Leitsatz (amtlich)
Ist der Mieter ohne Rücksicht auf den weiterbestehenden Mietvertrag endgültig ausgezogen und hat keine Miete mehr gezahlt und vermietet der Vermieter daraufhin das Mietobjekt zu einem niedrigeren Mietzins weiter, der dem erzielbaren Marktpreis entspricht, so bleibt der Mieter verpflichtet, die Mietdifferenz zu zahlen. Er kann sich gegenüber dem Mietzinsanspruch des Vermieters nicht darauf berufen, der Vermieter sei wegen der Weitervermietung zur Gebrauchsüberlassung an ihn nicht mehr in der Lage gewesen.
Normenkette
BGB § 552 S. 3
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Urteil vom 12.08.1991) |
LG Ellwangen |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. August 1991 aufgehoben und die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte betreibt Bäckereifachgeschäfte. Mit Vertrag vom 1. Juli 1984 verpachtete der Kläger der Beklagten ein Ladenlokal zum Betrieb eines solchen Bäckereifachgeschäfts einschließlich der Ladeneinrichtung, zu der u. a. eine Verkaufstheke und ein Brotregal gehörten. Der Vertrag wurde fest abgeschlossen bis zum 30. Juni 1992 und sollte sich jeweils um ein weiteres Jahr verlängern, wenn er nicht mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten gekündigt werde. Im März 1987 erfuhr der Kläger, daß die Beklagte die Absicht habe, die in den gepachteten Räumen betriebene Filiale aufzugeben. Es kam daraufhin zu Gesprächen zwischen den Parteien, bei denen der Kläger zu erkennen gab, er sei unter Umständen daran interessiert, das Ladenlokal als Apotheke zu vermieten. Der Kläger führte dann auch mit einer Firma P., die als Maklerin tätig wurde, Verhandlungen wegen der Vermittlung eines Mieters, die aber – wie zwischen den Parteien inzwischen nicht mehr streitig ist – nicht zum Erfolg führten. Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, im Zusammenhang mit diesen Verhandlungen sei der zwischen den Parteien bestehende Pachtvertrag einvernehmlich aufgehoben worden.
Im März oder April 1988 räumte die Beklagte das Geschäftslokal und zahlte ab 1. Mai 1988 keinen Pachtzins mehr.
Im September 1988 baute der Kläger die Ladentheke und das Brotregal aus dem Geschäftslokal aus und veräußerte diese Gegenstände, um seinen Bankverpflichtungen nachkommen zu können.
In einem Vorprozeß hat er den vereinbarten Pachtzins für die Monate Mai bis Dezember 1988 eingeklagt. Das Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 25. April 1990 das erstinstanzliche Urteil bestätigt, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, bis einschließlich September 1988 Pachtzins zu zahlen. Dagegen hat es die Klage abgewiesen wegen des Pachtzinses für die Monate Oktober bis Dezember 1988. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Parteien hätten den Pachtvertrag nicht einvernehmlich aufgehoben, der Pachtvertrag sei nach wie vor wirksam. Der Kläger könne aber für die Zeit nach September 1988 keinen Pachtzins verlangen, weil er nach dem Ausbau der Theke und des Brotregals nicht mehr in der Lage gewesen sei, der Beklagten den Gebrauch der Pachtsache zu überlassen. Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden.
Mit Vertrag vom 1. April 1990 verpachtete der Kläger das Geschäftslokal mit einer Laufzeit des Vertrages von fünf Jahren an eine andere Firma, allerdings zu einem deutlich niedrigeren Pachtzins.
Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger (soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung) den vollen Pachtzins für die Monate Januar 1989 bis März 1990 und die Differenz zwischen dem alten Pachtzins und dem neuen Pachtzins für die Monate April 1990 bis Februar 1991 geltend. Weiter hat er beantragt festzustellen, daß die Beklagte ihm den Pachtzinsausfall bis Juni 1992 zu ersetzen habe, hilfsweise daß der zwischen den Parteien abgeschlossene Pachtvertrag bis zum 30. Juni 1992 wirksam sei. Als Hilfsantrag zu diesem Hilfsantrag hat er beantragt, die Beklagte zur Zahlung der Pachtdifferenz bis Juni 1992 zu verurteilen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht festgestellt, daß das zwischen den Parteien bestehende Pachtverhältnis fortbestehe, und im übrigen die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Anträge (soweit ihnen nicht stattgegeben worden ist) weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger könne für die Zeit nach dem 1. April 1990 nicht die Pachtzinsdifferenz verlangen, weil er die Pachträume ab dem 1. April 1990 ohne vorherige Unterrichtung der Beklagten auf Dauer erneut verpachtet und an den neuen Pächter übergeben habe und weil er sich damit die Gebrauchsgewährung an die Beklagte unmöglich gemacht habe. Seine Pachtzinsforderung sei damit nach §§ 552 Satz 3, 581 Abs. 2 BGB entfallen. Gegen diese Ausführungen des Berufungsgerichts wendet sich die Revision mit Erfolg.
2. Nach § 581 Abs. 2 BGB sind die hier einschlägigen Vorschriften des Mietrechts auf den Pachtvertrag entsprechend anzuwenden. Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob der Mieter dem Vermieter die Differenzmiete zahlen muß, wenn der Mieter vorzeitig auszieht und der Vermieter – ohne den Mietvertrag zu kündigen – die gemieteten Räume zu einem geringeren Mietzins an einen Dritten weitervermietet.
Es wird erstens die Meinung vertreten, in einem solchen Falle erlösche regelmäßig der gesamte Mietzinsanspruch gegen den ursprünglichen Mieter nach § 552 Satz 3 BGB (so OLG Düsseldorf, OLGZ 1986, 333, 336; OLG München, ZMR 1992, 51, 52; OLG Frankfurt – allerdings nicht in den tragenden Gründen –, ZMR 1970, 49, 50; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl. 1988, III Rdn. 100 ff).
Eine zweite Meinung nimmt an, es entspreche nicht der Billigkeit, wenn sich der vertragsuntreue Mieter auf § 552 Satz 3 BGB berufen könne und die Mietdifferenz nicht zahlen müsse, obwohl der Vermieter, indem er das Mietobjekt weitervermietet habe, zumindest auch und entscheidend im Interesse des Mieters gehandelt habe, weil auf diese Weise der wirtschaftliche Schaden verringert werde (Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 6. Aufl. 1991, Rdn. 162; RGRK BGB-Gelhaar, 12. Aufl. 1978, § 552 Rdn. 10; von Brunn in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, III A Rdn. 130; OLG Düsseldorf, ZMR 1993, 114, 115).
Eine dritte Meinung will den Anspruch des Vermieters auf Zahlung der Differenzmiete nur dann nicht entfallen lassen, wenn der Vermieter vor der Weitervermietung dem Mieter gegenüber deutlich gemacht hat, daß er in dessen Interesse – mit dem Ziel, ihn von der geschuldeten Mietzinszahlung ganz oder teilweise freizustellen – die Mietsache an einen Dritten weitervermieten will. Dieses Erfordernis soll nur ausnahmsweise entfallen, z. B. wenn der Aufenthalt des Mieters nicht zu ermitteln ist (begründet von OLG Hamm, ZMR 1986, 281 f; MünchKomm BGB-Voelkskow. 2. Aufl. 1988, § 552 Rdn. 5; wohl auch Emmerich/Sonnenschein, Miete, 6. Aufl. 1991, § 552 Rdn. 13, die allerdings die Pflicht des Vermieters zur vorherigen Unterrichtung des Mieters in weiteren Fällen für entbehrlich zu halten scheinen).
Der Bundesgerichtshof hat die Frage mehrfach offengelassen (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1982 – VIII ZR 206/81, NJW 1983, 749, 750; Urteil vom 16. September 1981 – VIII ZR 161/80, NJW 1982, 376; vergleiche auch Wolf/Eckert aaO Rdn. 162).
