Rn 27
§ 56b Abs. 2 beschränkt als lex specialis zu § 56a das Recht des vorläufigen Gläubigerausschusses, einen für das Gericht verbindlichen, weil einstimmig beschlossenen Vorschlag zur Person des (vorläufigen) Verwalters oder anderweitige Vorgaben (d.h. ein Anforderungsprofil kraft Mehrheitsbeschlusses) zu unterbreiten, weil andernfalls das Regelungsziel des § 56b konterkariert würde. Demgemäß sind die angegangenen Insolvenzgerichte in einem Gruppen- bzw. Konzerninsolvenzverfahren befugt, von dem Vorschlag bzw. den Vorgaben eines im Verfahren bestellten vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 56a abzuweichen, wenn parallel ein vorläufiger Gläubigerausschuss eines anderen Gruppenverfahrens dort ebenfalls nach § 56a einstimmig eine andere Person vorgeschlagen oder abweichende, nicht zur Übereinstimmung zu bringende Anforderungen an die Person des Verwalters aufgestellt hat. Dadurch wird dem Aspekt einer effektiven Verfahrenskoordination Priorität vor der Gläubigerautonomie eingeräumt.
Rn 28
Fraglich ist in dieser Konstellation, ob dann ausschließlich der vom anderen Ausschuss einstimmig vorgeschlagene Verwalter bestellt werden darf oder die Gerichte sogar von den einstimmigen Vorschlägen beider Gläubigerausschüsse abweichen und einen wiederum anderen, bisher nicht vorgeschlagenen Verwalter einsetzen dürfen. Dagegen spricht zunächst der Wortlaut, der für das Insolvenzgericht eine Abweichung von dem einstimmigen Vorschlag eines vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 56a nur zulässt, wenn in einem anderen Gruppen-Verfahren einstimmig ein anderer geeigneter Verwalter vorgeschlagen wird. Ist dieser geeignet im Sinne der vorliegenden Vorschrift, d.h. sind bei diesem Kandidaten weniger Interessenskollisionen zu befürchten oder lassen sich diese leichter beheben, kann es nur noch darum gehen, ob sich die angegangenen Insolvenzgerichte auf diesen Kandidaten als Einheitsverwalter einigen können. Ist dies nicht der Fall, was immer im pflichtgemäßen Ermessen des jeweiligen Insolvenzgerichts liegt, muss es unter den Voraussetzungen des § 56a Abs. 2 (persönliche und fachliche Eignung des Verwalterkandidaten) bei der bindenden Entscheidung des vorläufigen Gläubigerausschusses im jeweiligen Verfahren verbleiben. Noch problematischer wird es, wenn in mehreren Gruppenverfahren die vorläufigen Gläubigerausschüsse unterschiedliche bindende Vorschläge nach § 56a einstimmig beschlossen haben. Aber auch in dieser Konstellation dürfte es nach den vorangegangenen Erwägungen dabei bleiben, dass sich die angegangenen Gerichte dann nur hinsichtlich eines vorgeschlagenen Kandidaten abstimmen können. Ansonsten müssen in den jeweiligen Verfahren die bindend vorgeschlagenen Verwalter bestellt werden. Insoweit ist also der Gläubigerautonomie Vorrang zu gewähren, zumal es in solchen Fällen angesichts der zu Tage tretenden Interessensgegensätze zwischen den Gläubigern der einzelnen Verfahren auch wenig sinnvoll bzw. förderlich sein dürfte, für alle Verfahren nur eine Person zum Verwalter zu ernennen. Insofern gilt auch hier wie schon bei Abs. 1, dass die Bestellung eines einheitlichen Verwalters nur erfolgen soll, wenn sie für die Gläubiger vorteilhafter ist als die bindende Willensäußerung der Ausschüsse, von der abgewichen werden soll.
Rn 29
Abs. 2 Satz 2 normiert außerdem eine Pflicht des Insolvenzgerichts zur Anhörung ("ist … anzuhören") des vorläufigen Gläubigerausschusses im eigenen Verfahren, von dessen Vorschlag abgewichen werden soll. Dem betreffenden vorläufigen Gläubigerausschuss ist also wegen der auch hier bestehenden Eilbedürftigkeit innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 56a Abs. 1 letzter Hs. (2 Werktage) Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Verletzungen der Anhörungspflicht sind auch hier nicht rechtmittelfähig.