Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der einheitlichen Berufsausbildung in Fällen, in denen nach Realschulabschluß eine Lehre absolviert und der Besuch der Fachoberschule zur Erlangung der Fachhochschulreife und ein Fachhochschulstudium angeschlossen werden.
Normenkette
BGB § 1610 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 21. September 1993 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der 1968 geborene Kläger ist der Sohn des Beklagten aus dessen 1968 geschiedener Ehe. Er wuchs bei seiner sorgeberechtigten Mutter auf. Im Juli 1985 erreichte er nach der 10. Klasse den Realschulabschluß. Einen weiteren Verbleib auf der Gesamtschule gab er ein Jahr später auf, nachdem er das Klassenziel nicht erreicht hatte. ohne Erfolg blieb auch der anschließende einjährige Besuch der Berufsfachschule, Sparte Ländliche Hauswirtschaft. Von 1987 bis 1988 absolvierte er erfolgreich das Berufsgrundbildungsjahr an der Gewerbeschule in der Sparte Metalltechnik. Anschließend machte er bei der Firma Zeiss eine Lehre zum Industriemechaniker, Fachrichtung Geräte- und Feinwerktechnik, die er im Januar 1991 mit den Noten: Kenntnisprüfung „befriedigend” und Fertigkeitsprüfung „gut” abschloß. Nachdem er die anschließende Zeit durch einen Zeitarbeitsvertrag bei der Firma Zeiss überbrückt hatte, besuchte er ab Mitte August 1991 die Fachoberschule Technik und erwarb Mitte Juni 1992 die Fachhochschulreife mit der Durchschnittsnote 3,2. Bis zur Aufnahme seines Zivildienstes im Mai 1993 (nach Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer im Oktober 1992) war er arbeitslos. Nach Beendigung des Zivildienstes will er ab. Wintersemester 1994/95 an der Fachhochschule das Ingenieurstudium, Fachrichtung Maschinenbau, aufnehmen.
Der Beklagte hat seine Unterhaltsleistungen für den Kläger in dessen letztem Lehrjahr bei der Firma Zeiss eingestellt, weil der Kläger damals nicht mehr bedürftig war. Im vorliegenden Verfahren macht der Kläger rückständigen Unterhalt in Höhe von 6.408,50 DM für die Zeit des Besuchs der Fachoberschule von September 1991 bis einschließlich Juni 1992 geltend. Einen Antrag auf laufenden Unterhalt ab Juli 1992 hat er wegen des bevorstehenden Antritts des Zivildienstes nicht weiterverfolgt. Er ist der Auffassung, der Besuch der Fachoberschule und später das geplante Studium an der Fachhochschule seien eine Weiterbildung, die der Beklagte zu finanzieren habe.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht hat – unter Berufung auf die bisherige Senatsrechtsprechung – ausgeführt, die vom Kläger absolvierte Ausbildung zum Industriemechaniker stelle eine den Fähigkeiten und beachtenswerten Neigungen des Klägers angemessene Berufsausbildung dar, mit der der Beklagte seiner Unterhaltspflicht in ausreichendem Maße genügt habe. Einer der Ausnahmefälle, in denen die Eltern trotzdem zur Finanzierung einer weiteren Ausbildung herangezogen werden können, liege hier nicht vor. Zwar könne eine solche Pflicht in Betracht kommen, wenn die weitere Ausbildung zweifelsfrei als bloße Weiterbildung anzusehen sei. Der hierfür erforderliche enge zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen der Industriemechanikerlehre, dem Erwerb des Fachabiturs und dem geplanten Fachhochschulstudium Maschinenbau sei auch gewahrt. Es fehle aber an der zusätzlichen Voraussetzung, daß der Kläger seine weitere Ausbildung von vornherein angestrebt habe. Der Kläger habe nämlich – auf seinen zuvor widersprüchlichen Vortrag hierzu angesprochen – bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Oberlandesgericht erklärt, er habe zu Beginn der Lehre an eine gegebenenfalls mögliche Weiterqualifizierung gedacht, sei sich jedoch unsicher gewesen, ob ihm ein solcher Ausbildungsweg überhaupt zusage. Den Entschluß, weiterzumachen, habe er erst in der Lehre gefaßt, und zwar wegen der durch einen Fachoberschul- bzw. einen Fachhochschulabschluß verbesserten Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts genügt dies nicht, die weitere Ausbildung als bloße Weiterbildung innerhalb eines einheitlichen Ausbildungsganges zu qualifizieren. Ein nur sukzessiv mit dem Erreichen der jeweiligen Ausbildungsstufe gefaßter Entschluß über den weiteren Ausbildungsgang, wie ihn der Senat wegen des insoweit geänderten Ausbildungsverhaltens der Abiturienten für den mehrstufigen Ausbildungsweg Abitur Lehre – Studium als ausreichend angesehen habe, komme bei der Ausbildungskette Lehre – Fachoberschule – Fachhochschule nicht in Betracht, weil sich hier kein entsprechend geändertes Ausbildungsverhalten feststellen lasse.
