Leitsatz (amtlich)
Über die Feststellung des Vaters eines nichtehelichen Kindes ist nach dem Heimatrecht des Mannes zu entscheiden, wenn sich dessen Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht nach deutschem Recht bestimmt (Ergänzung zu BGHZ 60, 247).
Verfahrensgang
OLG Hamm (Entscheidung vom 30.10.1972) |
AG Essen (Entscheidung vom 06.06.1972) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. Oktober 1972 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 6. Juni 1972 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin wurde am 15. Februar 1955 in London als nichteheliches Kind der finnischen Staatsangehörigen Helmi J., jetzt verheiratete E. geboren. Mutter und Kind leben in Schweden. Sie haben beide die schwedische Staatsangehörigkeit erworben. Der Beklagte, der von der Klägerin als ihr Vater in Anspruch genommen wird, ist pakistanischer Staatsangehöriger mohammedanischen Glaubens. Er hat seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland.
Mit einer im Jahre 1960 bei dem Amtsgericht Essen eingereichten Klage hat die Klägerin von dem Beklagten Unterhaltszahlung verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht Essen durch Beschluß vom 1. September 1970 den Rechtsstreit entsprechend einem Antrag des Beklagten gemäß Art. 12 § 19 NEhelG ausgesetzt und zur Erhebung der Klage auf Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft eine Frist von drei Monaten gesetzt. Die Klägerin hat innerhalb der Frist Klage erhoben. Sie hat beantragt festzustellen, daß der Beklagte ihr Vater sei. Der Beklagte hat bestritten, mit der Mutter der Klägerin während der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr gehabt zu haben.
Das Amtsgericht hat nach Beweiserhebung (Einholung von Blutgruppengutachten, biostatistischem Gutachten und erbbiologischem Gutachten) die Vaterschaft des Beklagten unter Anwendung des schwedischen Rechts festgestellt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten, ebenfalls unter Anwendung schwedischen Rechts, zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
Mit der Revision verfolgt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Er hält die Klage für unzulässig und bestreitet nach wie vor, der Erzeuger der Klägerin zu sein.
Entscheidungsgründe
Die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision ist begründet.
Der Fall besitzt starke Auslandsbeziehungen. Das klagende, in London geborene nichteheliche Kind und seine Mutter sind schwedische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Schweden; zur Zeit der Geburt des Kindes war die Mutter finnische Staatsangehörige. Der in der Bundesrepublik Deutschland lebende Beklagte ist Pakistaner mohammedanischen Glaubens.
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist zu bejahen. Sie ist im deutschen Zivilprozeß, wenn abweichende Vorschriften fehlen, mit der örtlichen Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben (RGZ 126, 196, 199; BGHZ 44, 46, 47; Neuhaus RabelsZ 1955, 201, 227; Schweizer DRiZ 1968, 365, 367 zu C 2; Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, 1969, 169, 199; Siehr, FamRZ 1970, 457, 463 f; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht 11. Aufl. § 20 II 1; Stein/Jonas ZPO 19. Aufl. V vor § 12). In Kindschaftssachen richtet sich die Zuständigkeit, wenn das Kind im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt hat, nach dem Wohnsitz des Beklagten (§ 641 a Abs. 1 Satz 3 ZPO), und der Beklagte hat seinen Wohnsitz im Bereich des angegangenen Gerichts.
Mit Recht hat das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Klage bejaht. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage folgt im vorliegenden Falle schon daraus, daß das Landgericht, das mit der Berufung gegen das Unterhaltsurteil befaßt war, nach der übergangsrechtlichen Vorschrift des Art. 12 § 19 NEhelG Frist zur Erhebung der Vaterschaftsfeststellungsklage gesetzt hatte.
