Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. August 1972 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft, ist Volkswagenvertragshändlerin. Der Beklagte ist Vertragshändler der Autounion und betreut gleichzeitig eine Vertragswerkstatt. Infolge Liquiditätsschwierigkeiten im Jahre 1965 wandte er sich zwecks Aufnahme von Darlehen an die Klägerin, die ihm in der Zeit vom 31. August bis 28. Oktober 1965 insgesamt 69.937 DM gewährte.
Am 22. Dezember 1965 schlossen die Parteien hierüber einen Darlehensvertrag. Gleichzeitig machten der Beklagte und seine Ehefrau der Klägerin ein bis zum 31. Dezember 1972 bindendes – notariell beurkundetes – Angebot zum Abschluß eines Vertrages über die Gründung einer Kommanditgesellschaft zur Fortführung des Unternehmens des Beklagten.
Dieser sollte persönlich haftender Gesellschafter, seine Ehefrau und die Klägerin Kommanditisten werden. Nach §§ 1 und 1 a des Vertragsangebots sollten der Beklagte sein Unternehmen als Sacheinlage mit den Bilanzwerten und seine Ehefrau ihre von dem Unternehmen genutzten Grundstücke zu dem im Zeitpunkt der Annahme des Angebots zu ermittelnden Verkehrswert einbringen. Die Klägerin sollte berechtigt sein, mit einer – bar zu entrichtenden – Kommanditeinlage bis zu 70% des Gesamtkapitals der Gesellschaft in diese einzutreten.
Durch notariell beurkundete Erklärung vom 28. April 1969 nahm die Klägerin dieses Angebot an. Sie macht nunmehr die in dem Gesellschaftsvertrag festgelegten Rechte geltend. Der Beklagte wendet ein, der Gesellschaftsvertrag sei sittenwidrig und deshalb nichtig; das Verlangender Klägerin sei außerdem deshalb unbegründet, weil die Annahmeerklärung eine unzulässige Rechtsausübung darstelle.
Landgericht und Oberlandesgericht haben auf den Antrag der Klägerin festgestellt, daß mit der Annahme des Angebots des Beklagten vom 22. Dezember 1965 durch die Klägerin am 28. April 1969 ein wirksamer Vertrag zustandegekommen ist.
Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klagabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I.
Sie erhebt zunächst die Rüge, das Berufungsgericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen; Oberlandesgerichtsrat Dr. H… habe an der mündlichen Verhandlung vom 16. August 1972 und der Urteilsfindung nicht mitwirken dürfen, weil über ein wegen Besorgnis der Befangenheit gestelltes Ablehnungsgesuch des Beklagten nicht wirksam entschieden worden sei. Dieser Angriff geht fehl
1. Soweit die Revision geltend macht, der das Ablehnungsgesuch zurückweisende Beschluß vom 22. März 1972 sei nicht wirksam geworden, weil er von dem abgelehnten Richter mitgeteilt und deshalb weder wirksam verkündet noch zugestellt worden sei, scheitert sie an der Vorschrift des § 329 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
a) Danach können Beschlüsse, die – wie hier – in zulässiger Weise ohne mündliche Verhandlung ergangen sind (§ 46 Abs. 1 ZPO), den Parteien grundsätzlich formlos mitgeteilt werden. Eine Ausnahme wäre nur dann zu machen, wenn die Entscheidung der sofortigen Beschwerde unterläge. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn § 46 Abs. 2 ZPO, wonach ein das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärender Beschluß mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist, kommt nicht zum Zuge, weil es sich um die Entscheidung eines Oberlandesgerichts handelt, gegen die nach § 567Abs. 3 ZPO eine Beschwerde nicht zulässig ist. Eine mit der sofortigen Beschwerde nicht anfechtbare Entscheidung im Sinne des § 329 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist auch dann gegeben, wenn sie an sich mit diesem Rechtsmittel anfechtbar wäre, dieses aber im Einzelfalle wegen der Vorschrift des § 567 Abs. 3 ZPO ausscheidet. Die Zustellung soll bei Beschlüssen, die nur innerhalb einer bestimmten Frist anfechtbar sind, den Zugang der Entscheidung und den sicheren Nachweis eines etwaigen Ablaufs der Rechtsmittelfrist gewährleisten. Hierfür besteht aber nur ein Bedürfnis, wenn gegen die betreffende Entscheidung im konkreten Falle ein befristetes Rechtsmittel möglich ist.
b) Als formlose Mitteilung genügte es, daß der abgelehnte Richter den vom Senat – in seiner Abwesenheit – gefaßten Beschluß im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 22. März 1972 den Parteien und ihren Prozeßbevollmächtigten mitgeteilt hat.
