Entscheidungsstichwort (Thema)
Rheinland Kraftstoff GmbH. Honsel Mineralölvertriebs GmbH. Tankstellen. Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 36 Abs.1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
Tenor
I. Das Zusammenschlussvorhaben wird gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 GWB freigegeben.
II. Die Gebühr für diese Entscheidung wird unter Anrechnung der gesondert festzusetzenden Gebühr von […] Euro für die Anmeldung des Zusammenschlusses auf […] Euro festgesetzt und gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GWB den Beteiligten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner auferlegt.
Tatbestand
1Sachverhalt
1.1 Zusammenschlussvorhaben
Rz. 1.
Die Shell Oil Deutschland GmbH (fortan: Shell), Hamburg, beabsichtigt, über ihre 100%ige Tochtergesellschaft Rheinland Kraftstoff GmbH, Gelsenkirchen, von der Honsel Mineralölvertriebs GmbH (fortan: Honsel), Knüllwald, einen Tankstellenbetrieb […] langfristig anzupachten.
1.2 Verfahrensgang
Rz. 2.
Das Zusammenschlussvorhaben wurde von Shell mit Schreiben vom 5. Februar 2009, eingegangen im Bundeskartellamt am 9. Februar 2009, zugleich auch für die weiteren am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen angemeldet.
Rz. 3.
Mit Schreiben vom 9. März 2009, Zugang bestätigt durch Empfangsbekenntnis von demselben Tag, wurde der Anmelderin mitgeteilt, dass die Beschlussabteilung das Hauptprüfverfahren eingeleitet hat.
Rz. 4.
Ebenfalls mit Schreiben vom 5. Februar 2009, eingegangen im Bundeskartellamt am 9. Februar 2009, hat Shell den Erwerb von vier Tankstellenbetrieben der Lorenz Mohr GmbH & Co KG, Bad Hersfeld (fortan: Lomo) […] angemeldet, der unter Nebenbestimmungen freigegeben wurde (B8 – 32/09 „Shell/Lomo”, Beschluss vom 8. Mai 2009). Aufgrund der Betroffenheit derselben relevanten Märkte war dieses Vorhaben bei der wettbewerblichen Würdigung im vorliegenden Fall zu berücksichtigen. Insbesondere konnte auf die Ergebnisse aus der Marktbefragung zurückgegriffen werden.
Rz. 5.
Mit Schreiben vom 2. Juni 2009 hat die Beschlussabteilung den Verfahrensbeteiligten sowie den zuständigen Landeskartellbehörden der Freien und Hansestadt Hamburg und des Landes Hessen, in deren Gebiet Shell bzw. Honsel ihren Sitz haben, im Rahmen des rechtlichen Gehörs den Entscheidungsentwurf übersandt. Die Verfahrensbeteiligten hatten bis zum 5. Juni 2009 Gelegenheit zur Stellungnahme und haben allesamt von deren Wahrnehmung abgesehen bzw. keine Bedenken geäußert.
1.3 Beteiligte Unternehmen
1.3.1 Erwerbendes Unternehmen
Rz. 6.
Shell ist im Inland selbst oder mittelbar auf sämtlichen Stufen der Kraftstoffwirtschaft tätig. Shell ist eine Konzerngesellschaft der Royal Dutch Shell, deren Umsätze im Jahr 2007 weltweit […] Euro, in der EU […] Euro und in Deutschland […] Euro betrugen.
1.3.2 Veräußerndes Unternehmen
Rz. 7.
Honsel ist ein mittelständisches Unternehmen der Kraftstoffwirtschaft, das insbesondere im nordhessischen Raum Straßentankstellen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betreibt. Die Umsatzerlöse im Jahr 2007 betrugen […] Euro.
1.3.3 Zielunternehmen des Zusammenschlussvorhabens
Rz. 8.
Shell beabsichtigt, die Tankstelle […] anzupachten, die sich im Eigentum von Honsel befindet und bislang von Honsel im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betrieben wird.
Rz. 9.
Die Absatzmengen an der betroffenen Tankstelle im Jahr 2008 betrugen […] Liter Ottokraftstoff (davon […] Liter Normalbenzin) und […] Liter Dieselkraftstoff bzw. […] Liter Kraftstoff insgesamt. Der gesamte Kraftstoffumsatz im Jahr 2008 betrug […] Euro.
Entscheidungsgründe
2Formelle Untersagungsvoraussetzungen
Rz. 10.
Das Zusammenschlussvorhaben erfüllt die formellen Untersagungsvoraussetzungen der §§ 35 ff. GWB sowie des § 130 Abs. 2 GWB. Da es den Betrieb von Tankstellen im Inland betrifft, liegt eine Inlandsauswirkung nach § 130 Abs. 2 GWB vor. Eine Zuständigkeit der Kommission der Europäischen Gemeinschaft i.S.d. § 35 Abs. 3 GWB besteht mangels Erreichen der Schwellenwerte des Art. 1 Abs. 2 und 3 FKVO nicht. Die Schwellenwerte des § 35 Abs. 1 GWB werden von den beteiligten Unternehmen überschritten. Zu berücksichtigen sind dabei neben den Umsätzen der erwerbenden Shell auch die gesamten Umsätze des Unternehmens Honsel, das mit dem Pachtvertrag hinsichtlich etwa des Rückgabe-Anspruchs, der Werterhaltung der Zieltankstelle während des Pachtzeitraums und des Pachtzinses in seinen wirtschaftlichen Interessen an den Pachtgegenstand gebunden bleibt. Daher kommt für die Prüfung der formellen Untersagungsvoraussetzungen eine Beschränkung auf die Umsätze der verpachteten Tankstelle in analoger Anwendung des § 38 Abs. 5 GWB nicht in Betracht (vgl. Ruppelt, Kommentierung zu § 35 GWB, Rdnr. 15, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 2006). Das Zusammenschlussvorhaben erfüllt den Zusammenschlusstatbestand des Kontrollerwerbs i.S.d. § 37 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) GWB.
3Materielle Untersagungsvoraussetzungen
Rz. 11.
Von dem Zusammenschlussvorhaben ist nicht zu erwarten, dass es die bestehende marktbeherrschende Stellung des (Tankstellen-)Oligopols, gebildet von S...