Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Beratungs- und Aufklärungspflicht des Notars
Normenkette
BNotO § 19; BeurkG § 17 Abs. 1-2, § 6 Abs. 2
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. Juli 1988 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den beklagten Notar wegen behaupteter Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch.
Neben einer Schwester und zwei Brüdern ist die Klägerin Abkömmling des am 13. Juni 1985 verstorbenen Kaufmanns Heinrich F. sen., der Eigentümer mehrerer Grundstücke und persönlich haftender Gesellschafter der Heinrich F. KG gewesen war. Die Kommanditgesellschaft hatte bis zum 31. Dezember 1980 verschiedene Bekleidungshäuser betrieben, ab 1. Januar 1981 ihre Tätigkeit jedoch darauf beschränkt, diese an die Bekleidungshaus F. GmbH zu verpachten. Deren Gründer und geschäftsführender Gesellschafter war Heinrich F. jun., einer der beiden Söhne. Der Beklagte war seit langem mit den Angelegenheiten der Familie F. und der beiden Handelsgesellschaften als Notar befaßt und erstellte auch deren Bilanzen und Steuererklärungen.
Nachdem die Klägerin und ihre Schwester durch notariell beurkundete Verträge mit ihrem Vater auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichtet hatten, schloß dieser am 1. Dezember 1981 zur Niederschrift des Beklagten mit seinem Sohn Heinrich einen Erbvertrag, der auszugsweise lautet:
"II.
- Erbeinsetzung
Ich, der Erschienene zu 1) Heinrich F. sen., setze hiermit als meinen alleinigen und ausschließlichen Erben meinen Sohn Heinrich F. jun. ein.
...
III.
Vermächtnis
Ich beschwere meinen Erben mit folgendem Vermächtnis: Mein Privatvermögen wird nach Maßgabe meiner näheren letztwilligen Teilungsanordnung verteilt.
...
Klarstellungshalber weise ich, der Erschienene zu 1), noch einmal darauf hin, daß mein Geschäftsvermögen, das nach diesem Vertrage meinem Sohn Heinrich als alleinigen Erben zufällt, in der Steuerbilanz der Kommanditgesellschaft F. ausgewiesen ist. Hierzu gehören also nicht nur die KG-Anteile, sondern auch alle Geschäftsgrundstücke, auch soweit diese handelsrechtlich nicht zu bilanzieren sind, sondern lediglich steuerrechtlich. Diese Geschäftsgrundstücke sind:
1.)
das Erbbaugrundstück in G., K. straße ...
2.)
die Grundstücke, die zur K. straße ... und zur S. gasse gehören
3.)
die im Zuge der Sanierung für das Teilgrundstück in G. in der K. straße erworbene Ersatzgrundstücke in der Eickhoffstraße
4.)
die Grundstücke in D.
5.)
die Grundstücke in Wa.
IV.
Bindung
Die Erbeinsetzung wird vertragsmäßig angeordnet. Insoweit ist eine einseitige Änderung nicht möglich. Der Erschienene zu 2), Herr Heinrich F. jun., nimmt diese vertragliche Verfügung an.
Die Ersatzerbeinsetzung und die Vermächtnisanordnungen werden hingegen einseitig angeordnet und können beliebig geändert und aufgehoben werden."
Entgegen der Annahme der Vertragschließenden und des Beklagten war das Grundstück G., E. straße, das Heinrich F. sen. 1978 durch Grundstückstausch im Zuge der Stadtsanierung erworben hatte, nicht in die Bilanz der Heinrich F. KG eingestellt worden.
In der Folgezeit verzichtete auch der zweite Sohn, Erhard F., formgerecht auf sein gesetzliches Erbrecht nach seinem Vater.
