Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergabe von Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen BvB neu und BvB neu 2
Tenor
1. Auf den Hilfsantrag der Antragstellerin wird festgestellt, dass das durch den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin angegriffene Vergabeverfahren BvB neu 2 rechtswidrig war und die Antragstellerin hierdurch in ihren Rechten verletzt ist. Im übrigen werden der Nachprüfungsantrag und der hilfsweise gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag zurückgewiesen.
2. Der Antrag nach § 115 Abs. 3 GWB wird zurückgewiesen.
3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin zu sieben Achteln. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin zu einem Achtel.
4. Die Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes durch die Antragstellerin war notwendig.
Tatbestand
I.
Die Antragsgegnerin (Ag) schrieb am 7.04.2004 für den Zeitraum September 2004 bis September 2005 berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen für Jugendliche und junge Erwachsene ohne berufliche Erstausbildung aus, die die allgemeine Schulpflicht erfüllt und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Die nachgefragte Leistung wurde in Lose aufgeteilt, deren Umfang in dem in den Verdingungsunterlagen enthaltenen Losblatt des jeweiligen Regionaleinkaufszentrums enthalten ist.
§ 4 Abs. 2 des Vertragsentwurfs, der Teil der Verdingungsunterlagen ist, besagt:
„Der Auftragnehmer verpflichtet sich während der Vertragslaufzeit zu einer Mehrleistung von bis zu 20% des ausgeschriebenen Auftragsvolumens zu den gleichen Konditionen des Vertrages bei entsprechender Auftragserteilung durch den Auftraggeber. Eine Abnahmeverpflichtung des Auftraggebers für diese Leistung besteht nicht.”
Die Antragstellerin (ASt) hat sich an der Ausschreibung beteiligt und ein Angebot für das Los 283 abgegeben. Mit Schreiben vom 20.07.2004 teilte die Ag der ASt gemäß § 13 VgV mit, der Zuschlag solle auf das Angebot der Beigeladenen (Bg) erteilt werden. Das Angebot der ASt müsse ausgeschlossen werden, da es nicht 50% der maximal möglichen Leistungspunkte erreicht habe. Die ASt hat daraufhin Vergabeverstöße – nach anwaltlicher Beratung – am 30.07.2004 gerügt. Am 3.08.2004 hat sie einen Antrag auf Nachprüfung gestellt und unter anderem geltend gemacht, das Angebot der Bg sei mangels Eignung und wegen fehlender Nachweise vom Vergabeverfahren auszuschließen.
Mit Schreiben vom 01.09.2004 hat die Ag der ASt mitgeteilt, dass sie die streitbefangene Ausschreibung zu dem Los 283 gemäß § 26 Nr. 1 Buchst. d) VOL/A aus schwerwiegenden Gründen aufhebt. Sie beruft sich dabei auf Entscheidungen der Vergabekammer, die ebenfalls die Ausschreibung BvB neu 2 betrafen und bei denen die Vergabekammer die in den Verdingungsunterlagen enthaltene Erweiterungsoption um 20% nach § 4 Abs. 2 des Vertragsentwurfs als ungewöhnliches Wagnis i.S.d. § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A gewertet hatte. Die Vergabekammer hatte der Ag in diesen Verfahren aufgegeben, die jeweiligen Ausschreibungen hinsichtlich der strittigen Lose aufzuheben (VK 1 – 105/04; VK 1 – 108/04; VK 1 – 111/04). Die Ag weist in ihrem Schreiben vom 01.09.2004 weiter daraufhin, dass für die noch anhängigen Nachprüfungsverfahren – unabhängig von ihrem Ausgang – nicht sichergestellt werden könne, dass die berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen zu einem sinnvollen Termin für den Teilnehmerkreis beginnen können. Aufgrund der Verfahrensdauer müsse damit gerechnet werden, dass der Maßnahmebeginn sich bis in den November verzögern werde. Zu diesem Zeitpunkt bestehe für die Ag aus fachlicher Sicht kein Interesse an der Durchführung mehr, da der mit berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen verfolgte Zweck nicht mehr erreicht werden könne.
Die Ag hat sodann am 2.09.2004 den Zuschlag an die Bg erteilt. Verhandlungen mit anderen Bietern haben nicht stattgefunden. Der Vertrag zwischen der Ag und der Bg enthält den strittigen § 4 Abs. 2 nicht mehr.
Hiergegen wandte sich die ASt mit Schriftsatz vom 6.09.2004. Sie trägt vor, das Vergabeverfahren sei nicht rechtmäßig aufgehoben worden, da keiner der Aufhebungsgründe des § 26 Nr. 1 VOL/A gegeben sei. Die Vergaberechtswidrigkeit des § 4 Abs. 2 des Vertragsentwurfs hätte auch durch Streichung des betreffenden Absatzes korrigiert werden können. Auch sei keine Dringlichkeit gegeben. Die Jugendlichen, die von den ausgeschriebenen berufsvorbereitenden Maßnahmen profitierten, sollten in erster Linie in den Stand versetzt werden, im kommenden Jahr (i.d.R. September 2005) eine Ausbildungsstelle antreten zu können. Hierfür sei es keinesfalls zu spät, wenn die berufsvorbereitenden Maßnahmen erst im November beginnen würden, da die individuelle Gesamtförderdauer grundsätzlich maximal 10 Monate betrage. Zudem habe die ASt den nicht fristgerechten Beginn der Maßnahmen durch Fehler beim Vergabeverfahren selbst verschuldet. Habe die Ag mit ihrer Vorgehensweise Erfolg, so könne in Zukunft...