3 Fragen zum Aareon-Verkauf

Offiziell stand auf dem Wohnzukunftstag des GdW Künstliche Intelligenz im Mittelpunkt, in den Gesprächen drehte sich aber viel um den Verkauf der Haufe-Lexware Real Estate AG an die Aareon AG – und deren anschließenden Verkauf an Private-Equity-Investoren. 3 Fragen zum Mega-Deal.

Herr Gedaschko, Aareon hat die Haufe-Lexware Real Estate (HLRE) gekauft und Aareon selbst wurde dann von Finanzinvestoren veräußert. Die Wohnungswirtschaft ist beunruhigt. Können Sie das Thema einsortieren?

Axel Gedaschko, GdW-Präsident: Das sind zwei Dinge, die sich fast zeitgleich ereignet haben. Ich fange mal mit der Übernahme von HLRE an. Wir haben jetzt ein Oligopol für den ERP-Markt in der Wohnungswirtschaft und jedes Monopol oder Oligopol ist eigentlich ungesund. Wir brauchen Wettbewerb, das ist immer unser Credo. Und je weniger Anbieter da sind, desto schlechter ist es für diesen Wettbewerb. (...)

Ich glaube, für Aareon ist es noch nicht mal der wohnungswirtschaftliche Teil gewesen, der interessant war, sondern insbesondere der Teil für die Verwalter. Dadurch hat Aareon ein Marktsegment dazubekommen, das sie bisher so gut wie gar nicht hatten. Sich in der Wohnungswirtschaft mit einem ERP-System in Deutschland zu verbreitern, ist kaum noch möglich. Der Markt ist abgedeckt und insofern hat man nicht Markttiefe, sondern Marktbreite erlangt.

Der nächste Punkt ist die Geschichte: Nachdem wir das eine gerade verdaut hatten, kam dann (…) die Message: "So, wir verkaufen jetzt mal die Aareon durch die Aareal Bank". Ganz überraschend war es nicht, das hat sich schon längere Zeit angedeutet. Es waren so bestimmte Dinge – man hat bereits vor zwei Jahren begonnen, die Strukturen zu ordnen. Eine klare Zuordnung, welche Software gehört zur Bank und welche Software gehört zur Aareon. Als wir das sahen, war für uns klar, irgendwann wird der Punkt kommen, dass Aareon verkauft wird. Der Punkt ist jetzt da. (…)

Booster für das Kapital oder Kümmerer des Schatzes?

Die Aareal Bank – sie ist ja auch verkauft worden – war eine Bank, die sehr wohnungswirtschaftlich orientiert war, die eine enge Bindung zur Wohnungswirtschaft hatte, die um die Sorgen und Nöte wusste. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Aareon kam immer aus der Aareal Bank, die Verbindung war deshalb ungeheuer stark. Da war auch der persönliche Kontakt, die persönliche Zuverlässigkeit der Menschen, die handelten, sehr hoch. Das hat sich jetzt alles verändert. Sowohl die Bank ist an Private Equity verkauft worden als auch Aareon.

Für uns bedeutet dieser Verkauf eine Menge Fragen. Verstehen die neuen Erwerber sich nur als Booster für ihr Kapital oder verstehen sie sich gleichzeitig auch als Kümmerer, um ihren Schatz auch wirklich werthaltig zu machen und nicht nur schnell neue Werte zu schaffen? (…) Es geht bis hin zu Fragen des Datenschutzes, die von Unternehmen gestellt werden: Wo werden die Daten künftig gehostet et cetera. (...) Bleibt das Management, das mit der Wohnungswirtschaft vertraut ist, oder wechselt es? Ganz profan werden jetzt die Preise angehoben, weil der doch sehr stattliche Kaufpreis irgendwie erwirtschaftet werden muss.

Wir haben gestern dazu eine Videokonferenz gehabt, sowohl mit der Aareal Bank als auch mit Aareon und wir haben vereinbart, dass wir einen Fragenkatalog der Wohnungswirtschaft erstellen bis hin zu der Frage, ob man eine Risikovorsorge in den Unternehmen für bestimmte Fragestellungen, die mit der Software zusammenhängen, aufstellen muss. Das werden wir jetzt machen und uns dann so bald wie möglich mit den neuen Eigentümern von Aareon zusammensetzen, um diese Themen zu diskutieren. Wir sind gespannt, ob und wie viele Antworten wir bekommen.

Wir können den neuen Eigentümern nur empfehlen, gerade aufgrund der Verantwortung, die sie haben, möglichst sorgsam mit dieser Branche umzugehen und nicht nur ihren Profit zu sehen. Ansonsten ist es für unsere Unternehmen eine schwierige Situation. Es gibt dann letztlich eine Ausweichposition, ein anderes Unternehmen im ERP-Bereich, was am Markt noch von Relevanz ist.

Nach dem Aareon-Deal: Das Hoffen auf Transparenz

Herr Ebrecht, das Thema: Aareon kauft die Haufe-Lexware Real Estate AG. Wie ist Ihre Sicht der Dinge als Wohnungsunternehmen?

Florian Ebrecht, Vorstandsbevollmächtigter mit Gesamtprokura bei der Spar- und Bauverein eG Dortmund: Wir haben selbst Aareon im Einsatz und ein sehr gutes Verhältnis zu Aareon, arbeiten auch gut zusammen. Dennoch ist die Situation, dass dort so viel im Umbruch ist, für uns natürlich auch beunruhigend. Wir hoffen darauf, dass durch weitere Statements und weitere Informationen mehr Transparenz darüber geschaffen wird, was jetzt letztlich passiert.

