Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergabe von Verträgen über die Konzeption und Durchführung von Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen
Tenor
1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Antragsteller zur öffentlichen Ausschreibung (…Vergabe-Nr.: …, Los 28, zuzulassen und den Zuschlag nur unter Berücksichtigung des Angebots des Antragstellers zu erteilen.
2. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragstellers je zur Hälfte.
3. Die Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes durch den Antragsteller war notwendig.
Tatbestand
I.
Die Antragsgegnerin (Ag) hat im Bundesausschreibungsblatt den Abschluss von Verträgen über die Konzeption und Durchführung von Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen in Teilzeit nach § 61 SGB III i.V.m. einem Betriebspraktikum gem. § 235b SGB (…) nach Anhang IB der VOL/A in den Bezirken der Agenturen … öffentlich ausgeschrieben.
Der Antragsteller (ASt) gab fristgerecht ein Angebot zu Los 28 ab. Der ASt ist ein eingetragener Verein mit 7 Mitgliedern, zu denen auch der Kreis … gehört.
§ 3 der Satzung des ASt lautet: „Zweck, Gemeinnützigkeit:
(1) Aufgabe des Vereins ist die Vermehrung des Angebots von Ausbildungsplätzen durch die Schaffung zusätzlicher außerbetrieblicher beruflicher Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten.
(2) Aufgabe des Vereins ist es weiterhin, für Jugendliche und schwer vermittelbare Arbeitslose Arbeitsgelegenheiten zu schaffen.
(3) Daneben hat sich der Verein die Aufgabe gesetzt, ein Jugendaufbauwerk im Sinne des Gesetzes über das Jugendaufbauwerk (JAWG) mit Hilfsbetrieben zu betreiben. Ziel des Vereines ist damit ebenfalls die Förderung Lernbehinderter und die Durchführung überbetrieblicher Ausbildungsmaßnahmen.
(4) ….”
Mit Schreiben vom 22. August 2005 teilte die Ag dem ASt mit, dass sein Angebot gemäß § 7 Nr. 6 VOL/A ausgeschlossen worden sei. Es sei beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen (Bg) zu erteilen. Mit Schreiben vom 29. August 2005 rügte der ASt seinen Ausschluss vom Verfahren. Die Ag wies die Rüge am 31. August 2005 als unbegründet zurück.
Am 2. September 2005 stellte der ASt einen Nachprüfungsantrag, der am 5. September 2005 zugestellt wurde.
Er macht geltend, als privatrechtlich organisiertes Unternehmen nicht unter § 7 Nr. 6 VOL/A zu fallen und daher zu Unrecht ausgeschlossen worden zu sein. Mit der Aufzählung des § 7 Nr. 6 VOL/A seien nur staatliche Einrichtungen gemeint, die selbst Teile der Verwaltung seien. Nach dem Wortlaut sei der ASt nicht von der Aufzählung umfasst.
Der ASt sei keine Einrichtung, die auf Grund staatlicher Förderung unabhängig von marktüblichen Kosten wirtschaften könne. Insbesondere zahle der Kreis … weder öffentliche Mittel für den Betrieb noch gewähre er Darlehen noch habe er eine Patronatserklärung abgegeben. Soweit § 8 Nr. 2 der Satzung dem Kreis ein Vetorecht hinsichtlich finanzieller Entscheidungen des ASt einräume, handele es sich dabei um das normale Controlling, das bei jeder Kreisbeteiligung erfolgen müsse. Soweit die Ag vortrage, dass das für die Durchführung der vorliegenden Maßnahme vorgesehene Personal beim Jugendaufbauwerk … (JAW) angestellt sei, sei dies unrichtig. Das seitens des ASt beschäftigte Personal sei bei ihm angestellt und nicht beim Kreis …. In der mündlichen Verhandlung erläuterte der ASt ferner, dass er als eingetragener Verein bereits lange bestanden habe, als die zusätzliche Aufgabe des Betriebs eines Jugendaufbauwerks 1998 übernommen worden sei. Vor 1998 sei der Kreis … Träger des Jugendaufbauwerks gewesen. Keinesfalls sei der Verein gegründet worden, um das Jugendaufbauwerk zu betreiben.
Der ASt müsse erhebliche Mieten zahlen, seine Personalkosten erwirtschaften und etwaige Overheadkosten tragen. Es gebe insofern von der Kalkulationsgrundlage her keinen Unterschied zu den Mitkonkurrenten.
Das JAW sei auch keine Jugendhilfeeinrichtung.
Auch die Bg – eine eGmbH – sei Trägerin eines Jugendaufbauwerkes und Mitglied der Dachorganisation der Jugendaufbauwerke in …. Sie erhalte somit die gleiche Förderung wie der ASt.
Der ASt beantragt,
- die Ag zu verpflichten, den ASt zur öffentlichen Ausschreibung (…), Vergabe-Nr.: …, Los 28, zuzulassen und den Zuschlag nur unter Berücksichtigung des Gebots des ASt zu erteilen.
- die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch den ASt für notwendig zu erachten.
Die Ag beantragt,
- den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,
- dem ASt die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Nach einer Entscheidung der 1. Vergabekammer des Bundes vom 13.05.2005, VK1-42/04, komme eine Anwendbarkeit des § 7 Nr. 6 VOL/A auf privatrechtlich organisierte Bieter in Betracht, wenn sich staatliche Stellen zur Erfüllung ihrer Aufgaben der Organisationsform des eingetragenen Vereins bedienten und dieser Einrichtung aufgrund ihrer Bindung an staatliche Stellen weitere Vorteile gewährt werden, die bereits bei abstrakter Betrachtung eine Nichtzulassung dieser Einrichtung zum Vergabewettbewerb mit...