a.O. unter II 1 a und vom 24. April 1996 – VIII ZR 150/95 = WM 1996, 1146 unter II 1). Daß der Leasingnehmerin (Kreditnehmerin) als GmbH die Verbrauchereigenschaft fehlt, steht der entsprechenden Anwendbarkeit des Verbraucherkreditgesetzes auf den Schuldbeitritt der Beklagten nicht entgegen (Senatsurteil vom 5. Juni 1996 a.a.O. unter II 1 c aa).
b) Der Schuldbeitritt der Beklagten bedurfte daher gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG der Schriftform. Diese ist nicht gewahrt.
aa) In seiner ursprünglichen, für den hier zu beurteilenden Zeitraum maßgeblichen Fassung vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I, S. 2840) verlangte § 4 Abs. 1 VerbrKrG für Verträge – um einen solchen handelt es sich bei einer Schuldbeitrittsvereinbarung (vgl. nur BGH., Urteil vom 12. November 1996 – XI ZR 202/95 a.a.O. unter II 2 b; MünchKomm/Möschel, BGB, 3. Aufl., vor § 414 Rdnr. 11; Palandt/Heinrichs, BGB, 56. Aufl., Überblick vor § 414 Rdnr. 2) – die Wahrung der Form des § 126 Abs. 2 BGB (BGH, Urteile vom 12. November 1996 a.a.O. und vom 25. Februar 1997 – XI ZR 49/96 = ZIP 1997, 642 unter 2 b). Danach muß ein Vertrag entweder von allen Beteiligten auf derselben Urkunde oder – im Falle der Aufnahme mehrerer gleichlautender Urkunden über den Vertrag – jeweils auf der für den Gegner bestimmten Urkunde unterzeichnet werden. Weder das eine noch das andere ist hier geschehen. Die in den Vertragsformularen der Klägerin vorgedruckte Mithaftungserklärung ist für beide Leasingverträge jeweils nur von den Beklagten unterzeichnet worden. Unterschriften des Geschäftsführers der Klägerin finden sich jeweils nur am Ende des Leasingvertragstextes über der Mithaftungserklärung. Diese decken jeweils nur den auf beiden Vertragsformularen über den Unterschriften angeordneten Text der Leasingverträge (BGHZ 113, 48; BGH, Urteil vom 13. Oktober 1994 – IX ZR 25/94 = WM 1994, 2233 unter II 2 b). Eine Unterzeichnung auch der Mithaftungserklärung durch die Klägerin ist in den verwendeten Vertragsformularen weder vorgesehen noch erfolgt.
bb) Es fehlt darüber hinaus schon an einem schriftlichen Angebot der Beklagten auf Abschluß einer Schuldbeitrittsvereinbarung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, dem das unbestritten gebliebene Vorbringen der Beklagten zugrunde liegt, sind der Klägerin nur Telefaxkopien der beiden von den Beklagten unterzeichneten Mithaftungserklärungen übermittelt worden, die von den Beklagten unterzeichneten Originalurkunden dagegen in deren Besitz geblieben. Es fehlt mithin am Zugang eines formwirksamen, nämlich schriftlichen Angebots der Beklagten auf Abschluß der von der Klägerin geforderten Schuldbeitrittsverträge. Die Beklagten haben durch die Unterzeichnung der ihnen per Telefax übermittelten Formularerklärungen zwar entsprechende schriftliche Angebotserklärungen abgegeben; diese sind indessen nicht wirksam geworden (§ 130 Abs. 1 BGB), denn sie sind der Klägerin nicht in der erforderlichen Schriftform zugegangen (vgl. dazu Senatsurteil vom 30. Mai 1962 – VIII ZR 173/61 = NJW 1962, 1388 unter II 2; Soergel/Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 126 Rdnr. 21; MünchKomm/Förschier, BGB, 3. Aufl., § 126 Rdnr. 16; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 126 Rdnr. 6 f; Palandt/Heinrichs, a.a.O. § 126 Rdnr. 11 m.w.Nachw.). Die Übermittlung einer Telefaxkopie der im Original, der Kopiervorlage, unterzeichneten Urkunde reicht nicht aus (BGHZ 121, 224, 228 ff für die Bürgschaft; allgemein Palandt/Heinrichs, a.a.O. § 126 Rdnr. 11; MünchKomm/Förschier, a.a.O. 22, jew. m.w.Nachw.; Erman/Brox, BGB, 9. Aufl., § 126 Rdnr. 11; zu § 4 VerbrKrG: MünchKomm/Ulmer, BGB, 3. Aufl., § 4 VerbrKrG Rdnr. 12; wohl auch von Rottenburg in: Graf von Westphalen/Emmerich/von Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 4 Rdnr. 29).
