Verfahrensgang
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht in Tateinheit mit Beihilfe zum Bankrott, wegen vorsätzlicher Unterlassung des Konkursantrags und wegen versuchten Betrugs unter Freisprechung im übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Mit seiner Revision erhebt der Angeklagte Verfahrensrügen und macht die Sachrüge geltend. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.
1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a) Der Beschwerdeführer rügt als Verletzung der Aufklärungspflicht, daß das Landgericht es unterlassen habe, einen - namentlich bezeichneten - Mitarbeiter des Finanzamtes Balingen zur Frage der für die R.-GmbH geführten Handelsbücher zu vernehmen. Der Zeuge hätte bekundet, daß das Finanzamt Balingen bei der R.- GmbH im Dezember 1974 eine Umsatzsteuerprüfung durchgeführt und dabei festgestellt habe, daß die notwendigen Geschäftsbücher der Firma geführt wurden. Die Rüge ist nicht begründet. Der Mitangeklagte M. D. hat in der Hauptverhandlung eingeräumt, daß ab 30. April 1974 keine Buchhaltungskonten mehr geführt wurden und daß es außer Aufzeichnungen des Angeklagten E. über Wareneinkäufe und Warenverkäufe an jeglicher Buchhaltung fehlte (UA S. 56, 26). Ebenso hat sich der Beschwerdeführer selbst in der Hauptverhandlung dahin eingelassen, er habe nach dem Brand nur noch die Wareneinkäufe und -verkäufe jeweils in einem Buch aufgezeichnet (UA S. 56). Beide Angeklagte haben in der Hauptverhandlung also noch nicht einmal selbst behauptet, daß im Jahre 1974 sämtliche erforderlichen Geschäftsbücher auch noch nach dem Brand geführt worden seien. Auch aus dem von der Revision angeführten Prüfungsbericht des Finanzamtes Balingen vom 18. Dezember 1974 ergibt sich, daß nur bis April 1974 einschließlich gebucht war. Unter diesen Umständen drängte sich dem Landgericht die Vernehmung eines Mitarbeiters des Finanzamtes keinesfalls auf. Vielmehr wäre es unter den gegebenen Umständen Sache des Verteidigers gewesen, einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen.
b) Die weitere Aufklärungsrüge, mit der der Beschwerdeführer geltend macht, das Landgericht hätte den der Verurteilung wegen versuchten Betruges zugrunde liegenden Sachverhalt näher aufklären müssen, ist nicht in zulässiger Form (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhoben. Der Beschwerdeführer gibt nicht an, auf welchem Wege, insbesondere unter Verwendung welcher zusätzlichen Beweismittel die vermißte weitere Aufklärung hätte erreicht werden können (vgl. BGHSt 2, 168); es fehlt auch jede Angabe, welche konkreten Tatsachen die weitere Beweisaufnahme ergeben hätte.
