Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 36 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

 

Tenor

1. Das mit Schreiben vom 30. Juli 2003 angemeldete Zusammenschlussvorhaben wird untersagt.

2. Die Gebühr für diese Entscheidung wird unter Anrechung der gesondert festzusetzenden Gebühr von xxx Euro für die Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens auf

xxx

festgesetzt und den Beteiligten zu 1., 3., 4. und 5. als Gesamtschuldnern auferlegt.

 

Tatbestand

I. Vorhaben

1. Die Beteiligte zu 2. (E.ON Hanse – vor dem 1. September 2003: Schleswag AG) beabsichtigt, 49,9 % der Anteile an der Beteiligten zu 3. (SWL), von der Beteiligten zu 5. (Hansestadt Lübeck), welche 100 % der Anteile an der SWL hält, zu erwerben. Die Transaktion soll im Wege einer Kapitalerhöhung stattfinden. Wirtschaftliches Ziel dieses Anteilserwerbs ist die Beteiligung der E.ON Hanse an dem Geschäftsbereich Energie und Wasser der Hansestadt Lübeck. Dieser wird zur Zeit von der Beteiligten zu 4. (EWL) betrieben, die zu 94 % der SWL und zu 6 % der Hansestadt Lübeck gehört. Die EWL soll im Rahmen des Zusammenschlussvorhabens auf die SWL verschmolzen werden, nachdem die Hansestadt Lübeck ihren Anteil von 6 % an der EWL in die SWL eingebracht hat.

2. Die Einflussmöglichkeiten und die Ergebnisbeteiligung der E.ON Hanse als Gesellschafterin der SWL (nach Verschmelzung mit EWL) werden konsortialvertraglich auf den Geschäftsbereich Energie und Wasser beschränkt und werden nicht die von der SWL wahrgenommene Holdingfunktion betreffen. Dabei soll E.ON Hanse so gestellt werden, wie es einer 49,9%igen direkten Beteiligung an der EWL entsprochen hätte.

3. Im Einzelnen wird im Konsortialvertrag, im Gesellschaftsvertrag der SWL und in der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der SWL Folgendes für die endgültige Situation festgelegt [1] :

  • ▪ Ziel des Zusammenschlusses ist u.a. die Stärkung der SWL durch Beteiligung eines strategischen Partners, der der SWL Know-how zukommen lässt. In der Präambel des Konsortialvertrags ist hierzu festgehalten: „Die SCHLESWAG beabsichtigt, sich zur Stärkung der SWL und der EWL als langfristiger strategischer Partner an der SWL zu beteiligen. Vor dem Hintergrund ihrer Kompetenz im Bereich Energie und Wasser strebt sie dabei an, die Interessen der SWL und der EWL durch ihre unternehmerischen Aktivitäten in der Energiewirtschaft und durch Einbringung ihres Know-hows zu fördern.” Weiterhin heißt es in § 1 Buchst. d) Konsortialvertrag: „Die SWL und die EWL erwarten, dass die SCHLESWAG die gute Marktposition der EWL im Rahmen ihrer Beteiligung insbesondere durch Unterstützung im Bereich einer regionalen Wachstumsstrategie, in der Kapitalstärkung und einem kurzfristigen und intensiven Know-how-Transfer stärken wird.”
  • ▪ Die E.ON Hanse soll durch ihre Beteiligung an der SWL nur Einflussrechte in Bezug auf den Geschäftsbereich Energie und Wasser erhalten. In Bezug auf alle Entscheidungsfragen, die keinen Bezug zum Geschäftsbereich Energie und Wasser aufweisen, enthält sich die E.ON Hanse ihrer Stimme. Ihre Informations- und Einsichtsrechte als Gesellschafterin der SWL übt sie grundsätzlich nur in Bezug auf solche Angelegenheiten aus, die mittel- oder unmittelbar den Geschäftsbereich Energie und Wasser der SWL betreffen (§ 5 Abs. 2 Modifikation des Konsortialvertrags im Falle der Verschmelzung, im Folgenden „Modifikation”). Zum Geschäftsbereich Energie und Wasser zählen nicht die Fragen, die mit der Beteiligung der SWL an der Bezugsgemeinschaft Trianel European Energy Trading GmbH, Aachen (Trianel), verbunden sind (§ 9 Nr. 2 Modifikation).
  • ▪ Der Aufsichtsrat der SWL hat [xxx] Mitglieder. Nach der Beteiligung durch die E.ON Hanse entfallen [xxx] auf Gewerkschafts- bzw. Arbeitnehmervertreter, [xxx] auf die Hansestadt Lübeck und [xxx] auf die E.ON Hanse (§ 9 Abs. 1 GV-SWL); auch § 6 Nr. 1 und 2 Modifikation). Die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden erfolgt mit einfacher Mehrheit in der Gesellschafterversammlung, sofern keine 2/3-Mehrheit im Aufsichtsrat erreicht werden kann. Die Beschlüsse werden i.d.R. mit einfacher Mehrheit gefällt. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Aufsichtsratsvorsitzenden den Ausschlag (§ 10 Abs. 6 Gesellschaftsvertrag der SWL – Entwurf nach Verschmelzung, im Folgenden „GV-SWL”).
  • ▪ In § 2 Nr. 2 Buchst. b Konsortialvertrag sichert die E.ON Hanse zu, dass die SWL unter Beachtung der bestehenden Verträge über den Energiebezug der EWL (gemäß Modifikation zu ändern in „SWL”) frei bestimmen kann, um eine möglichst preisgünstige Versorgung zu erlangen. Um die Unabhängigkeit der Strombeschaffung zu sichern, soll die SWL nach dem Zusammenschluss und nach der Verschmelzung durch zwei Geschäfts-führer geleitet werden [2] , von denen einer durch die E.ON Hanse und einer durch die Hansestadt Lübeck vorgeschlagen wird (§ 8 Modifikation). Der durch die Hansestadt Lübeck bestimmte Geschäftsführer ist zugleich Sprecher der Geschäftsführung. Gemäß Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der SWL nach Verschme...

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