Entscheidend ist, dass wir eine Klarheit und Gewissheit darüber haben müssen, wie sich Aareon langfristig entwickelt und entwickeln wird. Was auch mit den ganzen zusätzlichen Produkten passiert, die im Moment bei Aareon (...) mit vorhanden sind. Werden die langfristig auch weiter im Customizing bestehen oder nicht? (…)

Aus Sicht der Skalierung, Digitalisierung und der Effizienz sind auch sehr viele Vorteile damit verbunden, dass diese Produkte zu Aareon gehen und damit vielleicht auch daran gearbeitet werden kann, gute, günstige IT bereitzustellen, weil man weitere Skalierungseffekte damit heben kann. Es wäre zumindest wünschenswert, dass dies so kommt. (…)

Natürlich sehen wir auch die Gefahr, dass die Produkte teurer werden. Deswegen ist es wichtig, dass man jetzt an einen Runden Tisch kommt und versucht, das Ganze möglichst transparent aufzuarbeiten. Was soll wie wo laufen und wie werden sich dahingehend Preise entwickeln? Man muss auch dazu sagen, in dem Oligopol gibt es nach wie vor immer noch weitere Anbieter, bei denen man sich im Zweifelsfall ebenfalls noch tummeln könnte und sich da auch anders aufstellen kann.

Es ist wichtig, dass man sich nicht nur von einem Anbieter abhängig macht. Aber ich glaube auch, dass die neue Strategie der Aareon eine andere ist, so wie sie es jetzt beispielsweise durch die Connect-Plattform ermöglicht, unterschiedlichste Anbieter mit anzupflanzen. (…)

Oligopol oder schon nah dran am Monopol?

Frau Schlesinger, Aareon kauft die Haufe-Lexware Real Estate, wird zum Oligopolisten. Was heißt das für die Partner?

Sarah Schlesinger, CEO Blackprintpartners GmbH: Ich denke, dass die Wohnungswirtschaft die Situation nicht ausreichend ernst einschätzt. Das P.E.-Game (Private Equity, Anm. d. Red.), das kennen wir hier bisher im Tech-Bereich nicht, weder im PropTech- noch ganz konkret im WowiTech-Bereich. Das, was jetzt hier passiert ist, ist nah dran an einem Monopol.

Es gibt noch zwei, drei ernstzunehmende und auch gute Anbieter im Markt, aber Aareon ist weitverbreitet und das, was P.E. bedeutet, ist, in kurzer Zeit ganz schnell zusätzliche Rendite zu erwirtschaften. Das passiert zum einen über Costcutting, Serviceeinstellung und in erster Linie über Preissteigerungen – massive Preissteigerungen. Ich denke, den meisten ist nicht klar, dass die Excelliste, in der sie ihr Budget planen, demnächst in einer Position, die bisher ganz unten stand, nämlich IT-Kosten, deutlich steigen wird. Und dass da was dranhängt, eine ganze Infrastruktur im eigenen Hause.

Gestern sagte jemand aus der Wohnungswirtschaft einen spannenden Satz: "Von Techem und Ista kennen wir das P.E.-Game." Nein, das ist was anderes. Das war euer Heizungskeller und das war der Teil, der die Mieter betrifft.

Das hier ist euer Herz. Euer Herzstück. ERP ist nicht weniger als das. Es ist das, wo alles zusammenläuft. Wo Daten, wo die gesamte technologische Infrastruktur des Hauses sitzt. Und mit den Anforderungen, die die nächsten Jahre auch die Wohnungswirtschaft, sowohl große wie kleine Unternehmen, treffen werden, ist es die Grundvoraussetzung, um überhaupt Schritt zu halten und mitzuhalten.

(…) Was bedeutet das für PropTechs? Wir haben auf einmal die Situation, noch stärker im Markt als vorher, dass wir einen Gatekeeper haben. Dieser Gatekeeper hat sich als Strategie gesetzt, mit Aareon-Connect eine immerhin offene Schnittstellen-Plattform zu bieten. Das ist grundsätzlich toll. Das war auch zu begrüßen, als das vor zwei Jahren verkündet wurde.

Jetzt haben wir aber die Situation, dass diese offene Schnittstelle – jeder, der sich mit Technologie auskennt, weiß, dass muss an der Stelle nicht sein – so gesetzt ist, dass dafür extra Geld entsteht. Dass ich als PropTech dafür extra Geld aufwenden muss, und zwar einen ordentlichen, fünfstelligen Betrag im Jahr, um mich dar anzudocken. Neben dem eigenen Aufwand, die Schnittstelle zu pflegen.

Das bedeutet das Ausschlussverfahren für viele kleinere Projekte – und die sind ja nun, was den Markt ausmacht. Die lösen Teilprobleme und Teilprozesse, machen sie effizienter. Die Wohnungswirtschaft ist darauf angewiesen und sie tut gut daran, hier diese Vielfalt zu stützen und auch zu schützen.

Dieser Punkt ist das, was dem Markt, was der Wohnungswirtschaft unabhängig vom Verkauf und unabhängig von dem sich immer stärker auswirkenden Monopol nicht guttut. Wir haben eine Grundvoraussetzung, die sollte man nicht vergessen und das unterscheidet uns auch vom Rest der Immobilienwirtschaft: Wir reden hier darüber, bezahlbaren Wohnraum zu bieten, und eine soziale, gesellschaftlich stabilisierende Funktion zu erfüllen.

Das, was ich gerade sage, die soziale, gesellschaftlich stabilisierende Funktion versus P.E.-Game, das geht nicht zusammen. Dass wir dazwischen noch die PropTechs haben, die zerrieben werden, das tut dem Markt so, wie dieser Schritt jetzt gegangen wurde, mit Sicherheit nicht gut. Da sollten wir alle gehörig aufpassen, was auf uns zukommt.


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