Anfang 1984 erschienen Heinrich F. sen., seine Töchter und sein Sohn Erhard in der Kanzlei des Beklagten, der einen Erbvertrag entworfen hatte, durch den über das Privatvermögen verfügt und der Klägerin der Grundbesitz in der Eickhoffstraße vermacht werden sollte. Dieser Entwurf wurde nicht vollzogen. Am 11. Januar 1984 errichtete Heinrich F. sen. zur Niederschrift des Beklagten eine letztwillige Verfügung, die folgende Anordnung enthielt:
"Mein gesamtes Privatvermögen, das ist das Vermögen, was nicht in der Bilanz der Firma Heinrich F. KG bilanziert ist, soll meinen drei Kindern Erhard, Astrid und Marie-Luise zu gleichen Teilen zufallen. Meine drei Kinder haben sich darüber zu einigen, wie dieses Vermögen im einzelnen aufzuteilen ist.
Vom Privatvermögen erhält meine Tochter Marie-Luise zunächst einen Wertanteil in Höhe von ca. 500.000,- DM zur Abfindung und zum Ausgleich ihres damaligen Erbverzichtes. Zu meinem Privatvermögen zähle ich insbesondere die beiden Grundstücke Jä. straße in G. und E. straße in G. Außerdem habe ich noch einen Anspruch gegenüber der Stadt G. auf Auflassung eines Austauschgrundstückes oder des Kaufpreises für das Grundstück Gem. G. Flur 73, Parz. 84 aufgrund der Urkunde vom 03.03.1972 - Nr. 43 der Urkundenrolle für 1972 des Notars Klaus P. in G. -. Soweit ich von der Stadt Gütersloh dieses Tauschgrundstück erhalte, soll auch dieses Grundstück meinen drei vorgenannten Kindern zufallen. Sollte es sich um ein Grundstück handeln - im Gespräch ist das Grundstück in G., Kö. straße 23 - an welchem mein Sohn Heiner interessiert ist, um darauf Hotelneubau zu errichten, so hat mein Sohn Heiner dieses Grundstück zum Verkehrswert zum Zeitpunkt meines Todes an meine drei vorgenannten Kinder auszuzahlen."
In dieser Zeit fand eine steuerliche Betriebsprüfung der Kommanditgesellschaft statt. In der vorläufigen Schlußbesprechung am 27. Januar 1984, an der auch der Beklagte teilnahm, neigte der Prüfer zu der Ansicht, das Grundstück in der E. straße sei dem Betriebsvermögen zuzurechnen, stellte seine Entscheidung darüber jedoch zurück, bis er noch weitere Feststellungen getroffen habe.
Am 1. Februar 1984 besprachen Heinrich F. sen., seine Töchter und Heinrich F. jun. mit dem Beklagten in dessen Kanzlei, wie hinsichtlich des Grundstücks E. straße verfahren werden solle. Darüber fertigte der Beklagte für sich einen mit dem 7. Februar 1984 datierten Vermerk an, in dem er niederlegte:
"Herr F. sen. erörterte mit seinen drei vorgenannten Kindern den Inhalt seiner Änderungsverfügung, nachdem er am 11.1.1984 (Nr. 4/84) bereits eine solche errichtet hatte. In dieser Unterredung ging es um die Frage, was mit dem Grundstück E. straße zu geschehen habe. Das Grundstück E. straße ist zwar nicht bilanziert, sowohl Herr F. sen. als auch Herr F. jun. vertraten jedoch die Auffassung, daß dieses Grundstück sachlich unbedingt zum Geschäftsvermögen gehöre. Das sei auch steuerlich wahrscheinlich zwingend vorgeschrieben, weil dieses Grundstück zumindest im Teilaustausch im Zuge eines Sanierungsverfahrens für Grundstücke erworben wurde, welche zum Betriebsvermögen der Firma F. KG in der Kö. straße gehört hatten. Das Grundstück würde auch betrieblich genutzt als Parkplatz und als Reklamefläche. Die Einnahmen daraus würden aber betrieblich vereinnahmt.