Über die Vaterschaftsfeststellung ist in Fällen mit Auslandsberührung nach deutschem Recht zu entscheiden, wenn dieses das Recht ist, nach dem sich die Unterhaltspflicht des als Vater in Anspruch genommenen Mannes beurteilt (BGHZ 60, 247). Nach dem Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. Oktober 1956 ist Unterhaltsstatut das Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn dieses das Recht eines Vertragsstaates ist (Art. 1, 6). Da das klagende Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Schweden hat und Schweden nicht Vertragsstaat des Haager Unterhaltsübereinkommens ist, können die Bestimmungen dieses Abkommens hier nicht angewendet werden. Nach Art. 21 EGBGB beurteilt sich die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber einem nichtehelichen Kind nach den Gesetzen des Staates, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört hat. Die Mutter der Klägerin war zur Zeit der Geburt der Klägerin finnische Staatsangehörige, so daß hiernach finnisches Recht zur Anwendung kommt, das nach der Feststellung des Berufungsgerichts nicht auf deutsches Recht weiter verweist.
Ist Unterhaltsstatut nicht das deutsche Recht, dann greift die genannte Kollisionsregelung der Entscheidung BGHZ 60, 247 nicht ein. Der erkennende Senat hat mit dieser Entscheidung eine nur einseitige Kollisionsregel aufgestellt. Bis zum Erlaß dieser Entscheidung ging die herrschende Lehre dahin, daß für die über die Unterhaltspflicht hinausgehenden familienrechtlichen Beziehungen zwischen Vater und nichtehelichem Kind einschließlich der Abstammung das Heimatrecht des Mannes maßgeblich ist (vgl. die Zitate in BGHZ 60, 247, 249; des weiteren Dolle, Die Gleichberechtigung von Mann und Frau im Familienrecht, Festgabe für Erich Kaufmann, 1950, 43 f; Neuhaus, Die Verpflichtungen des unehelichen Vaters im deutschen internationalen Privatrecht, 1953, 13 f; M. Wolff, Das internationale Privatrecht Deutschlands, 3. Aufl. 1954, 219; Henrich StAZ 1971, 154, 156; Firsching, Einf. in das internationale Privatrecht, 1974, 180; Palandt/Heldrich, 33. Aufl. EGBGB Art. 21 Anm, 8). Von dieser Regel ist der erkennende Senat nur deshalb abgewichen, weil nach der im neuen deutschen Nichtehelichengesetz getroffenen Verzahnung zwischen Unterhaltsanspruch und Vaterschaftsfeststellung (§ 1600 a Satz 2 BGB) ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater erst vom Zeitpunkt der Vaterschaftsfeststellung an geltend gemacht werden kann. Seine Durchsetzung wäre also in allen den Auslandsfällen in Frage gestellt, in denen der verklagte Mann Ausländer ist, die Vaterschaft nicht anerkannt hat und das Heimatrecht des Mannes eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung nicht kennt. Kommt eine solche "Sperrwirkung" nicht zum Zuge, dann entfällt ein zwingender Grund, von der herrschenden Regel abzuweichen. Die Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs ist nicht gefährdet, wenn das in Betracht kommende ausländische Recht sie nicht, wie der deutsche Gesetzgeber, von einer vorherigen Vaterschaftsfeststellung abhängig macht oder eine solche "Sperrwirkung" in Auslandsfällen nicht durchgreifen läßt. Diese kann nach deutschem Recht in Fällen, in denen sich der Unterhaltsanspruch des Kindes nach ausländischem Recht richtet, nicht zur Anwendung gelangen (so zutreffend Siehr FamRZ 1971, 403). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelt es sich bei § 1600 a Satz 2 BGB nicht um eine Vorschrift, die das gerichtliche Verfahren regelt. Die Vorschrift stellt vielmehr eine Voraussetzung für die Geltendmachung materieller Ansprüche auf und gehört zum sachlichen Recht. Sie hat weder einen kollisionsrechtlichen Charakter noch ist ihr eine internationalverfahrensrechtliche Auswirkung beizumessen. Eine Ausdehnung dieser Regel auf alle Fälle mit Auslandsberührung würde zu einer unnötigen Erschwerung und Verzögerung der Unterhaltsprozesse führen. Ausländische Parteien, die eine schnelle Klärung und Durchsetzung der Unterhaltsansprüche wünschen, wären zu einer vorweg durchzuführenden, verfahrensmäßig verselbständigten gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung genötigt, auch wenn sie an dieser nicht interessiert sind. Überläßt das Heimatrecht des Kindes diesem oder seinem gesetzlichen Vertreter die Entscheidung, ob eine Abstammungsklage angestrengt werden soll oder nicht, dann wäre es wenig sachgerecht, in diese Entscheidungsfreiheit mit der Aufstellung einer lex fori auf Erzwingung der Vaterschaftsfeststellung einzugreifen.
