Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergabe der Maßnahme „Nichtoffenes Verfahren … – Rahmenvertrag zur Lieferung und Errichtung von polizeilichen Einsatz-, Leit- und Unterstützungssystemen”

 

Tenor

1. Der Vergabestelle wird gestattet, den Zuschlag nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe dieser Entscheidung zu erteilen.

2. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

3. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Vergabestelle zu tragen.

4. Die Beigeladene trägt ihre Kosten selbst.

 

Tatbestand

I.

Durch Bekanntmachung u. a. im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom … 2002 hat die Vergabestelle (VSt) einen Rahmenvertrag zur Lieferung, Installation und Inbetriebsetzung von Einsatzleitsystemen für Einsatzzentralen des B… einschließlich aller erforderlichen Hard- und Software – Geschäftszeichen … – im nicht offenen Verfahren ausgeschrieben. Die Frist zur Stellung von Teilnahmeanträgen war auf 17 Tage verkürzt. Als Grund für das beschleunigte Verfahren wurde in der Bekanntmachung angeführt, dass die Leistung Bestandteil von Maßnahmen sei, die im Sicherheitspaket der Bundesrepublik Deutschland zur Gewährleistung einer jederzeitigen hohen öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Rahmen der Anti-Terror-Maßnahmen verankert seien. Das Vergabeverfahren verzögerte sich zunächst, nachdem ein Bewerber nicht zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden war und er daraufhin einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Bundes stellte. Die Entscheidung der Vergabekammer, die dem Nachprüfungsantrag stattgegeben hatte, wurde im Beschwerdeverfahren vom OLG Düsseldorf durch Beschluss vom 17. Juli 2002 (Verg 30/02) aufgehoben und der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.

Die Antragstellerin (ASt) im vorliegenden Verfahren hatte sich ebenfalls um die Teilnahme am nicht offenen Verfahren beworben und wurde von der VSt mit Schreiben vom 27. März 2002 zur Abgabe eines Angebots aufgefordert. In den bei dieser Gelegenheit übersandten Verdingungsunterlagen waren unter Ziffer 1.13 als Zuschlagskriterien genannt:

  • Wirtschaftlichkeit,
  • Einhaltung/Erfüllung der Leistungsbeschreibung,
  • Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Anbieters,
  • Zukunftssicherheit,
  • Service,
  • Interoperabilität zu anderen Systemen.

Damit enthielten die in den Verdingungsunterlagen genannten Zuschlagskriterien im Vergleich zu den in der Bekanntmachung angegebenen Kriterien zwei zusätzliche Punkte, nämlich „Einhaltung/Erfüllung der Leistungsbeschreibung” und „Service”. In Ziffer 1.7 der Verdingungsunterlagen (Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen) ist bestimmt:

„…

Sollte sich im Laufe der Auswertung der Angebote ergeben, dass die in der Leistungsbeschreibung definierten Mindestanforderungen von keinem Angebot erfüllt werden, so kann der Grad der Erfüllung der Mindestanforderungen in die Bewertung mit eingehen. Ein Anspruch darauf, dass Angebote akzeptiert werden, die bestimmte Mindestanforderungen unterschreiten, besteht jedoch nicht.”

Die ASt gab am 6. Mai 2002 ihr Angebot ab.

Mit Schreiben vom 18. Juli 2002 teilte die VSt der ASt gemäß § 13 VgV mit, dass sie unter Abwägung des Preis-/Leistungsverhältnisses in der Gesamtschau zu dem Ergebnis gekommen sei, den Zuschlag aus preislichen und wirtschaftlichen Gründen nicht auf das Angebot der ASt, sondern auf dasjenige der Beigeladenen erteilen zu wollen.

Die ASt rügte daraufhin mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 24. Juli 2002 die beabsichtigte Vergabeentscheidung. Zur Begründung nannte sie folgende angebliche Vergaberechtsverstöße:

  • offenbares Missverhältnis von Preis und Leistung beim Angebot der Beigeladenen nach den ihr vorliegenden Informationen,
  • Missachtung des Gleichbehandlungsgebots durch den gemeinsamen Besuch der bzw. das Gespräch zwischen VSt und Beigeladener nach der mündlichen Verhandlung vor dem OLG Düsseldorf am 17. Juli 2002 nach den ihr vorliegenden Informationen,
  • mangelnde Transparenz des gesamten Vergabeverfahrens, insbesondere der Angebotsbewertung nach den ihr vorliegenden Informationen,
  • rechtswidrige Angebotsbewertung, unter anderem durch Angabe unterschiedlicher Zuschlagskriterien in der Ausschreibungsbekanntmachung und den Verdingungsunterlagen und zusätzliche Abweichung von den Zuschlagskriterien.

Nachdem die VSt die Rügen zurückgewiesen hatte, hat die ASt mit Schriftsatz vom 31. Juli 2002 bei der Vergabekammer des Bundes einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gestellt. Zusätzlich zu den in ihrem Rügeschreiben gemachten Ausführungen hat sie darauf hingewiesen, dass das Angebot der Beigeladenen wegen der geringen Gewinnmargen, mit denen im Markt für …Systeme gearbeitet wird, erkennbar unauskömmlich sei. Die VSt habe das Gleichbehandlungsgebot dadurch verletzt, dass sie den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem OLG Düsseldorf entweder gemeinsam mit einem Vertreter der Beigeladenen besucht oder zumindest vor und nach der mündlichen Verhandlung...

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