§ 329 Abs. 3 Satz 2 ZPO schreibt nicht vor, daß eine formlose Mitteilung nur dann wirksam ist, wenn sie von bestimmten Personen, insbesondere – wie die Revision im anderen Zusammenhange meint – vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder vom erkennenden Gericht oder seinem Vorsitzenden vorgenommen wird. Da der Gesetzgeber sich entschlossen hat, von dem Erfordernis der förmlichen Zustellung abzugehen und eine formlose Mitteilung zuzulassen, muß es ausreichen, daß der Inhalt der Entscheidung auf Veranlassung des erkennenden Gerichts und seines Vorsitzenden von einem an der Entscheidung nicht beteiligten Richter dem Empfänger der Mitteilung zur Kenntnis gegeben wird (vgl. hierzu BGHZ 14, 148). Aus dem Umstand, daß dieser Richter im vorliegenden Falle wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und ein abgelehnter Richter nach § 47 ZPO vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vornehmen darf, die keinen Aufschub gestatten, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Denn diese Vorschrift bezieht sich nur auf richterliche Tätigkeiten, bei denen sich eine Befangenheit nachteilig auswirken könnte. Wird der Richter – wie hier – nur als Übermittler eines vom erkennenden Gericht gefaßten Beschlusses tätig und nimmt er auch nicht, wie der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle im Falle der Zustellung (vgl. § 49 ZPO), eine förmlich beurkundende Aufgabe wahr, so treten die in § 47 ZPO bestimmten Vorwirkungen eines Ablehnungsgesuchs nicht ein.
c) Unbegründet ist ferner der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand der Revision, die Anlage zum Protokoll vom 22. März 1972 (GA II 239) lasse nicht erkennen, wer den verkündeten Beschluß gefaßt habe (§ 160 Abs. 2 Nr. 5, 6, Abs. 3 ZPO). Diese für die mündliche Verhandlung geltenden Protokollierungsvorschriften greifen im vorliegenden Falle nicht ein, weil es sich nicht um einen in mündlicher Verhandlungen zu verkündenden Beschluß handelt. Der Beschluß des Senats (GA 242) wurde vielmehr nur anläßlich einer anderweiten mündlichen Verhandlung formlos mitgeteilt; er wäre selbst dann wirksam geworden, wenn diese Mitteilung in der Niederschrift überhaupt nicht vermerkt worden wäre (vgl. BGHZ 14, 148, 152 f.); denn daß der Inhalt der Entscheidung den Parteien tatsächlich zur Kenntnis gegeben wurde, ist unstreitig.
Die Revision kann weiterhin keinen Erfolg haben, soweit sie rügt, bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch des Beklagten habe ein nach der Geschäftsverteilung nicht zuständiger Richter mitgewirkt; die Unterschrift des Richters, der neben Senatspräsident … H… und Oberlandesgerichtsrat L… an dem Beschluß vom 22. März 1972 mitgewirkt habe, stamme nicht von dem Vertreter des abgelehnten Richters.
a) Bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch hat als dritter Richter Oberlandesgerichtsrat L… mitgewirkt, der Mitglied des 22. Zivilsenats war. Dem erkennenden 8. Zivilsenat gehörten außer den beiden weiteren bei der Entscheidung mitwirkenden Richtern und dem abgelehnten Richter Oberlandesgerichtsrat S… an, der vom 21. März bis 11. April 1972 beurlaubt war. Nach der Geschäftsverteilung beim Berufungsgericht waren in erster Linie die Beisitzer des 22. Zivilsenats zur Vertretung des 8. Zivilsenats berufen, und zwar in der Weise, daß der Dienstjüngere dem Dienstälteren vorging. Dem Oberlandesgerichtsrat Lo… gingen danach drei dienstjüngere Richter – die Oberlandesgerichtsräte M… und R… sowie Landgerichtsrat K… – vor. Der vorsitzende Richter, Senatspräsident … H…, hat hierzu mitgeteilt, daß Oberlandesgerichtsrat Lo… hinzugezogen worden sei, weil die angeführten drei dienstjüngeren Richter nicht zu erreichen gewesen seien.
