4.1.1 Einzel- und kollektivvertragliche Unkündbarkeitsregelungen
Rn 34
Die Vorschrift beinhaltet also lediglich eine Durchbrechung der individual- oder kollektivvertraglich vereinbarten Kündigungsbeschränkungen. Dementsprechend verdrängt § 113 Satz 1 Unkündbarkeitsklauseln in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträgen. Tarifliche Vorschriften zum Kündigungsschutz älterer Arbeitnehmer sind damit ebenso wenig insolvenzfest wie in Betriebsvereinbarungen enthaltene Kündigungsverbote. Dies gilt unabhängig davon, ob der tarifliche Kündigungsausschluss infolge beiderseitiger Tarifbindung oder "nur" aufgrund bloßer arbeitsvertraglicher Inbezugnahme zur Anwendung kommt. Auf die Art der Kündigungserschwernis kommt es nicht an. Das Kündigungsrecht des § 113 Satz 1 besteht unabhängig davon, ob der Ausschluss der Kündigung mit einer Gegenleistung des Arbeitnehmers, beispielsweise im Rahmen einer Standortsicherungsvereinbarung, verbunden war.
4.1.2 Befristete und auflösend bedingt geschlossene Arbeitsverträge
Rn 35
Als vertragliche Kündigungsbegrenzung gilt auch die Vorgabe in § 15 Abs. 3 TzBfG, wonach ein befristetes Arbeitsverhältnis nur dann der ordentlichen Kündigung unterliegt, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist. Für befristete Arbeitsverhältnisse gilt das Kündigungsrecht des Insolvenzverwalters somit auch dann, wenn sich der Arbeitgeber das ordentliche Kündigungsrecht nicht explizit vorbehalten hat. § 15 Abs. 3 TzBfG enthält nur eine gesetzliche Auslegungsregelung, die § 113 nicht vorgeht. Ob es sich um eine Zeit- oder Sachbefristung handelt, spielt keine Rolle. Ebenso können auflösend bedingt abgeschlossene Arbeitsverträge (§ 158 Abs. 2 BGB) durch den Insolvenzverwalter gekündigt werden.
4.1.3 Vertraglich vereinbarte Zustimmungsvorbehalte
Rn 36
Demgegenüber wird eine (tarif-)vertragliche Regelung, wonach der Ausspruch von Kündigungen nur mit Zustimmung des Betriebsrats möglich ist (vgl. § 102 Abs. 6 BetrVG), nicht von § 113 verdrängt. Denn nach dem Verständnis des BAG handelt es sich hierbei lediglich um eine verfahrensmäßige Absicherung des individuellen Kündigungsschutzes auf kollektiver Ebene. Es werden die Beteiligungsrechte des Betriebsrats im Verhältnis zur bloßen Anhörung nach § 102 Abs. 1 und zum Widerspruchsrecht nach § 102 Abs. 3 BetrVG durch eine zusätzliche verfahrensmäßige Hürde verstärkt, aber nicht die Länge der Kündigungsfrist berührt. Vielmehr wird – so das BAG – allein der Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung determiniert.