3. Das Berufungsgericht schließt sich der dritten Meinung an und läßt den Anspruch des Klägers auf Zahlung der Differenzpacht daran scheitern, daß der Kläger sein Vorhaben, das von der Beklagten zurückgelassene Ladenlokal weiterzuverpachten, der Beklagten nicht vorher angezeigt hat. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Vorzug ist – mit einigen notwendigen Präzisierungen – der zweiten Meinung zu geben.
a) Zwar spricht der Wortlaut des § 552 Satz 3 BGB für die Richtigkeit der ersten Meinung. Es heißt dort, daß der Mieter zur Entrichtung des Mietzinses nicht verpflichtet ist, solange der Vermieter infolge der Gebrauchsüberlassung an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren. Nur solange der Vermieter selbst erfüllungsbereit ist, gebührt ihm an sich nach § 552 Satz 3 BGB der Mietzins (so BGHZ 38, 295, 300). Vermietet der Vermieter die Mietsache weiter ohne die Vereinbarung, daß der neue Mieter sie sofort zurückgeben muß, wenn der alte Mieter die Gebrauchsüberlassung verlangt, so ist der Vermieter infolge der Überlassung der Mietsache an einen Dritten nicht in der Lage, den Vertrag mit dem alten Mieter zu erfüllen. Auch Vertreter der Gegenmeinung räumen ein, daß der Mieter „bei strikter Befolgung” des Gesetzes von seiner Verpflichtung zur Zahlung der Miete frei würde (so Wolf/Eckert aaO Rdn. 162).
b) Die Vertreter der zweiten und auch der dritten Meinung weisen aber zu Recht darauf hin, daß es zu grob unbilligen Ergebnissen führen kann, wenn der Mieter, der ohne Rücksicht auf den bestehenden Mietvertrag ausgezogen ist und keine Miete mehr gezahlt hat, von seiner Verpflichtung zur Zahlung der Miete grundsätzlich und ohne Einschränkung nur deshalb frei würde, weil der Vermieter das Mietobjekt zu einem niedrigeren Mietzins weitervermietet und auf diese Weise versucht hat, aus der von dem Mieter vertragswidrig geschaffenen Situation im beiderseitigen Interesse das Beste zu machen.
Eine Korrektur kann aber nicht, wie das Berufungsgericht im Anschluß an das Oberlandesgericht Hamm (aaO ZMR 1986, 281 f) annimmt, in der Weise erfolgen, daß der Vermieter seinen Anspruch auf Zahlung der Miete behält, wenn er nur seine Absicht, die vom Mieter zurückgelassene Mietsache weiterzuvermieten, dem Mieter vorher mitteilt. Einer solchen Mitteilung kann – wie noch auszuführen ist – in anderem Zusammenhang eine gewisse Bedeutung zukommen, sie ist für sich allein aber nicht geeignet, dem Vermieter entgegen § 552 Satz 3 BGB seinen Anspruch auf Zahlung der Mietdifferenz zu erhalten. Ein Schuldverhältnis (hier: der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag) kann – von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen – nur durch einen Vertrag zwischen den Beteiligten inhaltlich verändert werden, nicht durch eine einseitige Erklärung (§ 305 BGB). Es erscheint auch wenig sinnvoll, einerseits den Anspruch des Vermieters auf Zahlung der Mietdifferenz davon abhängig zu machen, ob er seine Absicht zur Weitervermietung vorher mitgeteilt hat, wenn es andererseits nicht darauf ankommen soll, ob und wie der Mieter auf eine erfolgte Mitteilung reagiert hat.
