3.1 Überblick
Rn 18
Hat der spätere Insolvenzschuldner im Zusammenhang mit einer anfechtbaren Handlung eine Leistungspflicht begründet, so steht dem Insolvenzverwalter insoweit ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Dies gilt auch dann, wenn der Anfechtungsanspruch nach Abs. 1 bereits verjährt ist. Grund hierfür ist, dass sich der Dritte, der unter Umständen etwas in anfechtbarer Weise aus der Masse erlangt hat, darauf verlassen darf, nach Ablauf der Verjährungsfrist vom Insolvenzverwalter nicht mehr auf Rückgewähr in Anspruch genommen zu werden. Gleiches gilt aber nicht solange der Dritte nur einen noch nicht erfüllten Anspruch gegen den Insolvenzschuldner hat. Hier besteht – im Hinblick auf Billigkeitserwägungen – kein Bedürfnis, den Insolvenzverwalter zu einer Anfechtung innerhalb der Verjährungsfrist zu zwingen.
3.2 Die erfassten Leistungspflichten
Rn 19
Die Einrede des Abs. 2 steht dem Insolvenzverwalter gegen jeden Anspruch zu, der auf der anfechtbaren Handlung beruht. Der Wortlaut des Abs. 2 stellt klar, dass es auf die Rechtsnatur des Anspruchs nicht ankommt. Erfasst werden mithin neben schuldrechtlichen Leistungspflichten auch Ansprüche auf Aussonderung oder Absonderung. Das Merkmal "Beruhen" ist grundsätzlich weit auszulegen. Ausreichend ist bereits ein mittelbarer Zusammenhang zwischen anfechtbarer Handlung und Leistungspflicht. Nach § 146 Abs. 2 InsO kann der Insolvenzverwalter mithin auch nach Ablauf der Verjährungsfrist die Freigabe von Anwartschaften des Arbeitnehmers aus einem anfechtbar erworbenen unwiderruflichen Bezugsrecht an einer Lebensversicherung verweigern, obwohl unmittelbare Pflichten nur zwischen der Versicherung und dem Arbeitnehmer bestehen. Hierin liegt eine Ausweitung des Regelungsbereichs gegenüber der Vorgängervorschrift in § 41 Abs. 2 KO. Diese setzte noch voraus, dass die Leistungspflicht gerade durch die anfechtbare Handlung begründet wird.
Rn 20
Nicht erforderlich ist, dass die Leistungspflicht schon vor Verfahrenseröffnung gegen den Schuldner bestanden hat. Vielmehr genügt es, wenn diese erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch eine Handlung des Insolvenzverwalters entstanden ist.
3.3 Abgrenzung des Abs. 2 vom Abs. 1
Rn 21
Nach Ablauf der Verjährungsfrist kann der Anfechtungsanspruch nach § 146 Abs. 2 nur einredeweise geltend gemacht werden. Für die Anwendbarkeit der Vorschrift kommt es also darauf an, ob der Insolvenzverwalter angriffsweise, d.h. mit dem Ziel vorgeht, eine aufgrund einer anfechtbaren Handlung erfolgte Leistung wieder der Masse zuzuführen (dann Abs. 1) oder aber ob er verteidigungsweise die Rechtsstellung der Masse wahrt. Nur im letzten Fall ist § 146 Abs. 2 anwendbar. Ob ein "verteidigungsweises" Vorgehen des Insolvenzverwalters vorliegt, kann im Einzelfall fraglich sein.
Rn 22
Im Prozess kommt es insoweit nicht auf die Parteirolle des Insolvenzverwalters, sondern auf das von diesem verfolgte Rechtsschutzziel an. Ist der Insolvenzverwalter Beklagter, muss er das Leistungsverweigerungsrecht nach allgemeinen Grundsätzen ausüben, damit es Rechtswirkungen zeitigt. Die Anfechtungslage ist also nicht von Amts wegen zu beachten. Der Insolvenzverwalter kann sich aber auch als Kläger "verteidigungsweise" auf § 146 Abs. 2 berufen. Letzteres ist etwa der Fall, wenn er (nach Eintritt der Verjährung) Feststellungsklage erhebt, dass ein behauptetes Absonderungsrecht nicht besteht. Dagegen kann er nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist die Löschung einer anfechtbar erworbenen Grundschuld mit der Begründung verlangen, es stehe ihrer Geltendmachung eine dauerhafte Einrede entgegen. Vielmehr ist der Insolvenzverwalter in einem solchen Fall darauf beschränkt, gegen eine vom Anfechtungsschuldner betriebene Verwertung der Grundschuld vorzugehen. Kein "verteidigungsweises" Vorgehen liegt vor, wenn der Insolvenzverwalter die Einrede des § 146 Abs. 2 nicht als Partei eines Rechtsstreits, sondern als Nebenintervenient in einem Rechtsstreit zwischen dem Anfechtungsgegner und einem Dritten geltend macht. Das mittelbare Interesse des Insolvenzverwalters an dem Prozessgewinn der von ihm unterstützten Partei wird nämlich von § 146 Abs. 2 nicht geschützt.
Rn 23
Rechnet der Empfänger einer anfechtbaren Leistung gegen den dazugehörigen Kaufpreisans...