Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 36 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (im Folgenden: GWB)

 

Tenor

I. Das Vorhaben der Pfeifer & Langen KG, sämtliche Anteile an der Zuckerfabrik Jülich AG zu erwerben, wird freigegeben.

II. Die Gebühr für die Entscheidung wird unter Anrechnung der Gebühr für die Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens festgesetzt auf

(…) EUR

(in Worten:(…) Euro)

und der Beteiligten zu 1. auferlegt.

 

Gründe

I. Sachverhalt

1. Das Vorhaben

1. Mit Schreiben vom 3. April 2006, hier eingegangen am selben Tag, haben die Verfahrensbevollmächtigten das folgende Vorhaben angemeldet:

2. Die Pfeifer & Langen KG (im folgenden: Pfeifer & Langen) beabsichtigt, sämtliche Anteile an der Zuckerfabrik Jülich AG (im folgenden: Zuckerfabrik Jülich) zu erwerben. Hierzu hat Pfeifer & Langen den Aktionären der Zuckerfabrik Jülich angeboten, sämtliche Aktien zu erwerben. Dieses Angebot wurde von Aktionären, deren Aktien etwa 85 % des Kapitals der Zuckerfabrik Jülich entsprechen, angenommen. Pfeifer & Langen hat für die verbleibenden Aktionäre das Angebot aufrecht erhalten, auch noch in den nächsten Jahren ihre Aktien zu erwerben.

2. Die beteiligten Unternehmen

a) Pfeifer & Langen

3. Der Geschäftsgegenstand von Pfeifer & Langen ist die Herstellung und der Verkauf von Zucker, und zwar von Haushaltszucker unter eigenen Herstellermarken sowie unter Handelsmarken, von Industriezucker, Flüssigzucker sowie von Glukose.

4. Pfeifer & Langen wird beherrscht von der Pfeifer & Langen Industrie- und Handels-KG. Diese beherrscht auch die Krüger GmbH & Co. KG i.S.d. § 36 Abs. 2 S. 2 GWB gemeinsam mit Herrn Willibert Krüger. Die Beschlussabteilung hatte – abweichend von der Auffassung von Pfeifer & Langen – eine solche gemeinsame Beherrschung bereits in ihrer bisherigen Entscheidungspraxis angenommen; [1] an seiner abweichenden Auffassung hält Pfeifer & Langen nun nicht mehr fest.

5. Der Geschäftsgegenstand der Krüger-Gruppe ist die Herstellung und der Verkauf von Süßwaren, und zwar von Schokoladenriegeln und -tafeln, Pralinen, Saisonprodukten sowie Kaubonbons.

6. Die der Pfeifer & Langen Industrie- und Handels-KG zuzurechnenden Umsätze beliefen sich im Jahr 2005 auf (…) Mrd. EUR weltweit, davon (…) Mrd. EUR in der Europäischen Union (im folgenden: EU) und (…) Mrd. EUR in Deutschland.

b) Zuckerfabrik Jülich

7. Die Zuckerfabrik Jülich ist in der Herstellung von Zucker und – über die Tochtergesellschaft Westzucker GmbH & Co. KG – auch im Verkauf von Zucker tätig. Dabei gehören zum Sortiment der Zuckerfabrik Jülich Haushaltszucker unter Handelsmarken und Industriezucker. Die Zuckerfabrik Jülich stellt weder Flüssigzucker noch Glukose her.

8. Darüber hinaus betreibt auch die Zuckerfabrik Jülich über ihre Tochtergesellschaft Van Netten GmbH (im folgenden: Van Netten) die Herstellung und den Verkauf von Süßwaren. Dabei bestand die Produktpalette im Jahr 2005 aus Bonbons, Fruchtgummis, Konfekt- und Geleefrüchten, Schokoladen-Snacks, gefüllten Schokoladen und gefüllten Pralinen. Da im Jahr 2006 das Schokoladengeschäft veräußert wurde, ist Van Netten nunmehr nur noch in der Herstellung und dem Vertrieb von Bonbons und Fruchtgummis tätig. 9. Die Zuckerfabrik Jülich erwirtschaftete im Jahr 2005 Umsätze in Höhe von (…) Mio. EUR; davon entfielen (…) Mio. EUR auf die EU und davon (…) Mio. EUR auf Deutschland.

3. Das Verfahren

10. Die Beschlussabteilung hat dem Anmelder mit Schreiben vom 2. Mai 2006 gem. § 40 Abs. 1 GWB mitgeteilt, dass sie das Hauptprüfverfahren eingeleitet hat. Diese Mitteilung wurde am 24. Mai 2006 gem. § 43 Abs. 1 GWB im Bundesanzeiger veröffentlicht. Da die Anmeldung mit Schreiben vom 3. April 2006 am selben Tag vollständig eingegangen ist, endet die Frist gem. § 40 Abs. 2 S. 2 GWB am 3. August 2006.

II. Fusionskontrollrechtliche Prüfung

1. Formelle Prüfung

11. Auf das Zusammenschlussvorhaben finden nach § 35 GWB die Vorschriften der Zusammenschlusskontrolle Anwendung. Es besteht keine nach § 35 Abs. 3 GWB i.V.m. Art. 21 Abs. 3 UA 1 der Fusionskontrollverordnung [2] (im folgenden: FKVO) vorrangige Zuständigkeit der Europäischen Kommission. Das Vorhaben hat keine gemeinschaftsweite Bedeutung, weil die Umsätze der beteiligten Unternehmen weder die in Abs. 2 noch die in Abs. 3 des Art. 1 FKVO vorgesehenen Schwellen erreichen; insbesondere erfüllen die Umsätze der Zuckerfabrik Jülich nicht die Voraussetzung nach Art. 1 Abs. 3 lit. c) FKVO. Die Umsatzschwellen nach § 35 Abs. 1 GWB werden erreicht, und die Ausnahmetatbestände nach § 35 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 oder 2 GWB sind nicht erfüllt.

12. Das Zusammenschlussvorhaben erfüllt den Zusammenschlusstatbestand des § 37 Abs. 1 GWB, und zwar der Nr. 2 lit. a) (Kontrollerwerb) und der Nr. 3 lit. a) (Anteilserwerb).

2. Materielle Prüfung

13. Das Zusammenschlussvorhaben ist nicht nach § 36 Abs. 1 GWB zu untersagen, weil von ihm nicht zu erwarten ist, dass es eine marktbeherrschenden Stellung begründet oder verstärkt.

a) Marktabgrenzung

aa) Herstellung und Vertri...

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