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
a) Nach § 1610 Abs. 2 BGB umfaßt der Unterhalt eines Kindes die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Geschuldet wird danach eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält. Eltern, die ihrem Kind eine solche Berufsausbildung gewährt haben, sind daher nicht verpflichtet, auch noch Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen. Ausnahmen hat der Senat nur unter besonderen Umständen angenommen, nämlich wenn der Beruf etwa aus gesundheitlichen oder sonstigen, bei Ausbildungsbeginn nicht vorhersehbaren Gründen nicht ausgeübt werden kann oder wenn das Kind von den Eltern in einen seiner Begabung nicht hinreichend Rechnung tragenden Beruf gedrängt wurde oder die Erstausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung beruht. Ferner kommt eine weitergehende Unterhaltspflicht in Betracht, wenn die weitere Ausbildung zweifelsfrei als eine bloße in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehende Weiterbildung zu dem bisherigen Ausbildungsweg anzusehen ist und von vornherein angestrebt war oder während der ersten Ausbildung eine besondere, die Weiterbildung erfordernde Begabung deutlich wurde (BGHZ 69, 190 f, 194 = FamRZ 1977, 629; Senatsurteile vom 24. September 1980 – IVb ZR 506/80 = FamRZ 1980, 1115; vom 6. Februar 1991 – XII ZR 56/90 = FamRZ 1991, 931; weitere Nachweise in BGHZ 107, 376, 380 = FamRZ 1989, 853, 854).
Diese Grundsätze hat der Senat für die Fälle modifiziert, in denen ein Kind nach Erlangung der Hochschulreife auf dem herkömmlichen schulischen Weg (Abitur) eine praktische Ausbildung (Lehre) absolviert und sich erst danach zu einem Studium entschließt (sogenannte Abitur – Lehre – Studium – Fälle, BGHZ 107 aa0; kritisch dazu Schwab Festschrift für Jauch 1990, S. 201, 210 f). Grund für die Modifizierung war das zunehmend geänderte Ausbildungsverhalten der Studienberechtigten, die sich durch eine praktische Berufsausbildung eine sichere Lebensgrundlage schaffen, ein anschließendes Studium aber nicht von vornherein ausschließen wollen. Dabei hat der Senat allerdings wegen des aus § 1610 Abs. 2 BGB abzuleitenden Merkmals der Einheitlichkeit des Ausbildungsganges daran festgehalten, daß die einzelnen Ausbildungsabschnitte in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und die praktische Ausbildung und das Studium sich jedenfalls sinnvoll ergänzen müssen (BGHZ 107 aa0 382; Senatsurteile vom 27. September 1989 – IVb ZR 83/88 – BGHR BGB 5 1610 Abs. 2 Studium 3 = FamRZ 1990, 149; vom 12. Juni 1991 – XII ZR 163/90 = FamRZ 1991, 1044, 1045; vom 23. Oktober 1991 – XII ZR 174/90 – BGHR aa0 Studium 5 = FamRZ 1992, 170; vom 12. Mai 1993 – XII ZR 18/92 – BGHR aa0 Angemessenheit 1 = FamRZ 1993, 1057 und vom 20. Mai 1992 – XII ZR 131/91 – BGHR aaO Studium 6 = FamRZ 1992, 1407). Er hat es jedoch genügen lassen, daß der Studienentschluß nicht von vornherein, sondern erst nach Beendigung der Lehre gefaßt wird, weil es gerade der Eigenart des vom herkömmlichen Bild abweichenden Ausbildungsverhaltens entspricht, daß sich der Abiturient bei Aufnahme der praktischen Ausbildung vielfach noch nicht über ein anschließendes Studium schlüssig ist (BGH 107 aaO).