c) Eine Korrektur hat vielmehr zu erfolgen nach den Grundsätzen über den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Der Bundesgerichtshof hat schon mehrfach entschieden, daß es dem Mieter wegen der besonderen Fallgestaltung des Einzelfalles nach Treu und Glauben versagt sein kann, sich auf § 552 Satz 3 BGB zu berufen (vgl. z. B. BGH aaO NJW 1982, 376 und NJW 1983, 749, 750). Auch außerhalb des Mietrechts ist allgemein anerkannt, daß es rechtsmißbräuchlich sein kann, wenn jemand aus einem Verhalten seines Vertragspartners Rechte herleiten will, das er selbst durch einen groben Vertragsbruch erst herbeigeführt hat (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 23. März 1971 – VI ZR 199/69 – NJW 1971, 1126; RGRK BGB-Alff, 12. Aufl. 1976, § 242 Rdn. 120; MünchKomm/BGB-Roth, aaO § 242 Rdn. 275 f, jeweils m.N.). Hat der Mieter eine grobe Vertragsverletzung begangen, indem er ohne Rücksicht auf den weiterbestehenden Mietvertrag endgültig ausgezogen ist und keine Miete mehr gezahlt hat, und hat er auf diese Weise den Vermieter veranlaßt, die Mietsache zu einem niedrigeren Mietzins weiter zu vermieten, so handelt er regelmäßig rechtsmißbräuchlich, wenn er die Zahlung der Differenzmiete verweigern will mit der Begründung, der Vermieter sei wegen der Weitervermietung zur Gebrauchsüberlassung an ihn nicht mehr in der Lage gewesen. Die Annahme eines solchen rechtsmißbräuchlichen Verhaltens führt dazu, daß der Mieter trotz der Weitervermietung entgegen § 552 Satz 3 BGB zur Zahlung des Mietzinses verpflichtet bleibt (vgl. Soergel/Teichmann aaO § 242 Rdn. 28; MünchKomm/BGB-Roth aaO § 242 Rdn. 236) und der Vermieter sich lediglich den Mietzins anrechnen lassen muß, den er aus der Weitervermietung erzielt (§ 552 Satz 2 BGB).
d) Allerdings kann man nicht in allen Fällen, in denen der Mieter endgültig ausgezogen ist, obwohl das Mietverhältnis noch nicht beendet war, einen groben Vertragsbruch des Mieters annehmen, der in dem dargestellten Sinne den Einwand rechtsmißbräuchlichen Verhaltens rechtfertigen würde. Es kann im Einzelfall schwierig zu beurteilen sein, ob eine ausgesprochene Kündigung zur Beendigung des Mietvertrages geführt hat oder ob bei Verhandlungen, die die Mietparteien über eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses geführt haben, eine verbindliche Einigung erzielt wurde. Ob der Mietvertrag beendet war oder nicht, steht in solchen Fällen unter Umständen erst nach gerichtlicher Klärung endgültig fest. Ist der Mieter in einem solchen Falle bei seinem Auszug aus nachvollziehbaren Gründen davon ausgegangen, das Mietverhältnis sei beendet, so kann man ihm keinen groben Vertragsbruch anlasten, auch wenn sich später herausstellt, daß er sich geirrt hat. Je weniger Anlaß der Mieter zu der Annahme hatte, das Mietverhältnis sei beendet, um so eher handelt er rechtsmißbräuchlich, wenn er sich wegen der Weitervermietung auf mangelnde Erfüllungsbereitschaft des Vermieters beruft.
Auch wenn dem Mieter ein grober Vertragsbruch vorzuwerfen ist, ist es ihm nur dann verwehrt, sich auf § 552 Satz 3 BGB zu berufen, wenn sich der Vermieter redlich bemüht hat, durch die Weitervermietung aus der von dem Mieter vertragswidrig geschaffenen Situation im beiderseitigen Interesse das Beste zu machen. Das ist z. B. nicht der Fall, wenn der Vermieter im Vertrauen darauf, daß der Mieter die Mietdifferenz zahlen müsse, die Mietsache ohne hinreichenden Grund unter dem erzielbaren Marktpreis weitervermietet hat (vgl. Emmerich/Sonnenschein aaO § 552 Rdn. 13).
e) In Fällen, in denen aus der Sicht des Vermieters nicht eindeutig feststeht, ob der Mieter endgültig ausgezogen ist oder ob der Mieter mit nachvollziehbaren Gründen annehmen konnte, das Mietverhältnis sei beendet, kann eine Mitteilung des Vermieters an den Mieter, er werde versuchen, die Mietsache im beiderseitigen Interesse weiterzuvermieten und dann nur noch eine eventuelle Mietdifferenz geltend machen, entscheidende Bedeutung gewinnen. Reagiert der Mieter nämlich auf eine solche Mitteilung nicht, so wird es ihm regelmäßig verwehrt sein, sich z. B. nachträglich darauf zu berufen, er habe die Mietsache nicht endgültig aufgeben wollen, sondern nur vorübergehend nicht genutzt.
