Tenor
I.
Vorbehaltlich neuer Erkenntnisse besteht für die Beschlussabteilung im Hinblick auf den Kartellvertrag vom 01.04.2005 kein Anlass, tätig zu werden.
II.
Die Gebühr für die Entscheidung wird auf
xxx EUR |
(in Worten: xxx EURO) |
festgesetzt und den Beteiligten gesamtschuldnerisch auferlegt.
Gründe
A. Verfahren
Die Beteiligten zu 1. – 6. haben mit am 16.08.2005 eingegangenen Schreiben eine Entscheidung nach § 3 Abs. 2 i. V. m. § 32c GWB im Hinblick auf das im gleichen Schreiben dargelegte Kooperationsvorhaben beantragt.
B. Sachverhalt
Die beteiligten Unternehmen planen, ein Mittelstandskartell zu gründen.
Vertragswaren sind Hintermauerziegel, die zusammen mit Porenbetonsteinen, Kalksandsteinen, Bimssteinen und Betonsteinen zum Markt für Mauerwerkstoffe für das aufgehende Hintermauerwerk gehören. Das Vertragsgebiet ist die Gesamtfläche der Bundesländer Baden-Württemberg, Saarland, Rheinland Pfalz sowie der überwiegende Teil Hessens und der westliche Teil des Freistaates Bayern. Insgesamt umfasst das Kartellgebiet ca. 30 Mio. Einwohner.
Von dem Kartell sollen neben dem gemeinsamen Einkauf von Rohstoffen und dem gemeinsamen Marketing insbesondere Rationalisierungsmaßnahmen im Bereich des Vertriebs und der Forschung und Entwicklung übernommen werden.
Die Mitglieder vertreiben die Vertragswaren selbständig und auf eigene Rechnung im eigenen Namen an die Kunden. Der gemeinsame Vertrieb wird durch eine Vertriebsleiterkonferenz koordiniert, in die alle Mitglieder Vertreter entsenden. Die Vertriebsleiterkonferenz legt für die Mitglieder bindend Ein- und Verkaufspreise, Rabatte sowie sonstige Konditionen und den Abrechnungsmodus fest.
Die Vertriebsleiterkonferenz verteilt die eingehenden Aufträge und Anfragen zwischen den Mitgliedern nach den Gesichtpunkten der bestehenden Kundenbindung, der besonderen Kundenwünsche, der Transportkosten (an das jeweils ortnächste Mitglied) und der jeweiligen Auslastung der Produktionsbetriebe.
Später soll eine neu gegründete Gesellschaft „Mein Ziegelhaus GmbH & Co. KG” die Vertragswaren im Rahmen einer Agenturtätigkeit und als Vertragshändlerin für die Mitglieder vertreiben. Dabei unterliegen die Mitglieder einem Andienungszwang.
Im Kartellgebiet erreichen die beteiligten Unternehmen auf dem Markt der Baustoffe für das aufgehende Hintermauerwerk insgesamt einen Marktanteil von ca. 10 %. Die Kartellmitglieder erzielten im Jahre 2003 jeweils Gesamtumsätze zwischen ca. 10 und 20 Mio. Euro. Der Umsatz aller beteiligten Unternehmen mit Vertragswaren betrug insgesamt über 50 Millionen Euro. Davon entfielen ca. 11 Millionen Euro auf das europäische Ausland (Frankreich, Italien, Österreich, Schweiz, Belgien). Der gemeinschaftsweite Umsatz der Beteiligten mit Vertragswaren im Vertragsgebiet überschritt im Jahr 2004 den Betrag von 40 Mio. Euro.
C. Rechtliche Würdigung
Die Beschlussabteilung trifft die Entscheidung nach § 32 c GWB, da die Kriterien für eine spürbare Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels bei Regionalkartellen, die nur einen Teil eines Mitgliedstaates betreffen, auslegungsbedürftig sind, noch nicht Gegenstand der Amtspraxis waren und für eine Vielzahl von Mittelstandskartellen von Bedeutung sind. Sie sind maßgeblich für die Geltung des Anwendungsvorrangs europäischen Rechts. Im europäischen Recht gibt es keine dem § 3 GWB entsprechende eigene Regelung für Mittelstandskartelle.
Es besteht kein Anlass zum Tätigwerden der Kartellbehörde, weil die Voraussetzungen für ein Verbot nach § 1 GWB und Art. 81 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht gegeben sind. Denn das europäische Recht findet keine Anwendung (dazu I.) und es sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 GWB erfüllt (dazu II.)
I. Keine Anwendbarkeit des europäischen Rechts
Auf den vorliegenden Fall ist europäisches Recht nicht anwendbar. Nach § 22 Abs. 1 GWB i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrages niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. EG 2003 Nr. L 1, S. 1) und § 22 Abs. 2 Satz 3 GWB ist Art. 81 Abs. 1 EG anzuwenden, wenn eine Vereinbarung geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen.
Das von den Beteiligten beabsichtigte Kooperationsvorhaben beeinträchtigt zwar den zwischenstaatlichen Handel (dazu 1.). Diese Beeinträchtigung ist jedoch nicht spürbar (dazu 2.).
1. Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels
Der Handel zwischen Mitgliedstaaten ist durch die vorliegende Vereinbarung betroffen. Unter dem Handel zwischen Mitgliedstaaten sind alle grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Tätigkeiten einschließlich der Niederlassung zu verstehen (vgl. auch Rn 19 der Leitlinien der Kommission über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikel 81 und 82 des Vertrags, ABl. 2004 C 101/07, im folgenden Leitlinien zur Zwischenstaatlichkeit). Gegenstand des hier fraglichen Kartells ist die Koord...