b) Danach war der 8. Zivilsenat bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ordnungsgemäß besetzt. Der Revision kann nicht gefolgt werden, wenn sie meint, die Erklärung, daß die drei dienstjüngeren Richter „nicht zu erreichen gewesen” seien, genüge nicht; die nicht näher erläuterte Abwesenheit im Dienstgebäude zur Zeit der Beschlußfassung sei kein „Verhinderungsfall”. Ist ein nach der Geschäftsverteilung zuständiger Richter nicht erreichbar, so ist er jedenfalls dann an der Mitwirkung verhindert, wenn die betreffende Entscheidung – wie hier – alsbald ergeht.
3. Daß nach § 548 ZPO dem Revisionsgericht eine sachliche Nachprüfung der Frage verwehrt ist, die Gegenstand des weiteren Angriffs der Revision ist, das Berufungsgericht habe zu Unrecht eine Befangenheit des Berichterstatters verneint, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urt. v. 8.1.64 – VIII ZR 123/62, LM ZPO § 46 Nr. 1 m.w.N.).
II.
In sachlicher Hinsicht streiten die Parteien in erster Linie darüber, ob der Gesellschaftsvertrag, der mit der Annahmeerklärung der Klägerin vom 28. April 1969 zustande gekommen ist, nach § 138 BGB nichtig ist. Das Berufungsgericht hat die Nichtigkeit verneint. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision sind im Ergebnis nicht begründet.
1. Eine Nichtigkeit nach § 138 Abs. 2 BGB kann nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schon deshalb nicht angenommen werden, weil nicht dargetan ist, die Klägerin habe den Leichtsinn, die Unerfahrenheit oder eine Notlage des Beklagten ausgebeutet. Die Revision wendet sich insoweit nur dagegen, daß das Berufungsgericht eine Notlage des Beklagten nicht als gegeben erachtet hat. Sie vermag insoweit aber keinen Rechtsfehler aufzuzeigen, insbesondere nicht die Darlegungen des Berufungsgerichts auszuräumen, daß der Beklagte selbst die Annahme einer solchen Situation durch sein Vorbringen in Frage gestellt habe, er habe die Gelder, welche die Klägerin ihm zur Verfügung gestellt habe, auch anderweitig beschaffen können.
2. Unabhängig hiervon ist ein Rechtsgeschäft nach138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig, wenn ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und der begünstigte Teil aus verwerflicher Gewinnung gehandelt hat oder andere Umstände hinzukommen, die das Geschäft als dem Anstandsgefühl zuwiderlaufend erscheinen lassen (BGH, Urt. v. 16.6.71 – KZR 11/70, LM BGB § 138 [Cc] Nr. 4). Zutreffend hat das Berufungsgericht auch diese Voraussetzungen nicht für gegeben erachtet.
a) Zu Unrecht meint die Revision, ein auffälliges Mißverhältnis im Sinne des § 138 BGB sei schon deshalb anzunehmen, weil nach den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht davon ausgegangen werden könne, daß die Klägerin für ihre Aufnahme als Mehrheitsgesellschafterin eine Gegenleistung zu erbringen habe. Sie übersieht hierbei, daß die Klägerin nach § 1 a des Gesellschaftsvertrages verpflichtet ist, 70% des Gesamtkapitals als Kommanditeinlage „bar zu entrichten”.
Rechtliche Bedenken bestehen insofern jedoch deshalb, weil nach § 1 des Gesellschaftsvertrages bei der Ermittlung des Gesamtkapitals der neu zu gründenden Gesellschaft – nach dem sich die Höhe der Bareinlage der Klägerin richtet – das von dem Beklagten einzubringende Unternehmen nur mit demBilanzwert angesetzt werden soll. Dem Beklagten ist es dadurch insbesondere verwehrt, die Berücksichtigung der stillen Reserven, des mit seinem Unternehmen verbundenen Firmenwerts und der künftigen Chancen zu verlangen.