Eine Übertragung dieser für die Fälle Abitur – Lehre Studium entwickelten Grundsätze auf die Fälle Lehre – Fachoberschule – Fachhochschulstudium hat der Senat bereits verneint (Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 – XII ZR 111/89 – BGHR aa0 Studium 4 = FamRZ 1991, 320, 321; zur mangelnden Vergleichbarkeit der Fälle vgl. im übrigen Senatsurteile vom 20. Mai 1992, 12. Juni 1991 und 23. Oktober 1991 jeweils aa0). Er hat darauf abgestellt, daß die einzelnen Ausbildungsabschnitte dann eine einheitliche, von den Eltern zu finanzierende Berufsausbildung darstellen, wenn schon bei Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar eine Weiterbildung einschließlich eines Studiums angestrebt wurde. Er hat allerdings offengelassen, ob die Einheitlichkeit auch dann bejaht werden könnte, wenn die Studienabsicht erst zu einem späteren Zeitpunkt gefaßt worden wäre.
In der Rechtsprechung – auch der Verwaltungsgerichte und Literatur wird eine Ausdehnung der für die Abitur Lehre – Studium – Fälle gelockerten Grundsätze auf einen Fall wie den vorliegenden Überwiegend abgelehnt und gefordert, daß der Auszubildende den Ausbildungsgang bis zum späteren Fachhochschulstudium von Anfang an erkennbar geplant hat (vgl. neben dem hier angegriffenen Urteil des OLG Stuttgart auch OLG Bueerg FamRZ 1988, 1087, 1088; OLG Karlsruhe NJW-RR 1991, 642; OLG Hamm 2. Familiensenat FamRZ 1992, 592; OLG Schleswig FamRZ 1992, 593; BVerwG Beschluß vom 10. Januar 1990 – 5 B 142/89 – NJW 1990, 1129; ähnlich BVerwG in seiner früheren Entscheidung vom 30. April 1987 – 5 B 103/86 – NJW 1988, 154; OVG Schleswig FamRZ 1992, 490; MünchKomm/Köhler BGB 3. Aufl. S 1610 Rdn. 21; Soergel/Häberle BGB 12. Aufl. Nachtrag S 1610 Rdn. 20 f; a.A. OLG Hamm 9. Familiensenat FamRZ 1990, 196; Landgericht Freiburg FamRZ 1990, 308).
c) Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, von den bisher entwickelten Leitgedanken abzuweichen und ihn den Abitur-Lehre-Studium-Fällen uneingeschränkt gleichzustellen.