2. Die Sachrüge hat teilweise Erfolg.
a) Die Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht (§ 283 b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 StGB) hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Strafkammer hat insoweit festgestellt, daß ab 30. April 1974 keine Buchhaltungskonten mehr geführt wurden und daß außer Aufzeichnungen des Angeklagten E. über Wareneinkäufe und -verkäufe es ab Anfang Mai 1974 an jeglicher Buchhaltung fehlte (UA S. 26). Geldbeträge, die E. und M. D. nach dem Brand aus der Firma R.- GmbH entnahmen, wurden nicht buchmäßig erfaßt. E. fertigte nach den getroffenen Feststellungen lediglich eine maschinegeschriebene Aufzeichnung über die Entwicklung des von ihm gegebenen Darlehens, wobei er in dieser Aufstellung Zahlungsvorgänge, die die R.-GmbH betrafen, mit solchen, die den Wiederaufbau der Lagerhalle betrafen, so miteinander vermengte, daß nur bei wenigen Beträgen eine eindeutige Zuordnung möglich war (UA S. 27). Diese Feststellungen tragen im Ergebnis den Schuldspruch wegen eines vorsätzlichen Vergehens nach § 283 b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 StGB. Der Tatbestand dieser Vorschrift enthält zwar zwei alternative Begehungsformen - Unterlassen jeglicher Buchführung und Buchführung in einer Art und Weise, die die Übersicht über den Vermögensstand erschwert -, ohne daß aus den Urteilsgründen eindeutig zu entnehmen ist, welche der beiden Tatbestandsalternativen das Landgericht angewendet hat. Während die Überschriften UA S. 26 und 56 (,,Nichtführen von Handelsbüchern") für eine Anwendung der ersten Alternative sprechen, kommt nach den getroffenen Feststellungen aber nur eine Verurteilung wegen mangelhafter Buchführung in Betracht. Dadurch, daß der Beschwerdeführer Wareneingangs- und Warenausgangsbuch führte, ist er jedenfalls seiner Buchführungspflicht nach §§ 38, 43 HGB i.V.m. § 41 Abs. I GmbHG teilweise nachgekommen, weil er insoweit Aufzeichnungen über die Handelsgeschäfte der R.- GmbH gemacht hat. Unterlassene Buchführung setzt indessen voraus, daß gar keine Bücher geführt wurden (BGH, Urteil vom 29. Januar 1980 - 1 StR 615/79 bei Holtz MDR 1980, 455). Andererseits war jedoch die Buchführung des Angeklagten für die R.- GmbH nach den getroffenen Feststellungen unzureichend, da bei Art und Umfang der getätigten Geschäfte die Führung von lediglich einem Wareneingang- und Warenausgangsbuch keinen ausreichenden Überblick über die Vermögenslage der Gesellschaft ermöglichte. Unzutreffend ist allerdings in diesem Zusammenhang, daß das Landgericht dem Angeklagten auch anlastet, er habe nach dem Brand keinen Status aufgestellt. Eine solche Verpflichtung läßt sich aus § 41 Abs. 1, 2 GmbHG nicht entnehmen. Nach alledem ist der Schuldspruch wegen Verletzung der Buchführungspflicht mit der Maßgabe zu bestätigen, daß die zweite Alternative des § 283 b Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt ist. Auf die Möglichkeit dieser Änderung ist der Verteidiger in der Revisionshauptverhandlung hingewiesen worden, so daß § 265 StPO nicht entgegensteht. Die Urteilsformel braucht insoweit wegen ihrer weiten, aber zulässigen Fassung (,,Verletzung der Buchführungspflicht") nicht geändert zu werden.
Keinen Bestand kann dagegen in diesem Fall die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zum Bankrott (§§ 283 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 6, 27 Abs. 1 StGB) haben. Das Landgericht meint, der Angeklagte sei aufgrund der Tatsache, daß er seinerseits zunächst die Buchführungspflicht vorsätzlich verletzt habe, verpflichtet gewesen, auch nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer der R.- GmbH darauf hinzuwirken, daß der neue Geschäftsführer M. D. seinen Buchführungspflichten nachkam. Dieser rechtlichen Beurteilung kann der Senat nicht beitreten.
Mit dem Ausscheiden des Angeklagten als Geschäftsführer endete auch seine sich aus § 41 Abs. 1 GmbHG ergebende Pflicht, für die ordnungsgemäße Buchführung der Gesellschaft zu sorgen. Etwas anderes kann sich auch nicht daraus ergeben, daß er dieser Pflicht schon vorher nur mangelhaft nachgekommen war. Insbesondere wird eine solche Pflicht nicht durch § 283 b Abs. 1 Nr. 1 StGB begründet, wie das Landgericht anscheinend meint. Aus Handlungspflichten, die wie bei § 283 b Abs. 1 Nr. 1 StGB den Tatbeständen echter Unterlassungsdelikte zugrunde liegen, entsteht keine Garantenstellung (BGHSt 3, 65, 67; Dreher-Tröndle StGB 39. Aufl. § 13 Rdn. 13). Eine andere Beurteilung wäre daher nur möglich, wenn der Angeklagte trotz seines formellen Ausscheidens tatsächlich Geschäftsführer geblieben wäre (vgl. BGHSt 21, 101, 103); dafür lassen sich jedoch aus dem festgestellten Sachverhalt keine hinreichenden Anhaltspunkte entnehmen. Nach den Feststellungen hat er sich vielmehr nach seinem Ausscheiden hauptsächlich dem Wiederaufbau des abgebrannten Betriebsgebäudes zugewandt (UA S. 21).