Die Gesellschafter haben bei der Bewertung ihrer Einlagen grundsätzlich freie Hand (BGHZ 17, 130, 134); die Grenzen, die § 138 BGB der Vertragsfreiheit insoweit setzt, sind nicht schon dann überschritten, wenn die Einlage niedriger als der objektive Verkehrswert bewertet wird. Der vorliegende Fall weist jedoch die Besonderheit auf, daß die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung in die Zukunft gerichtet ist und der Beklagte sich für sieben Jahre gebunden hat, sein Unternehmen zu diesen Bedingungen einzubringen. Für einen derart langen Zeitraum läßt sich aber die Entwicklung der stillen Reserven des Geschäftswerts und der in dieser Zeit entstehenden Aussichten auch nicht annähernd übersehen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann zugunsten der Klägerin auch nicht berücksichtigt. werden, daß der Beklagte rechtliche in der Lage war, die wirtschaftlich nachteiligen Folgen dieser Abrede dadurch zu vermeiden, daß er die künftig entstehenden Reserven von vornherein offen in der Bilanz auswies. Hierbei wird verkannt, daß dies in vielen Fällen aus steuerlichen Gründen nicht zumutbar erscheint.
Die Revision kann aber auch unter diesem Gesichtspunkt im Ergebnis keinen Erfolg haben, weil aus der Nichtigkeit dieser Bewertungsvorschrift keine Nichtigkeit des Gesamtvertrages folgt. Wie das Berufungsgericht im anderen Zusammenhange unangefochten festgestellt ha, legt § 17 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich fest, daß die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen des Vertrages die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt.
b) Die Revision versucht, ein auffälliges Mißverhältnis auch mit der Begründung darzutun, die Klägerin habe einerseits für die Hingabe des Darlehens 9% Zinsen und ausreichende Sicherheiten erhalten, andererseits aber durch den Gesellschaftsvertrag selbst eine nahezu unbegrenzte Machtfülle erlangt; sie bezieht sich insoweit auf die Klausel des § 4 – die Mehrheitsbeschlüsse zuläßt und bestimmt, daß je 5.000 DM Kapitaleinlage eine Stimme gewähren – in Verbindung mit den §§ 5, 8, 10, 12, und 15 des Gesellschaftsvertrages, die folgenden Wortlaut haben:
„§ 5
Alle über die Einlage auf den Kapitalkonten hinausgehenden Guthaben werden auf Kapitalsonderkonten übertragen. Eine Erhöhung der Kapitalkonten – auch durch Umschreibung von Kapitalsonderkonten – ist nur mit 2/3-Mehrheit zulässig.
§ 8
Der jährliche Gewinn oder Verlust wird nach Verzinsung der Kapitalsonderkonten und nach Abzug der für die tätigen Gesellschafter oder ihre Vertreter zu zahlenden Vergütungen nach dem Verhältnis der Kapitalkonten zum Gesamtkapital der Firma verteilt.
Über die Ausschüttung des Jahresgewinns und Entnahmen des im Vorjahr nicht entnommenen Gewinns beschließen die Gesellschafter mit 2/3-Mehrheit.
§ 10
Die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft obliegt dem persönlich haftenden Gesellschafter. Dieser ist verpflichtet, seine ganze Arbeitskraft voll in den Dienst der Gesellschaft zu stellen und ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter keine Nebentätigkeit auszuüben.
Er ist jedoch über § 164 HGB hinaus bei folgenden Geschäften an die Zustimmung der übrigen Gesellschafter gebunden:
- bei Grundstücksankauf und Verkauf, Grundstücksbelastungen und Verpfändungen aller Art, sowie An- und Vermietung oder An- und Verpachtungen,
- bei Bestellung eines Prokuristen bzw. Bevollmächtigten, oder bei Anstellung von Angestellten mit einem Gehalt ab DM 1.000,– brutto monatlich,
- bei der Annahme und Ausstellung von Wechseln,
- bei Ankauf oder Inzahlungnahme von Gebrauchtwagen, wenn der Gebrauchtwagenbestand DM 30.000,– übersteigt,
- bei Bestellung von Neufahrzeugen, soweit diese nicht bereits an Kunden verkauft sind und ein Lagerwert der Neufahrzeuge DM 30.000.– durch die Lieferung überschreiten würde,
- der geschäftsführende Gesellschafter hat monatlich den übrigen Gesellschaftern oder ihrem Vertreter über den laufenden Geschäftsgang zu berichten und insbesondere darauf hinzuwirken, daß jeweils monatlich eine Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung zu diesem Zweck erstellt wird,
- soweit Geschäfte den normalen Geschäftsbetrieb überschreiten oder besondere Risiken enthalten, ist der geschäftsführende Gesellschafter verpflichtet, zuvor die Zustimmung der Mehrheit der übrigen Gesellschafter einzuholen.
