Verfahrensgang
LG Paderborn (Urteil vom 14.04.2005) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 14. April 2005 wird verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat festgestelt:
Der zur Tatzeit 21jährige, bisher geringfügig vorgeahndete Angeklagte war in der Tatnacht im November unter anderem mit dem früheren Mitangeklagten D. in P. unterwegs. Er war „sehr verärgert und aggressiv”, nachdem er seinen „Rivalen”, den er hatte zur Rede stellen wollen, nicht angetroffen hatte. In dieser Stimmung trafen sie nach Mitternacht auf den Zeugen H. Der alkoholisierte Angeklagte (BAK um 2:38 Uhr 1,07 ‰) verfiel spontan auf die Idee, H. zu überfallen, und ließ sich zu diesem Zweck von D. dessen Butter-flymesser geben. „Dabei kam es ihnen nicht in erster Linie darauf an, bei dem Zeugen H. eine große Beute zu erzielen. Sie wollten ihm hauptsächlich Angst einjagen und den Tag verderben”. Als der Angeklagte von H. unter Vorhalt des Messers dessen Geld forderte, sprang dieser aus Angst in das knietiefe Wasser der Pa.. Der Angeklagte warf daraufhin das Messer zu Boden, das D. aber wieder an sich nahm. Beide umkreisten sodann den Geschädigten. Der Angeklagte forderte ihn nunmehr auf, „ihm seine Jacke oder irgendetwas zu geben”, worauf der Geschädigte ihm seine geringwertige Uhr zuwarf, die der Angeklagte einsteckte. Danach liefen der Angeklagte und D. weg, kehrten jedoch zurück, um dem Geschädigten dessen Mobiltelefon abzunehmen. Sie wollten verhindern, daß der Geschädigte die Polizei ruft, die aber bereits durch einen Anwohner verständigt war und beide Täter festnehmen konnte.
2. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Auch der Strafausspruch hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Das Landgericht hat zunächst rechtsfehlerfrei das Vorliegen der Voraussetzungen eines minder schweren Falles des § 250 Abs. 3 StGB bejaht und dafür die Spontantat, die geringe Beuteerwartung und die enthemmende Alkoholbeeinflussung bei dem Angeklagten herangezogen. Sodann hat es innerhalb des damit eröffneten Strafrahmens von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bei der konkreten Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten sein bereits im Ermittlungsverfahren von Anfang an umfassendes Geständnis, den Umstand, dass er das bei der Tat zunächst zur Bedrohung des Geschädigten eingesetzte Messer bereits weggeworfen hatte, bevor er weiter auf den Geschädigten eindrang und schließlich dessen geringwertige Uhr erlangte, ferner erneut seine durch vorherigen Alkoholgenuss deutliche herabgesetzte Hemmschwelle, seine zur Tatzeit verärgerte und aggressive Stimmung, den bisherigen Vollzug der Untersuchungshaft sowie seine geringfügige strafrechtliche Belastung herangezogen.
b) Strafschärfende Gründe führt das Urteil demgegenüber nicht auf. Dies beanstandet die Revision an sich zu Recht (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 Begründung 23).
Gleichwohl gefährdet dies den Bestand des Urteils hier nicht, weil der Senat ausschließen kann, dass der Strafausspruch auf diesem Darlegungsmangel beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Denn dem Gesamtzusammenhang des Urteils sind hinreichende erschwerende Umstände zu entnehmen, die für sich die Höhe der erkannten Freiheitsstrafe tragen (vgl. Senatsbeschluss vom 5. Januar 2005 – 4 StR 518/04):
- der Überfall geschah nachts und in einer Situation, in der das Opfer den Tätern schutzlos ausgeliefert war;
- die Tat richtete sich gegen ein völlig unbeteiligtes „Zufallsopfer”, das nicht im Entferntesten im Zusammenhang mit dem Anlass für die verärgerte und aggressive Stimmung des Angeklagten stand; in diesem Zusammenhang bestehen auch rechtliche Bedenken, ob mit dem Landgericht darin, dass der Angeklagte „zur Tatzeit sehr verärgert und aggressiv” war, überhaupt ein strafmildernder Gesichtspunkt zu erblicken ist;
- der Angeklagte hat den jüngeren früheren Mitangeklagten in die Tatbegehung verstrickt;
- der Angeklagte hat bei der Tat nicht nur ein Butterflymesser bei sich geführt, sondern er hat es auch als Drohmittel gegen das Opfer verwendet; das durfte – unbeschadet der Erfüllung des qualifizierten Tatbestandes des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB – innerhalb des Strafrahmens des minder schweren Falls strafschärfend gewertet werden (vgl. BGHR StGB § 250 Abs. 3 Strafrahmenwahl 1);
- auch wenn dem Angeklagten zutreffend zugute gehalten wurde, dass es sich um eine Spontantat handelte, so erhält die Tat ihr besonderes Gewicht durch die Dauer und Intensität, mit der die Täter gegen den Geschädigten vorgingen.
c) Im Übrigen könnte die Revision zum Strafausspruch auch mit Blick auf die durch das erste Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl I 2198, 2203) eingeführte Vorschrift des § 354 Abs. 1 a StPO keinen Erfolg haben. Der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift die bereits durch § 337 Abs. 1 StPO vorgegebene Möglichkeit, von der Aufhebung eines Urteils im Strafausspruch bei fehlendem Beruhen abzusehen, „behutsam erweitert”, indem das Revisionsgericht auch dann von einer Aufhebung absehen kann, wenn die verhängte Rechtsfolge nach seiner Meinung angemessen ist (BTDrucks. 15/3482 S. 21/22; vgl. krit. Venzke NStZ 2005, 461 f.). Eben dies ist nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten, sich aus dem angefochtenen Urteil ergebenden strafschärfenden Gesichtspunkte der Fall. Die verhängte Strafe entfernt sich nicht von der Funktion eines gerechten Schuldausgleichs.
Damit hat es bei dem angefochtenen Urteil sein Bewenden.
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Athing, Solin-Stojanović, Sost-Scheible
Fundstellen