Soweit der Angeklagte hinsichtlich des Zeitraums zwischen dem 17. und 20. September 1974, in dem er mit der eingetretenen Überschuldung der R.-GmbH bereits rechnete und noch Geschäftsführer war (UA S. 69), nicht wegen eines Vergehens nach § 283 Abs. I Nr. S StGB verurteilt worden ist, ist dem Landgericht beizutreten. Ersichtlich war nicht mehr zu klären, ob in diesem kurzen Zeitraum buchungspflichtige Vorgänge angefallen sind; ebensowenig konnte der Angeklagte in diesen wenigen Tagen die daniederliegende Buchhaltung der R.-GmbH in Ordnung bringen.
Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, war der Schuldspruch somit dahin abzuändern, daß der Angeklagte nur eines vorsätzlichen Vergehens der Verletzung der Buchführungspflicht schuldig ist. Die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe mußte dagegen aufgehoben werden, da das Landgericht sie aus der nicht anwendbaren Vorschrift des § 283 StGB entnommen hat (UA S. 81).
b) Der Schuldspruch wegen vorsätzlichen Unterlassens des Konkursantrags nach §§ 84 Abs. 1, 64 Abs. 1 GmbHG ist ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern.
Das Landgericht stützt die Verurteilung insoweit auf die Feststellung, daß der Angeklagte, nachdem er am 17. September 1974 die Überschuldung der R.-GmbH erkannte, sich seiner Pflicht als Geschäftsführer, ohne schuldhaftes Zögern Konkurs- oder Vergleichsantrag zu stellen, dadurch entzogen hat, daß er die Geschäftsführung drei Tage später ohne jeden Hinweis auf die konkursreife Situation an den mit den Vermögensverhältnissen der Gesellschaft weniger vertrauten Mitgesellschafter M. D. abgab (UA S. 42, 43). Aufgrund dieses pflichtwidrigen vorausgegangenen Unterlassens, aber auch wegen seiner weiteren Mitwirkung bei der Führung der Geschäfte der Gesellschaft sei E. auch nach seinem formellen Ausscheiden aus der Geschäftsführung verpflichtet gewesen, die bis zu diesem Zeitpunkt versäumte Anmeldung des Konkurses zu veranlassen (UA S. 72).
Gegen diese Beurteilung bestehen in verschiedener Hinsicht durchgreifende rechtliche Bedenken. Schon ihr Ausgangspunkt ist unzutreffend. Entgegen der Meinung des Landgerichts ergibt sich aus §§ 84 Abs. 1, 64 Abs. 1 GmbHG eine Pflicht zur Stellung eines Konkurs- oder Vergleichsantrags wegen Überschuldung nur für den Fall, daß sich die Überschuldung aus einer Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt. Insoweit genügt zwar eine bloße Vermögensübersicht, aus der sich bei einer Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden auch für ein ungeübtes Auge die Überschuldung ergibt (BGH, Urteil vom 29. Januar 1980 - 1 StR 615/79; RGSt 44, 48, SO f). Aber nicht einmal eine solche Vermögensübersicht war nach den getroffenen Feststellungen im Zeitpunkt des tatsächlichen Eintritts der Überschuldung vorhanden (UA S. 42).