§ 12
Der geschäftsführende Gesellschafter ist verpflichtet, den übrigen Gesellschaftern oder ihrem Vertreter Auskunft über den laufenden Geschäftsbetrieb zu erteilen und ihnen die Einsicht in sämtliche Unterlagen der Gesellschaft zu gestatten.
Soweit die Mehrheit der Gesellschafter einzelnen Geschäften widerspricht, ist er verpflichtet, solche Geschäfte zu unterlassen.
§ 15
Im Fall der Kündigung oder sonstigen Auflösung der Gesellschaft ist das auszuzahlende Auseinandersetzungsguthaben des oder der ausgeschiedenen Gesellschafter durch eine auf den Tag des Ausscheidens aufzustellende Auseinandersetzungsbilanz festzustellen. In dieser Bilanz sind die Grundstücke und Gebäude mit ihrem Einheitswert, die im Bau befindlichen Anlagen zum Buchwert, die Maschinen zum Vermögenswert und das Umlaufvermögen zum tatsächlichen Wert einzusetzen. Eine Bewertung der Firma oder des Kundenkreises erfolgt in der Auseinandersetzungsbilanz nicht …”
Bei der Würdigung dieser Vertragsklauseln ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin nicht nur eine 70%ige Beteiligung am Gesellschaftsvermögen erlangen, sondern in diesem Umfange auch am Verlust der Gesellschaft teilnehmen soll. Sie ging damit ein erhebliches Risiko ein, gleichgültig ob man für die Beurteilung den Zeitpunkt des Vertragsangebots oder den der Vertragsannahme als maßgeblich erachtet. Das Unternehmen des Beklagten hat sich zwar bis zur Annahmeerklärung der Klägerin günstig entwickelt. Aber auch bei Abgabe der Annahmeerklärung war es – wie das Geschehen in der Vergangenheit gezeigt hat – bei einem Unternehmen der vorliegenden Art keineswegs sicher, daß die Geschäfte weiterhin einen erfolgreichen Verlauf nehmen würden. Bei ungünstiger Entwicklung mußte sie damit rechnen, aus ihrer Einlage nicht nur keine Rendite zu erwirtschaften, diese vielmehr völlig zu verlieren. Es ist zwar richtig, daß der Beklagte für die Geschäftsschulden unbeschränkt haftet, die Klägerin aber nur bis zum Betrag ihrer Einlage. Dieser könnte sich jedoch, wenn und soweit er persönlich in Anspruch genommen würde, am Gesellschaftsvermögen schadlos halten. Im Verhältnis der Parteien untereinander kommt eine persönliche Belastung des Beklagten mit Geschäftsschulden – über die Verlustbeteiligung hinaus – erst in Betracht, wenn die Einlage der Klägerin durch Verluste aufgezehrt ist.
Dem Berufungsgericht ist deshalb kein Rechtsfehler vorzuwerfen, wenn es mit Rücksicht auf dieses Risiko der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB als zulässig erachtet hat, daß der Klägerin das Recht eingeräumt worden ist, in allen wesentlichen Fragen der Geschäftsführung Einfluß zu nehmen und Auskunft über den laufenden Geschäftsbetrieb zu verlangen (§§ 10, 12). Es hat in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt, daß das Übergewicht der Klägerin in der Gesellschafterversammlung dadurch weitgehend ausgeglichen wird, daß der Beklagte alleiniger geschäftsführender und vertretungsberechtigter Gesellschafter ist.
