Leitsatz

Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, welche Maßstäbe für eine Befristung oder Herabsetzung und die Bemessung einer Übergangsfrist bis zur Herabsetzung des Krankheitsunterhalts anzulegen sind.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten um nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im Jahre 1991 geheiratet und waren seit September 2004 rechtskräftig geschieden. Bereits vor ihrer Eheschließung war im Februar 1980 die gemeinsame Tochter geboren, die inzwischen studierte und von dem Antragsgegner unterhalten wurde. Der im März 1984 geborene gemeinsame Sohn war nach einem Geburtsfehler schwerst- und mehrfach behindert. In den ersten eineinhalb Jahren wurde er ununterbrochen in Kliniken behandelt. Danach wurde er von den Parteien bis zu seinem Tode im September 1993 zu Hause gepflegt. Die Antragstellerin war in dieser Zeit nicht berufstätig.

Die Antragstellerin hatte ihr Lehramtsstudium bereits vor der Ehe abgeschlossen. Nach der Geburt der Tochter beendete sie ihr Referendariat. Nach dem Tod des Sohnes im Jahre 1993 bewarb sie sich erfolglos als Lehrerin. Während der Ehe erkrankte sie an Brustkrebs. Nach der Trennung wurde sie befristet als angestellte Vertretungslehrerin in den Schuldienst übernommen. Das Arbeitsverhältnis wurde wegen ihrer Erkrankung nicht fortgesetzt. In den Jahren 2001 und 2002 musste sich die Antragstellerin zweier Bypassoperationen unterziehen. Im Frühjahr 2003 wurden bei ihr als Spätfolge der Brustkrebserkrankung Knochenmetastasen im linken Hüftgelenk diagnostiziert. Die Antragstellerin bekam ein künstliches Hüftgelenk. Nach aufgetretenen Komplikationen kam es nicht zu einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Antragstellerin. Sie wurde zum 1.1.2006 verrentet. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs wurden Rentenanwartschaften vom Versicherungskonto des Antragsgegners auf das Versicherungskonto der Antragstellerin übertragen. Das erstinstanzliche Gericht hat den Antragsgegner verurteilt, nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Auf die Berufung beider Parteien hat das OLG den Unterhalt herabgesetzt. Eine Befristung des nachehelichen Krankheitsunterhalts hat es abgelehnt. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Revision eingelegt.

 

Entscheidung

Die Revisionen der Parteien hatten teilweise Erfolg und führten zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Anzuwenden war gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden war.

Der BGH hielt in seiner Entscheidung daran fest, dass auch der Krankheitsunterhalt grundsätzlich befristet werden könne, jedoch in diesem Rahmen das besondere Maß der nachehelichen Solidarität nicht unberücksichtigt bleiben könne. Es wurde vom BGH nicht beanstandet, dass das OLG die Befristung des Krankheitsunterhalts abgelehnt hatte. Die nacheheliche Solidarität habe durch die Rollenverteilung während der langen Ehedauer ein erhebliches Gewicht erhalten. Für eine Herabsetzung des Krankheitsunterhalts, der nur bis auf den Mindestunterhalt eines Erwerbslosen von derzeit 770,00 EUR monatlich abgesenkt werden könne, seien auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider Parteien zu berücksichtigen.

Bei der Bemessung der Übergangsfrist, die das OLG auf 4 1/2 Jahre festgelegt hatte, sei ferner zu prüfen, ob der seit der Trennung und der rechtskräftigen Scheidung verstrichene Zeitraum überwiegend in die Zeit vor Inkrafttreten des § 1578b BGB falle (vgl. BGH v. 26.11.2008 in FamRZ 2009, 406). Vor der Gesetzesänderung zum 1.1.2008 habe der Krankheitsunterhalt lediglich auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden können. Auf der Grundlage jener gesetzlichen Regelung habe die Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts erst durch das Urteil des BGH vom 12.4.2006 (FamRZ 2006, 1006) an Bedeutung gewonnen. Der BGH teilte die Auffassung des OLG, wonach ehebedingte Nachteile aufseiten der Antragstellerin zu verneinen seien. Sie habe nicht hinreichend vorgetragen, dass die Krebserkrankung im Zusammenhang mit der Ehe stehe.

Im Rahmen der Billigkeitsprüfung seien auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien zu berücksichtigen.

 

Hinweis

Mit dieser Entscheidung hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung zur Frage der Begrenzung des Krankheitsunterhalts fortgesetzt. Die vorrangig zu prüfenden ehebedingten Nachteile können sich beim Krankheitsunterhalt regelmäßig daraus ergeben, dass der Unterhaltsberechtigte im Hinblick auf die Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsfähigkeit zur Rente infolge der Ehe oder Kindererziehung geringer ist als sie ohne die Ehe wäre. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs diese Interessen des Unterhaltsberechtigten in der Regel ausreichend gewahrt werden.

Sind ehebedingte Nachteile beim Unterhaltsberechtigten nicht gegeben, sind auch in bes...

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