Herr F. sen. und Herr F. jun. waren beide der Auffassung, daß dieses Grundstück entgegen der ursprünglichen letztwilligen Verfügung (s.o.) doch bei dem späteren Übernehmer des Unternehmens, nämlich Herrn h. F. jun., bleiben müsse. Diesem dürfe unter keinen Umständen der Weg versperrt werden, an dieser Stelle in der E. straße später einmal ein Geschäftshaus zu errichten, falls der Pachtvertrag über das Haus H. in der E. straße beendet sein würde. Ich habe die Erschienenen nach ausdrücklicher Zustimmung der Herren F. jun. und sen. darauf hingewiesen, daß Herrn Heinrich F. jun. das gesamte Vermögen seines Vaters, soweit dieses in der Bilanz der KG bilanziert sei, durch Erbvertrag zugedacht sei. Das Grundstück E. straße sei nicht bilanziert und falle insoweit nicht unter die Definition des Begriffs "Geschäftsvermögen bzw. Privatvermögen des Erbvertrages F. sen./ F. jun". Ich habe sie ferner darauf hingewiesen, daß das Grundstück wahrscheinlich sogar notwendiges Betriebsvermögen in steuerlicher Hinsicht sei und deshalb bilanziert werden müsse, dieses aber gleichwohl unterbleiben solle, solange das Finanzamt dies nicht beanstandet, weil eine Bilanzierung wegen der anwachsenden stillen Reserven immer nachteiliger sei wie wenn man ein Grundstück im Privatvermögen halte. Beide Herren pflichteten mir bei.
Formalrechtlich gehört das Grundstück E. straße mithin zum Privatvermögen des Herrn F. sen.
Aus diesem Grunde sollte es als Vorausvermächtnis dem Vertragserben Herrn F. jun. vermacht werden gegen Zahlung einer Abfindung an seine drei Geschwister Astrid, Erhard, und Marie-Luise. Frau W. äußerte sich dahingehend, bei Abschluß ihres Erbverzichtsvertrages habe sich der Vater dahingehend geäußert, daß er sie hinsichtlich seines Privatvermögens durch eine letztwillige Verfügung möglicherweise bedenken werde. Sie habe seinerzeit überhaupt nicht gewußt, daß der Vater noch so erhebliches Privatvermögen habe. Sie habe sich über die Vermögensverhältnisse ihres Vaters überhaupt keine Gedanken gemacht.
In einem ähnlichen Sinne äußerte sich auch Frau S., aber mehr dahingehend, daß sie seinerzeit bei Abschluß ihres Erbvertrages davon ausgegangen sei, daß ihr Vater alles richtig mache.
Bezüglich des Grundstückes Eickhoffstraße bestand ein Interessengegensatz zwischen den beiden Schwestern Marie-Luise und Astrid einerseits und Herrn Heinrich F. jun. andererseits.
Es soll ein Entwurf gefertigt werden nach dem Ergebnis der heutigen Besprechung, mit einem Abfindungsbetrag in Höhe von 300.000,- DM durch Herrn Heinrich F. jun. an seine drei Geschwister im Erbfalle mit der Möglichkeit der Ratenzahlung."
Ebenfalls am 1. Februar 1984 schlossen Heinrich Finke sen. und sein Sohn Heinrich folgenden Vertrag zur Niederschrift des Beklagten:
"Ich, der Erschienene zu 1), Heinrich F. senior, verpflichte mich hiermit gegenüber dem Erschienenen zu 2), meinem Sohn Heinrich F. junior, das Grundstück in G., Kö. straße ..., entsprechend dem Angebot der Stadt G. zu erwerben und nach Erwerb dieses Grundstücks auf den Erschienenen zu 2), Herrn Heinrich F. junior, zum Preise von 100.000,- DM in der Weise zu übertragen, daß der Erschienene zu 2) zugleich auch alle Verpflichtungen aus dem Vertrage zwischen mir und der Stadt G. bezüglich des Grundstückserwerbs G., Kö. straße ..., übernimmt ..."
Am 3. Februar 1984 errichtete Heinrich F. sen. zur Niederschrift des Beklagten eine Verfügung von Todes wegen folgenden Wortlauts:
"Ich, der Erschienene Heinrich F. senior aus G., J. straße ..., habe mit Urkunde vom 11. Januar 1984 Nr. 4/1984 der Urkundenrolle des amtierenden Notars meine Kinder Erhard F., Astrid W., geborene F. und Marie-Luise S., geborene F., als Vermächtnisnehmer meines Privatvermögens eingesetzt.
