Rn 50
Ebenso wie im Rahmen der anderen Anfechtungstatbestände muss auch im Anwendungsbereich des § 135 die (anfechtbare) Rechtshandlung gläubigerbenachteiligend sein. Dabei genügt auch eine nur mittelbare Gläubigerbenachteiligung. Keine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn (trotz der in Frage stehenden Rechtshandlung) die Masse zur Befriedigung aller Masse– und Insolvenzgläubiger ausreicht. In allen übrigen Fällen liegt eine Gläubigerbenachteiligung grundsätzlich nur vor, wenn die Rückerstattung (in Form der Befriedigung oder Besicherung) aus dem Vermögen der Gesellschaft erfolgt. Dem steht es gleich, wenn die Rückerstattung aus einem fremden Vermögen erfolgt, Letzteres aber treuhänderisch für die Gesellschaft gehalten wird; denn auch dann wird das den Gläubigern haftungsrechtlich zugewiesene Vermögen geschmälert. Letztlich kommt es darauf an, ob sich aufgrund der Rechtshandlung die Befriedigungsaussichten der Gläubiger verschlechtern. Dies wiederum hängt davon ab, in welchem Umfang die vom Gesellschafter gewährte "Hilfe" der Vermögensbindung zugunsten der Gesellschaftsgläubiger unterliegt.
3.5.1 Umfang der Vermögensbindung im Falle von Liquiditätshilfen
Rn 51
Hat der Gesellschafter ein Darlehen in eigenkapitalersetzender Weise gewährt oder stehen gelassen, so ist der Rückzahlungsanspruch mit einer Durchsetzungssperre belegt und damit von der Vermögensbindung erfasst. Einbezogen ist aber auch der Anspruch auf Zahlung von Zinsen. Auch diese dürfen für die Dauer der Krise nicht an den Gesellschafter ausbezahlt werden. Gleiches gilt für andere Forderungen, die der Gesellschafter in der Krise der Gesellschaft stehen gelassen oder gestundet hat.
3.5.2 Umfang der Vermögensbindung im Falle von Nutzungsüberlassungen
Rn 52
Wie die Vermögensbindung in den Fällen der Nutzungsüberlassung aussieht, war lange Zeit umstritten. Nach heute ganz h.M. ist in den Fällen der Nutzungsüberlassung nicht die Sache selbst oder der Substanzwert, sondern nur das Nutzungsrecht bzw. die Nutzungsmöglichkeit von der Vermögensbindung zugunsten der Gesellschaftsgläubiger erfasst. Folge hiervon ist, dass sowohl der auf Rückgabe des überlassenen Gegenstands gerichtete Anspruch als auch ein eventueller Miet- und Pachtzinsanspruch der Durchsetzungssperre unterliegt. Hat der Gesellschafter die Mietsache der Gesellschaft "warm" überlassen, so kann er – wenn die Voraussetzungen des Kapitalersatzrechts einmal gegeben sind – diese (Bereithalte-)Kosten (Strom, Wasser, Gas etc.) nicht auf die Gesellschaft abwälzen, sondern muss diese für den gesamten Zeitraum der Vermögensbindung weiterhin nachschießen. Fraglich ist auch, wie lange das Nutzungsrecht zugunsten der Gläubigergesamtheit verhaftet bleibt. Die ganz überwiegende Ansicht stellt insoweit zunächst auf die zwischen Gesellschaft und Gesellschafter vereinbarte Nutzungsdauer ab. Mithin hält bei befristeten Überlassungsverträgen die Vermögensbindung – grundsätzlich – nur bis zu dem vereinbarten Endtermin an. Auf die Laufzeit ist die Nutzungsdauer vor Eintritt der Krise anzurechnen. Um Manipulationen durch die Parteien hinsichtlich der Verstrickungsdauer auszuschließen, unterliegt die vereinbarte Laufzeit jedoch einer gerichtlichen Angemessenheitsprüfung. Danach ist der parteivereinbarte Endtermin nur dann maßgeblich, wenn dieser einem Drittvergleich standhält. Haben die Parteien des Nutzungsverhältnisses keine zeitliche Begrenzung getroffen oder hält der parteivereinbarte Termin einer Angemessenheitsprüfung nicht stand, ist der hypothetische Parteiwille für die Länge der Nutzungsdauer anhand objektiver Kriterien zu ermitteln. Danach bestimmt sich die (Mindest-)Nutzungsdauer anhand eines Drittvergleichs. Maßgebend ist der Zeitraum auf den sich ein außenstehender Dritter unter Berücksichtigung der Art der zur Nutzung überlassenen Gegenstände und unter Wahrung seiner eigenen Vertragsinteressen vernünftigerweise eingelassen hätte. Im Einzelfall kann aber auch ein kürzerer Zeitraum relevant sein, wenn an dem zur Nutzung überlassenen Gegenstand Rechte Dritter bestehen und diesen Dritten das Kapitalersatzrecht nicht entgegen gehalten werden kann.
Rn 53
Folgt man der Ansicht, dass Dienstleistungen ebenso dem Kapitalersatz unterliegen können wie Nutzungsüberlassungen (siehe oben Rn. 36), stellt sich auch hier die Frage nach der Reichweite der Vermögensbindung. Die Ansichten hierzu gehen weit auseinander. Teilweise wird – in Analogie zur Nutzungsüberlassung – das Recht, die Dienstleistungen fordern zu können, einer Vermögensbindung bis zum vereinbarten Vertragsende unterworfen. Richtiger Ansicht nach ist lediglich das Recht für die be...