Rn 7
Der Wortlaut des § 56b Abs. 1 Satz 1 setzt voraus, dass mehrere Insolvenzanträge für verschiedene einer Unternehmensgruppe angehörende Gesellschaften bei unterschiedlichen inländischen Insolvenzgerichten gestellt wurden. Dabei ist es bedeutungslos, ob es sich um Fremd- und/oder Eigenanträge handelt. Wann von einer Unternehmensgruppe auszugehen ist, der die antragstellenden Gesellschaften angehören, ist in § 56b selbst nicht geregelt. Dies ergibt sich vielmehr aus der Legaldefinition in § 3e.
Rn 8
Weiter spricht § 56b Abs. 1 Satz 1 zwar von mehreren Insolvenzgerichten, bei denen die Insolvenzanträge gestellt wurden. Gemeint sind damit die Insolvenzgerichte am allgemeinen Schuldnergerichtstand nach § 3 Abs. 1. § 56b Abs. 1 Satz 1 soll jedoch auch anwendbar sein, wenn die Insolvenzanträge sämtlich bei dem Insolvenzgericht am Gruppen-Gerichtsstand nach § 3a Abs. 1 eingegangen sind. Dagegen wird unter Verweis auf den Wortlaut und den verwendeten Plural "Insolvenzgerichte" aber eingewandt, § 56b sei bei Insolvenzanträgen am Wahlgerichtsstand des § 3a nicht anwendbar. Das Gericht am Gruppen-Gerichtsstand könne – aufgrund der verbleibenden Selbständigkeit der Verfahren auch bei einheitlicher Zuständigkeit – je nach sachlicher Notwendigkeit verschiedene Verwalter oder auch einen einheitlichen Verwalter bestellen, und zwar ohne dass § 56b hierzu Vorgaben mache. Dies erscheint systematisch überzeugender. Selbst wenn entgegen § 3c am Insolvenzgericht des Gruppengerichtsstands mehrere Abteilungen zuständig sein sollten, sind die betreffenden Entscheidungsträger schon nach der § 3c immanenten gesetzgeberischen Intention verpflichtet, sich hinsichtlich der Verwalterbestellung in den einzelnen Gruppeninsolvenzverfahren untereinander abzustimmen, was sie in der Praxis sicher im Interesse der Gläubiger ohnehin tun werden, ohne dazu formal durch § 56b angehalten zu werden. Einer analogen Anwendung des § 56b bedarf es daher mangels Regelungslücke nicht. Richtig ist dagegen, dass § 56b dann keine Anwendung mehr findet, wenn von einem der Gerichte bereits ein Insolvenzverwalter bestellt wurde.
Rn 9
Unabhängig von einer bereits im Eröffnungsverfahren zwischen den beteiligten Insolvenzgerichten abgestimmten einheitlichen oder im Einzelfall gesonderten Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, ist die Abstimmung bei Eröffnung der einzelnen Gruppeninsolvenzverfahren hinsichtlich der dann erforderlichen Bestellung des Insolvenzverwalters zu wiederholen, da sich in der Zwischenzeit die Einschätzung der entstehenden Interessenkollisionen geändert haben kann. Schließlich wird vertreten, § 56b auch in der Eigenverwaltung im Hinblick auf die Bestellung eines einheitlichen Sachwalters (§ 274) für alle gruppenangehörigen Schuldner sowie stets, wenn es darum geht, Interessenskonflikte durch die im Gesetz sonst nicht geregelte Bestellung von Sonderinsolvenzverwaltern zu lösen, entsprechend anzuwenden. Dafür spricht zwar, dass § 274 Abs. 1 ausdrücklich auf die vorliegende Vorschrift verweist. Allerdings wird sich wegen der bloßen Aufsichts- und Begleitungsfunktion des Sachwalters das Problem in einer Konzerninsolvenz in Eigenverwaltung nur selten stellen, da mit der eigenverwaltenden Konzernführung meistens bereits ein einheitlicher "Verwalter" existieren wird. Bedeutsam wird die Abstimmungspflicht allenfalls dann werden, wenn die Eigenverwaltung aufgehoben und in den einzelnen Verfahren jeweils ein Insolvenzverwalter bestellt werden muss oder nur einzelne Gruppeninsolvenzverfahren in Eigenverwaltung fortgeführt werden sollen.