Rn 23

Im Einzelnen schränkt § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 sowohl die zu berücksichtigenden Sozialdaten als auch die gerichtliche Prüfungsdichte ein.

4.2.1.1. Unterschiede zu § 1 Abs. 3 KSchG

 

Rn 24

Dem Insolvenzverwalter und dem Betriebsrat eröffnet § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 weitergehende Möglichkeiten bei der Sozialauswahl als dies nach § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG außerhalb der Insolvenz der Fall ist. Die wesentlichen Unterschiede sind, dass zum einen mit dem Interessenausgleich auch angestrebt werden kann, eine ausgewogene Personalstruktur nicht nur zu erhalten, sondern erst zu schaffen.[52] Zum anderen muss eine Schwerbehinderung[53] der Arbeitnehmer im Rahmen der Sozialauswahl nicht als eigenständiges Kriterium berücksichtigt werden (§ 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2). Gleichwohl darf die Schwerbehinderung nicht zum tragenden Grund der Kündigungsentscheidung gemacht werden. Denn mit Blick auf die auch im Rahmen von § 125 erfolgende gerichtliche Missbrauchskontrolle ist die Kündigung trotz namentlicher Bezeichnung des schwerbehinderten Arbeitnehmers im Interessenausgleich unwirksam, wenn er beweisen kann, dass die Kündigungsentscheidung getroffen wurde, um sich den Belastungen zu entziehen, welche aus den besonderen Rechten schwerbehinderter Menschen folgen.[54]

[53] Siehe aber BAG, 16.05.2019 – 6 AZR 329/18, juris, Rn. 44 ff., wonach auch im Fall des § 125 InsO die unternehmerische Entscheidung, die zu der Kündigung führt, einer Missbrauchskontrolle unterliegt.

4.2.1.2. Sonderkündigungsschutz

 

Rn 25

Keinen Einfluss hat § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 hingegen auf den vertraglichen oder gesetzlichen Sonderkündigungsschutz[55] bestimmter Arbeitnehmer. Sie sind auch im Rahmen des § 125 von vornherein nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen.[56]

[55] Vgl. dazu B. Gaul/B. Otto, § 113 Rn. 41 ff.

4.2.1.3. Darlegungslast

 

Rn 26

Dass der klagende Arbeitnehmer auf der Namensliste steht, ändert nichts daran, dass der Insolvenzverwalter im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens nach § 1 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 KSchG verpflichtet bleibt, die Gründe, die zu der Sozialauswahl geführt haben, mitzuteilen. Erst nach Erfüllung dieser Auskunftspflicht trägt der Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 KSchG die volle Darlegungs- und Beweislast für die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl.[57] Auch im Rahmen der Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG muss der Insolvenzverwalter die für die Sozialauswahl maßgeblichen Erwägungen mitteilen.[58]

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