Rn 26
Anders als für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vorbehaltsverkäufers verbleibt es bei der Insolvenz des Käufers, der eine bewegliche Sache unter Eigentumsvorbehalt erworben hat, bei der uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 103.
Abs. 2 sieht jedoch eine besondere zeitliche Regelung für die Ausübung des Wahlrechts des Insolvenzverwalters gemäß § 103 Abs. 2 vor.
3.1 Tatbestandsvoraussetzungen
3.1.1 Verkauf einer beweglichen Sache unter Eigentumsvorbehalt
Rn 27
Nach dem Wortlaut sind die Tatbestandsvoraussetzungen in Abs. 1 und 2 identisch, aufgrund des unterschiedlichen Normzwecks ist jedoch zu differenzieren.
Während es in Absatz 1 um die Insolvenzfestigkeit eines Anwartschaftsrechts des Käufers in der Insolvenz des Verkäufers geht, bezweckt Abs. 2 in der Insolvenz des Käufers, das im Besitz des Schuldners vorhandene Vermögen zunächst zusammenzuhalten, um Fortführungs- und Sanierungschancen für das Schuldnerunternehmen zu wahren. Durch den Zusammenhalt des Schuldnervermögens soll regelmäßig die Option der Fortführung des Schuldnerunternehmens aufrechterhalten bleiben, bis eine Gläubigerversammlung im Berichtstermin über die Art der Abwicklung des Insolvenzverfahrens entschieden hat.
Der tatsächliche Bestand des Schuldnervermögens soll auch für Sachen, die der Schuldner gekauft aber noch nicht oder nicht vollständig bezahlt hat und die ggf. im weiteren Verfahren einem Aussonderungsrecht unterfallen, zunächst erhalten bleiben.
Rn 28
Der Normzweck rechtfertigt es, die Bestimmung auch auf andere Vertragsverhältnisse anzuwenden, auf deren Grundlage sich schuldnerfremde Sachen in dessen Vermögen befinden, die für eine Fortführung des Geschäftsbetriebs erforderlich sein können, wie gemietete oder geleaste bewegliche Sachen.
3.1.2 Besitzübertragung an den Käufer
Rn 29
Im Gegensatz zu Absatz 1 kommt es für die Anwendbarkeit des Absatzes 2 nicht darauf an, dass der Käufer bereits ein Anwartschaftsrecht auf Eigentumserwerb erlangt hat, aufgrund des dargelegten Normzwecks kommt es vielmehr darauf an, dass der insolvente Käufer Sachbesitz erlangt hat. Ausreichend ist auch hier ein mittelbarer Besitz, sofern dieser nicht mehr von dem Verkäufer als Vertragspartner abgeleitet wird. Im Gegensatz zu Absatz 1 kommt demnach dem Merkmal der Besitzerlangung vom Verkäufer in Absatz 2 eine eigenständige Bedeutung zu.
3.2 Rechtsfolgen
Rn 30
Absatz 2 schließt nicht das Wahlrecht des Insolvenzverwalters in der Insolvenz des Vorbehaltskäufers gänzlich aus oder sieht eine Einschränkung vor, vielmehr besteht das Wahlrecht gemäß § 103 uneingeschränkt.
Die Ausübung des Wahlrechts ist grundsätzlich nicht an eine Frist gebunden, lediglich wenn der Vertragspartner den Insolvenzverwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auffordert, hat der Verwalter dieses Wahlrecht unverzüglich auszuüben. Unterlässt er die unverzügliche Ausübung des Wahlrechts, entfällt dieses mit der Maßgabe, dass die wechselseitigen Erfüllungsansprüche endgültig nicht mehr durchsetzbar sind und sich das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis umgewandelt hat; steht dem Vertragspartner des Insolvenzschuldners ein Aussonderungsrecht zu, kann er die Herausgabe eines überlassenen Gegenstands beanspruchen.
Rn 31
Die Regelung des Abs. 2 Satz 1 enthält eine Präzisierung des Begriffs der "Unverzüglichkeit" explizit für den Fall, dass der Schuldner von einem anderen auf der Grundlage eines Kaufvertrags eine bewegliche Sache unter Eigentumsvorbehalt erworben hat und der Vertrag aufgrund noch nicht vollständiger Zahlung des Kaufpreises beiderseitig noch nicht vollständig erfüllt ist.
Fordert der Vorbehaltsverkäufer zur Ausübung des Wahlrechts auf, besteht eine Überlegungsfrist für den Insolvenzverwalter bis zur Abhaltung des Berichtstermins gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1, der bis zu drei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens anberaumt werden kann.
Erst nach Abhaltung des Berichtstermins hat sich der Insolvenzverwalter unverzüglich zu erklären, ob er Vertragserfüllung wählt. Die Aufforderung zur Erklärung kann bereits vor Abhaltung des Berichtstermins erfolgen.
Rn 32
Für die Zeit bis zur Abhaltung des Berichtstermins hat der Insolvenzverwalter aufgrund der Regelung des Absatz 2 weiter ein Recht zum Besitz und zur Nutzung der Kaufsache, eine Nutzungsentschädigung steht dem Vorbehaltsverkäufer nicht zu. § 169 ist insoweit nicht anwendbar, da der Insolvenzverwalter ein Verwertungsrecht an der Kaufsache nicht hat, denn bei Ablehnung der weiteren Erfüllung besteht zugunsten des Vorbehaltsverkäufers ein Aussonderungsrecht, kein Absonderungsrecht.
Ebenso wenig ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, in der Zeit bis zur Abhaltung des Berichtstermins ggf. fällig werdende Kaufpreisraten zu begleichen, hierin läge im Zweifel bereits die Wahl der Erfüllung, die gerade für die Zeit nach dem Bericht...