Tenor
Der Antrag des Rechtsanwalts G. vom 31. August 2006, seine Beiordnung zur Revisionshauptverhandlung vom 27. Juni 2006 zu beschließen, wird zurückgewiesen.
Es wird festgestellt, dass Rechtsanwalt G. bereits zum Verteidiger bestellt war.
Gründe
Rz. 1
Der Angeklagte war vom Landgericht Augsburg durch Urteil vom 22. November 2005 wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt worden. Gegen dieses Urteil richtete sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die eine Verurteilung wegen heimtückisch begangenen Mordes erstrebt. In der Revisionshauptverhandlung vom 27. Juni 2006 trat für den Angeklagten der im Verfahren erster Instanz als Verteidiger bestellte Rechtsanwalt G. aus Gü. auf. Während der Generalbundesanwalt die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht beantragte, beantragte Rechtsanwalt G. Verwerfung der Revision.
Rz. 2
Der Senat hat durch Urteil vom gleichen Tag das angefochtene Urteil auf die Revision der Staatsanwaltschaft mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufgehoben und die Sache in diesem Umfang an das Landgericht zurückverwiesen.
Rz. 3
Nunmehr beantragt Rechtsanwalt G. namens seines Mandanten mit Schreiben vom 31. August 2006, ihn nachträglich für die Revisionshauptverhandlung als Verteidiger beizuordnen.
Rz. 4
1. Der Antrag kann in dieser Form keinen Erfolg haben, weil eine nachträgliche Bestellung eines Verteidigers nicht möglich ist. Die Beiordnung erfolgt im Strafprozess nicht im Kosteninteresse des Angeklagten, sondern dient allein dem Zweck, die ordnungsgemäße Verteidigung in einem noch ausstehenden Verfahren zu gewährleisten.
Rz. 5
2. Die für das Verfahren erster Instanz erfolgte Beiordnung erstreckte sich nicht auf die Mitwirkung in der Revisionshauptverhandlung. Vielmehr ist im Revisionsverfahren aufgrund des jeweiligen Verfahrensstandes neu zu prüfen, ob bei Berücksichtigung der Besonderheiten dieses Rechtsmittels auch in der Revisionshauptverhandlung noch ein Fall notwendiger Verteidigung vorliegt.
Rz. 6
3. Rechtsanwalt G. ist jedoch durch den Vorsitzenden des Strafsenats in der Revisionshauptverhandlung vom 27. Juni 2006 stillschweigend zum Verteidiger des Angeklagten bestellt worden. Er hatte – obwohl nicht als gewählter Verteidiger ausgewiesen – nicht nur eine Terminsnachricht zugestellt bekommen, sondern war in der Revisionshauptverhandlung auch als Verteidiger des Angeklagten aufgetreten.
Rz. 7
Hierin kann eine stillschweigende Bestellung liegen, wenn die Mitwirkung eines Verteidigers in der Revisionshauptverhandlung rechtlich geboten erscheint (vgl. zu alledem näher BGH NStZ 1997, 299 f. m. w. N.).
Rz. 8
4. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung eines Verteidigers waren schon wegen der Schwere des gegen den – inhaftierten – Angeklagten erhobenen Vorwurfs gegeben (vgl. § 350 Abs. 3 Satz 1, § 140 Abs. 2 StPO).
Unterschriften
i.V. Dr. Wahl
Fundstellen
Haufe-Index 2667951 |
StraFo 2006, 455 |