Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 36 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
Tenor
1. Das am 07. und 14. Januar 2005 beim Bundeskartellamt angemeldete Vorhaben der Beteiligten zu 1., alle Anteile an der Beteiligten zu 2. zu erwerben, wird freigegeben.
2. Die Gebühr für diese Entscheidung wird auf EUR […] (in Worten: […] Euro) festgesetzt und den Beteiligten zu 1. und 2. als Gesamtschuldnern auferlegt.
3. Die Gebühr für die Anmeldung des Zusammenschlusses wird auf EUR […] (in Worten: […] Euro) festgesetzt und den Beteiligten zu 1. bis 2. als Gesamtschuldnern auferlegt.
Tatbestand
A.
I. Anmeldung und Verfahren
Mit Schreiben vom 07.01.2005, hier eingegangen am selben Tag, wurde folgendes Zusammenschlussvorhaben von der Beteiligten zu 1. angemeldet: Die Deutsche Börse AG, Frankfurt am Main (im Folgenden: DBAG), beabsichtigt, alle Anteile an der London Stock Exchange plc, London (im Folgenden: LSE), zu erwerben.
Mit Schreiben vom 11.01.2005, hier eingegangen am gleichen Tag, hatte LSE einen Verfahrensbevollmächtigten bestellt und mit Schreiben vom 14.01.2005 die notwendigen Pflichtangaben zur Vervollständigung der Anmeldung nachgereicht.
Das Zusammenschlussvorhaben betrifft die Bereiche Börsenzulassung, Börsenhandel sowie Informationsprodukte und IT-Lösungen für Finanzmärkte und Marktteilnehmer.
Mit Schreiben vom 02.02.2005, zugestellt am gleichen Tag, hat die Beschlussabteilung die Beteiligten zu 1. und 2. über den Eintritt in das Hauptprüfverfahren unterrichtet.
Die Beigeladenen zu 1. bis 3. wurden mit Beschluss vom 18.02.2005 zum Verfahren beigeladen, die Beigeladene zu 4. mit Beschluss vom 21.02.2005 und die Beigeladene zu 5. mit Beschluss vom 07.03.2005.
II. Beteiligte Unternehmen
Die DBAG und ihre Beteiligungsunternehmen sind im Bereich der Organisation des Wertpapierhandels und damit verbundener Dienstleistungen für Marktteilnehmer tätig. Die DBAG, die Obergesellschaft der Gruppe Deutsche Börse, wird von keinem ihrer Gesellschafter allein oder gemeinsam beherrscht. Der weltweite Umsatz des Unternehmens betrug im Geschäftsjahr 2003 rund 1,514 Mrd. Euro, davon entfielen etwa […] Euro auf die EU und etwa […] Euro auf Deutschland.
Die LSE ist ebenfalls im Bereich der Organisation des Wertpapierhandels und damit verbundener Dienstleistungen für Marktteilnehmer tätig. Auch die LSE wird von keinem ihrer Gesellschafter allein oder gemeinsam beherrscht. Das Unternehmen erzielte im letzten Geschäftsjahr einen Umsatz von rund 352 Mio. Euro, davon entfielen etwa […] Euro auf die EU, die wiederum im Wesentlichen im Vereinigten Königreich anfielen. Der Umsatz in Deutschland betrug rund […] Euro und entfiel allein auf Informationsprodukte, die von Kunden mit Sitz in Deutschland abgerufen wurden.
III. Zusammenschlusstatbestand und Anwendungsbereich des GWB
Der Anwendungsbereich der Zusammenschlusskontrolle nach dem GWB ist eröffnet. Der geplante Erwerb erfüllt die Zusammenschlusstatbestände der § 37 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 a) GWB, da die DBAG alle Anteile an LSE erwirbt und damit auch die alleinige Kontrolle.
Aufgrund der gegebenen Umsätze fällt das Zusammenschlussvorhaben in den Geltungsbereich der Zusammenschlusskontrolle (§ 35 Abs. 1 GWB). Die Umsatzerlöse der beiden Beteiligten lagen im Jahre 2004 über der in § 35 Abs. 2 Nr. 1 GWB genannten Schwelle von 10 Mio. Euro. Die Bagatellmarktklausel des § 35 Abs.2 Satz 1 Nr. 2 GWB greift nicht, da allein die DBAG im Kassamarkt im letzten Geschäftsjahr weit über 100 Millionen Euro Umsatz erzielte.
Die Inlandsauswirkung des Zusammenschlusses nach § 130 Abs. 2 GWB ist gegeben. Zusammenschlüsse, die im Ausland realisiert werden, d.h. bei denen das erworbene Unternehmen seinen Sitz im Ausland hat, haben Inlandsauswirkungen, wenn die strukturellen Voraussetzungen für den Wettbewerb im Inland spürbar beeinflusst werden können. Dies ist hier zu bejahen, da die LSE Inlandsumsätze mit Informationsprodukten in Deutschland erzielt. Kriterium ist nicht nur die aktuelle, sondern auch die potentielle Beteiligung beider Unternehmen am inländischen Markt. Dazu reicht es schon aus, wenn das Know-how eines im Inland tätigen Unternehmens vergrößert wird oder sich ein Zuwachs von Ressourcen für das beteiligte inländische Unternehmen ergibt. Durch den Zusammenschluss entsteht das stärkste Börsenunternehmen in Europa, so dass unabhängig von der sachlichen und räumlichen Marktabgrenzung Auswirkungen für die inländische Wettbewerbsordnung nicht vor vornherein auszuschließen sind.
Das Vorhaben unterfällt nicht der europäischen Fusionskontrolle nach Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vom 20. Januar 2004 (im Weiteren: FKVO), da die Umsätze der beiden Zusammenschlussbeteiligten in der Europäischen Union unter der in Art. 1 FKVO geforderten Schwelle von 2,5 Mrd. Euro liegen.
Das Vorhaben hat auch seine Prüffähigkeit nicht verloren. Die DBAG hat mit der Ad-hoc Meldung (ISIN DE 00058 10055) m...