Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergabe von Dienstleistungen zur Verbesserung der telefonischen Erreichbarkeit der Dienststellen durch Beauftragung eines externen Dienstleisters mit Einrichtung und Betrieb von Call Centern

 

Tenor

1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Wertung der Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen in dem Vergabeverfahren „Verbesserung der telefonischen Erreichbarkeit der Dienststellen durch Beauftragung eines externen Dienstleisters mit Einrichtung und Betrieb von CallCentern zur Unterstützung der internen Service Center der …, Ausschreibungs-Nr. …” unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin.

3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.

 

Tatbestand

I.

1.a) In den Dienststellen der Antragsgegnerin (Ag) sollen mit eigenen Mitarbeitern sog. „Service Center” eingerichtet werden, die die Bearbeitung der telefonischen Kundenanliegen vornehmen bzw. eine Bearbeitung veranlassen. Um diese internen Service Center in den Hauptlastzeiten (insbesondere vormittags) und sog. Randzeiten (außerhalb der üblichen Servicezeiten der Ag) bei der Bewältigung des Anrufvolumens zu unterstützen, sollen zusätzlich externe Call Center genutzt werden, die Anrufe übernehmen und soweit wie möglich selbst abschließend beantworten. Zur Vergabe der hiermit zusammenhängenden Dienstleistungen führt die Ag gegenwärtig unter der Ausschreibungs-Nr. … ein Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb durch. Nach der Vergabebekanntmachung umfasste der Auftrag zunächst die Einrichtung und Betrieb eines externen Call Centers für die verbesserte Erreichbarkeit der Familienkassen (Los 1), eines externen Call Centers für die verbesserte Erreichbarkeit des …, der Informationen über … entgegennimmt (Los 2), einer Hotline für den Internet-Auftritt „…” sowie die Abdeckung von Überläufen in den Spitzenzeiten und Randzeiten und die Unterstützung von sog. Outboundaktionen im Rahmen der Modellerprobung, die dazu dienen, die Kontakte zu … zu verstärken und vorhandene …daten zu aktualisieren.

Der maßgebliche Auftragswert war vor der Ausschreibung bei einer fünfjährigen Vertragslaufzeit auf einen Eurobetrag im dreistelligen Mio.-Bereich geschätzt worden.

Laut Bekanntmachung Ziff. III.2) („Bedingungen für die Teilnahme”) waren dem Teilnahmeantrag bestimmte Nachweise und Erklärungen beizulegen. U.a. war nach Ziff. III.2.1.3) („Technische Leistungsfähigkeit – Geforderte Nachweise”) gefordert:

„Vorlage von Referenzen:

  • • Vorlage von insgesamt mindestens drei Referenzen (aus den letzten drei Jahren) aus den Aufgabengebieten Info- und Servicelines, Kampagnenmanagement, Help Desk und Consulting Leistungen,
  • • Vorlage von mindestens einer Referenz (aus den letzten drei Jahren) eines Auftraggebers aus den Bereichen Öffentlicher Dienst bzw. Sozialversicherungen. Bei den Referenzen sind Name/Branche des Auftraggebers sowie ein Ansprechpartner (mit Telefonnummer) beim Auftraggeber anzugeben.”

Mit ihrem Teilnahmeantrag reichte die Beigeladene insgesamt acht Referenzen ein. Vier dieser Referenzen waren von einem konzernverbundenen Unternehmen ausgestellt worden (im Folgenden: „interne Referenzen”). Zwei der vorgelegten Referenzen wurden von anderen Unternehmen ausgestellt (im Folgenden: „externe Referenzen”) und zwei weitere Referenzen von Auftraggebern aus den Bereichen Öffentlicher Dienst bzw. Sozialversicherungen. Insgesamt drei Referenzen, die nicht von einem konzernverbundenen Unternehmen ausgestellt worden waren, betrafen die Aufgabengebiete Info- und Servicelines, Kampagnenmanagement, Help Desk und Consulting Leistungen Aus dem sog. „Entscheidungsvermerk” der Ag vom 8. Juli 2004 ergibt sich folgender Ablauf des Vergabeverfahrens: Von den bis zum Schlusstermin eingegangenen 35 Teilnahmeanträgen forderte die Ag am 24. September 2003 insgesamt 13 Bieter zur Abgabe eines Angebots zu Los 2 auf und teilte mit, dass die Vergabe von Los 1 zurückgestellt werde. Bis zum Ablauf der Angebotsfrist gaben insgesamt elf Bieter ein Angebot ab. Vier Bieter, darunter die Antragstellerin (ASt) und die Beigeladene, wurden zur Präsentation ihrer Angebote am 27. bzw. 28. Oktober 2003 eingeladen. Nach der ersten Verhandlungsrunde lag das Angebot der Beigeladenen an der ersten Stelle, das Angebot der ASt an der zweiten. Die Unternehmen wurden aufgefordert, bis zum 31. Oktober 2003 ihre Angebote zu überdenken. Auf eine unaufgeforderte Angebotsnachbesserung der ASt am 6. oder 7. November 2003 hin wurden alle an der Präsentation beteiligten Unternehmen aufgefordert, ihre Preisangebote bis zum 11. November 2003 zu überarbeiten. Bei der Auswertung dieser zweiten Verhandlungsrunde am 12. November 2003 lag das Angebot der ASt an erster Stelle. Sowohl die ASt als auch die Beigeladene hatten ihren Angebotspreis gegenüber der ersten Verhand...

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