aa) Auszugehen ist von dem Grundsatz, daß die Eltern nicht für die Kosten einer zweiten oder weiteren Ausbildung herangezogen werden können, wenn sie ihre Unterhaltspflicht durch Finanzierung einer begabungsgerechten abgeschlossenen Berufsausbildung in rechter Weise erfüllt haben (BGHZ 69, aaO 193). Dahinter steht der Gedanke, daß die Reichweite der Unterhaltspflicht der Eltern von der Frage mitbestimmt wird, inwieweit sie damit rechnen müssen, daß ihr Kind nach einem Schulabschluß und einer zu Ende geführten, in sich geschlossenen Berufsausbildung noch eine berufsqualifizierende Ausbildung – gegebenenfalls über weitere Ausbildungsstufen hinweg – anstreben werde. Die Belange der Unterhaltspflichtigen dürfen dabei nicht unberücksichtigt bleiben. Denn die Eltern müssen sich in ihrer eigenen Lebensplanung in etwa darauf einstellen können, wie lange sie mit einer Unterhaltslast zu rechnen haben. Hat etwa der Auszubildende mit Abschluß seiner praktischen Ausbildung bereits ein Alter erreicht, in dem die Eltern nicht mehr damit rechnen müssen, daß er noch eine weiterführende Schule und ein Studium anschließen wird, so wird eine Verpflichtung zur Finanzierung dieser weiteren Ausbildung um so weniger in Betracht kommen. Auch ist das Ausbildungsunterhaltsverhältnis zwischen Eltern und Kindern insoweit von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt, als einerseits die Eltern leichtere Verzögerungen oder ein zeitweiliges Versagen hinnehmen müssen (Senatsurteil vom 27. September 1989 aaO), andererseits das Kind seine Ausbildung mit Fleiß und Zielstrebigkeit angehen (vgl. Senatsurteile vom 23. Mai 1984 – IVb ZR 39/83 – FamRZ 1984, 777, 778 und vom 11. Februar 1987 – IVb ZR 23/86 – BGHR aa0 Studium 1 = FamRZ 1987, 470, 471) und den Eltern Auskunft über den Stand und die Dauer der geplanten Ausbildung geben muß (Senatsurteil vom 11. Februar 1987 aa0). Diese Gesichtspunkte wirken sich nicht erst bei der Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für die Eltern aus, sondern haben bereits Einfluß darauf, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Ausbildungsweg noch als geschuldete einheitliche Vorbildung zu einem Beruf oder als grundsätzlich nicht mehr geschuldete Zweitausbildung anzusehen ist.
Vor diesem Hintergrund ergeben sich wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Ausbildungsvarianten Abitur Lehre – Studium einerseits und mittlere Reife – Lehre Fachoberschule – Fachhochschule andererseits, die es rechtfertigen, jeweils auf andere Kriterien abzustellen. Während der Abiturient insbesondere in der Oberstufe mehr an das theoretische Denken herangeführt und damit auf das Hochschulstudium vorbereitet wird, gewährt der Realschulabschluß dem Absolventen eine Vorbildung, die Grundlage für eine praxisorientierte Berufsausbildung sein kann. Hat ein Kind auf dem herkömmlichen schulischen Weg das Abitur und damit die Zugangsberechtigung zum Studium erlangt, müssen die Eltern regelmäßig von vornherein mit einer Hochschulausbildung rechnen. Aufgrund des allgemein geänderten Ausbildungsverhaltens der Abiturienten müssen sie dabei allerdings gewärtigen, daß eine praktische Ausbildung vorgeschaltet und der Entschluß zu dem fachlich darauf aufbauenden Studium erst anschließend gefaßt wird. Eine solche Vorausschau ergibt sich demgegenüber nicht ohne weiteres in den Fällen, in denen ein Kind, nachdem es aufgrund seiner Fähigkeiten und seines Leistungswillens einen Haupt- oder Realschulabschluß erreicht hat, im Anschluß an eine Lehre zunächst durch Wiederaufnahme einer schulischen Ausbildung die Fachhochschulreife zu erlangen sucht, um alsdann ein Fachhochschulstudium anzuschließen.