4. Ausgehend davon kann das Berufungsurteil nicht bestehenbleiben, soweit das Oberlandesgericht dem Kläger den Pachtzinsanspruch für die Zeit nach der Weitervermietung aberkannt hat. Denn der Kläger hat geltend gemacht, er habe das Ladenlokal, so gut es ihm möglich gewesen sei, weitervermietet, weil die Beklagte endgültig ausgezogen sei, obwohl die Verhandlungen der Parteien nicht zu einer einvernehmlichen Beendigung des Pachtverhältnisses geführt hätten. Da das Berufungsgericht keine gegenteiligen Feststellungen getroffen hat, ist bei der revisionsrechtlichen Prüfung von diesem Sachverhalt auszugehen. Er ist geeignet, die Berufung der Beklagten auf § 552 Satz 3 BGB als rechtsmißbräuchlich anzusehen.
5. Soweit der Kläger Pachtzins verlangt für die Zeit von Januar 1989 bis März 1990, haben die beiden Vorinstanzen die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Kläger habe sich durch den Verkauf der Ladeneinrichtung außerstand gesetzt, der Beklagten den Gebrauch der Pachtsache so, wie es im Pachtvertrag vorgesehen sei, zu überlassen. Deshalb könne er auch für diese Zeit keinen Pachtzinsanspruch geltend machen.
Diese Ausführungen sind an sich rechtlich nicht zu beanstanden. Solange der Pachtvertrag besteht, ist der Verpächter verpflichtet, die Pachtsache zur Gebrauchsgewährung bereit zu halten. Wie oben bereits ausgeführt ist, gebührt ihm der Pachtzinsanspruch nur, solange er selbst erfüllungsbereit ist (BGHZ 38, aaO 300). Das Berufungsgericht hat, von der Revision nicht angegriffen, festgestellt, daß das Ladenlokal einschließlich der Einrichtung verpachtet war. Nachdem der Kläger die Einrichtung – ausschließlich im eigenen Interesse – verkauft hatte, konnte er der Beklagten die Pachtsache nicht mehr so, wie es im Vertrag vorgesehen war, zum Gebrauch überlassen. Das Zurverfügungstellen des leeren Ladenlokals hätte lediglich eine Teilleistung dargestellt, zu deren Entgegennahme die Beklagte nicht verpflichtet war (§ 266 BGB). Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger – wie er behauptet – in der Lage war, kurzfristig eine andere Ladeneinrichtung zu beschaffen. Allein die theoretische Möglichkeit hierzu rechtfertigt nicht die Annahme, daß er i. S. der oben wiedergegebenen Rechtsprechung (BGHZ 38, aaO) die Pachtsache zur Gebrauchsgewährung bereitgehalten hat.
Auch in diesem Falle ist aber – gesondert – zu prüfen, ob sich die Beklagte wegen eines vorausgegangenen eigenen Vertragsbruchs rechtsmißbräuchlich verhält, wenn sie sich gegenüber der Pachtzinsforderung des Klägers auf § 552 Satz 3 BGB beruft.
6. Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus zu Recht – keine Feststellungen getroffen, die es dem Senat ermöglichen würden, abschließend zu beurteilen, ob der Beklagten die Berufung auf § 552 Satz 3 BGB wegen des Einwandes unzulässiger Rechtsausübung verwehrt ist. Da die Beklagte sich im Vorprozeß ausdrücklich darauf berufen hat, das Pachtverhältnis sei einvernehmlich beendet worden, fehlen insbesondere Feststellungen zu der Frage, ob die Beklagte hinreichenden Anlaß hatte, dies anzunehmen. Die Sache muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es – eventuell nach ergänzendem Vortrag der Parteien – die fehlenden Feststellungen nachholen kann.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Nonnenkamp, Knauber, Gerber
Fundstellen
Haufe-Index 538099 |
BGHZ |
BGHZ, 163 |
NJW 1993, 1645 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1993, 774 |
JuS 1993, 867 |