Dr. Jürgen Blersch, Prof. Dr. Eberhard von Olshausen
Rn 19
Der durch Art. 9 Nr. 7 MoMiG angefügte § 101 Abs. 3 ermöglicht es, im Fall der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verfahrenskosten Personen aufzuerlegen, die ihren Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten aus § 101 Abs. 1 und 2 nicht nachgekommen sind. Die Begründung zum Regierungsentwurf des MoMiG rechtfertigt diese Regelung wie folgt: § 23 GKG sei geeignet, Gläubiger von der Stellung eines Insolvenzantrags abzuhalten, da sie im Falle der Masselosigkeit nicht nur für die Gerichtsgebühren, sondern auch für die Auslagen (z.B. für die Kosten eines mit der Prüfung, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt oder ob Sanierungsmöglichkeiten bestehen, beauftragten Gutachters) einzustehen haben. Eine solche Kostenfolge erscheine jedoch ungerecht, wenn die Abweisung im Wesentlichen auf der Verletzung verfahrensrechtlicher Mitwirkungspflichten beruhe. Die neue Vorschrift sei geeignet, diesem Missstand abzuhelfen, und habe den weiteren Vorteil, dass ein antragstellender Gläubiger nach § 31 Abs. 1 Satz 2 GKG nur bei Erfolglosigkeit oder Aussichtslosigkeit einer Vollstreckung in das bewegliche Vermögen der nach § 101 Abs. 3 durch gerichtliche Entscheidung zur Kostentragung herangezogenen Personen in Anspruch genommen werde.
Rn 20
Die Vorschrift wird den Gerichten einige Schwierigkeiten bereiten. Bei der Ausübung seines Ermessens ("können") wird das Gericht zu berücksichtigen haben, dass die u.U. gravierende Kostenfolge eine einigermaßen gewichtige Verletzung von Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten voraussetzt, die man etwa bei den nur subsidiär verpflichteten Gesellschaftern (§ 101 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2) und bei den Angestellten des Schuldners (§ 101 Abs. 2) nicht ohne Weiteres annehmen kann. Zudem kann das als Motiv der Regelung genannte Kriterium, dass die Abweisung im Wesentlichen auf Verletzung verfahrensrechtlicher Mitwirkungspflichten "beruht", zu folgendem Dilemma führen: Ein Geschäftsführer bleibt untätig, erstellt also keine geordnete Vermögensbilanz oder bemüht sich nicht hinreichend um die Herbeischaffung von Masseaktiva, und es lässt sich deshalb nicht aufklären, ob bei gehöriger Mitwirkung sich eine Überschuldung als Eröffnungsgrund (§ 19) ergeben hätte oder die Massearmut als Abweisungsgrund (§ 26) sich hätte vermeiden lassen. Nimmt das Gericht das Kriterium des "Beruhens" ernst, so müsste es eine Entscheidung nach § 101 Abs. 3 gerade wegen eines Verhaltens ablehnen, dem diese Vorschrift entgegenwirken soll. Es ist deshalb zu erwägen, bei feststehender Verletzung von Mitwirkungspflichten, etwa bei völligem Untätigbleiben eines Geschäftsführers, einen Anscheinsbeweis oder eine widerlegliche Vermutung dafür anzunehmen, dass die Abweisung des Insolvenzantrags auf dieser Pflichtverletzung beruht. Ansonsten bleibt zumindest die Hoffnung auf die "disziplinierende Wirkung" der bloßen Androhung von Kostennachteilen.
Obwohl Pflichtverletzungen, denen eine Abweisung des Eröffnungsantrags nachfolgt, gerade während des Eröffnungsverfahrens begangen sein werden, verweisen § 20 Satz 2 und § 22 Abs. 3 Satz 3 erstaunlicherweise nicht auch auf § 101 Abs. 3. Dabei handelt es sich wohl um ein bei der nachträglichen Anfügung dieses Absatzes durch das MoMiG unterlaufenes Redaktionsversehen. – Das MoMiG ist am 1.11.2008 in Kraft getreten (Art. 25 MoMiG) und macht hinsichtlich des Inkrafttretens für § 101 Abs. 3 keine Ausnahme. Diese Vorschrift dürfte daher auch dann anwendbar sein, wenn der Eröffnungsantrag bereits vor dem 1.11.2008 gestellt worden ist.