Das spricht dafür, in den letztgenannten Fällen die Einheitlichkeit der Ausbildung jedenfalls dann zu verneinen, wenn das Kind nicht von vornherein die Absicht hatte, nach der Lehre die Fachoberschule zu besuchen und anschließend zu studieren, und die Eltern mit einem derartigen beruflichen Werdegang des Kindes auch nicht aufgrund sonstiger besonderer Anhaltspunkte zu rechnen brauchen, die sich etwa aus der bisherigen schulischen Entwicklung ergeben oder sich auch in der anschließenden Lehre zeigen können, indem sie eine deutliche Begabung, insbesondere in theoretischer Hinsicht, für einen Fachbereich und für eine Weiterbildung auf diesem Gebiet erkennen lassen.
Ob etwas anderes gelten müßte, wenn sich auch insoweit ein allgemein geändertes Ausbildungsverhalten feststellen ließe und sich etwa ergäbe, daß Kinder mit Realschulabschluß in zunehmendem Maße nach einer praktischen Ausbildung die Fachoberschule besuchen und alsdann studieren, kann hier dahinstehen. Auch wenn das der Fall wäre, müßte die Einheitlichkeit der Ausbildung weiterhin verneint werden, wenn die schulische Ausbildung (zunächst) scheitert und beim Eintritt in die praktische Berufsausbildung weder die Absicht besteht, nach deren Abschluß die Fachoberschule zu besuchen und zu studieren, noch sonst nach der erkennbar gewordenen Begabung oder nach der Leistungsbereitschaft und dem Leistungsverhalten des Kindes eine entsprechende Weiterbildung nach Abschluß der Lehre zu erwarten steht. Hier braucht der Unterhaltspflichtige nicht damit zu rechnen, nach dem Abschluß der berufsqualifizierenden praktischen Ausbildung des Kindes zu weiteren Unterhaltsleistungen herangezogen zu werden.
bb) So liegt der vorliegende Fall.
Das Oberlandesgericht hat festgestellt, daß der Kläger nach seinen eigenen Einlassungen die weitere Ausbildung nicht von vornherein angestrebt habe. Nach teilweise widersprüchlichem Vortrag über den Zeitpunkt seines Entschlusses zur Weiterbildung habe er in der mündlichen Verhandlung angegeben, zu Beginn der Lehre unsicher gewesen zu sein, ob ihm ein solcher Ausbildungsweg überhaupt zusage; sein im weiteren Verlauf der Lehre gefaßter Entschluß „weiterzumachen” habe maßgeblich auf seiner Unsicherheit beruht, ob er nach Abschluß der Lehre in eine feste Anstellung übernommen werde. Aufgrund dieser Angaben ist das Oberlandesgericht zu der Überzeugung gelangt, daß es an einem anfänglich gefaßten einheitlichen Plan für die Ausbildung fehle.
Hiergegen macht die Revision geltend, da das Oberlandesgericht den mündlichen Angaben des Klägers im Termin gegenüber seinem anderslautenden Sachvortrag den Vorzug gegeben und prozeßentscheidende Bedeutung beigemessen habe, habe es diese Angaben wie eine echte Parteivernehmung gemäß 5 160 Abe. 3 Nr. 4 ZPO protokollieren oder in einem Berichterstattervermerk festhalten müssen.
Damit kann sie nicht durchdringen. Der Kläger ist vom Oberlandesgericht gemäß 5 141 ZPO zur Erläuterung seines widersprüchlichen Sachvortrags mündlich angehört worden. Daß das Gericht diesen Angaben insoweit den Vorzug gegeben hat, als sie sich von dem schriftsätzlichen Sachvortrag des Klägers unterschieden, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. Zöller/Greger ZPO 19. Aufl. S 141 Rdn. 1 m.w.N.). Anders als bei einer Parteivernehmung mußten die Angaben weder im Protokoll gemäß 5 160 Abe. 3 Nr. 4 ZPO noch in einem Berichterstattervermerk festgehalten werden (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 1988 – IVb ZR 27/88 FamRZ 1989, 157, 158 m.N.). Daß es sich in Wahrheit um eine Parteivernehmung gehandelt habe, macht die Revision nicht geltend. Die Angaben sind im übrigen in den Urteilsgründen in einer gesonderten Passage – teilweise wörtlich – in nachprüfbarer Weise wiedergegeben. Daß der Kläger bei seiner Anhörung noch wesentlich andere Erklärungen abgegeben habe, macht die Revision nicht geltend. Die von ihr zitierten Entscheidungen (BGHZ 40, 84; BGH Urteil vom 27. November 1968 – IV ZR 675/68 – NJW 1969, 428; BGH LM S 141 ZPO Nr. 2) betreffen nicht vergleichbare Sachverhalte.
