Entscheidungsstichwort (Thema)

Lieferung von Zeiterfassungsterminals

 

Tenor

1. Der Nachprüfungsantrag wird verworfen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Vergabestelle zu tragen.

3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Vergabestelle war nicht notwendig.

 

Tatbestand

I.

Die Vergabestelle (VSt) hat die Lieferung von Zeiterfassungsterminals (ZET) für die … ausgeschrieben. Die ZET sollen an etwa 3.740 Standorten die täglichen Arbeitszeiten von ca. 80.000 … erfassen. Zu diesem Zweck hat sie 23 im Rahmen einer vorangegangenen Markterkundung von ihr ausgewählte Unternehmen, darunter auch die Antragstellerin (ASt), per elektronischer Mail am 4. April 2002 angeschrieben und zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert. Dem Schreiben der VSt war eine technische Leistungsbeschreibung beigefügt. Ferner wurde auf die „Allgemeinen Einkaufsbedingungen” der VSt sowie die „kommerziellen Vertragsbedingungen” hingewiesen, die als Textversion der elektronischen Mail beigefügt waren. Neben der Lieferung der ZET konnte auch ein Angebot für die zu einem späteren Zeitpunkt benötigten regionalen Softwareanwendungen eingereicht werden. Auch hierfür war der elektronischen Mail ein entsprechendes Vertragsmuster beigefügt, auf dessen Grundlage zu einem späteren Zeitpunkt ein Angebot erstellt werden konnte. In den Angebotsunterlagen wurde als Frist für die Abgabe eines Angebots der 22. April 2002, 14 Uhr genannt. Als Zuschlags- und Bindefrist wurde der 8. Juni 2002 angegeben. Die zeitliche Bindung an das Angebot sollte im Angebot ausdrücklich erklärt werden. Der von der ASt geschätzte Auftragswert liegt bei rund ….

Die ASt gab mit Schreiben vom 22. April 2002 ein auf der Leistungsbeschreibung basierendes Angebot für die Lieferung der ZET ab, das neben weiteren Angeboten anderer Bieter von der VSt in die Angebotswertung einbezogen wurde. Aufgrund einer ersten kommerziellen und technischen Angebotsauswertung durch die VSt wurde ein engerer Kreis (sog. short-list) von Bietern gebildet, die unter kommerziellen und technischen Aspekten für einen Vertragsschluss in Betracht kamen. Mit den auf der „short-list” verbliebenen Bieter, darunter auch die ASt, wurden daraufhin von der VSt in der Zeit vom 2. – 6. Mai 2002 eine erste Verhandlungsrunde geführt, in deren Verlauf diesen Bietern eine weitere technische Leistungsbeschreibung für eine Zeiterfassungsanwendung (regionale Softwareanwendungen) ausgehändigt wurde. Auch hierzu sollten die Bieter kurzfristig ein Angebot einreichen. Die ASt hat dieses Angebot mit Schreiben vom 10. Mai 2002 an die VSt übermittelt. Nach Abschluss der ersten Verhandlungsrunde, in der von drei Bietern ein Angebot für eine Zeiterfassungsanwendung (Software) abgegeben wurde, hat die VSt eine abschließende Angebotswertung vorgenommen. Das Angebot der ASt wurde in die Schlussbewertung einbezogen. In der Schlusswertung belegte das Angebot der ASt in preislicher und technischer Hinsicht den letzten Rang. Auf der Grundlage der Schlusswertung durch die VSt wurde am 16. Mai 2002 ein zweites Verhandlungsgespräch mit dem aus preislicher und technischer Sicht bevorzugten Bieter geführt. Ein entsprechender Rahmenvertrag über die Lieferung wurde diesem Bieter mit Schreiben der VSt vom 6. Juni 2002 übermittelt und am 11. Juni 2002 durch den Bieter unterzeichnet.

Am 4. Juni 2002 wurde der ASt durch die VSt telefonisch mitgeteilt, dass sie den Auftrag nicht erhalten solle. Die ASt wandte sich daraufhin am 5. Juni 2002 erstmals an ihren Verfahrensbevollmächtigten und rügte gegenüber der VSt mit Schreiben vom 6. Juni 2002, dass das von der VSt gewählte Verfahren „nicht den Anforderungen an eine Ausschreibung mit europaweiter Bekanntmachung” genüge und die ASt hierdurch in ihren Rechten verletzt sei. Mit Telefax vom 7. Juni 2002 eingegangen am selben Tag stellte die ASt einen Antrag auf Nachprüfung bei der Vergabekammer des Bundes, der der VSt am gleichen Tag zugestellt wurde.

Die ASt trägt vor, dass die nicht erfolgte Durchführung eines Vergabeverfahrens nach den hierfür geltenden Bestimmungen des Kartellvergaberechts die ASt in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletze. Die Vorschriften des Kartellvergaberechts seien auch auf die VSt anwendbar, da sie als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vierten Teils des GWB zu qualifizieren sei. Durch die Nichtdurchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens sei die ASt insbesondere in ihrem Anspruch auf Durchführung eines Beschaffungsvorhabens im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren verletzt. Dadurch drohe der ASt auch ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden, der in der Nichtberücksichtigung bei der Auftragsvergabe bestehe. Durch die Nichtanwendung der Vorschriften des Kartellvergaberechts sei der ASt bisher die Möglichkeit genommen, in einem rechtmäßigen Vergabeverfahren ein aussagekräftiges und detailliertes Angebot abzugeben und dadurch die Gewährleistung für eine nichtdi...

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