Diese Verfügung hebe ich wieder auf und ordne folgendes Vermächtnis an:
Das in der E. straße in G. gelegene Grundstück erhält mein alleiniger Erbe Heiner F. als Vorausvermächtnis. Er hat dafür an seine drei Geschwister Erhard F., Astrid W., geborene F. und Marie-Luise S., geborene F., einen Betrag in Höhe von 300.000,- DM zu zahlen. Sollte er nicht in der Lage sein, das Geld aufzubringen, so ist es ihm gestattet, den Betrag in fünf gleichen Jahresraten zu erbringen, beginnend mit dem Ende des Monats, in welchem diese Verfügung eröffnet worden ist. Meine drei vorgenannten Kinder Erhard, Astrid und Marie-Luise bestimmen, an wen die Raten jeweils zu zahlen sind.
Das übrige Privatvermögen erhalten meine drei Kinder Erhard, Astrid und Marie-Luise zu gleichen Teilen.
..."
Die abschließende Besprechung des Ergebnisses der Betriebsprüfung fand im Mai 1984 statt. Der Prüfer wies nach, daß für den Erwerb des Grundstücks E. straße durch Heinrich F. sen. auch von der Kommanditgesellschaft betrieblich genutzte Flächen eingebracht worden waren. Daraus errechnete er einen erheblichen Veräußerungsgewinn, den er jedoch bereit war, nach § 6 b EStG auf das Grundstück E. straße zu übertragen. Zur Vermeidung der andernfalls eintretenden Steuerpflicht war Heinrich F. sen. nunmehr damit einverstanden, daß das Grundstück per 31. Dezember 1982 als Betriebsgrundstück in die Prüferbilanz aufgenommen wurde.
Heinrich F. jun. schlug das sein Recht als Vertragserbe beeinträchtigende Vorausvermächtnis über das Grundstück E. straße aus und weigerte sich, den seinen Geschwistern als Gegenleistung dafür vermachten Betrag von 300.000 DM zu zahlen. Die Klägerin und ihre Schwester erhoben Klage gegen den Bruder, ihnen Einsichtnahme in die Bilanz der Heinrich F. KG zu gewähren und ihn zu verurteilen, an sie und ihren Bruder Erhard als Gesamtgläubiger 373.500 DM - davon 73.500 DM restliche Gegenleistung für das Grundstück Kö. straße - zu zahlen (4 O 43/86 LG Bielefeld).
Die Klage hatte nur hinsichtlich des Auskunftsverlangens Erfolg. Im übrigen wies das Landgericht sie mit der Begründung ab, eine Auslegung des Erbvertrages vom 1. Dezember 1981 ergebe, daß Heinrich F. jun. als Vertragserbe das Grundstück E. straße auf jeden Fall habe erhalten sollen, das dieses Recht beeinträchtigende Vermächtnis mithin unwirksam sei; die Gegenleistung für das Grundstück Kö. straße habe er dem Erblasser bereits zu dessen Lebzeiten erbracht.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte habe bei der Errichtung der letztwilligen Verfügung vom 3. Februar 1984 als Notar schuldhaft eine ihm auch ihr als mittelbar Beteiligter gegenüber obliegende Amtspflicht dadurch verletzt, daß er den Erblasser nicht dahin beraten habe, daß dessen Sohn Heinrich - wozu dieser auch bereit gewesen wäre - bei der Errichtung der letztwilligen Verfügung vom 3. Februar 1984 zugezogen werden müsse, um sicherzustellen, daß seine Geschwister die ihnen zugedachte Gegenleistung für das Vorausvermächtnis erhielten. Deshalb sei der Beklagte ihr zum Ersatz des ihr entstandenen Schadens verpflichtet. Im ersten Rechtszuge machte sie erfolgreich einen Teilbetrag in Höhe von 5.100 DM geltend. In der Berufungsinstanz erhöhte die Klägerin im Wege der Anschlußberufung ihre Klageforderung auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 109.335,59 DM - 100.000 DM Ersatz der ihr entgangenen Vermächtnisforderung, 9.335,59 DM Kosten des Vorprozesses und zur Freistellung von der Gebührenforderung ihrer Prozeßbevollmächtigten im Vorprozeß in Höhe von 6.338,97 DM. Das Oberlandesgericht gab unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten der Anschlußberufung der Klägerin statt.
