1.1 Rechtsquellen
Rn 1
§ 144 übernimmt wörtlich § 163 RegE und stimmt inhaltlich mit den früheren Regelungen in der KO überein. Dabei geht § 144 Abs. 1 auf § 39 KO und § 144 Abs. 2 auf § 38 KO zurück. Die Vorschrift regelt – ebenso wie § 12 AnfG – die Rechte des Anfechtungsgegners, wenn dieser die in anfechtbarer Weise erlangte Leistung an die Masse zurückgewährt.
1.2 Regelungszweck
Rn 2
Da die Rechtsfolgen der Anfechtung nicht unmittelbar an dem Umfang der Gläubigerbenachteiligung ausgerichtet sind, gewährt das Gesetz dem Anfechtungsgegner in § 144 bestimmte Gegenrechte, um eine ungerechtfertigte Bereicherung der Masse zu verhindern. Dabei regelt § 144 Abs. 1 das Schicksal der Forderung des Anfechtungsgegners für den Fall, dass lediglich das Erfüllungsgeschäft anfechtbar ist. § 144 Abs. 2 betrifft demgegenüber das Schicksal der Gegenleistung, wenn das Kausalgeschäft selbst anfechtbar ist. Während also in Abs. 2 die vom Anfechtungsgegner bewirkte Leistung an den Insolvenzschuldner als "Gegenleistung" angesehen wird, liegt diese im Abs. 1 – wenn man in der Terminologie des Abs. 2 bleibt – in der Schuldbefreiung. Damit ist Abs. 1 gegenüber Abs. 2 die speziellere Vorschrift mit der Folge, dass sich § 144 Abs. 1 und Abs. 2 gegenseitig ausschließen. Aus § 144 folgt schließlich auch, dass weder die Schuldbefreiung infolge der Leistung an den Anfechtungsgegner noch dessen Gegenleistung bei der Bemessung des Gläubigernachteils zu berücksichtigen bzw. bei dem Rückgewähranspruch aus § 143 in Abzug zu bringen ist. Vielmehr findet diese "Vorteilsausgleichung" allein in Gestalt des § 144 Berücksichtigung.
1.3 Anwendungsbereich
Rn 3
Eine entsprechende Anwendung findet der Gedanke des § 144 Abs. 1 im Zusammenhang mit dem an den Geschäftsführer gerichteten Auszahlungsverbot nach § 64 Abs. 2 GmbHG (ebenso für § 92 Abs. 3 AktG, § 99 Abs. 2 GenG). Nach § 64 Abs. 2 GmbHG muss der Geschäftsführer Ersatz für eine gläubigerbeeinträchtigende Vermögensverschiebung im Vorfeld der Insolvenzeröffnung leisten. Im Insolvenzverfahren macht diesen Anspruch der Insolvenzverwalter im Interesse der Gläubigergesamtheit geltend. Dieser Ersatzanspruch gegen den Geschäftsführer in Höhe der erfolgen Zahlung kann u.U. dann zu einer Bereicherung der Masse führen, wenn der Geschäftsführer mit den Mitteln der Gesellschaft eine Forderung eines Gesellschaftsgläubigers beglichen hat. Der den Gläubigern in diesem Fall entstandene Nachteil entspricht nämlich dann nicht dem Auszahlungsbetrag. Vielmehr muss in diesen Fällen die Insolvenzquote als Vorteil "angerechnet" werden, die der Gläubiger für den Fall, dass er nicht vorab befriedigt worden wäre, aus der Masse erhalten hätte. Letzteres bereitet allerdings im Rahmen des § 64 Abs. 2 GmbHG gewisse prozessuale Schwierigkeiten; denn die Quote steht ja erst mit Abschluss des Insolvenzverfahrens fest. Darum will die Rechtsprechung dem Insolvenzverwalter gestatten, den Anspruch aus § 64 Abs. 2 GmbHG gegen den Geschäftsführer ungekürzt geltend zu machen. Um aber eine Bereicherung der Masse zu verhindern, soll der Geschäftsführer befugt sein, nach Erstattung der Leistung an die Masse (!) einen Anspruch gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen. Dieser eigenständige Anspruch, dessen Rechtsnatur bislang ungeklärt ist, richtet sich nach Rang und Höhe nach dem Betrag, den der begünstigte Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte. Letztlich bedeutet dies, dass der Geschäftsführer die ursprüngliche (zwischenzeitlich aber getilgte) Forderung des Begünstigten im eigenen Namen im Insolvenzverfahren einfordern kann. Dies entspricht dem Rechtsgedanken in § 144 Abs. 1, wonach die Forderung des Empfängers einer anfechtbaren Leistung wieder auflebt, wenn er das Erlangte zurückgewährt.