Rn 2
Gemäß § 123 Abs. 1 kann in einem nach Insolvenzeröffnung aufgestellten Sozialplan für den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen, ein Gesamtbetrag von bis zu 2 1/2 Monatsverdiensten (§ 10 Abs. 3 KSchG) der von einer Entlassung betroffenen Arbeitnehmer vorgesehen werden.
1.1 Die von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer
Rn 3
Bei der Berechnung des zulässigen Gesamtvolumens ist zunächst zu ermitteln, welche Arbeitnehmer infolge der Betriebsänderung von einer Entlassung betroffen werden. Dies sind nicht nur die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse bei Aufstellung des Sozialplans noch nicht beendigt sind, sondern auch die, die aufgrund der Betriebsänderung bereits ausgeschieden sind. Es gilt der betriebsverfassungs- und nicht der insolvenzrechtliche Arbeitnehmerbegriff.
Rn 4
Arbeitnehmer im Sinne des § 123 sind daher die von § 5 Abs. 1 BetrVG erfassten Beschäftigten, also diejenigen, die zur Belegschaft gehören.
Rn 5
Keine Arbeitnehmer, deren Monatseinkommen im Rahmen des § 123 Abs. 1 zu berücksichtigen ist, sind die leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3, 4 BetrVG. Der leitende Angestellte kann keine Ansprüche aus einem Sozialplan herleiten. Soweit es das BAG für zulässig hält, dass die Betriebsparteien der Aufstellung des Sozialplans die leitenden Angestellten in den Kreis der Abfindungsberechtigten mit einbeziehen können, steht ihnen aus einem solchen Vertrag zu Gunsten Dritter ein Individualanspruch und nicht ein auf der normativen Wirkung der Betriebsvereinbarungen beruhender Kollektivanspruch zu, so dass sie von dem Geltungsbereich des § 123 Abs. 1 nicht erfasst werden.
Rn 6
Für die Frage, welche Arbeitnehmer von einer Entlassung betroffen sind, kann auf die zu §§ 111 ff. BetrVG und §§ 17 ff. KSchG entwickelten Rechtsgrundsätze zurückgegriffen werden. Eine Entlassung aufgrund einer Betriebsänderung im Sinne des § 123 Abs. 1 liegt daher nicht nur dann vor, wenn Arbeitnehmer aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung des Insolvenzverwalters ausscheiden. Einzurechnen sind vielmehr auch die Arbeitnehmer, die auf Veranlassung des Verwalters einen Aufhebungsvertrag geschlossen oder von sich aus gekündigt haben, um einer Kündigung zuvorzukommen (vgl. auch vor §§ 123, 124, Rn. 35).
Rn 7
Keine Entlassung im Sinne des § 123 Abs. 1 liegt demgegenüber dann vor, wenn der Arbeitnehmer ungeachtet der geplanten Betriebsänderung selbst kündigt oder das Arbeitsverhältnis auf sonstige Weise, etwa durch Zeitablauf, Anfechtung oder Kündigung aus personen- oder verwaltungsbedingten Gründen, beendet wird.
1.2 Begriff des Monatsverdienstes
Rn 8
Der Begriff des Monatsverdienstes wird in § 123 Abs. 1 durch die Verweisung auf § 10 Abs. 3 KSchG definiert.
Rn 9
Unter Monatsverdienst sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, die dem betroffenen Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit monatlich zustehen. Maßgebend ist der Bruttobetrag ohne Abzüge für Lohnsteuer und Sozialversicherung. Zu den Geldbezügen gehören alle Grundvergütungen (Gehalt, Zeitlohn, Fixum etc.) sowie die regelmäßig zu zahlenden Zulagen (Gefahrenzulagen, Provision, Schicht- und Nachtarbeitszuschläge etc.). Soweit der Arbeitnehmer zu diesen Geldbezügen weitere Zuwendungen mit Entgeltcharakter (13. Monatsgehalt, Tantiemen, Umsatzbeteiligungen etc.) erhält, sind diese Bezüge anteilig umzulegen. Nicht zu berücksichtigen sind Zuwendungen mit Aufwendungscharakter (Schmutzzulagen, Auslösungen, Spesen etc.) und Zuwendungen mit Gratifikationscharakter (Weihnachtsgratifikationen, Jubiläumsgelder etc.).
Die dem Arbeitnehmer zustehenden Sachbezüge (Deputate, Überlassung einer Werkswohnung etc.) sind zu ihrem Marktwert in Geld umzurechnen. Ob der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist arbeitet, von dem Insolvenzverwalter freigestellt wird oder aus krankheitsbedingten Gründen an der Arbeitsleistung gehindert ist, wirkt sich auf die Berechnung nicht aus.
Rn 10
Die Vorschrift des § 10 Abs. 3 KSchG stellt bei der Ermittlung des Monatsverdienstes auf den Zeitpunkt ab, zu dem das Arbeitsverhältnis endet. Ob infolge der Bezugnahme des § 123 Abs. 1 dieser Bewertungszeitpunkt übernommen werden muss, erscheint zweifelhaft und ist richtigerweise zu verneinen. Im Hinblick auf die in § 123 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 normierten Obergrenzen muss das Sozialplanvolumen bei Abschluss des Sozialplans feststehen, so dass mögliche künftige Veränderungen in den Monatsverdiensten nicht berücksichtigt werden können. Bei der Berechnung des Monatsverdienstes im Sinne des § 123 Abs. 1 sind daher die Verdienste des Monats, in dem der Sozialplan zustande kommt, zugrunde zu legen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Sozialpla...