Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergabe von Leistungen zur Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung

 

Tenor

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1) und 2).

3. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Beigeladene im Verfahren vor der Vergabekammer war notwendig.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsgegnerin (Ag) führt gegenwärtig die Vergabe von Leistungen zur Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung (BaE – integratives Modell) nach § 241 SGB III im Bereich des Regionalen Einkaufszentrums … (Vergabe-Nr.: …) durch. Die Ausschreibung umfasst mehrere Lose. Die Antragstellerin (ASt) beteiligte sich zu den Losen 179 und 180 fristgerecht mit einem Angebot.

Die Verdingungsunterlagen (VU) waren gegliedert in „Allgemeine Hinweise” (Teil A), „Leistungsbeschreibung” (Teil B), „Vertrag” (Teil C), „Vordrucke für die Angebotserstellung” (Teil D) sowie „Losblatt und Preisblatt” (Teil E).

Für jedes Los war in den VU ein sog. Maßnahmeort vorgegeben. Gemäß Ziff. B.1.4 der VU handelt es sich herbei um die Angabe eines Ortes oder Bezirks, in dem die Maßnahme durchzuführen ist, wobei der angegebene Maßnahmeort zwingend einzuhalten ist. Der Zusatz Dienststelle (Dst.) vor einer Ortsbezeichnung bedeutet, dass als Maßnahmeort jeder Ort innerhalb des Dienststellenbezirks in Frage kommt (siehe auch hierzu Ziff. B.1.4 der VU). Die Räumlichkeiten, in denen die Maßnahme durchgeführt werden soll, können zwar unterschiedlich sein, sämtliche Räumlichkeiten müssen aber „an dem im Losblatt angegebenen Standort” zur Verfügung gestellt werden (siehe hierzu Ziff. B.2.5 der VU).

Bei den hier streitgegenständlichen Losen 179 und 180 war im Losblatt als Maßnahmeort „Dst. W” angegeben.

Teil C der VU beinhaltet den zwischen Auftraggeber und Bieter abzuschließenden Vertrag über die Durchführung der Maßnahme. Dort heißt es in § 2:

„Als Vertragsbestandteile gelten in nachfolgender Reihenfolge:

1. die Bedingungen und Vereinbarungen dieses Vertrages einschließlich dem diesen Vertrag beiliegenden Los- und Preisblättern,

3. das Angebot des Auftragnehmers auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung zum vorgenannten Vergabeverfahren,

…”

Teil D der VU enthält unter D. 3 eine vom Bieter mit seinem Angebot einzureichende „Erklärung zur Bietereignung”, wo unter Buchstabe e) folgende Erklärung mit „Ja” oder „Nein” anzukreuzen war:

„Ich / Wir verfügen bereits jetzt über die in der Leistungsbeschreibung geforderte Infrastruktur (z.B. Räumlichkeiten, Einrichtungen)”

Hinter dem Ankreuzkästchen „Ja” befand sich der Klammerzusatz „(Infrastruktur 3.2)”.

Unter D.3.2 der VU war ein Formblatt enthalten, in das vom jeweiligen Bieter die für die Durchführung der Maßnahme erforderlichen Raumarten (Unterrichtsräume, Besprechungsräume etc.) anzukreuzen waren. In einer weiteren Spalte des Formblatts war die Anschrift der Räumlichkeiten sowie der Name des Bieters, der über die Räumlichkeiten verfügt, anzugeben. In der letzten Spalte wurden Angaben zu den Eigentumsverhältnissen in Bezug auf die Räumlichkeiten abgefragt, die auf entsprechende Anforderung gegenüber der Ag nachgewiesen werden sollten.

Die ASt kreuzte zu den hier streitgegenständlichen Losen die Erklärung D.3 unter Buchstabe e) mit „Ja” an. Das Formblatt D.3.2 füllte sie ebenfalls aus und gab dabei in der Spalte „Anschrift der Räumlichkeiten” die Anschriften der beiden Mitglieder der Bietergemeinschaft in G (A/G) bzw. W (B GmbH) an. Die insoweit für das A angegebene Anschrift (G) liegt, was zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig ist, außerhalb des Dienststellenbezirks W.

Aufgrund der vorgenannten Angaben zum Maßnahmeort schloss die Antragsgegnerin (Ag) das Angebot der ASt für die hier streitgegenständlichen Lose vom Vergabeverfahren aus. Die Ag begründete ihre Entscheidung damit, dass die ASt Änderungen an den VU vorgenommen habe und ihr Angebot somit gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A iVm § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A auszuschließen sei.

Mit Schreiben vom 15. Mai 2006 informierte die Ag gemäß § 13 VgV die ASt über den Angebotsauschluss und teilte mit, dass sie beabsichtige, den Zuschlag zu Los 179 auf das Angebot der Beigeladenen zu 1) (Bg zu 1)) und den Zuschlag zu Los 180 auf das Angebot der Beigeladenen zu 2) (Bg zu 2)) zu erteilen.

Die ASt rügte daraufhin mit Schreiben vom 17. Mai 2006 die beabsichtigte Vergabeentscheidung der Ag. Die Ag wies die Rüge zurück.

Mit Schreiben vom 24. Mai 2006 beantragte die ASt bei der Vergabekammer des Bundes die Einleitung eines Nachprüfungsverfahren. Die Vergabekammer hat die Zustellung des Nachprüfungsantrages an die Ag am 26. Mai 2006 veranlasst.

Mit ihrem Nachprüfungsantrag macht die ASt den vergaberechtswidrigen Ausschluss ihres Angebots geltend. Aus Ziff. B.1.4 der VU ergebe sich, dass der angegebene Maßnahmeort zwingend einzuhalten sei. Dies sei jedem Unternehmen, das die auße...

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