Gegen die Weitergeltung der Regel von der Anwendung des Heimatrechts des Mannes bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Es geht bei ihr insbesondere nicht um eine Analogie zu den Art. 18 und 19 EGBGB oder ein dem Gleichberechtigungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 GG widersprechendes "Vaterrecht". Vielmehr geht es erst um die Vortrage der Feststellung des Vaterschaftsverhältnisses, d.h. um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen einem Mann im Verhältnis zu einem nichtehelichen Kind der Vaterstatus zukommt. Eher könnte an einen Umkehrschluß aus Art. 20 EGBGB gedacht werden. Es soll das Personalstatut des in der Hauptsache Betroffenen gelten. Auch die Berücksichtigung des Persönlichkeitsrechtes könnte es gebieten, diese Frage nicht ohne Berücksichtigung des Heimatrechtes des Mannes zu entscheiden, d.h. einem vor deutschen Gerichten verklagten Mann ausländischer Staatsangehörigkeit nicht einen Vaterstatus aufzuerlegen, der ihm nach seinem Heimatrecht unbekannt ist.
Als anderweite Lösung wird auf die Anwendung des Kindesrechts mit einer Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit oder den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes verwiesen. Für das Kindesrecht wird vornehmlich der Gesichtspunkt der Einheitlichkeit angeführt. Das Kindesrecht soll für alle Rechtsbeziehungen zwischen Kind und beiden Elternteilen gelten und möglichst auch gleichermaßen für nichteheliche wie eheliche Kinder. Mit dieser "materiellen Harmonie" soll insbesondere das Nebeneinander von Unterhaltsund Abstammungsstatut beseitigt werden. Doch kann diese Harmonie nach geltendem deutschen Kollisionsrecht nicht verwirklicht werden. Art. 20 und 21 EGBGB verweisen auf das Mutterrecht, und für die Rechtsbeziehungen der ehelichen Kinder zu ihren Eltern ist das Kindesrecht noch nicht als geltendes Recht anerkannt. Die Lösung durch einheitliche Anknüpfung muß daher, wenn sie überhaupt möglich ist, einer Reform des internationalen Kindschaftsrechts vorbehalten bleiben. Demgemäß wird die Anwendung des Kindesrechts auch vorwiegend nur als rechtspolitische Forderung in Vorschlag gebracht (vgl. Vorschläge und Gutachten der Familienrechtskommission des Deutschen Rats für internationales Privatrecht, 1966, 18 ff; ebenso Neuhaus, Die Verpflichtungen des unehelichen Vaters im deutschen internationalen Privatrecht, 1953,12 sowie FamRZ 1967, 22, 25; Neumayer AcP 1952, 349 f u.a.; wogegen Sturm JZ 1974, 211 für alle Rechtsbeziehungen des nichtehelichen Kindes zu seinen Eltern die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes unter Nichtanwendung der entgegenstehenden Vorschriften einschließlich des für verfassungswidrig gehaltenen Art. 21 EGBGB als geltendes Recht fordert). Entsprechendes würde für die lex fori als Statut für alle Rechtsbeziehungen zwischen dem nichtehelichen Kind und seinen Eltern gelten; sie würde nicht nur mit Art. 20, 21 EGBGB, sondern auch mit Staatsverträgen (so dem Haager Unterhaltsabkommen) nicht vereinbar sein. Der Ansicht des Berufungsgerichts, die herrschende Regel von der Geltung des Heimatrechts des nichtehelichen Vaters durch Anwendung des Mutterrechts zu ersetzen, kann nicht gefolgt werden. Bei den rechtlichen Beziehungen des nichtehelichen Kindes zu seinem Vater stehen im Verhältnis zwischen den beiden Elternteilen die Interessen des Vaters im Vordergrund, zumal es, da die Unterhaltspflicht des Vaters einer besonderen Regelung unterliegt, vorwiegend um die persönlichen Rechtsbeziehungen geht. Die sich daraus ergebende derzeitige Aufspaltung in der rechtlichen Beurteilung der Rechtsbeziehungen Mutter-Kind und Vater-Kind ist eine Folge der Tatsache, daß es bei den nichtehelichen Kindern an der Eingliederung in eine Vollfamilie fehlt. Es wird Aufgabe eines gesetzgeberischen Reformprogramms sein, hier nach neuen Wegen und Lösungen zu suchen.