Mit der Revision erstrebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet
I.
Das Berufungsgericht bejaht den Klageanspruch aus § 19 BNotO. Dazu führt es aus: Nach § 17 Abs. 1 und 2 BeurkG sei der Notar verpflichtet, den Willen der Beteiligten zu erforschen, sie über die rechtliche Tragweite des vorgesehenen Geschäfts zu belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig zu beurkunden. Auf Zweifel an der rechtlichen Wirksamkeit, insbesondere an den rechtlichen Voraussetzungen für den gewünschten Erfolg, habe er hinzuweisen und auf eine rechtliche Gestaltung hinzuwirken, durch die Risiken vermieden und die gewünschten Rechtsfolgen tatsächlich erreicht würden. Diese Amtspflicht, die dem Beklagten bei der Beurkundung der letztwilligen Verfügung vom 3. Februar 1984 auch gegenüber der Klägerin als einer der mittelbar Beteiligten und durch die Verfügung Begünstigten oblegen habe, sei von ihm nicht richtig erfüllt worden. Die Klägerin, ihr Vater, ihre Schwester und der Vertragserbe hätten sich bei der vom Beklagten geleiteten Besprechung am 1. Februar 1984 dahin geeinigt, daß Heinrich F. jun. nicht nur das Austauschgrundstück Kö. straße ..., sondern auch das Grundstück E. straße erhalten, für letzteres jedoch an seine drei Geschwister einen Betrag von 300.000 DM zahlen sollte. Der Beklagte hätte deshalb bedenken und darüber belehren müssen, welche Folgen sich für die vereinbarte Abstandszahlung von 300.000 DM daraus ergeben könnten, daß entgegen der Situation im Zeitpunkt der Beurkundung des Vermächtnisses im weiteren Verlauf der Betriebsprüfung das Grundstück doch in das Betriebsvermögen eingestellt werden würde. Seine Amtspflicht sei es gewesen, zu einer Gestaltung der Rechtsbeziehungen zu raten, bei der unabhängig von der Frage der Einstellung des Grundstücks E. straße in das Privat- oder Geschäftsvermögen auf jeden Fall die Zahlung der 300.000 DM sichergestellt war, wozu Heinrich F. jun. bereit gewesen wäre. Darüber hinaus sei der Beklagte, nachdem der Betriebsprüfer im Mai 1984 das Ergebnis seiner weiteren Ermittlungen offengelegt habe, verpflichtet gewesen, die Angelegenheit gegenüber den Beteiligten wieder aufzugreifen und sie über die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung zu belehren. Hierzu habe um so mehr Anlaß bestanden, als es nach seinem eigenen Vorbringen auch damals noch allein freie Entscheidung von Heinrich F. sen. gewesen sei, ob nunmehr das Grundstück in die Steuerbilanz aufgenommen werden sollte, um andernfalls anfallende Steuern zu sparen.
II.
Dagegen wendet sich die Revision mit Recht.
1.
Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesem den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO). Das Berufungsgericht meint, dem Beklagten habe aus § 17 BeurkG gegenüber der Klägerin als einer Beteiligten die Amtspflicht oblegen, dafür zu sorgen, daß die letztwillige Verfügung des Erblassers vom 3. Februar 1984 von diesem in einer Form errichtet wurde, die den seinerzeit gewünschten Erfolg sicherstellte. Diese Begründung begegnet rechtlichen Bedenken. Die Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen nicht den Schluß, daß die Klägerin Beteiligte im Sinne des § 17 BeurkG war. Beteiligt an der Beurkundung sind nach § 6 Abs. 2 BeurkG die Erschienenen, deren im eigenen oder fremden Namen abgegebene Erklärungen beurkundet werden sollen (vgl. BGH Senatsurt. v. 21. Januar 1988 - IX ZR 252/86, BGHR BeurkG § 6 Abs. 2, Beteiligter 1 m.w.N.; Arndt, Bundesnotarordnung, 2. Aufl., § 17 BeurkG, Anm. 3.4.4.). Die Klägerin war weder an der Errichtung der Testamentsurkunde formell beteiligt noch nach der Behauptung des Beklagten bei der Verhandlung überhaupt zugegen. Daß nicht nur der Erblasser, sondern auch sie bei der Besprechung am 1. Februar 1984 den Beklagten als Notar mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt habe, hat die Klägerin nicht behauptet.
2.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senatsurt. v. 11. Juni 1987 - IX ZR 87/86, NJW 1988, 63, 64 m.w.N.) sind Dritte im Sinne des § 19 BNotO nicht nur die an dem Amtsgeschäft unmittelbar beteiligten und etwaige sonst gemäß § 17 BeurkG zu belehrende Personen, sondern alle jene, deren Interesse durch das Amtsgeschäft nach dessen besonderer Natur berührt wird und in deren Rechtskreis eingegriffen werden kann, sogar wenn sie durch die Amtsausübung nur mittelbar betroffen werden. Die unter dieser Voraussetzung mögliche Einbeziehung Dritter in den Amtspflichtbereich gilt nicht nur für die Beurkundungstätigkeit, sondern grundsätzlich für jede Amtshandlung des Notars, mithin auch für die beratende und betreuende Tätigkeit. Eine selbständige Betreuungstätigkeit der in § 24 BNotO genannten Art dagegen beschränkt sich im allgemeinen auf die Wahrnehmung der Belange des Auftraggebers, weil eine solche Tätigkeit in der Regel nur in dessen Interesse liegt. Nach dem Vermerk des Beklagten vom 7. Februar 1984 und den in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 17. September 1987 ausweislich des Protokolls von den Parteien abgegebenen Erklärungen sollte durch die vom Erblasser am 3. Februar 1984 zur Niederschrift des Beklagten errichtete letztwillige Verfügung sichergestellt werden, daß das Grundstück E. straße dem Vertragserben Heinrich Finke jun. zufiel und seine drei Geschwister als Ausgleich dafür 300.000 DM bekamen. Das Berufungsgericht geht deshalb im Ergebnis zu Recht davon aus, daß der Beklagte, wenn die von ihm vorgeschlagene Form der letztwilligen Verfügung nicht geeignet war, den von dem Erblasser seinerzeit gewollten Erfolg zu erreichen, auch eine ihm der Klägerin gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt haben könnte mit der Folge, ihr zum Ersatz eines etwa daraus entstandenen Schadens verpflichtet zu sein.
3.
a)
Die Klägerin hatte durch Vertrag mit dem Erblasser wirksam auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichtet. Sie war deshalb von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn sie zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte, und hatte kein Pflichtteilsrecht (§ 2346 Abs. 1 BGB). Ihr Bruder Heinrich dagegen war durch den Erbvertrag vom 1. Dezember 1981 vertragsmäßig als alleiniger Erbe von seinem Vater eingesetzt, jedoch - nicht vertragsmäßig - mit dem Vermächtnis beschwert worden, dessen Privatvermögen, das nicht in der Bilanz der Heinrich F. KG ausgewiesen war, nach Maßgabe einer letztwilligen Teilungsanordnung an seine Geschwister auszukehren. Eine spätere Verfügung von Todes wegen, soweit sie das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigte, war mithin unwirksam (§ 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB). Da im Zeitpunkt des Erbfalls das Grundstück E. straße mit Willen des Erblassers in die Steuerbilanz der Heinrich F. KG eingestellt worden war und damit dem Vertragserben zustand, wäre jede darüber anderweitig getroffene letztwillige Verfügung - auch die in der aufgehobenen letztwilligen Verfügung vom 11. Januar 1984 enthaltene - ebenso unwirksam gewesen wie die Anordnung in der letztwilligen Verfügung vom 3. Februar 1984.
