Rn 38
Im Anwendungsbereich des KSchG (§§ 1, 23 KSchG) können Arbeitsverhältnisse somit auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur bei Vorliegen einer sozialen Rechtfertigung rechtswirksam beendet werden.
Rn 39
Typischerweise geht es dabei um betriebsbedingte Kündigungen. Ein Grund zur Kündigung liegt nicht bereits in einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder der (drohenden) Insolvenz des Arbeitgebers als solcher. Vielmehr ist nur dann von einer sozialen Rechtfertigung auszugehen, wenn das Beschäftigungsbedürfnis für einen oder mehrere Arbeitnehmer aufgrund unternehmerischer Entscheidung des Insolvenzverwalters entfallen ist, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf freien Arbeitsplätzen im Unternehmen (auch unter veränderten Arbeitsbedingungen) nicht möglich ist und der die Kündigung erhaltende Arbeitnehmer unter mehreren vergleichbaren Arbeitnehmern des Betriebs am sozial wenigsten schutzwürdig ist (§ 1 Abs. 3 KSchG).
Rn 40
Im Fall einer Stilllegung des Unternehmens ist die Zustimmung des Insolvenzgerichts zur Unternehmensstilllegung keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung der Arbeitsverhältnisse durch den "starken" vorläufigen Insolvenzverwalter wegen der von ihm beabsichtigten Stilllegung. Zwar verpflichtet § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 den vorläufigen Insolvenzverwalter, die Zustimmung des Insolvenzgerichts zur Stilllegung des Unternehmens (nicht unbedingt eines von mehreren Betrieben) einzuholen. Die Vorschrift ist allerdings keine Kündigungsschutznorm. Zwischen dem, was der vorläufige Insolvenzverwalter im Außenverhältnis bewirken kann und dem, was er im Innenverhältnis tun darf, muss unterschieden werden. Dem entspricht es, dass auch die Nichtbeachtung der §§ 160–163 durch den Insolvenzverwalter die Wirksamkeit seiner Handlungen nicht berührt (§ 164). Holt der Insolvenzverwalter vor einer Unternehmens- oder Betriebsveräußerung die Zustimmung des Gläubigerausschusses (§ 158) bzw. der Gläubigerversammlung (§ 157) nicht ein oder veräußert er entgegen einer vorläufigen Untersagung nach § 161, ist die Maßnahme dennoch gegenüber dem Erwerber wirksam. Gleiches gilt, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens schließt. Die in diesem Fall erforderliche Zustimmung des Gläubigerausschusses nach § 158 Abs. 1 ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung. Ebenso wenig sind anlässlich der Schließung eines Unternehmens ausgesprochene betriebsbedingte Kündigungen allein wegen eines im Zeitpunkt der Kündigung (noch) nicht vorliegenden Zustimmungsbeschlusses der Gläubigerversammlung (§ 157) unwirksam.