Die Kollisionsregel der Entscheidung BGHZ 60, 247 ist daher nicht über die Fälle, die den Anlaß zu ihrer Aufstellung gegeben haben, hinaus zu erweitern. Sie stellt sich vielmehr als eine zwar weitreichende, aber doch einseitige Kollisionsregel dar, die auf die Fälle beschränkt ist, in denen das deutsche Recht Unterhaltsstatut ist.
Da hiernach für die Frage der Vaterschaftsfeststellung nicht das finnische oder schwedische Recht anzuwenden ist, das das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, sondern das Heimatrecht des Beklagten, der pakistanischer Staatsangehöriger mohammedanischen Glaubens ist, kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Es mußte aufgehoben werden.
Die gebotene Anwendung pakistanischen Rechts ist dem Revisionsgericht an sich nach § 549 ZPO entzogen. Doch kann das Revisionsgericht von einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zwecks Feststellung des nicht revisiblen Rechts absehen und selbst entscheiden (§ 565 Abs. 4 ZPO), wenn eine nach § 562 ZPO bindende Entscheidung des Berufungsgerichts über das nicht revisible Recht noch nicht vorliegt (RGZ 64, 400, 402; BGHZ 24, 159, 164; 36, 348, 356). Der Senat hat von dieser Befugnis Gebrauch gemacht.
Heimatrecht des Beklagten ist das mohammedanische Recht Pakistans. Nach diesem bestehen zwischen nichtehelichem Kind und seinem Erzeuger keine Rechtsbeziehungen irgendwelcher Art (Bergmann, Intern. Ehe- und Kindschaftsrecht, Pakistan S. 23). Eine Vaterschaftsfeststellung findet nicht statt. Demgemäß kann der gegen den Beklagten gerichteten Vaterschaftsfeststellungsklage nicht stattgegeben werden. Doch ist dieses Ergebnis noch daraufhin zu überprüfen, ob es mit dem deutschen ordre public und den unmittelbar oder über Art. 30 EGBGB durchgreifenden Grundrechten des Grundgesetzes vereinbar ist (BVerfGE 31, 58 = NJW 1971, 1509 = FamRZ 1971, 414).
Die Zulassung einer gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft für nichteheliche Kinder im deutschen Recht (§§ 1600 a Satz 1, 1600 n BGB) entspricht der mit Art. 6 Abs. 5 GG getroffenen verfassungsrechtlichen Wertentscheidung (BVerfGE 8, 210). Diese Wertentscheidung mit Grundrechtscharakter ist bei der Auslegung und Anwendung des geltenden Rechts zu beachten (BVerfGE 25, 167 = NJW 1969, 597 = FamRZ 1969, 196). Dabei kann in Sachen mit Auslandsberührung eine den Besonderheiten des Falles, insbesondere dem Grad der Inlandsbeziehungen, angepaßte Auslegung der Grundrechte angezeigt sein (BVerfGE 31, 58, 77). Nach der Entscheidung BGHZ 60, 247 ist die Vaterschaftsfeststellung in Auslandsfällen bereits in einem weiten Bereich dadurch berücksichtigt, daß immer dann, wenn das Unterhaltsstatut deutsches Recht ist, sich auch die Abstammungsfeststellung nach deutschem Recht bestimmt. Mithin ist die Möglichkeit einer gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung für nichteheliche Kinder nach deutschem Recht in allen den Auslandsfällen gegeben, in denen das nichteheliche Kind von einer deutschen Mutter geboren ist (Art. 21 EGBGB) oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat (Art. 1 des Haager Unterhaltsübereinkommens), des weiteren in dem Fall des Art. 1 a des Haager Abkommens. In den verbleibenden Fällen werden oft nur geringe Inlandsbeziehungen bestehen. In diesen Fällen wird vielfach für eine Vaterschaftsfeststellung ein praktisches Bedürfnis nicht vorliegen, wenn die Wirkungen der Vaterschaft auch ohne eine solche Feststellung nach dem jeweiligen Wirkungsstatut geltend gemacht werden können. Läßt das Heimatrecht des Mannes eine Vaterschaftsfeststellung nicht zu, dann wird zudem nicht mit der Anerkennung des von einem deutschen Gerich erlassenen Statusurteils im Heimatstaat des Mannes zu rechnen sein. Mit einem zur Durchsetzung des Unterhalts nicht erforderlichen und nicht internationalisierbaren Statusurteil gegen einen die Vaterschaft bestreitenden Mann ist aber aller Voraussicht nach niemandem gedient (Kropholler FamRZ 1971, 403). Es besteht sogar die Gefahr, daß bei Verwerfung des ausländischen Rechts in der Statusfrage auch der auf dem Statusurteil beruhende Unterhaltstitel der internationalen Anerkennung ermangelt, was für das Kind äußerst nachteilig sein könnte.
