Rn 18
Der Gruppenverwalter muss alle Verfahren der Gruppengesellschaften mit der gebotenen Unabhängigkeit wahrnehmen können. Für die Bestimmung dieses Unabhängigkeitsbegriffs stehen die Interessen der einzelnen insolventen Konzerngesellschaften im Mittelpunkt, für die der Einheitsverwalter zu bestellen wäre. Gesellschaften der Unternehmensgruppe, die von den Insolvenzanträgen nicht betroffen sind, sind mit ihren Interessen nicht zu berücksichtigen. Es gilt somit ein von § 56 abweichender Unabhängigkeitsbegriff. Maßgeblich ist also nicht die Unabhängigkeit des Verwalters von Verfahrensbeteiligten, sondern die Unabhängigkeit im Sinne eines Fehlens oder einer Behebbarkeit von Interessenskonflikten in Person des in Betracht kommenden Gruppenverwalters hinsichtlich der gruppenangehörigen Gesellschaften und deren (Gläubiger-)Interessen. Dabei geht es nicht in erster Linie um personenspezifische Konflikte, sondern primär um konzernbezogene Umstände.
Rn 19
Diese Unabhängigkeit des Einheitsverwalters wird insbesondere dann als kritisch gesehen, wenn das Vermögen eines insolventen Unternehmens im Wesentlichen aus nicht anerkannten bzw. streitigen Ansprüchen gegen andere gruppenangehörige Schuldner besteht. Der Verwalter müsste hier überwiegend Ansprüche gegen sich selbst durchsetzen.
Rn 20
Hierfür könnte zwar ebenfalls ein Sonderinsolvenzverwalter bestellt werden, um den Interessenskonflikt aufzulösen. Die Bestellung eines Einheitsverwalters scheidet aber dann aus, wenn die Ernennung eines Sonderverwalters bzw. mehrerer Sonderverwalter in einem Umfang erforderlich scheint, der außer Verhältnis zu den Vorteilen einer einheitlichen Verwalterbestellung steht.
Rn 21
Ansonsten wird man auch hier darauf vertrauen dürfen, dass der bestellte professionelle Einheitsverwalter schon nach berufsrechtlichen Grundsätzen entstehende Interessenskollisionen beim Insolvenzgericht auch ungefragt anzeigen und sich um eine Auflösung des Konflikts bemühen wird.
Rn 22
Die Eignung des ggf. zu bestellenden Gruppenverwalters umfasst schließlich wie bei § 56 auch eine ausreichende Sachkunde, an der es z.B. fehlen kann, wenn die einzelnen Konzerngesellschaften auf unterschiedlichen bzw. branchenverschiedenen, speziellen Geschäftsfeldern tätig sind.
Rn 23
In der Praxis wird die Entscheidung über die Bestellung eines Einheitsverwalters oder mehrerer Insolvenzverwalter regelmäßig eilbedürftig sein. Abstimmung und anschließende richterliche Prüfung können daher nur summarisch erfolgen. Es wird daher teilweise befürwortet, im Regelfalle von der Unabhängigkeit i.S.d. Abs. 1 Satz 2 auszugehen, wenn lediglich operative Leistungsbeziehungen abzugrenzen sein werden und eine gesamtheitliche Unternehmenssanierung oder -veräußerung im Gläubigerinteresse zu stehen scheint. In anderen Fallgestaltungen soll eine lediglich kursorische Einfallabwägung stattfinden und im Zweifel davon ausgegangen werden, dass es regelmäßig im Sinne der Gläubiger ist, einen einheitlichen Verwalter für alle gruppenangehörigen Gesellschaften zu bestellen.
Rn 24
Wird nach Abstimmung der Gerichte untereinander kein einheitlicher Gruppeninsolvenzverwalter bestellt, sind die jeweiligen Insolvenzverwalter der gruppenangehörigen Schuldner zur besseren Koordinierung der Konzerninsolvenz nach § 269a verpflichtet, die anderweitig für Gruppenunternehmen bestellten Insolvenzverwalter zu unterrichten und mit diesen zusammenarbeiten, soweit dies ohne Beeinträchtigung der Interessen der Gläubiger des eigenen Verfahrens möglich ist. In dieser Konstellation sind auch die Gerichte nach § 269b weiter zur Zusammenarbeit, insbesondere zum Austausch der Informationen verpflichtet, die für das andere Verfahren von Bedeutung sein können. Dies gilt nach § 269c auch für die jeweiligen Gläubigerausschüsse in den einzelnen Gruppenverfahren.
Rn 25
Sollte auf diesen Grundlagen eine Abstimmung der einzelnen Verfahren untereinander nicht funktionieren, besteht darüber hinaus die Möglichkeit, nach §§ 269d ff. ein Koordinationsverfahren einzuleiten. Der entsprechende Antrag kann von jedem Schuldner bzw. nach § 3a Abs. 3 dessen Insolvenzverwalter bzw. dem im Verfahren bestellten Gläubigerausschuss bei dem für Gruppen-Folgeverfahren nach § 3c zuständigen Gericht gestellt werden.
Rn 26
Die Durchführung und das Ergebnis des Abstimmungsprozesses der Insolvenzgerichte untereinander nach § 56b sind schon wegen § 6 Abs. 1 keinem Rechtsmittel zugänglich.