Daß im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters in die zu erstellende Abschichtungsbilanz die Aktiva der Gesellschaft in Abweichung von § 738 Abs. 1 Satz 2 nicht mit ihren wahren Werten einzusetzen sind und der Firmenwert nicht berücksichtigt werden darf, kann mit dem Berufungsgericht schon deshalb nicht als unangemessen angesehen werden, weil von dieser Bestimmung beide Parteien in gleicher Weise betroffen werden und nicht abzusehen ist, zu wessen Nachteil sie sich einmal auswirkt. Durch § 8 erlangt die Klägerin allerdings die Möglichkeit, im Rahmen der Gesellschafterversammlung einseitig zu bestimmen, ob und in welcher Höhe die Ausschüttung des Jahresgewinnes und Entnahmen des im Vorjahr nicht entnommenen Gewinnes zulässig sind. Diese Regelung erscheint jedoch deshalb unbedenklich, weil der Beklagte durch den allgemeinen Grundsatz geschützt ist, wonach ein Gesellschafterbeschluß, der dadurch zustande kommt, daß die Mehrheit ihre Machtstellung zum Nachteil der Minderheit mißbraucht, wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist (vgl. Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 16). Darüber hinaus kommt ihm auch die Bestimmung des § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages zugute, die der Gesellschaftermehrheit nur die Befugnis gibt, über den Gewinn zu beschließen, der nach Abzug der Vergütungen verbleibt, die an die „tätigen Gesellschafter” zu zahlend sind, d. h. in erster Linie an den Beklagten, der nach § 7 ein „angemessenes Gehalt” zu beanspruchen hat, das „vorweg über Kosten zu. verbuchen ist”
Soweit sich die Revision gegen die Bestimmung des § 5 wendet, kann ihrer – mit dem Berufungsgericht allerdings übereinstimmenden – Auffassung nicht gefolgt werden, diese Vorschrift gebe die Befugnis, durch Mehrheitsbeschluß die Kapitalanteile zu erhöhen, und versetze so die Klägerin in die Lage, die Beteiligungsverhältnisse einseitig zu Ungunsten des Beklagten zu verschieben. Denn im Hinblick auf den das Gesellschaftsrecht beherrschenden und im vorliegenden Fall eingreifenden Grundsatz der Gleichbehandlung – eine Abweichung hiervon läßt der Gesellschaftsvertrag nicht zu – kann das Recht zur Erhöhung der Kapitalanteile durch Mehrheitsbeschluß nur allen Gesellschaftern in gleicher Weise – und nicht etwa der Klägerin allein – zuerkannt werden. Dadurch ist zwar nicht ausgeschlossen, daß die Klägerin dennoch ihr Kapitalkonto stärker erhöht als der Beklagte; das könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn der Beklagte von einem Gesellschafterbeschluß, der eine Erhöhung des Kapitalkontos für zulässig erklärt, aus wirtschaftlichen Gründen keinen Gebrauch machen kann. Diese Gefahr besteht jedoch nur in sehr eingeschränktem Umfange. Da ein derartiger Beschluß die Grundlagen der Gesellschaft betrifft und sich als Änderung des Gesellschaftsvertrages darstellt, müßte sich seine Zulässigkeit zweifelsfrei aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben (vgl. BGHZ 8, 35, 41 f.). Dies trifft hier nur für Mehrheitsbeschlüsse zu, die eine Erhöhung der Kapitalkonten dahin zulassen, daß Guthaben, die auf dem bestehen Kapitalsonderkonto bestehen, umgebucht werden (§ 5 des Gesellschaftsvertrages). Etwaige insoweit noch verbleibende Bedenken sind nicht derart schwerwiegend, daß sie – insbesondere angesichts der vorstehend erörterten Bestimmung des § 17 Abs. 1 – den Bestand des Gesamtvertrages gefährden könnten.
3. Das Zustandekommen des Gesellschaftsvertrages kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, das Vertragsangebot des Beklagten sei deshalb als nichtig anzusehen, weil sich seine Bindungswirkung auf einen Zeitraum von sieben Jahren erstreckt habe.
Ein langfristig bindendes Angebot zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages mag im allgemeinen zwar selbst denn als bedenklich erscheinen, wenn der Inhalt des abzuschließenden Vertrages nicht zu beanstanden ist. Für eine solche Annahme ist jedoch dann kein Raum, wenn für diese Bindung – wie im vorliegenden Falle – besondere Gründe gegeben sind: Das Besondere ist hier darin zu sehen, daß die Klägerin dem Beklagten 70.000 DM für sein in Not geratenes Unternehmen zur Verfügung stellt, um das Unternehmen zu erhalten und damit die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß es später von der neu gegründeten Gesellschaft fortgeführt werden kann. Wenn die Hingabe des Kapitals auch darlehensweise erfolgte, so übernahm die Klägerin doch ein erhebliches Risiko; außerdem brachte sie damit ihren Willen zum Ausdruck, sich an das Unternehmen zu binden. Auf das Darlehen sollte zunächst nur ein Betrag von 685 DM monatlich (einschließlich Zinsen) bezahlt worden, so daß damit zu rechnen war, das Darlehen werde bis zum Ablauf des Optionsrechts der Klägerin nur zu einem Bruchteil getilgt sein; demgemäß stand bei Abgabe der Annahmeerklärung der Klägerin am 28. April 1969 noch ein Betrag von über 63.000 DM offen.