c) Der Formmangel der Schuldbeitrittsvereinbarungen ist nicht dadurch nach § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG geheilt worden, daß die Klägerin der Leasingnehmerin die Leasingobjekte zur Verfügung gestellt hat (vgl. BGH, Urteile vom 12. November 1996 a.a.O. unter II 2 c und vom 25. Februar 1997 aaO). Den Beklagten zu 2) und 4) sind durch die Überlassung der Leasingobjekte an die GmbH allenfalls mittelbare Vorteile entstanden, die einem Empfang des Darlehens oder einer Inanspruchnahme des Kredits nicht gleichgestellt werden können (BGH, Urteil vom 12. November 1996 aaO).
d) Die Beklagten müssen sich schließlich auch nicht nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als wäre ihr Schuldbeitritt formwirksam. Ein Mangel der durch Gesetz vorgeschriebenen Form kann nur ausnahmsweise wegen unzulässiger Rechtsausübung unbeachtlich sein (BGHZ 121, 224, 233 m.w.Nachw.; allgemein Palandt/Heinrichs, a.a.O. § 125 Rdnrn. 16 ff). Ein solcher Ausnahmefall kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorliegen, wenn eine Partei sich unter Berufung auf den Formmangel ihrer Verpflichtung entziehen will, obwohl sie längere Zeit aus dem nichtigen Vertrag Vorteile gezogen hat (BGHZ 121 aaO). Dabei kommt auch ein mittelbarer Vorteil, den ein Gesellschafter durch Leistung an die Gesellschaft erlangt hat, als Anknüpfungspunkt für treuwidriges Verhalten in Betracht (BGHZ 121, 224, 234 m.w.Nachw.). Diese Voraussetzungen sind indessen hinsichtlich der Beklagten zu 2) und 4) nicht erfüllt, denn Gesellschafter der Leasingnehmerin waren allein die Beklagten zu 1) und 3). Daß den Beklagten zu 2) und 4) als Ehefrauen der Gesellschafter die mittelbaren Vorteile zugute kamen, die die Ehemänner als Gesellschafter aus der Nutzung der Leasingobjekte ziehen konnten, rechtfertigt es nicht, auch den Ehefrauen die Berufung auf den Formmangel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu versagen. Hinzu kommt, daß die Beklagten zu 2) und 4) auch aufgrund eines als formwirksam behandelten Schuldbeitritts ohnedies nicht in Anspruch genommen werden könnten, solange sie Vermögen nicht erworben haben und die eheliche Lebensgemeinschaft fortbesteht (BGH, Urteile vom 23. Januar 1997 – IX ZR 55/96 = WM 1997, 465 unter III 1 und IX ZR 69/96 = WM 1997, 467 unter III 2). Im wirtschaftlichen Ergebnis verliert die Klägerin als Folge der Formnichtigkeit des Schuldbeitritts der Beklagten – die Erfolglosigkeit der sonstigen Rügen der Revision gegen die Wirksamkeit des Beitritts unterstellt – lediglich die ungewisse Aussicht, die Beklagten zu 2) und 4) im Falle einer möglichen künftigen Verbesserung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse für die Verbindlichkeiten der in Konkurs gefallenen Leasingnehmerin in Anspruch nehmen zu können.
III. Das Berufungsurteil kann nach alledem keinen Bestand haben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da diese zur Endentscheidung reif ist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Da die Klage, soweit sie sich gegen die Beklagten zu 2) und 4) richtet, unbegründet ist, war sie unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung abzuweisen.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Paulusch, Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Ball
Fundstellen
Haufe-Index 1127388 |
NJW 1997, 3169 |
Nachschlagewerk BGH |
WuB 1998, 21 |
ZIP 1997, 1694 |
ZMR 1998, 75 |
MDR 1997, 1006 |
NJW-CoR 1998, 180 |
ZBB 1997, 385 |