Entscheidungsstichwort (Thema)

öffentliche Ausschreibung von Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB) neu

 

Tenor

1. Der Feststellungsantrag wird verworfen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckmäßigen Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsgegnerin (Ag) schrieb durch Bekanntmachung ab dem … 2004 für den Zeitraum September 2004 bis September 2005 bundesweit die Vergabe „Abschluss von Verträgen über die Konzeption und Durchführung von Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB [neu und neu2])” für verschiedene Berufsfelder öffentlich aus. Zielgruppe der Maßnahmen waren Jugendliche und junge Erwachsene ohne berufliche Erstausbildung, die die allgemeine Schulpflicht erfüllt und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Der Antragsteller (ASt) gab fristgerecht ein Angebot unter anderem zu den Losen 298 und 300 ab. Am 20. Juli 2004 unterrichtete die Ag den ASt gemäß § 13 VgV, dass sie beabsichtige, der Bietergemeinschaft … – für Los 298 – und der Bietergemeinschaft … – für Los 300 – den Zuschlag zu erteilen. Weiterhin teilte die Ag mit, dass der ASt unter Berücksichtigung aller Umstände nicht das wirtschaftlichste Angebot gemäß § 25 Nr. 3 VOB/A abgegeben habe.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2004 rügte der ASt Vergabeverstöße. Die Ag half der Rüge nicht ab. Der ASt stellte daraufhin mit Schreiben vom 30. Juli 2004 einen Antrag auf Nachprüfung vor der Vergabekammer des Bundes (VK 2 – 151/04). Am 1. September 2004 teilte die Ag dem ASt mitgeteilt, dass sie die Ausschreibung in den streitgegenständlichen Losen aus schwerwiegenden Gründen gem. § 26 Nr. 1 d) VOL/A aufhebe. Sie beruft sich dabei darauf, dass die Vergabekammer des Bundes in einer Entscheidung die in den Verdingungsunterlagen enthaltene Erweiterungsoption um 20 % nach § 4 Abs. 2 des Vertragsentwurfs als ungewöhnliches Wagnis angesehen hat. Die stritten Lose müssten aufgehoben werden. Die Ag setze diese Rechtsprechung in noch streitanhängigen Verfahren um, da die Verdingungsunterlagen in allen ausstehenden Fällen gleichlautend seien. Die Ag weist in ihrem Schreiben außerdem darauf hin, dass für die noch anhängigen Nachprüfungsverfahren – unabhängig von ihrem Ausgang – nicht sichergestellt werden könne, dass die Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen zu einem sinnvollen Termin für den Teilnehmerkreis der Jugendlichen begönne. Aufgrund der Verfahrensdauer müsse damit gerechnet werden, dass der Maßnahmebeginn sich bis in den November verzögern würde. Zu diesem Zeitpunkt bestehe für die Ag aus fachlicher Sicht kein Interesse an der Durchführung mehr, das der mit den berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen verfolgte Zweck nicht mehr erreicht werden könne.

Die Ag hat am 2. September 2004 jeweils den Zuschlag an die Bietergemeinschaft … (9.03 Uhr) und an die Bietergemeinschaft … (9.15 Uhr) erteilt. Der Vertrag zwischen der Ag und den Auftragnehmern enthält den strittigen § 4 Abs. 2 nicht mehr.

Der ASt stellte am 2. September 2004 um 17.41 Uhr einen weiteren Nachprüfungsantrag im Hinblick auf das Verfahren der freihändigen Vergabe. Die Rügeobliegenheit habe sich erübrigt, da die Ag nicht mehr selbst die Entscheidung rückgängig machen konnte. Insofern habe der ASt seine Kenntnis auch nicht mehr während des Vergabeverfahrens erlangt im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB, sondern erst nach dessen Abschluss. Er ist der Auffassung, dass das Verfahren der freihändigen Vergabe fehlerhaft ist. Die Ag habe mit der Mitteilung über die Aufhebung eingeräumt, dass die Ausschreibung fehlerhaft gewesen sei. Es habe jedoch kein ausreichender Grund für eine Aufhebung vorgelegen. Der Verfahrensfehler, den die 1. Vergabekammer des Bundes festgestellt hatte und den die Ag auf für die übrigen gleichgelagerten Fälle anerkannt hat, bewirke jedoch nur die Begründetheit des zunächst eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens. Eine Berechtigung zur Erklärung der Aufhebung könne daraus nicht folgen. Die Aufhebung habe auch nicht wegen besonderer Dringlichkeit erfolgen müssen. Es sei treuwidrig, wenn sich die Ag auf die Dringlichkeit berufe, da sie den engen zeitlichen Ablauf selbst verursacht habe. Dies bedeute auch für die freihändige Vergabe, dass eine besondere Dringlichkeit im Sinne von § 3 VOL/A nicht vorläge. Ein fehlerhaftes Vorgehen der Vergabestelle dürfe nicht nachträglich dadurch belohnt werden, dass die Vergabestelle das wesentlich einfachere Verfahren der freihändigen Vergabe durchführen dürfe. Schließlich sei der ASt nicht über die beabsichtigte Vergabe gem. § 13 VgV informiert worden. Der ASt müsse zum Kreis der Bewerber gerechnet werden. Die Ag habe selbst vorgetragen, dass sie sich bei der Auswahl des Bieters auf die im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung abgegebenen Angebote gestützt habe. Damit sei eine Auswahl unter mehreren im Wettbewerb stehenden Angeboten erfolgt. Auch könne die Wartefrist von 14 Tagen nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass die Ag nur mit einem Bieter Verhandlungen führe. Auf diesem W...

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