Entscheidungsstichwort (Thema)

Große Kreisstadt Dinkelsbühl. Missbrauch und Wettbewerbsbeschränkung bei der Vergabe von Wegenutzungsrechten

 

Tenor

1. Die von der Beteiligten mit Schreiben an die Beschlussabteilung vom 14. September 2011 angebotene Verpflichtungszusage ist bindend. Das vorgenannte Schreiben ist Bestandteil dieses Beschlusses.

2. Das Verfahren wird nach Maßgabe des § 32 b Absatz 1 Satz 2 GWB eingestellt.

3. Die Gebühr für das Verfahren einschließlich der Entscheidung beträgt […] Euro.

4. Der Widerruf dieser Verfügung bleibt vorbehalten.

 

Tatbestand

I.

Rz. 1.

Die Beteiligte ist eine im Freistaat Bayern gelegene Kreisstadt mit ca. 11.500 Einwohnern. Die Beteiligte vermarktet unter anderem die Wegerechte an ihren kommunalen Grundstücken zur Verlegung und zum Betrieb von Energieversorgungsnetzen. Zudem bietet sie über ihren Eigenbetrieb Stadtwerke Dinkelsbühl wirtschaftliche Leistungen an, darunter die mit dem Betrieb von Verteilernetzen im Zusammenhang stehenden Netzdienstleistungen und die Energieträger Strom und Gas.

Rz. 2.

Die Beigeladene ist schwerpunktmäßig im Bereich der Erzeugung und des Vertriebs von Strom, Erdgas, Fernwärme und Wasser tätig. Sie bietet darüber hinaus über ihre Tochtergesellschaft N-ERGIE Service GmbH Netzdienstleistungen auf der Ebene der Strom- und Gasverteilernetze sowie in den Bereichen Fernwärme und Wasser an. Dabei ist die Beigeladene gegenwärtig unter anderem Konzessionsnehmerin und Netzbetreiberin für Strom in den im Dinkelsbühler Stadtgebiet gelegenen Ortschaften bzw. Ansiedlungen Scheckenmühle, Wolfertsbronn, Oberwinstetten, Unterwinstetten, Holzapfelshof, Hohenschwärz, Langensteinach, Sittlingen (zusammen: „Konzessionsgebiet A”), Gersbronn, Kobeltsmühle, Mögelinschlösslein, Mutschach, Gaismühle, Walkmühle, Neumühle, Radwang, Weidelbach, Neumühle, Reuenthal, Veitswend, Röthendorf, Ketschenweiler, Rauenstadt, Esbach, Obermeißling, Beutenmühle, Beutenhof, Oberradach, Unterradach (zusammen: „Konzessionsgebiet C”) sowie Burgstall, Rothof, Froschmühle, Pfaffenhof, Kemmleinsmühle, Lohe, Hellenbach, Hungerhof (Ungerhof), Tiefweg, Rosenhof und Bernhardswend (zusammen: „Konzessionsgebiet D”).

Rz. 3.

Über die vorgenannten Konzessionsgebiete A, C und D hinaus existieren in Dinkelsbühl zwei weitere Konzessionsgebiete für Strom: Konzessionsgebiet B umfasst Seidelsdorf einschließlich Kesselhof und Knorrenmühle, Oberradach sowie Unterradach, Konzessionsgebiet E umfasst das Stadtgebiet von Dinkelsbühl. Für Gas existiert ein einheitliches Konzessionsgebiet F, das die Stadt Dinkelsbühl mit allen ihren Stadtteilen bzw. zugehörigen Ansiedlungen umfasst.

Rz. 4.

Die Wegenutzungsrechte für Strom liegen im Konzessionsgebiet A derzeit bei der Beigeladenen. Vor dem Abschluss des entsprechenden Konzessionsvertrages am 24. Mai 2005 mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2014 hat die Beteiligte weder das Auslaufen des vorangegangenen Konzessionsvertrages gemäß § 13 Abs. 3 EnWG a.F. bekannt gemacht noch ein Auswahlverfahren durchgeführt. Im Konzessionsgebiet B sind aktuell die Stadtwerke Dinkelsbühl (Seidelsdorf einschließlich Kesselhof und Knorrenmühle) bzw. die Beigeladene (Oberradach, Unterradach) die Konzessionäre. Im Hinblick auf Seidelsdorf hat die Beteiligte vor der Übernahme der Konzession von der Beigeladenen zum 1. Juli 2009 durch ihren Eigenbetrieb Stadtwerke Dinkelsbühl kein Auswahlverfahren durchgeführt. Ein förmlicher Konzessionsbeschluss zugunsten der Stadtwerke Dinkelsbühl wurde nicht getroffen. Die Konzession für die Ortsteile Ober- und Unterradach wurde zusammen mit der Konzession für das Konzessionsgebiet C im Elektronischen Bundesanzeiger vom 1. Dezember 2008 und vom 29. September 2010 als zum Konzessionsgebiet C gehörig ausgeschrieben. Das Konzessionierungsverfahren wurde noch nicht abgeschlossen. Konzessionsinhaber ist gegenwärtig noch die Beigeladene. Zwar hatte der Stadtrat der Beteiligten am 25. September 2009 beschlossen, die Stromkonzession für das Konzessionsgebiet C für zunächst ein Jahr den Stadtwerken Dinkelsbühl einzuräumen, jedoch kam es später nicht zur Übernahme des Stromnetzes von der Beigeladenen. Für das Konzessionsgebiet D besteht zwar ein Konzessionsvertrag vom 24. Mai 2005 mit der Beigeladenen mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2018, jedoch wurde zuvor von der Beteiligten weder das Auslaufen des vorangegangenen Konzessionsvertrages bekannt gemacht noch ein Auswahlverfahren durchgeführt. Für die Konzessionsgebiete E und F konnte die Beteiligte keine Wegenutzungsverträge vorlegen. Netzbetreiber in diesen Gebieten ist ihr Eigenbetrieb Stadtwerke Dinkelsbühl.

Rz. 5.

Im Laufe dieses Verfahrens erhielt die 10. Beschlussabteilung im Rahmen ihrer bundesweiten Befragung sämtlicher Gasverteilnetzbetreiber im Missbrauchsverfahren gegen die GAG Gasversorgung Ahrensburg GmbH (B10-11/09-B) zudem davon Kenntnis, dass die Beteiligte über ihren Eigenbetrieb Stadtwerke Dinkelsbühl von Drittlieferanten für Erdgas in Dinkelsbühl überhöhte Konzessionsabgaben für Durchleitungen erhe...

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