Vorliegendenfalls sind die Inlandsbeziehungen denkbar gering. Alle Beteiligten, Kind, Kindesmutter und verklagter Mann sind Ausländer und leben bis auf den Beklagten im Ausland. Ein besonderes Bedürfnis, eine Vaterschaftsfeststellung vor einem deutschen Gericht zu erwirken, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin wäre möglicherweise in der Lage, in ihrem Heimatland Schweden eine Vaterschaftsfeststellungsklage gegen den Beklagten durchzuführen (vgl. 3. Kap. §§ 1 und 3 des schwedischen Elterngesetzes vom 10.6.1949 i.d.F. vom 5.12.1969 in Verb, mit der schwedischen Kollisionsregel, nach der sich die Feststellung der Vaterschaft nach dem Recht des angerufenen Gerichts bestimmt, Boschan, Europäisches Familienrecht, 5. Aufl. 1972, 464 f.; Bergmann, a.a.O., Schweden S. 35 ff.). Das hat sie offenbar nicht getan. Sie hat die hier vorliegende Statusklage auch nicht aus freien Stücken erhoben, sondern nur aus Anlaß der Fristsetzung in dem Aussetzungsbeschluß des Unterhaltsprozesses. Nach alledem erfordert es bei dieser Sachlage der deutsche ordre public auch unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 5 GG nicht, eine Vaterschaftsfeststellungsklage zuzulassen (vgl. ebenso für alle Fälle, in denen das Kind im Ausland lebt und nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, Henrich StAZ 1974, 143). Das Ergebnis entspricht internationalprivatrechtlicher Gerechtigkeit und erscheint auch vom deutschen Recht her sachgerecht und keinesfalls untragbar.
Die Klage mußte daher abgewiesen werden.
Demzufolge wird der bei dem Landgericht im Berufungsrechtszug schwebende Unterhaltsrechtsstreit fortzusetzen sein. Das Landgericht wird den Aussetzungsbeschluß vom 1. September 1970 aufzuheben haben. Da die "Sperrwirkung" des § 1600 a Satz 2 BGB, wie ausgeführt worden ist, in Auslandsfällen, in denen Unterhaltsstatut ausländisches Recht ist, nicht eingreift, entfällt die in der Vorschrift des Art. 12 § 19 NEhelG genannte Voraussetzung, daß die Vaterschaft noch der Feststellung bedarf. Diese Übergangsvorschrift ist daher in den genannten Auslandsfällen nicht anwendbar. Über den geltendgemachten Unterhaltsanspruch ist nach dem einschlägigen ausländischen Recht zu entscheiden, wobei die Abstammung als unselbständig anzuknüpfende Vortrage nach demselben Statut zu prüfen ist, wenn dieses nicht eine andere Regelung vorsieht.
Fundstellen
Haufe-Index 3018694 |
BGHZ 63, 219 - 227 |
BGHZ, 219 |
NJW 1975, 114 |
NJW 1975, 114-117 (Volltext mit amtl. LS) |
NJW 1975, 493 |
NJW 1975, 493 (amtl. Leitsatz) |
MDR 1975, 122-123 (Volltext mit amtl. LS) |
IPRspr. 1974, 114 |