Hiernach hat der Kläger mit dem Eintritt in die betriebliche Ausbildung nicht den Plan verfolgt, nach deren Abschluß die Fachoberschule zu besuchen und zu studieren. Auch sonst stand eine solche Weiterbildung nicht zu erwarten. So hatte der Kläger die Gesamtschule am Ende der 11. Klasse verlassen, nachdem er das Klassenziel nicht erreicht hatte. Dabei hatte er nach dem letzten Zeugnis jedes Leistungsbereitschaft für eine Fortsetzung der schulischen Ausbildung vermissen lassen. Ähnlich verhält es sich mit dem anschließenden Besuch der einjährigen Berufsfachschule – Sparte Hauswirtschaft/ländliche Hauswirtschaft – für Realschulabsolventen. Auch hier weist das Abgangszeugnis unzureichende Leistungen aus und läßt auf einen Mangel an Leistungsbereitschaft schließen. Das darauf folgende Grundbildungsjahr in der Sparte Metalltechnik hat der Kläger zwar erfolgreich absolviert. verlauf und Ergebnis lassen jedoch vor allem auf eine handwerklich-technische Begabung und eine darauf bezogene Leistungsbereitschaft schließen. Dagegen sind insoweit keine Anhaltspunkte für einen auf die spätere Fortsetzung der schulischen Ausbildung bezogenen Leistungswillen erkennbar, obwohl der Kläger – mittlerweile nahezu 20-Jährig – ausreichend Gelegenheit hatte, sich nach dem Grundbildungsjahr und der Ende 1987 erfolgten Berufsberatung durch das Arbeitsamt über den Inhalt und die Möglichkeiten einer Weiterbildung auf dem einschlägigen Gebiet klarzuwerden.
cc) Unter diesen Umständen brauchte der Beklagte nicht damit zu rechnen, daß der Kläger, der nach damaliger Voraussicht bis zum Abschluß der Lehre ein Alter von gut 22 Jahren erreicht haben wurde, es mit dieser berufsqualifizierenden Ausbildung nicht bewenden lassen, sondern nach deren Abschluß noch eine Weiterbildung auf theoretischem Gebiet anschließen und dazu weiteren Unterhalt verlangen werde. Wenn der Kläger sich später gleichwohl dazu entschlossen und die Fachoberschule besucht hat, um anschließend zu studieren, so ist darin eine schrittweise versuchte Qualifizierung und keine einheitliche Berufsausbildung zu erblicken, für die er nach S 1610 Abs. 2 BGB allein Unterhalt beanspruchen kann.
3. Soweit die Revision schließlich darauf abhebt, daß es hier nur um die Finanzierung der Zeit in der Fachoberschule gehe und die dort erworbenen theoretischen Kenntnisse die Einstellungschancen verbesserten, fährt dies ebenfalls nicht zum Erfolg. Denn die sich an eine abgeschlossene Berufsausbildung anschließende Fachoberschule fährt nicht zu einem eigenen qualifizierten Berufsabschluß. Sie ist lediglich notwendige Vorstufe zum Fachhochschulstudium. Die Kombination von Lehre und Fachoberschule allein kann daher noch nicht als eine eigenständige, einheitliche Berufsausbildung angesehen werden. Davon geht im übrigen der Kläger ersichtlich selbst nicht aus. Denn er hat sich Unterhaltsforderungen für die weitere Finanzierung des Studiums für die Zeit nach Beendigung des Zivildienstes vorbehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 609892 |
NJW 1995, 718 |