b)
Wenn der Erblasser, wie die Klägerin behauptet, erreichen wollte, daß sein Sohn Heinrich auch das Grundstück E. straße erhielt, brauchte er, wenn er dieses Grundstück steuerrechtlich als Geschäftsgrundstück ansah, nichts weiter zu veranlassen. Nur dann, wenn es sich nicht um ein Geschäftsgrundstück, sondern um ein zu seinem Privatvermögen gehörendes Grundstück handelte, das Heinrich F. sen. als Vermächtnis seinen anderen Abkömmlingen zugedacht hatte, war eine letztwillige Verfügung zugunsten des Vertragserben und ein von diesem dafür zu erbringender Ausgleich angezeigt und zweckmäßig. Dafür, daß Heinrich F. sen. das Grundstück Eickhoffstraße Anfang 1984 als Privatgrundstück ansah, spricht der ausdrückliche Wortlaut seiner letztwilligen Verfügungen vom 11. Januar und vom 3. Februar 1984. Wenn er sich später entschloß, aus steuerlichen Erwägungen das Grundstück nunmehr in die Bilanz der Heinrich F. KG als Betriebsgrundstück einzustellen, so daß es seinem Sohn Heinrich als Vertragserben zufiel, war der Beklagte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gehalten, nunmehr auf eine von der von dem Erblasser getroffenen Entscheidung abweichende andere Regelung hinzuwirken.
c)
Bei dem gegenwärtigen Sachstand läßt sich jedoch die Möglichkeit nicht ausschließen, daß Heinrich F. sen. bei der Besprechung am 1. und bei der Errichtung seiner letztwilligen Verfügung am 3. Februar 1984 davon ausging, daß das Grundstück E. straße steuerrechtlich als Betriebsgrundstück behandelt werden und aufgrund des Erbvertrages seinem Sohn Heinrich zufallen würde, gleichwohl aber erreichen wollte, daß dieser seinen Geschwistern noch eine Abfindung zahlte. Dafür fehlt es bisher ebenso an einem substantiierten Vortrag der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin wie auch an ihrer Behauptung, daß ihr Bruder Heinrich zu einer dann erforderlichen entsprechenden Abänderung des Erbvertrages (§ 2290 Abs. 1 Satz 1 BGB) bereit gewesen wäre.
Die Revision rügt zu Recht als Verletzung von § 286 ZPO, daß das Berufungsgericht, obgleich der Beklagte bestritten hatte, daß der Vertragserbe einer solchen Regelung zugestimmt haben würde, eine solche Zustimmung als unstreitig angesehen hat. Daß der Beklagte seinen im ersten Rechtszuge unter Berufung auf das Zeugnis von Heinrich F. jun. unter Beweis gestellten Vortrag (Bl. 42/43 d.A.) in der Berufungsinstanz wieder aufgenommen hat, ergibt die Gesamtwürdigung seiner Berufungsbegründung und die Wiederholung der Benennung des Zeugen (Bl. 111 d.A.), der im übrigen im Vorprozeß selbst vorgetragen hatte, zu einer Abänderung des Erbvertrages nicht bereit gewesen zu sein (Bl. 35/36 der vom Berufungsgericht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Beiakten 4 O 43/86 LG Bielefeld).
IV.
Die Aufhebung seines Urteils und die Zurückverweisung der Sache gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die erforderlichen Feststellungen nachzuholen. Sollte es aufgrund der erneuten Verhandlung wiederum dazu kommen, die Schadensersatzpflicht des Beklagten zu bejahen, würde es auch zu beachten haben, daß die Klage der Klägerin und ihrer Schwester gegen Heinrich F. jun. in Höhe von 73.500 DM abgewiesen worden ist, weil dieser die Verbindlichkeit zu Lebzeiten des Erblassers erfüllt hatte.
Unterschriften
Merz
Fuchs
Gärtner
Kreft
Kirchhof
Fundstellen