Bei dieser Sachlage konnte frühestens mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bei der R.- GmbH die Antragspflicht nach § 64 Abs. I GmbHG entstehen. Zu diesem Zeitpunkt (3. Oktober 1974) war der Angeklagte aber nicht mehr Geschäftsführer; seine strafrechtliche Haftung für die unterlassene Antragstellung kann aus den bereits dargelegten Gründen auch weder aus vorangegangenem Tun noch aus einer faktischen Geschäftsführerstellung hergeleitet werden.
Das Landgericht hat jedoch in diesem Zusammenhang weiter festgestellt, daß der Angeklagte auch nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer daran interessiert war, daß die R.-GmbH noch möglichst lange weiterexistierte, weil er hoffte, so einen weiteren Teil seines Gesellschafterdarlehens zurückholen zu können. Deshalb bestärkte er nach seinem Ausscheiden aus der Geschäftsführung den neuen Geschäftsführer M. D. darin, die R.- GmbH fortzuführen (UA S. 43). Damit hat er D. darin unterstützt, die rechtzeitige Konkursanmeldung zu unterlassen. Dabei bedarf keiner Erörterung, ob der Angeklagte auf Grund seiner Stellung als Gesellschafter und seiner weiteren Mitarbeit in der Firma (UA S. 28) verpflichtet gewesen wäre, D. zur Stellung eines Konkursantrags anzuhalten, und ob er sich, indem er davon absah, der Beihilfe durch Unterlassen schuldig gemacht hat. Denn dadurch, daß der Angeklagte D. in der Fortführung der Geschäfte bestärkte, festigte er ihn, obwohl ihm die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft bekannt war (UA S. 55), durch positives Tun in seinem Entschluß, bezüglich der Stellung eines Konkursantrags weiterhin untätig zu bleiben (vgl. Jescheck in LK 10. Aufl. § 13 Rdn. 52).
Der Senat ist daher auf Grund der getroffenen Feststellungen in der Lage, den Schuldspruch gemäß § 354 Abs. 1 StPO dahin abzuändern, daß der Angeklagte in diesem Falle der Beihilfe zur Unterlassung der Konkursanmeldung schuldig ist; § 265 StPO steht nicht entgegen, da der Verteidiger in der Revisionshauptverhandlung auf die Möglichkeit einer Schuldspruchänderung hingewiesen worden ist. Die insoweit verhängte Einzelstrafe mußte dagegen aufgehoben werden.
c) Die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen versuchten Betruges kann aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden. Was die Revision dagegen vorträgt, erschöpft sich in unzulässigen Angriffen gegen die tatrichterlichen Feststellungen und die Beweiswürdigung der Strafkammer. Der Beschwerdeführer verkennt, daß die Beweiswürdigung des Tatrichters durch das Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie frei von Widersprüchen, Unklarheiten, Verstößen gegen die Denkgesetze und gesicherte Erfahrungssätze ist. Zudem übersieht er, daß die Überlegungen und Schlußfolgerungen des Tatrichters nicht zwingend zu sein brauchen, sondern nur denkgesetzlich und nach der allgemeinen Lebenserfahrung möglich sein müssen (BGHSt 26, 56, 62 f; 29, 18, 20). Die in diesem Umfang vorgenommene Überprüfung der Beweiswürdigung hat keinen Rechtsfehler aufgedeckt. Wer die Kopie mit dem Datum vom 20.1.73 hergestellt hat, ist ohne Bedeutung.
Der Ausspruch über die Einzelstrafe wegen versuchten Betrugs ist zwar gleichfalls ohne Rechtsfehler. Da jedoch nicht auszuschließen ist, daß die - aufgehobenen Einzelstrafaussprüche in den Fällen 2 a und b sich auf den Strafausspruch wegen versuchten Betruges ausgewirkt haben, war auch dieser aufzuheben.
d) Nach der Aufhebung aller Einzelstrafen kann auch die Gesamtstrafe keinen Bestand haben.
Fundstellen
Haufe-Index 2992707 |
NJW 1981, 353 |
NStZ 1981, 353 |
NStZ 1981, 353 (Ls) |
MDR 1981, 100 (Holtz) |