Der Beschluss ist bestandskräftig.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abschluss von Rahmenrabattverträgen. der Vergabe „Abschluss von Rahmenrabattverträgen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V über …” (Bekanntmachung: …)
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerinnen mit der Ausschreibung der Rahmenrabattverträge im Verhandlungsverfahren die Rechte der Antragstellerin verletzt haben.
2. Die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen der Antragstellerin.
3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.
Tatbestand
I.
Die Antragsgegnerinnen (Ag) schrieben die Vergabe „Abschluss von Rahmenrabattverträgen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V über …” (Bekanntmachung: …) in drei Losen im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb europaweit aus. Dabei trat die Antragsgegnerin zu 1) für alle Ag als Vergabestelle auf. Das Los 1 umfasste … (die Wirkstoffe …), das Los 2 den Wirkstoff … und das Los 3 den Wirkstoff ….
Gemäß der Bekanntmachung sollten pro Los mindestens drei Rahmenrabattvereinbarungen und insgesamt neun Rahmenrabattvereinbarungen geschlossen werden. Die Vereinbarungen sollten eine Vertragslaufzeit von zwei Jahren mit zweimaliger Verlängerungsoption um jeweils ein Jahr haben.
Gemäß den Ausführungen in ihrem Eröffnungsvermerk zum Vergabeverfahren sahen die Ag die Voraussetzungen für ein Verhandlungsverfahren als gegeben an. Eine Gesamtpreisbildung für die zu beschaffende Leistung sei objektiv und nicht nur aufgrund fehlender Fachkompetenz innerhalb der Organisation der Ag nicht möglich. Die Unmöglichkeit der Bildung eines Gesamtpreises bzw. eines Gesamtrabattes liege in der Unmöglichkeit der Bildung einer für alle Unternehmen einheitlichen Preisstruktur bezogen auf den Zeitpunkt vor Beginn des Vergabeverfahrens bedingt durch die lediglich für das abgelaufene Verordnungsjahr 2007 vorliegenden Verordnungsdaten. Der künftige Absatz sei bedingt durch das nicht prognostizierbare und nicht beeinflussbare Verordnungsverhalten der Ärzte nicht sicher voraussagbar. Es könne lediglich auf die Daten aus dem Jahr 2007 zurückgegriffen werden. Zum Zeitpunkt der Verhandlungen würden die Daten aus dem ersten und zweiten Quartal des Jahres 2008 ebenfalls vorliegen. Die sich hieraus abzeichnenden Änderungen im Verordnungsverhalten der Ärzte könnten ausschließlich im Rahmen des Verhandlungsverfahrens angemessen berücksichtigt werden. Darüber hinaus sei die Bildung einer einheitlichen Preisstruktur, aus welcher sich ein Gesamtpreis bzw. Gesamtrabatt errechnen ließe, nicht möglich. Da die anzubietenden Rabatte ausgehend von unterschiedlichen Grundpreisen je Wirkstoff der jeweiligen Anbieter berechnet würden, fehle es zunächst an einer Preisstruktur, die einen Vergleich der Angebote der Teilnehmer zulasse. Ein Auftrag könne in dieser Konstellation lediglich mittels Verhandlungen mit den Unternehmen über die finanziellen Bedingungen und die Preisstruktur vergeben werden. Im Übrigen würden die Ag davon ausgehen, dass die gesetzlichen Krankenkassen auf das Verschreibungsverhalten der Ärzte – wenn überhaupt – nur in begrenztem Umfang einwirken könnten, was von den Bietern hinzunehmen sei. Die gesetzlichen Krankenkassen seien demzufolge nicht in der Lage, genauere Kriterien für das Verkaufsverhalten der Apotheken und damit die Umsatzentwicklung für die mehreren Vertragspartner je Wirkstoff zu benennen. Der vergaberechtliche Anspruch auf Angabe verlässlicher künftiger Umsatzzahlen stoße bei der Ausschreibung von Arzneimittelrabattverträgen daher naturgemäß an seine Grenzen, wo rechtlich oder aus Gründen der Versorgungssicherheit der Versicherten keine (weiteren) Konkretisierungen erfolgen könnten. Die Gründe der Unmöglichkeit der Gesamtpreisbildung lägen gerade in der Natur der Leistung. Der Fall sei vergleichbar mit einem Fall – nämlich der Vergabe des Betriebs eines mobilen Systems zum Einzug von Verwarngeldern –, für den die Vergabekammer Düsseldorf die Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens bestätigt habe, da dort die Vergütung pro Zahlungsvorgang erfolgen solle, die Anzahl der Zahlungsvorgänge jedoch nicht abschätzbar gewesen sei. Aufgrund des nicht beeinflussbaren Verordnungsverhaltens der Ärzte sei auch vorliegend nicht abschätzbar, wie häufig die Wirkstoffe verordnet würden, und damit auch nicht, wie häufig es zum Vorliegen eines Rabattfalls komme. Hinsichtlich der Losaufteilung hätten die Ag das Für und Wider einer indikationsbezogenen Losaufteilung im Gegensatz zur wirkstoffbezogenen Vergabe gegeneinander abgewogen. Nach einer Marktanalyse für alle drei Lose sei bei der Zusammenstellung der Lose berücksichtigt worden, dass auch kleine und mittlere Unternehmen die Möglichkeit zur Angebotsabgabe und auf den Zuschlag hätten.
Die Wahl des Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb wurde auch in der Bekanntmachung damit begründet, dass der zukünftige Absatz zum Zeitpunkt der Ausschreibung nicht sicher voraussagbar sei,...