Dem kann der Beklagte nicht entgegenhalten, das Darlehen der Klägerin sei hinreichend gesichert gewesen. Zwischen den Parteien ist zwar unstreitig, daß zugunsten der Klägerin zwei Grundschulden auf einem Grundstück der Ehefrau des Beklagten eingetragen worden sind, das nach einem von dem Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten einen Verkehrswert von 200.000 DM hat. Die vorgehenden Belastungen betrugen jedoch bereist – wie ebenfalls unbestritten ist – 122.500 DM. Es ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der allgemein anerkannten Beleihungsgrundsätze daraus geschlossen hat, trotz dieser Sicherheiten habe für die Klägerin ein erhebliches Risiko bestanden.
Die Revision rügt in diesem Zusammenhang ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe den vom Beklagten angetretenen Beweis nicht erhoben, für das Darlehen seien noch weitere Sicherungen gestellt worden, insbesondere Sicherungsübereignungen beweglicher Gegenstände und eine Sicherungsabtretung in Höhe von etwa 7.000 DM (GA 267). Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zu Recht bei seiner Beurteilung außer Acht gelassen, weil sich hieraus nicht ergab, daß diese angeblichen Sicherheiten derart waren, daß sie das Risiko der Klägerin in einem ins Gewicht fallenden Umfange verringern konnten.
III.
Dem Feststellungsantrag der Klägerin steht nicht der Einwand entgegen, die Ausübung des „Optionsrechts” durch die Klägerin sei deshalb unzulässig geworden, weil sich die Verhältnisse bis zur Abgabe der Annahmeerklärung am 28. April 1969 so verändert hatten, daß das Festhalten des Beklagten an sein am 22. Dezember 1965 abgegebenes Angebot nicht mehr zumutbar erschien (§ 242 BGB).
Der Beklagte hat insofern nur vorgetragen, sein Unternehmen habe sich bis zur Abgabe der Annahmeerklärung der Klägerin günstig entwickelt, aber gerade für diesen Fall hat sich diese – in Kenntnis des Beklagten – das Optionsrecht einräumen lassen. Es fehlt deshalb jeder Anhaltspunkt dafür, daß – was in diesem Zusammenhange allein in Betracht kommt – durch die Veränderung der Verhältnisse der Kapitalbedarf des Unternehmens des Beklagten voll befriedigt worden ist unddamit die Grundlage für die Beteiligung der Klägerin entfallen war. Aus dem Umstand, daß der Beklagte auf das Darlehen der Klägerin am 28. April 1969 noch über 63.000 DM schuldete und die von ich vorgelegte Bilanz zum 31. Dezember 1969 noch ein negatives Kapitalkonto von rund 240.000 DM aufweist, ergibt sich vielmehr das Gegenteil.
IV.
Entgegen der Auffassung der Revision ist dem Berufungsgericht auch zuzustimmen, soweit es den Verwirkungseinwand des Beklagten zurückgewiesen hat. Es ist zutreffend davon ausgegangen, daß bloßer Zeitablauf für eine Verwirkung nicht genügt, vielmehr hinzukommen muß, daß der Schuldner sich darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, der Gläubiger werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen, und daß deswegen die verspätete Geltendmachung des Anspruchs gegen Treu und Glauben verstößt (BGHZ 25, 47, 51).
Hierzu hat es weiter ausgeführt und im einzelnen begründet, daß der Beklagte dem Verhalten der Klägerin nicht entnehmen durfte, diese werde ihre Rechte aus dem Vertragsangebot nicht mehr geltend machen. Seine Ausführungen liegen im Bereich einer möglichen tatrichterlichen Beurteilung, lassen keinen Rechtsfehler erkennen und sind daher für das Revisionsgericht bindend.
Die in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen der Revision richten sich im wesentlichen gegen die dem Berufungsgericht vorgehaltene tatrichterliche Würdigung und sind daher unzulässig. Die darüber hinaus erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (Art. 1 Nr. 4 BGHEntlG).
Fundstellen
Haufe-Index 609328 |
WM 1974, 1151 |