Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 36 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
Tenor
1. Das mit Anwaltschreiben vom 13. Dezember 2006 angemeldete Vorhaben der Beteiligten zu 1., die Anteile an und die Kontrolle über die Beteiligten zu 2.-4. zu erwerben, wird untersagt.
2. Die Gebühr für diese Entscheidung wird unter Anrechung der gesondert festzusetzenden Gebühr von EUR […] für die Anmeldung des Zusammenschlusses festgesetzt auf
und der Beteiligten zu 1. auferlegt.
Tatbestand
I. Zusammenschlussvorhaben und Verfahren
(1) Mit Anwaltsschreiben vom 8. November 2006, hier eingegangen am 10. November 2006, hat die Phonak Holding AG, Stäfa, Schweiz (im Folgenden Phonak) das Vorhaben angemeldet, die Unternehmen GN ReSound A/S, Ballerup, Dänemark, GN ReSound GmbH Hörtechnologie, Münster, und GN US Holdings Inc., MN, USA, von der GN Store Nord A/S, Ballerup, Dänemark, zu erwerben. Die zu erwerbenden Unternehmen (im Folgenden GN ReSound) bilden derzeit den Geschäftsbereich Hörgeräte der GN Nord A/S. Sie sind in Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Hörgeräten, von Hörgeräte-Zubehör und von audiologischen Diagnostikgeräten tätig. Nach zwischenzeitlicher Rücknahme der Anmeldung hat Phonak das Vorhaben am 13. Dezember 2006 erneut angemeldet. Die Beschlussabteilung hatte zuvor mitgeteilt, dass sie beabsichtige, die Marktstrukturen und Wettbewerbsprozesse auf den vom Vorhaben betroffenen Märkten weiter zu ermitteln und gegebenenfalls das Hauptprüfverfahren gemäß § 40 Abs. 1 GWB einzuleiten.
(2) Aufgrund der nach der erneuten Anmeldung durchgeführten Ermittlungsergebnisse hat die Beschlussabteilung mit am 13. Januar 2007 zugestellten Schreiben vom 12. Januar 2007 die Verfahrens- und Zustellungsbevollmächtigte von Phonak über den Eintritt in das Hauptprüfverfahren (§ 40 Abs. 1 GWB) unterrichtet. Diese war zu diesem Zeitpunkt auch zustellungsbevollmächtigt für die Veräußerin und die zu erwerbenden Unternehmen.
(3) Am 18.12.2006 hat ein Gespräch zwischen der Beschlussabteilung und Vertretern von Phonak im Bundeskartellamt stattgefunden. In dem Gespräch wurden vor allem Fragen zur sachlichen und räumlichen Marktabgrenzung und zu den möglichen Marktwirkungen des Vorhabens diskutiert.
(4) Neben schriftlichen Auskunftsersuchen hat die Beschlussabteilung auch mit anderen Herstellern von Hörgeräten Gespräche über die Marktstrukturen und die Wettbewerbsverhältnisse bei Hörgeräten geführt. In diesem Zusammenhang wurde bei der Siemens Audiologische Technik GmbH (im Folgenden SAT) im Zuge der Ermittlungen am 22.02.2007 eine Vor-Ort-Befragung und Besichtigung der Entwicklungsabteilung durchgeführt. Am 06.03.2007 hat die Beschlussabteilung im Bundeskartellamt mit dem Hörgerätehersteller Oticon ein Gespräch geführt.
(5) Mit Schreiben vom 02.03.2007 hat die Veräußerin, GN Store Nord A/S, Ballerup, Dänemark, einen eigenen verfahrens- und zustellungsbevollmächtigten Rechtsanwalt benannt. Dieser ist auch für die zu erwerbenden Unternehmen zustellungsbevollmächtigt (E-Mail vom 21.03.2007).
(6) Mit Schreiben vom 09.03.2007 hat die Siemens AG, München, gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB die Beiladung zum Verfahren beantragt. Diesem Antrag wurde mit Beschluss vom 22.03.2007 stattgegeben.
(7) Am 19.03.2007 hat die Beschlussabteilung ein Gespräch mit Vertretern von Phonak, GN Store Nord A/S und den Zielgesellschaften geführt. In diesem Gespräch wurden den beteiligten Unternehmen die wettbewerblichen Bedenken ausführlich erläutert.
(8) Mit Abmahnschreiben vom 22.03.2007 hat die Beschlussabteilung den Beteiligten die Gründe für die beabsichtigte Untersagung des Zusammenschlusses mitgeteilt. Die Verfahrensbeteiligte Phonak hat Akteneinsicht genommen und durch ihren Verfahrensbevollmächtigten zum Zusammenschluss, zu dessen wettbewerblichen Auswirkungen und zu der beabsichtigten Untersagung schriftlich Stellung bezogen. Phonak meint, der Zusammenschluss könne keinesfalls zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung führen. Der Verfahrensbevollmächtigte von GN Store Nord A/S hat schriftlich ebenfalls diese Auffassung vertreten, sich jedoch inhaltlich nicht zu den Tatsachenfeststellungen und Erwägungen der Beschlussabteilung in der Abmahnung geäußert. Unter Hinweis auf die angebliche Entschlossenheit der Beschlussabteilung zur Untersagung hat GN Store Nord A/S auf eine Stellungnahme zum Abmahnschreiben im Rahmen des rechtlichen Gehörs verzichtet und angekündigt, die erwartete Untersagungsverfügung vor dem OLG Düsseldorf anzufechten.
(9) Die Beschlussabteilung hat die schweizerische und die dänische Wettbewerbsbehörde über das Abmahnschreiben informiert. Die Landeskartellbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen hat Gelegenheit zu Stellungnahme erhalten; sie hat sich nicht geäußert.
(10) Zur Abwendung der drohenden Untersagung des Zusammenschlusses und eines sich daran anschließenden Rechtsstreits hat die zusammenschlussbeteiligte Phonak mit Schreiben vom 20.03.2007 Vorschläge für...