Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenhäuser
Tenor
I. Das mit Schreiben vom 30. März 2012 angemeldete Zusammenschlussvorhaben der Klinikum Worms gGmbH, Worms, die Kontrolle über das Agaplesion Hochstift Evangelisches Krankenhaus, Worms, zu übernehmen, wird untersagt.
II. Die Gebühr für diese Entscheidung wird unter Anrechnung der gesondert festzusetzenden Gebühr von […] für die Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens auf
festgesetzt und den Beteiligten als Gesamtschuldnern auferlegt.
Tatbestand
I. Das Vorhaben
Rz. 1
Die Beteiligte zu 1. „Klinikum”) beabsichtigt, durch Übernahme der Vermögenswerte des Agaplesion Hochstift Evangelisches Krankenhaus, Worms, „Hochstift”) von dem Beteiligten zu 2. „HDV”) die alleinige Kontrolle über das Hochstift zu erwerben und das Hochstift mit dem Klinikum als Verbundkrankenhaus zusammenzuführen. Im Rahmen der Transaktion wird sich die Förderstiftung Hessischer Diakonieverein, Darmstadt, einer der zwei Gesellschafter des HDV, mit einer Minderheitsbeteiligung […] am Klinikum beteiligen. Die Kontrolle über das Klinikum soll bei der Stadt Worms verbleiben.
II. Die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen 1. Klinikum Worms gGmbH
Rz. 2
Das Klinikum betreibt in der Stadt Worms ein Krankenhaus der Schwerpunktversorgung mit 540 Planbetten in den Fachabteilungen für Innere Medizin, Chirurgie, Unfallchirurgie/Orthopädie, Urologie, Gynäkologie/Geburtshilfe, Kinder- und Jugendmedizin und Intensivmedizin/Anästhesie sowie in den Belegabteilungen für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde (im Folgenden: HNO) und Radiologie/Nuklearmedizin. Das Klinikum verfügt über ein Perinatalzentrum der höchsten Versorgungsstufe (Level 1 für extrem untergewichtige Neu- und Frühgeborene), ein zertifiziertes onkologisches Zentrum, sowie über ein zertifiziertes Brust-, Darm-, und Prostatazentrum. Ferner ist die Medizinische Klinik I – Kardiologie und Angiologie – als Herzinfarktzentrum etabliert; eine zertifizierte Schlaganfalleinheit (Stroke-unit) besteht dort seit 1999.
Rz. 3
Nach dem derzeit gültigen Krankenhausplan des Landes Rheinland-Pfalz soll die Zahl der Planbetten bis 2016 auf 555 Betten vergrößert werden. Das Klinikum ist Lehrkrankenhaus der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.
Rz. 4
Ferner betreibt das Klinikum Worms als Tochtergesellschaft ein medizinisches Versorgungszentrum (im Folgenden: MVZ) mit drei Kassenarztsitzen in den Fachbereichen Anästhesie, Nuklearmedizin und seit 2011 für Neurologie. 2010 behandelte das Klinikum insgesamt […] Fälle und erzielte einen Umsatz von über 80 Mio. EUR. Das Klinikum wird von der Stadt Worms kontrolliert, deren Umsatzerlöse 2010 über 500 Mio. EUR lagen.
2. Agaplesion Hochstift Evangelisches Krankenhaus, Worms
Rz. 5
Das Hochstift ist ein Krankenhaus der Grundversorgung in der Stadt Worms, das vom HDV betrieben wird. Das Haus verfügt über 141 Planbetten in den Fachabteilungen für Innere Medizin, Chirurgie (Allgemein- und Visceralchirurgie sowie Unfall- und Orthopädische Chirurgie), Gynäkologie und Intensivmedizin/Anästhesie sowie über Belegabteilungen für HNO und Augenheilkunde. 2010 wurden im Hochstift […] Patienten stationär behandelt. Der Umsatz des Hochstift lag 2011 bei über [5] Mio. EUR.
Rz. 6
Ferner wird in den Räumen des Hochstift das Medizinische Versorgungszentrum Hochstift Worms GmbH mit den Fachrichtungen Neurochirurgie und Neurologie betrieben. Ferner befindet sich in den Räumlichkeiten des Hochstift eine Facharztpraxis für Innere Medizin sowie die Gastroenterologische Gemeinschaftspraxis im Ev. Krankenhaus Hochstift.
Rz. 7
Der HDV wird von der Agaplesion gAG, Frankfurt am Main, (im Folgenden: Agaplesion) kontrolliert. Agaplesion ist eine Gesellschaft, deren Aktien von verschiedenen evangelischen Einrichtungen gehalten werden. Neben Pflegeeinrichtungen betreibt Agaplesion bundesweit 22 Krankenhäuser mit über 5.000 Betten, in denen pro Jahr rund 280.000 Patienten versorgt werden.
III. Verfahren
Rz. 8
Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 30. März 2012, eingegangen per Telefax im Bundeskartellamt am selben Tag, hat das Klinikum das Vorhaben angemeldet, das Hochstift mit dem Klinikum zusammenzuführen, wobei Veräußerer der Anteile an Hochstift die HDV sei. Bei dem Vorhaben handele es sich um einen Zusammenschluss nach § 37 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB.
Rz. 9
Mit Schreiben vom 18. April 2012, das per Telefax am gleichen Tag im Bundeskartellamt eingegangen ist, stellte das Klinikum richtig, dass es sich bei dem geplanten Erwerb des Hochstift um einen Vermögenserwerb und damit um einen Zusammenschluss nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB und nicht um einen Anteilserwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB handeln wird. Zudem wurde die genaue Firma und der Sitz der Tochtergesellschaft des Klinikum mitgeteilt, die in Worms ein Medizinisches Versorgungszentrum betreibt (§ 39 Abs. 3 S. 3 i.V.m. § 39 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GWB).
Rz. 10
Mit Schreiben vom 27. April 2012 hat die Beschlussabteilung den Verfahrensbevollmächtigten des Klinikum sowie dem HDV mitgeteilt, dass sie in das Hauptprüfverfahren einget...